Mit Verlaub, Alexander, das Trullanum ist niemals von der Gesamtkirche als ökumenisch anerkannt worden. Der Versuch der Kaisers, den Papst gewaltsam nach Byzanz schaffen und zur Unterschrift zwingen zu lassen, ist bekanntlich auch gescheitert.
Inhaltlich ging es um Vorschriften der Kirchendisziplin, die zum großen Teil einzig die lokalen Verhältnisse des Constantinopolitaner Patriarchats betrafen. Auch von daher wäre es Unsinn, ihnen allgemeinkirchliche, katholische Geltung zumessen zu wollen. Gewiß war dies die Absicht der Kaisers, der die Synode einberufen hatte. Dahinter stand jedoch eine grobe Mißachtung westlicher Bräuche, die ebenso ihr eigenes Recht hatten.
Daß westlicherseits die Beschlüsse schließlich als für den Osten legitim und gültig anerkannt worden sind, war der Punkt, an dem man sich wieder einigen konnte. Daß sie im Westen nicht galten, oder wenigstens nur zu einem geringeren Teil und nicht aufgrund der in trullo gefaßten Beschlüsse, das wußte auch der Osten, und das anerkannte auch der Osten, denn er hat keineswegs dessenthalben die Gemeinschaft aufgekündigt, im Gegenteil, man hat ein weiteres gemeinsames, allseits als ökumenisch anerkanntes Konzil abgehalten, was nicht möglich gewesen wäre mit solchen, die Beschlüsse eines Ökumenischen Konzils ablehnen.
Ferner sind die Beschlüsse des Trullanum auch ihrer Natur nach – als rein disziplinarisch nämlich – gar nicht Gegenstand dessen, was nach gemeinsamer Meinung einem Ökumenischen Konzil als für die gesamte Katholizität verbindlich vorzuschreiben zukommt.
Alexander hat geschrieben:Der Widerstand des Papstes ist ein Zeichen großen Ungehorsams der Gesamtkirche gegenüber. Der Stolz, immer wieder dieser Stolz.
Das, mein Lieber, ist nun wirklich eine reichlich dumme und wirklich schon ärgerliche Aussage: einem abendländischen Patriarchen Hochmut vorzuwerfen, weil er sich weigert, sich aufgrund der Beschlüsse einer byzantinischen Lokalsynode dem ganzen Abendland die eigene Tradition ausreißen und ihm byzantinische Lokalgewohnheiten überstülpen zu lassen.
Ich spare ja, wie du wohl weißt, auch mit Kritik am Westen nicht, wo sie berechtigt ist. Und ich werbe um Verständnis für die eigenen, gleichberechtigten Traditionen des Ostens. Ich verstehe auch noch, wenn ein Mönch auf dem Athos oder im Kaukasus keine Kenntnis westlicher Traditionen hat und sie bloß als fremdartig abzulehnen imstande ist. In Erfurt oder Dresden erwarte ich schon einen etwas weiteren Blick.
Alexander hat geschrieben:Aus diesem Vorbehalt zu schließen, daß die römische Kirche etwas gegen die Canones Apostolorum gehabt hätte, wäre meines Erachtens nicht unbedingt gerechtfertigt. Die Konzilsbeschlüsse wurden angenommen, und in der Praxis bezüglich der Häretiker war man sich damals so ziemlich einig, denke ich mal. Der hl. Augustinus ist ja auch nicht allzu liberal in diesen Sachen, nicht wahr?
Beim eben Gesagten ging es mir um die eigenen Beschlüsse des Trullanum, nicht um die Canones Apostolorum selbst. Diese wurde aber, anders als du behauptest, nicht „angenommen“, sondern lediglich – einige Abstriche mal außen vor – gebilligt, und zwar für den Osten.