taddeo hat geschrieben:
Ob die Mehrheit der Kardinäle das halt unterstützt, daß einer "das Erbe von Franziskus verwaltet"?! Halte ich für ziemlich fraglich, ehrlich gesagt. Chaos in der Kurie und Unsicherheit in Lehre und Disziplin ist kein Erbe, das man unbedingt erhalten müßte.
Ich würde eher auf einen der Afrikaner tippen, nicht auf einen aus dem Kulturkreis der "Alten Welt".
Ich habe hier natürlich ein wenig den Agent Provocateur gespielt, indem ich auf das Erbe von Franziskus anspielte. Mit ziemlicher Sicherheit wird man sagen können, dass bei einem künftigen Konklave die Unterschiede zu Franziskus eine größere Rolle spielen dürften, als die Gemeinsamkeiten oder anders ausgedrückt, man wird eher an Benedikt anzuknüpfen versuchen. Wahrscheinlich dürfte es der größte Verdienst von Franziskus sein, dass er (vorerst) die Wahl des jungen Tagle verhindern wird, der in einem übermäßig langen Pontifikat tatsächlich die Kirche komplett umkrempeln könnte. Aus ähnlichen Gründen halte ich auch von deiner These über einen Afrikaner nicht viel, denn das erinnert mich zu sehr an 2013, wo man unbedingt einen Lateinamerikaner wollte und auf theologische und administrative Erfahrung keinen Wert legte. Aus dem Grund räume ich Marc Ouellet gute Chancen ein, der sowohl die europäische, wie die außereuropäische Welt repräsentiert, sich gut im Vatikan auskennt und - wichtig - als Ratzinger-Schüler gilt.
Maternus87 hat geschrieben:
Unberechenbar macht die Spekulationen aber der Umstand, dass die weltpolitische Lage deutlich kritischer ist. Ich hielte daher bspw. jmd. aus dem diplomatischen Corps für eine Kompromissformel, wie Kardinal Parolin. Aber auch ein Kardinal Sarah, der lange schon in Rom ansässig ist und dem die Diplomatie nicht fremd ist, könnte ein Kompromiss sein, der aufgrund der Krisensituation auch Unterstützung "liberalerer" Vertreter des Kollegium wählbar werden könnte. Der nächste Papst wird jedenfalls abseits der Frage, was tun mit Franz' Erbe gesucht werden. Vielleicht sucht man auch jmd. besonders "Gewöhnlichen" aus, um wieder etwas Ruhe hereinzubringen. Scola, Morgalia(wenn er noch Kardinal wird) ... . Denn auch die "Liberalen" haben Interessen, die durch Franziskus eher gefährdet als gefördert wurden ... . Grundsätzlich gehe ich also von einer eher strukturkonservativen Entscheidung aus.
Jedenfalls scheint es mir so, dass man jmd. sucht, der mit Sichereit 1.) Keine Experimente wagt, 2.) intellektueller ist, 3.) ein gewisses Maß an zumindest ästhetischer Traditionskonformität aufweist, 4.) jmd. der mit der deutlich komplizierteren Weltlage wird umgehen können.
Mit der Weltlage spielst du auf das Konklave von 1939 an, glaube aber nicht, dass dieser Faktor ein großes Gewicht haben wird, es sei denn die Lage wird in den nächsten Monaten noch schlechter. Scola würde einem durchaus beliebten Muster entsprechen frühere Anwärter wieder hochzuspielen, aber nach zwei Rücktritten (wenn es denn so kommen sollte) wird man vielleicht eher einen etwas jüngeren Kandidaten wählen. Zwischen Ouellet und Scola liegen fast drei Jahre, nicht viel aber vielleicht gerade das was den Ausschlag geben könnte.