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Die Predigt im Wortlaut:
War Jesus unprofessionell als er sich seine engsten Mitarbeiter aussuchte? Auf einfachen Fischern, Zöllnern und Handwerkern das Reich Gottes errichten? Wie soll das gehen?
Wer ein so gewaltiges Werk in Gang setzen will, müsste Verbindung aufnehmen zu den internationalen Kompetenzzentren und den einflussreichsten Weltorganisationen.
Die Philosophen von Alexandrien und Athen, die kühlen Machtpolitiker vom Senat in der Reichshauptstadt Rom und auch die politische Lobby zur lokalen Politik bei Herodes und Pilatus – das wären doch die Hausnummern für einen Weltrettungsplan!
Heute wird globales networking empfohlen. Brauchen wir wirklich teuere Gesprächsprozesse, Politi-kervoten und Theologenmemoranden, Umfrageergebnisse und zeitgeistiges mainstreaming, um eine Bewegung zu organisieren, die dem Ziel der Weltherrschaft Gottes entgegensteuert und die Kirche zukunftsfähig macht?
Gottes Plan ist nicht mit der Klugheit und Macht dieser Welt durchzusetzen. Das Reich Gottes, das Jesus verkündet, wird nicht mit den Mitteln von Überredung und Manipulation, von Gewalt und Gleichschaltung erbaut. Es ist vielmehr das Reich des Geistes, der Freiheit und der Liebe. Darum kommt Gott unerkannt, arm und verletzlich in diese Welt.
Gottes Liebe erscheint in der Menschlichkeit Jesu Christi, seines WORTES, der unser Fleisch angenommen hat, damit wir frei und ungezwungen zur Herrlichkeit der Kinder Gottes erhoben werden. Der Sohn Gottes endete am Kreuz. Nicht Menschen, sondern Gott, sein Vater hat ihn von den Toten auferweckt und zur Rechten seiner Macht erhoben als König der ganzen Schöpfung.
Darum gilt unmissverständlich: Es sind nicht viele Mächtige, Reiche, Schöne und Geniale unter euch. Das Schwache hat Gott erwählt, um die Mächtigen und Weisen zu beschämen (vgl. 1 Kor 1,26f.).
Das alles gefällt uns gewöhnlichen Menschen sicher sehr gut, weil doch die wenigsten von uns von privilegierter Herkunft sind. Freilich hat das Ganze aber auch eine Kehrseite: Wenn nämlich Jesus aus den einfachen Kreisen Menschen zum apostolischen Dienst bestimmt, dann können wir uns auch nicht so leicht seinem Ruf entziehen.
Die Ehre der göttlichen Berufung, das immer noch gegebene Sozialprestige des studierten Theologen und geachteten Seelsorgers wird uns schnell zur Belastung im alltäglichen Getriebe der Arbeit und der Auseinandersetzung um den Weg der Kirche.
Wenn der Blick Jesu auf mich fällt und ich ihm nicht mehr ausweichen kann, dann bricht es aus uns heraus: Doch nicht ich! Ich bin doch noch zu jung! Ich kann nicht vor andere hintreten! Andere sind besser geeignet als ich! Warum sollte ausgerechnet ich auf das irdische Glück einer Familie verzichten? Warum sollte ich mich denn das ganze Leben lang den Verdächtigungen dummer Menschen aus-setzen, die lieber Vorurteile nachreden als den eigenen Augen zu vertrauen und die Themen von Glaube und Kirche statt auch einmal mit Vernunft und Gerechtigkeitssinn zu bedenken auf Talkshow-Niveau reduzieren?
Die jungen Menschen in unserem Land spüren die große Herausforderung. Die geistliche Berufung anzunehmen in einer Zeit der Entfremdung vieler Zeitgenossen und sogar getaufter Christen von Gott erscheint so manchem als sozialer Selbstmord.
Viele meinen, als Priester habe man doch nichts mehr vom Leben.
Es gilt aber Jesu Wort vom Weizenkorn. Es muss erst in die Erde fallen und sich selbst sterben, um dann mit Jesus aufzuerstehen und reiche Frucht zu bringen (vgl. Joh 12,24). So hört Ihr, liebe Mitbrüder, in dieser Gnadenstunde Eurer göttlichen Berufung zum Priesteramt die Mahnung Jesu, die in Wirklichkeit aber als große Verheißung über Eurem Wege steht: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren“ (Joh 12,26).
In der Tat ist es für uns Menschen kaum zu fassen, dass Gott die Priester der Kirche aus dem Volk beruft und für das Volk Gottes bestellt ohne Rücksicht auf ihre gesellschaftliche Stellung und die menschlichen Vorzüge nach unseren eigenen Standards. Der Apostel rühmt und freut sich der Herr-lichkeit des Dienstes im Neuen Bund, dass Gott die Apostel als „Diener Christi“ und als „Verwalter von Geheimnissen Gottes“ berufen hat (1 Kor 4,1). An Christi Stelle sind sie und ihre Nachfolger im Bischofs- und Priesteramt Diener der Versöhnung.
Sie predigen Gottes Wort, durch das der heilbringende Glaube entsteht. Sie bringen Gott das Opfer Christi und der Kirche dar, sie reichen mit geweih-ter Hand das Sakrament des Leibes und Blutes Christi als Speise und Trank zum ewigen Leben. Sie sprechen los von den Sünden und machen uns im Bußsakrament gewiss, dass unsere Sünden damit auch im Himmel von Gott vergeben sind. Sie eilen zu den Kranken, um über sie zu beten und sie mit Öl zu salben, damit sie in schwerer Krankheit oder in der Sterbestunde die Kraft des göttlichen Geistes erfahren dürfen. Sie sind Kindern und Erwachsenen, Gesunden und Behinderten, Hochbegabten und einfachen Gemütern immer Hirten und Ratgeber, Vater und Bruder und in allem Zeugen der Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes.
Der Apostel Paulus ruft das seinem Schüler und Mitarbeiter Timotheus ins Gedächtnis, wenn er sagt: „Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteil geworden ist“ (Tim 1,6). Das soll uns Priester täglich wieder neu aufrütteln.
Durch Handauflegung und Gebet wird seit apostolischer Zeit der Geist Gottes verliehen, so dass der Geweihte in persona Christi capitis – in der Person Christi des Hauptes – für die Kirche und die Glieder seines Leibes, das priesterliche und königliche Gottesvolk handeln kann. Christus lässt die geweihten Priester wie die Apostel teilhaben an seiner eigenen Weihe und Sendung vom Vater im Heiligen Geist (vgl. Lumen gentium 18). Im Auftrag Christi und der Kraft des Heiligen Geistes sind die Bischöfe und Priester in der apostolischen Nachfolge berufen, Gottes Volk zu leiten, zu lehren, zu heiligen und es aufzubauen durch das Wort, das Gebet und die Spendung des göttlichen Leben in den heiligen Sakramenten.
Das gibt uns die Kraft uns zu unserem Herrn zu bekennen. Wir brauchen uns nicht zu schämen, wenn wir wegen der Berufung zum priesterlichen Dienst von den Kameraden bespöttelt werden oder gar im Kreis unserer Lieben auf Widerstand stoßen. Wir brauchen uns nicht zu fürchten, wenn die Priester, nur weil sie Priester sind, von manchen Meinungsführern an den Pranger kollektiver Verdächtigung gestellt werden. Priester-Werden beinhaltet nämlich auch die Bereitschaft, für das Evangelium Christi zu leiden.
Christus selbst war unschuldig und hat für uns alle gelitten am Kreuz, um uns so von Sünde und Tod zu retten.
Liebe Weihekandidaten! Wer ist denn Jesus, zu dessen Diener Ihr heute geweiht werden? Er ist die Offenbarung und Gegenwart des universalen Heilswillens Gottes. Er ist der einzige Mittler zwischen Gott und den Menschen, der Hohepriester des Neuen und Ewigen Bundes. Er ist der Christus, der dem Tod die Macht genommen hat. Dieses Licht des unvergänglichen Lebens kommt zu uns durch das Evangelium. Der Priester Christi ist von Christus selbst im Heiligen Geist eingesetzt als dessen „Verkünder und Apostel“ (Tim 2,7), d.h. als Gesandter und Lehrer. In der Weihe wird dem Priester das kostbare Gut des Evangeliums anvertraut. Bleibt also beim Glauben und der Liebe, die Christus, der „Hirt und Bischof eurer Seelen“ (Petr 2,25), euch anvertraut hat. Jedem, der zum Bischof und Priester Christi geweiht ist, bleibt ins Stammbuch geschrieben: „Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt“ (Tim 1,14).
Wenn wir versagen und ihm untreu werden, liegt die Schuld nicht bei Gott, der uns überfordert hätte, bei der Kirche oder beim Zölibat; dann liegt die Schuld vielmehr bei uns, den Berufenen. Es mangelt nicht etwa an Gottes Geist, der uns Kraft gibt, sondern an uns, die wir uns unseren Schwächen, Lüsten und Launen überlassen und so unsere hohe Berufung verspielen.
Mit den Worten des Apostels Petrus an die Presbyter als seine Mitbrüder im priesterlichen Dienst möchte ich schließen: „Sorgt als Hirten für die euch anvertraute Herde Gottes, nicht aus Zwang, son-dern freiwillig, wie Gott es will (…) aus Neigung; seid (…) Vorbilder für die Herde! Wenn dann der oberste Hirt erscheint, werdet ihr den nie verwelkenden Kranz der Herrlichkeit empfangen“ (1 Petr 5,1ff.).
Adsum – Hier bin ich, Herr. Sende mich!