Marion hat geschrieben:Hat jemand das Orginalzitat von Schmidt Salomon wo er über die Gorillamütter spricht/schreibt (am besten mit Kontext)?
Ich vermute mal, daß das gemeint ist. Es stammt aus S.-S. Werk "Manifest des Evolutionären Humanismus" und behandelt "Ethik versus Moral".
http://www.giordano-bruno-stiftung.de/h ... nethik.htm
Auszug daraus:
Ob ein Verhalten „natürlich“ ist oder nicht, sagt rein gar nichts über seine ethische Legitimität aus. Wie wir (...) mit Max Weber festgestellt haben, lässt sich aus dem, was ist, nicht unmittelbar ableiten, was sein sollte. Zwischen Seins-Sätzen (Beschreibungen der Wirklichkeit) und Sollens-Sätzen (ethischen Vorschriften) herrscht eine unüberbrückbare Kluft. Wer diese Kluft ignoriert, indem er eine natürliche Erklärung für ein bestimmtes Verhalten als ethische Rechtfertigung desselben begreift, begeht einen schwerwiegenden logischen Fehler, den sog. „naturalistischen Fehlschluss“.
Anders als der Name es vielleicht vermuten lassen würde, sind gerade Naturalisten gegen diesen Fehlschluss in besonderer Weise gefeit. Warum? Weil sie aufgrund ihrer Kenntnis der Natur wissen, welche Katastrophen wir heraufbeschwören würden, wenn wir natürliche Verhaltensweisen unreflektiert zu ethischen Prinzipien erheben würden.
Betrachten wir zur Verdeutlichung das Beispiel des Infantizids (Kindstötung): Bei den Berggorillas fallen mehr als ein Drittel (!) des Nachwuchses bis zum Alter von 3 Jahren Kindstötungen zum Opfer. Grund: Durch den Infantizid steigen die Fortpflanzungschancen des tötenden Männchens. Dieses für unsere Vorstellungen zutiefst unethische Verhalten findet sich nicht nur bei Gorillas, sondern auch bei solch unterschiedlichen Tierarten wie Dungkäfern, Fischen, Amphibien, Mäusen, Löwen, Kamelen oder Pferden. Und es sind nicht nur die ohnehin als aggressiv verschrienen Männchen, die sich über Kindstötungen Vorteile im evolutionären Wettstreit um das genetische Überleben verschaffen: Weibliche Erdhörnchen, Mungos, Dingos, Wildhunde oder Krallenaffen beseitigen auf ähnliche Weise „unliebsame Konkurrenz eigener Kinder um Nahrung, Ruheplätze und Fortpflanzungspartner“.
So „natürlich“ Infantizid also ist (auch Homo sapiens ist dagegen alles andere als immun, nicht ohne Grund ist die literarische Figur der „bösen Stiefmutter“ so weit verbreitet!), kein vernünftiger Mensch käme auf den Gedanken, ihn deshalb ethisch legitimieren zu wollen. Dies gilt in gleichem Maße für die ebenfalls „natürlichen“ Verhaltensweisen Vergewaltigung, Raub, Erpressung oder Tötung. Das Naturrechtsprinzip hilft uns nicht weiter, wenn wir auf der Suche nach vernünftigen ethischen Regeln sind. Es ist allenfalls noch jenen Ideologen von Nutzen, die unter allen Umständen verhindern wollen, dass ihre Dogmen einer rationalen Überprüfung unterzogen werden. Völlig zu Recht stellte Norbert Hoerster fest, „dass dem Naturrechtler sein Ansatz lediglich als Mittel dient, um gewissen Moralnormen, die er […] nicht hinterfragen möchte, den Anschein einer objektiven Legitimität zu geben“.
Damit stellt sich die Frage: Wenn wir im Unterschied zu Naturrechtlern davon ausgehen müssen, dass wir ethische Grundregeln nicht einfach in der Natur vorfinden können, sondern dass wir diese vielmehr selbst erfinden müssen, ist daraus nicht zu folgern, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse keinerlei Relevanz haben für die Entwicklung einer zukunftsfähigen Ethik?