Joachim von Fiore

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Thomas_de_Austria
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Joachim von Fiore

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Overkott hat geschrieben:Dass auch der sel. Joachim von Fiore ein christliches Menschenbild hatte, sollte bei aller Hochschätzung des hl. Bonaventura nicht übersehen werden.
Wann wurde der denn eigentlich selig gesprochen? :hmm:

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Niels
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Niels »

Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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ad-fontes
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von ad-fontes »

Niels hat geschrieben:Am 7.9.29: viewtopic.php?p=385#p385
:freude: :nein: :kugel:
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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Berolinensis
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Berolinensis »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Wann wurde der denn eigentlich selig gesprochen? :hmm:
Gar nicht.

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Bernado
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Wann wurde der denn eigentlich selig gesprochen? :hmm:
Gar nicht.
Aber er entkam (mit knapper Not) dem Scheiterhaufen. Keine kleine Leistung seinerzeit.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Marion
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Marion »

Ist das normal, daß auch nicht Seliggesprochene einen kath. Gedenktag haben?
http://www.heiligenlexikon.de/Biographi ... Fiore.html
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Berolinensis
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Berolinensis »

Marion hat geschrieben:Ist das normal, daß auch nicht Seliggesprochene einen kath. Gedenktag haben?
http://www.heiligenlexikon.de/Biographi ... Fiore.html
Das Ökumenische Heiligenlexikon ist ein Produkt von Joachim Schäfer, evangelischer Pfarrer in D - 7619 Stuttgart,

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Marion
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Marion »

Daß auf der Seite viel Mist steht haben wir schon bei ein paar Heiligen festgestellt.

Ehrlich ist der Autor hier nun aber:
Kanonisation: 1346 scheiterte Joachims Heiligsprechung.
Hat er diesen Gedenktag (katholisch: 29. Mai) frei erfunden erlogen?
Gibt/gab es diesen gar nicht?
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Gamaliel
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Gamaliel »

Marion hat geschrieben:Hat er diesen Gedenktag (katholisch: 29. Mai) frei erfunden erlogen?
Gibt/gab es diesen gar nicht?
Hier ein Auszug aus der Catholic Encyclopedia:
The holiness of his life is unquestionable; miracles were said to have been wrought at his tomb, and, though never officially beatified, he is still venerated as a beatus on 29 May.
Dies nur als Info. Zum guten/schlechten Lebenswandel Joachim v. Fiores weiß ich gar nichts.

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Berolinensis
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Berolinensis »

Danke, Gamaliel. Da steht allerdings nichts von einer Approbation des Kultes durch die Ritenkongregation, insofern fragt sich, wie "offiziell" das ganze ist.

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lifestylekatholik
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von lifestylekatholik »

Berolinensis hat geschrieben:Danke, Gamaliel. Da steht allerdings nichts von einer Approbation des Kultes durch die Ritenkongregation, insofern fragt sich, wie "offiziell" das ganze ist.
Ab wann mussten Heilige und Selige denn durch die Ritenkongregation oder überhaupt durch Rom abgesegnet werden? Oder anders: Der heilige Thorlacius z. B. wurde von der Ortskirche lange Zeit verehrt (mit eigenem Messproprium etc.) bis endlich Johannes-Paul II. das Ganze »offiziell« machte.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Berolinensis
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Berolinensis »

Das kann ich dir auch nicht sagen. Aber eigentlich kommt hier - wenn ich jetzt nichts übersehe - eine Approbation auch gar nicht in Frage, da Joachim nach dem Dekret Alexanders III. starb, mit dem dieser nicht nur die Heilig-, sondern auch die Seligsprechung dem römischen Stuhl vorbehielt (vgl. http://www.newadvent.org/cathen/2364b.htm).

Thomas_de_Austria
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Ich denke mir doch, dass das völliger Unsinn ist. Auch und gerade seiner Lehren wegen ...

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Juergen
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Re: Ratzingers Offenbarungsbegriff und Bonaventura

Beitrag von Juergen »

Berolinensis hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Ist das normal, daß auch nicht Seliggesprochene einen kath. Gedenktag haben?
http://www.heiligenlexikon.de/Biographi ... Fiore.html
Das Ökumenische Heiligenlexikon ist ein Produkt von Joachim Schäfer, evangelischer Pfarrer in D - 7619 Stuttgart,
Der Text ist aber wohl weitgehend dort abgeschrieben: http://www.bautz.de/bbkl/j/Joachim_f.shtml
Gruß Jürgen

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Juergen
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Juergen »

http://www.stift-heiligenkreuz.org/file ... E_28.pdf
29. Mai
...
Joachim von Fiore, Abt des Zisterzienserordens. Joachim ist eine der interessantesten Per-
sönlichkeiten des Zisterzienserordens; er wurde um 113 in Kalabrien geboren und wurde
Abt des Zisterzienserklosters Corazzo. 1189 gründete er das Kloster Fiore, wo er die Or-
densdisziplin in großer Reinheit durchsetzte. Er verfasste sogar eine eigene Regel, sodass
die „Floriazenser“ als eigener Ordenszweig entstanden. Der Orden nahm raschen Auf-
schwung, bald gab es 35 Männer- und Frauenklöster in Süditalien. Erst im 16. Jahrhundert
schlossen sich die Floriazenser wieder dem Zisterzienserorden an. Joachim starb im Alter
von 72 Jahren am 3. März 122 in Fiore. Sein Kult als Seliger wurde bald darauf bestätigt
und lebt heute noch in der Kongregation von Casamari fort, eine Heiligsprechung kam
1346 aber nicht zustande. In seiner allegorischen Schriftinterpretation zog Joachim aber
falsche Schlussfolgerungen. Daher verurteilte das 4. Laterankonzil im Jahre 1215 – also
dreizehn Jahre nach Joachims Tod – einiges an der Lehre Joachims. Dasselbe Konzil lobte
dabei aber zugleich die Frömmigkeit des Abtes Joachim. Fatalen Einfluss hatte Joachims
Lehre von dem zu erwartenden Dritten Zeitalter des Heiligen Geistes auf die Fraticellenbe-
wegungen des 13. Jahrhunderts. Sie führte dort zu übertriebenen innerweltlichen Heilser-
wartungen. Im Zisterzienserorden, speziell in der Kongregation von Casamari, ist die Ver-
ehrung Joachims nie erloschen. Im Jahre 21 hat der Erzbischof von Cosenza den Heilig-
sprechungsprozess offiziell wieder aufgenommen.
Gruß Jürgen

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Galilei
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Galilei »

Es gibt ja auch die Variante eines gedulteten, aber nicht anerkannten Kultes, wie bei Karl dem Großen (so steht’s jedenfalls im Heiligenlexikon).

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Juergen
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Juergen »

Galilei hat geschrieben:Es gibt ja auch die Variante eines gedulteten, aber nicht anerkannten Kultes, wie bei Karl dem Großen (so steht’s jedenfalls im Heiligenlexikon).
Dort steht:
Kanonisation: Auf Kaiser Friedrich Barbarossas Veranlassung erfolgte 1165 die Heiligsprechung Karls durch den Erzbischof von Köln unter Billigung von Gegenpapst Paschalis III., aber gegen den Willen von Papst Alexander III. Seit 1176 wird die Verehrung geduldet: sie ist offiziell gestattet, nicht anerkannt, er ist deshalb nicht im Martyrologium Romanum verzeichnet.
Das ist so m.E. nicht ganz richtig.
Zwar wurde Heiligsprechung wie dort angegeben vorgenommen und wäre damit gleichsam nichtig, doch nach Beendigung des Schismas wurden alle vom Gegenpapst gemachten Erlasse etc. vom rechtmäßigen Papst anerkannt. Darunter befindet sich logischerweise auch diese Heiligsprechung.

Vgl. Jedin. Handbuch d. Kirchengeschichte. Band III/2, S. 82
...Alle von Friedrich und von seinen Bischöfen während des Schismas getroffenen kirchlichen Entscheidungen sollten ihre Gültigkeit behalten...
Gruß Jürgen

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civilisation
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von civilisation »

Aus dem Menologium Cisterciense (Westmalle 1952), S. 68 f.:

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Niels
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Niels »

Danke, civi!
Demnach scheint die bestehende veneratio irgendwann offiziell bestätigt worden zu sein.
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Robert Ketelhohn
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Joachitismus

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Niels hat geschrieben:Danke, civi!
Demnach scheint die bestehende veneratio irgendwann offiziell bestätigt worden zu sein.
Nein, da steht ja auch nichts von einer Bestätigung der Verehrung, die es in seiner
Kongregation natürlich gab und die aus ganz andern Interessen heraus später von
den häretischen Fratizellenbewegungen angefeuert wurde. Für eine solche Bestä-
tigung habe ich bisher nur leere Behauptungen gefunden, nicht die Spur eines Be-
weises.

Joachim war ein überaus frommer und gottesfürchtiger, heiligmäßig lebender Mann,
das ist unbestritten. Er hat auch seine Schriften ausdrücklich dem Urteil der Kirche
unterworfen. Der Kern seiner Lehre ist aber ganz und gar heterodox, daran ist nichts
zu retten, und darum ist auch jegliche Verehrung Joachims als eines Seligen oder
Heiligen der Kirche zu verwerfen, weil anders zugleich mit ihm der joachitische Irr-
tum gleichsam kanonisiert würde.
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Niels
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Niels »

Wieso wird er dort als beatus benannt?
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Robert Ketelhohn
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Schreiben sie doch: »qui post mortem multis modis ut beatus colebatur
Das ist die Rechtfertigung. Gäbe es eine päpstliche Anerkennung, be-
riefen sie sich darauf. Da kannst du sicher sein.
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Berolinensis
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Berolinensis »

Was übrigens vielleicht geeignet ist, die Vorstellung, die viele haben, einwenig zu korrigieren, vor dem Konzil habe schon jedes Heben einer Augenbraue in Rom zu sofortigem, unbedingtem und universalem Gehorsam geführt.

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Robert Ketelhohn
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hört! hört!
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Stilus
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Re: Joachim von Fiore

Beitrag von Stilus »

Berolinensis hat geschrieben:Was übrigens vielleicht geeignet ist, die Vorstellung, die viele haben, einwenig zu korrigieren, vor dem Konzil habe schon jedes Heben einer Augenbraue in Rom zu sofortigem, unbedingtem und universalem Gehorsam geführt.
...zum Beispiel bei einem gewissen (präkonziliaren) Herrn Dr. Luther :pfeif:
Uns ist geschenkt sein Heilger Geist
Ein Leben das kein Tod entreißt.


Jesus rettet!
Buddha macht nur inkrementelle Backups…

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