Clemens hat geschrieben:Ich kenne das Buch nicht, aber ich erinnere mich, dass es vor einigen Jahren (lang vor meiner Zeit) zu wütenden Diskussionen hier im KG führte.
Einzelne User begründeten damit ihr vernichtendes Urteil über Luther und seine moralischen Qualitäten.
Er sei ein Alkoholiker gewesen und hätte gewohnheitsmäßig sehr schandbare und obszöne Reden geführt.
Mir schien das damals recht unseriös. Aber offenbar ist es doch nicht zu missachten?
Hast du, Lutherbeck, es etwa gelesen? Stimmst du ihm zu??
Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen.
Es ist m. W. nicht zutreffend, daß das Buch totgeschwiegen wurde oder unterdrückt. M. W. war es lange erhältlich und zuletzt über den Verlag nova et vetera lieferbar. Es ist gut, daß es nun in einer neuen Auflage vorliegt.
Das Buch ist keineswegs eine polemische Abrechnung mit Luther, sondern eine solide und sorgfältige Analyse der lutherischen Theologie und ihrer Methode.
Vor allem geht es um die Kernfrage: Wo verankert Luther seinen Glauben, was gibt ihm Gewißheit des Heils? Hacker weist anhand zahlreicher Zitate nach, daß Luthers Glaubensbegriff vor allem eine Reflexion des Gläubigen auf sich selbst darstellt: Der Glaube Luthers bindet sich nicht an Christus, sondern vornehmlich an den Akt des Glaubens und damit an den Glaubenden selbst. Nur wenn der Glaubende glaubt, hat er das Heil - oder kurz mit Luther gesprochen: "Was du glaubst, das hast du. Glaubst du nicht, dann hast du nicht." Der eigene Glaubensakt wird so zum heilschaffenden Moment. Diesen Glaubensvollzug nennt Hacker "reflexiv". Für Hacker ist Luthers Glaube nicht mehr christozentrisch, sondern anthropozentrisch, da im lutherischen Glaubensverständnis das Heil im Menschen gründet und nicht mehr in Christus.
Ein sehr lesens- und nachdenkenswertes Buch.