ar26 hat geschrieben:@ Gamliel
Du zitierst vier Stellen aus Gottes Offenbarung an den Alten Bund und versuchst anzudeuten, daß hieraus ipso facto gültige Bestimmungen für den neuen Bund erwachsen. Ob diese Aussagen für den neuen Bund überhaupt relevant sind, hast Du nicht belegt. Derartig wertfreies Zitieren der Schrift nenne ich Bibelprotestantismus.
1. Richtet sich Dein Vorwurf zuerst einmal an den hl. Thomas, denn der hat mir das Zitieren von Bibelstellen vorgemacht.
Im „Sed contra“ (Du weißt sicher, daß Thomas hier gerne ein
Autoritätsargument bringt) der von Berolinensis angegeben Stelle, schreibt er übrigens einfach so, ganz wertfrei:
Sed contra est quod dicitur Prov. XIII, 24: Qui parcit virgae, odit filium suum; et infra XXIII,13-14: Noli subtrahere a puero disciplinam. Si enim percusseris eum virga, non morietur, tu virga percuties eum, et animam eius de Inferno liberabis. Et Eccli. XXXIII,28: Dicitur, servo malevolo tortura et compedes.
In diesem Sinne, danke, für Deinen wertvollen Beitrag auch im Hinblick auf die Thomas- und Lutherforschung. Endlich ist es bekannt, daß es schon lange vor Luther, erste „anonyme Protestanten“ bzw. „Bibelprotestanten“ gegeben hat und diese von der Kirche sogar heiliggesprochen wurden!
2. Ich versuche gar nichts anzudeuten, sondern ich habe eine einfache Frage gestellt:
Gamaliel hat geschrieben:Ich möchte wissen, […]
2. wie jene Katholiken, die körperliche Strafen grundsätzlich ausschließen, die Hl. Schrift an z.B. folgenden Stellen "verstehen": [...]
Die Frage knüpfte an die Bedeutung der Inspiration und des Literalsinnes der Hl. Schrift an. Wer die zitierten Stellen für falsch hält oder sie in einem völlig anderen Sinne verstehen, hat für seine These die Beweispflicht; darauf zielte meine Frage ab.
3. Wie kommst Du denn auf die Idee, daß Aussagen, die Gott im Alten Bund gemacht hat,
von vorneherein im Neuen Bund nicht mehr gültig sein sollen und ihre Verwendung daher jedes Mal einer vorausgehenden Rechtfertigung bedarf?
4. Anselmus hat im Prinzip die richtige Antwort gegeben:
Anselmus hat geschrieben:Deine Ausführung könnte ich verstehen, wenn es sich bei Gamaliels Zitaten um tatsächliche Gebote Gottes (z.B. aus dem mosaischen Gesetz) handelte. Aber Gamaliel führte keine Gebote auf, sondern vieleher Ratschläge aus der Bibel. Diese Ratschläge haben auch meiner Meinung nach nichts mit dem Bundesschluss Gottes zu tun.
Die Lehre des hl. Thomas (vgl. II-II, q. 100 & 103) lautet kurz zusammengefaßt: Die praecepta moralia des Alten Bundes gelten weiter, da Teil des Naturgesetzes; die praecepta caeremonialia et iudicialia sind im Neuen Bund aufgehoben.
Den Zusammenhang der zitierten Schriftstellen mit den „praecepta moralia“ bzw. dem Naturgesetz kannst Du im „corpus“ der von Berolinensis angegeben Thomas-Stelle nachlesen.