Nicht für das Geld der Waisen
Es begab sich, daß Pavle, als er noch Diözesanbischof war, von den Nonnen des
Klosters Sopoćani nahe Novi Pazar um seinen Segen gebeten wurde, einen FICO (das kleinste damals erhältliche Auto) zu kaufen, damit es ihnen leichter wäre, alles Notwendige aus der Stadt ins Kloster zu bringen, und damit sie nicht mit dem Bus fahren müssen, denn auf dem Wege passierten allerlei Versuchungen. Er lehnte ab. Die Erklärung war folgende: "Es ist nicht gut, ein Auto für das Geld zu kaufen, das euch von den Waisen und Armen gespendet wird, da könnte es noch passieren, daß ihr durch Pfützen fahrt und sie vollspritzt!"
Als er Bischof von Raska-Prizren war, hat er es lange Zeit vermieden, ein Dienstauto für sich und die Bedürfnisse der Diözese zu erwerben. Er sagte: "Solange es nicht in jedem serbischen Haus in Kosovo ein Auto gibt, werde ich auch keins haben." Allerdings hat er letzten Endes doch zugestimmt, einen "Wartburg" zu kaufen, weil er billig ung gut geeignet war, verschiedene Waren für die Kirchen und andere Dinge zu transportieren.
Bischof Pavle fuhr selten damit, weil er meistens zu Fuß ging. Von Kloster zu Kloster, von Kirche zu Kirche, kreuz und quer durch seine ganze Diözese... er kannte sich mit Autos nicht aus. Als ihn eines Tages Stefan, der Bischof von Zica, besuchte (mit ihm war er noch seit den Tagen im Priesterseminar eng befreundet), fuhren sie mit dem "Peugeot" des Bischofs durch die Diözese, und
Vladika Pavle rief: "Ach, Bruder Stefan, einen wunderbaren "Wartburg" hast Du da!"
Nur ein Talar
Ebenso asketisch lebte Vladika Pavle auch, als er nach Belgrad übersiedelte, nachdem er ins höchste kirchliche Amt gewählt wurde. Wie auch ehedem besaß er nur einen Talar. Schwester Agica, welche er oft besuchte, witzelte: "Was bist denn Du für ein Patriarch, wo Du doch nur einen Talar hast?" - Daraufhin erwiderte der neugewählte Patriarch: "Wozu brauche ich mehr, ich kann doch nicht zwei gleichzeitig anziehen!"
Der Mercedes
Die Einwohner Belgrads trafen Patriarch Pavle öfters auf der Straße, in der Straßenbahn, im Bus... Eines Tages, als er die Straße Kralja Petra bergauf lief, wo sich das Patriarchat befindet, hielt ein berühmter Priester einer der bekanntesten Belgrader Kirchen auf seinem schnittigen "Mercedes" neben ihm, stieg aus und wandte sich an den Patriarchen:
"Euer Heiligkeit, gestatten Sie es mir, daß ich Sie mitnehme! Sagen Sie nur, wohin Sie wollen..."
Der Patriarch wollte nicht ablehnen, setzte sich zu ihm ins Auto. Als es losfuhr, wurde er der üppigen Ausstattung gewahr und fragte:
"Sag mir, Vater, wessen Auto ist das?"
"Es ist meins, Euer Heiligkeit!" - erwiderte der Priester nicht ohne einen Anflug von Stolz.
"Halten Sie an!", forderte Patriarch Pavle.
Er stieg aus, bekreuzigte sich und sagte dem Priester:
"Gott helfe Ihnen! Ich gehe meiner Wege."
Der Reihe nach
Einmal, als er mit der Straßenbahn zurück zum Patriarchat fuhr, passierte etwas unglaubliches. In der überfüllten Straßenbahn, welche Richtung Hauptbahnhof fuhr, rief jemand: "Dort, seht, der Patriarch!", und bahnte sich seinen Weg durch die Massen, um den Segen zu erbitten. Ihm folgten auch andere, und es begann eine regelrechte Drängelei. Der Fahrer hielt und gebot allen Fahrgästen, außer dem Patriarchen, sie mögen die Bahn verlassen. Dann beließ er nur eine Tür offen und rief: "So, und nun schön einzeln, der Reihe nach...". Auf diese Weise kam ein jeder ohne Drängelei zum Patriarchen.
Sehen, was man sehen will
Im Patriarchat erinnert man sich oft an einen Dialog zwischen dem Patriarchen und einem Diakon (welcher diesen immer begleitete), der passierte, bevor sie zum Gottesdienst in die Kirche auf dem
Banovo-Hügel abfuhren.
"Wie wollen wir fahren, mit dem Auto?" fragte der Diakon, indem er die Antwort vorgab.
"Wir nehmen den Bus!", meinte der Patriarch entschlossen.
Der warme Morgen versprach einen heißen Tag. Der Diakon hatte keinerlei Lust, mit dem städtischen Nahverkehr zu fahren.
"Es ist weit, im Bus ist es stickig, man drängelt...", versuchte der Diakon sein bestes, den Patriarchen zu überreden.
"Laß uns fahren", sagte seine Heiligkeit kurz und entschlossen und ging bereits los, stieß dabei den Stab laut hörbar auf den Asphalt.
"Aber...", rief der Diakon, indem er ihm hinterhereilte, und brachte ein vollkommen neues, und seiner Meinung nach unwiderlegbares Argument: "Euer Heiligkeit, es ist Sommer, viele gehen auf die
Ada Ciganlija baden, in den Bussen wimmelt es von halbnackten Leuten... das wäre doch unangenehm..."
"Weißt Du, Väterchen, jeder sieht das, was er gern sehen will!"
Wozu das Blitzlicht?
Einer der berühmtesten serbischen Fotojournalisten, Vican Vicanović, kam zu Besuch, um den Patriarchen für sein Journal abzulichten.
Da er allerdings ein Atheist war, hatte er keine genaue Vorstellung davon, wie man einen Patriarchen richtig anredet. Während der Fotoaufnahmen, als er erklären wollte, wie man sich hinstellen sollte, damit die Aufnahme gut würde, sagte er:
"Euer Luminiszenz..."
Daraufhin der Patriarch:
"Wenn ich die Luminiszenz bin, wozu brauchst Du dann noch ein Blitzlicht?"
Wenn wir uns betrinken...
Seine Heiligkeit kannte die Geschwätzigkeit nicht, aber es passierte, daß er sich durch ein paar Worte "opferte", um Leute zur Einsicht zu bringen. Es war damals so, daß ein Lebemann, der oft im Restaurant "Fragezeichen" (welches sich dem Patriarchat gegenüber befindet) zu Gast war, jedesmal über die Straße lief, wenn er sah, daß der Patriarch vorbeikam, um ihn um den Segen zu bitten. Und einmal sprach er stammelnd:
"Euer Heiligkeit, wir zwei sind die besten Leute hier in diesem Belgrad!"
Der Patriarch sah, daß der Mann nicht gerade sicher auf den Beinen ist, antwortete:
"Ja, da hast Du wohl recht, aber Gott weiß es, wenn wir uns mal wieder betrinken, sind wir die Schlimmsten!"
Natürlich trank der Patriarch nie Alkohol. Aber auf diese Weise nahm er einen Teil der Sünde von diesem Menschen und zeigte ihm dessen Schwäche und sein Laster mit Humor auf, um ihn nicht zu kränken.
Lassen Sie uns in Ruhe
Als Vladika Pavle zum serbischen Patriarchen gewählt wurde, wollten zahlreiche Delegationen und hochgestellte ausländische Gäste sich mit seiner Heiligkeit treffen. Seinen Mitarbeitern gefiel das nicht sehr, sie fürchteten, daß der neue Patriarch durcheinander kommt und vielleicht nicht wissen wird, wie er sich verhalten soll, denn den Großteil seines Lebens hatte er im Kloster verbracht, ein Mönchsleben geführt und keinerlei Erfahrung in der weltlichen Diplomatie.
Der damals sehr aktive amerikanische Botschafter Warren Zimmermann bat ebenfalls um eine Audienz. Der Patriarch empfing ihn in seinen Räumlichkeiten. Der Botschafter überbrachte Grüße und Gratulationen im Namen des amerikanischen Volkes, vom Präsidenten und gratulierte auch von sich aus. Nach einer Unterhaltung über allgemeine Themen fragte der Botschafter den Patriarchen:
"Womit können wir Ihnen helfen?"
Der Patriarch sah ihn an und antwortete einfach:
"Euer Exzellenz, lassen Sie uns einfach in Ruhe, so werden Sie uns helfen!"
Zimmermann war perplex und wußte darauf keine Erwiderung. Die Zeit sollte zeigen, daß dies die beste mögliche Bitte gewesen war.