Taufe und Wiedertaufe

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Nachlassen im Bewusstseun für´s Liturgische. Ich war letzthin zu einer Trauung in einer einst ehrbaren reformierten Kirche. Das Ganze war nun etwas freier und moderner gestaltet auf Wunsch des Brautpaares. Was offensichtlich dazu führte, das Zelebrant und Kantorin zwischendurch den Faden verloren - köstlich das offensichtliche Schielen auf das Faltblättchen was wohl als Nächstes kommt. Highlight am Schluss: Segnung des Brautpaares. Ich segne dich im Namen des Vaters- Hand auf den Kopf des Bräutigams, des Sohnes - andere Hand auf den Kopf der Braut, leichtes Stocken, rauschender Einsatz der Orgel, worauf der Auszug der Gemeinde begann, Ende Gelände.
Die ratlosen Blicke die mein Mann und ich uns zuwarfen, gingen zum Glück im fröhlichen Chaos unter.
Zuletzt geändert von Lioba am Dienstag 27. Oktober 2009, 09:48, insgesamt 1-mal geändert.
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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Christiane hat geschrieben:Neulich habe ich im Vorraum unserer Kirche eine Broschüre zum Sakrament der Taufe durchgeblättert. Dort hieß es, dass die Formel bei den Orthodoxen "... wird getauft im Namen..." lautet. Da ich nun aber kein Wort Griechisch kann (weder alt, noch neu) und mich auch in der orthodoxen Taufpraxis nicht wirklich auskenne, wusste ich eben nicht, wer falsch liegt. Ad Fontes oder diese Broschüre.
Sieh da: http://kreuzgang.org/pdf/taufritus.byza ... eutsch.pdf

Auf kirchenslawisch wie auf griechisch wären jedoch beide Möglichkeiten morphologisch nicht unterscheidbar.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

TillSchilling hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich frage zurück: Was heißet denn wohl griechisch εἰς?
In, hinein. Bezeichnet die Richtung in das Innere einer Sache oder doch in die unmittelbare Nähe derselben.
Spricht vom Raume oder Zustand oder Zeit. Kann aber auch den Zweck oder die Beziehung bezeichnen.
Aha, aha, aha. Na, denn erklär doch mal die folgenden Stellen:
Mt 2,23 καὶ ἐλϑὼν κατῴκησεν εἰς πόλιν λεγομένην Ναζαρέτ
Mc 1,39 καὶ ἦλϑεν κηρύσσων εἰς τὰς συναγωγὰς αὐτῶν εἰς ὅλην τὴν Γαλιλαίαν καὶ τὰ δαιμόνια
ἐκβάλλων.
Mc 5,14 καὶ οἱ βόσκοντες αὐτοὺς ἔϕυγον καὶ ἀπήγγειλαν εἰς τὴν πόλιν καὶ εἰς τοὺς ἀγρούς·
Lc 4,44 καὶ ἦν κηρύσσων εἰς τὰς συναγωγὰς τῆς ᾽Ιουδαίας.
Lc 9,61 Εἶπεν δὲ καὶ ἕτερος, ᾽Ακολουϑήσω σοι, κύριε· πρῶτον δὲ ἐπίτρεψόν μοι ἀποτάξασϑαι τοῖς
εἰς τὸν οἶκόν μου.
Lc 11,7 τὰ παιδία μου μετ' ἐμοῦ εἰς τὴν κοίτην εἰσίν·
Jo 8,26 πολλὰ ἔχω περὶ ὑμῶν λαλεῖν καὶ κρίνειν· ἀλλ' ὁ πέμψας με ἀληϑής ἐστιν, κἀγὼ ἃ ἤκουσα
παρ' αὐτοῦ ταῦτα λαλῶ εἰς τὸν κόσμον.
Act 2,39 ὑμῖν γάρ ἐστιν ἡ ἐπαγγελία καὶ τοῖς τέκνοις ὑμῶν καὶ πᾶσιν τοῖς εἰς μακρὰν ὅσους ἂν
προσκαλέσηται κύριος ὁ ϑεὸς ἡμῶν.
Act 8,40 Φίλιππος δὲ εὑρέϑη εἰς ῎Αζωτον, καὶ διερχόμενος εὐηγγελίζετο τὰς πόλεις πάσας
ἕως τοῦ ἐλϑεῖν αὐτὸν εἰς Καισάρειαν.
Act 21,13 τότε ἀπεκρίϑη ὁ Παῦλος, Τί ποιεῖτε κλαίοντες καὶ συνϑρύπτοντές μου τὴν καρδίαν; ἐγὼ
γὰρ οὐ μόνον δεϑῆναι ἀλλὰ καὶ ἀποϑανεῖν εἰς ᾽Ιερουσαλὴμ ἑτοίμως ἔχω ὑπὲρ τοῦ ὀνόματος
τοῦ κυρίου ᾽Ιησοῦ.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

TillSchilling

Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von TillSchilling »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aha, aha, aha. Na, denn erklär doch mal..
Jetzt sei doch bitte nicht so oberlehrerhaft sondern sag endlich was du sagen möchtest.

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Christiane
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Christiane »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Sieh da: http://kreuzgang.org/pdf/taufritus.byza ... eutsch.pdf
Jetzt musste ich erstmal eine Weile hin und her scrollen. Hab's aber gefunden. Danke. :)
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Christiane
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Christiane »

Lioba hat geschrieben:Nachlassen im Bewusstseun für´s Liturgische. Ich war letzthin zu einer Trauung in einer einst ehrbaren reformierten Kirche. Das Ganze war nun etwas freier und moderner gestaltet auf Wunsch des Brautpaares. Was offensichtlich dazu führte, das Zelebrant und Kantorin zwischendurch den Faden verloren - köstlich das offensichtliche Schielen auf das Faltblättchen was wohl als Nächstes kommt. Highlight am Schluss: Segnung des Brautpaares. Ich segne dich im Namen des Vaters- Hand auf den Kopf des Bräutigams, des Sohnes - andere Hand auf den Kopf der Braut, leichtes Stocken, rauschender Einsatz der Orgel, worauf der Auszug der Gemeinde begann, Ende Gelände.
Die ratlosen Blicke die mein Mann und ich uns zuwarfen, gingen zum Glück im fröhlichen Chaos unter.
Liebe Lioba, das Verwunderliche an der ganzen Geschichte war ja, dass besagter Pfarrer an sich gar nicht der Typ ist, der zu Kasperletheater neigt. Ich habe seine Gottesdienste ein paar mal erlebt, weil wir in dem Ort einige unserer Familientreffen hatten und ich habe sie immer als würdig empfunden. Auch als Experimentiertyp habe ich ihn nicht kennengelernt. Ja, auch der Taufritus an sich lief als ganzes sehr erfürchtig ab, nur die Taufformel machte mich halt sehr stutzig. Aber ich glaube, da war das vorangegangene Evangelium schuld. Mt 28,19 "Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes". Ich weiß nicht, ob da aus der Einheitsübersetzung, der Lutherbibel oder woraus auch immer vorgetragen wurde. In der EH steht an dieser Stelle jedenfalls "auf" (in der Vulgata "in") und so wurde es auch im besagten evangelischen Gottesdienst vorgetragen. Jedenfalls scheint der Pfarrer diese Stelle dann einfach wörtlich genommen zu haben. Wollte es wohl ganz richtig machen. Aber so ist das eben mit dem gut gemeint.

Chrissi
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Lutheraner
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lutheraner »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Wenn man lehrt, dass es nur in der Kirche eine gültige Taufe gibt, dann ist man kein Wiedertäufer, wenn man Menschen tauft, die bereits eine ausserkirchliche (und somit ungültige) Taufe empfangen haben.
Natürlich. Keine Gemeisnchaft sieht sich selbst als wiedertäuferisch. Das Problem ist nur, dass man durch die Taufe auf den dreieinigen Gott Christ wird (passiv). Wer jemandem die Taufe abspricht, der spricht ihm auch ab Christ zu sein. So einfach ist das.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Christ86
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Christ86 »

Lutheraner hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Wenn man lehrt, dass es nur in der Kirche eine gültige Taufe gibt, dann ist man kein Wiedertäufer, wenn man Menschen tauft, die bereits eine ausserkirchliche (und somit ungültige) Taufe empfangen haben.
Natürlich. Keine Gemeisnchaft sieht sich selbst als wiedertäuferisch. Das Problem ist nur, dass man durch die Taufe auf den dreieinigen Gott Christ wird (passiv). Wer jemandem die Taufe abspricht, der spricht ihm auch ab Christ zu sein. So einfach ist das.
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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Liebe Christiane: Luther und Schlachter übersetzen besagte Stelle "auf". Ich persönlich würde auch sagen der eigentliche Sinn ist im deutschen das "hinein", wofür es aber in unserer Sprache keine genaue Entsprechung gibt.
Vom heutigen Sprachgebrauch her wird "auf" eher so verstanden, dass es um den Namen des Täuflings geht, "im" dagegen als Bevollmächtigung. Ob es zu Luthers Zeiten schon so war, weiss ich nicht.
Ein bisschen verwirrend ist auch, dass an anderen Stellen im Gottesdienst stets die Formel "im Namen des Vaters ..." verwendet wird, analog zum Lateinischen " in nomine Patris et Filli et Spiritu Sancti".
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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Beim Versuch, den Link zur byz. Taufe zu öffnen, hängte sich der Computer auf und ich musste die Sitzung neu starten.Sollte dort des Rätels Lösung zum "eis" zu finden sein, sagt es mir bitte.
Zuletzt geändert von Lioba am Mittwoch 28. Oktober 2009, 10:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Ist der Begriff "unvollständig" theologisch sinnvoll ? Worin die Unvollständigkeit aus jeweiliger Sicht kommt. ist schon klar.Kann also eine Taufe nachgebessert werden?
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Lutheraner
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lutheraner »

Linus hat geschrieben:
Christiane hat geschrieben:Neulich habe ich im Vorraum unserer Kirche eine Broschüre zum Sakrament der Taufe durchgeblättert. Dort hieß es, dass die Formel bei den Orthodoxen "... wird getauft im Namen..." lautet. Da ich nun aber kein Wort Griechisch kann (weder alt, noch neu) und mich auch in der orthodoxen Taufpraxis nicht wirklich auskenne, wusste ich eben nicht, wer falsch liegt. Ad Fontes oder diese Broschüre. Wird die Taufformel mit "auf" eigentlich von der Kirche als gültig anerkannt? Ich habe nämlich erst kürzlich mehrere evangelische Taufen miterlebt, wo "auf den Namen..." getauft wurde.

Christiane
Auf ist falsch. die Namensgebung erfolgt ja nicht bei der Taufe. Die Taufe ist das Einsenken des Täuflings in den Tod Christi, und das geschieht in seinem Namen, dem des Vaters und des Geistes.
Gut möglich, dass Paulus nach römisch-katholischer Lehre falsch getauft hat. Er schreibt:

"Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?"
(Römer 6,3)

Aus dem "Gotteslob" solltet Ihr auch sicherheitshalber das Lied "Wir sind auf Christus getauft" streichen.
(Das ist ja mal wieder eine echte Kreuzgang-Diskussion hier...)
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lifestylekatholik
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von lifestylekatholik »

Lutheraner hat geschrieben:Gut möglich, dass Paulus nach römisch-katholischer Lehre falsch getauft hat. Er schreibt:

"Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?"
(Römer 6,3)
Je nun, ob das so zu übersetzen ist, ist doch gerade die Frage, um die es hier geht. Die Vulgata schreibt: »An ignoratis, quia, quicumque baptizati sumus in Christo Jesu, in morte ipsius baptizati sumus?«
Lutheraner hat geschrieben:Aus dem "Gotteslob" solltet Ihr auch sicherheitshalber das Lied "Wir sind auf Christus getauft" streichen.
Aus dem Gotteslob sollten wir noch ganz andere Lieder streichen. :breitgrins:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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anneke6
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von anneke6 »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Aus dem "Gotteslob" solltet Ihr auch sicherheitshalber das Lied "Wir sind auf Christus getauft" streichen.
Aus dem Gotteslob sollten wir noch ganz andere Lieder streichen. :breitgrins:
Wir kriegen ja ein neues. Aber so wie das abläuft, habe ich das Gefühl, wir werden eher Sakramentengemeinschaft mit den Orthodoxen bekommen als auch nur 200 schöne deutsche Kirchenlieder.
???

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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

TillSchilling hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aha, aha, aha. Na, denn erklär doch mal..
Jetzt sei doch bitte nicht so oberlehrerhaft sondern sag endlich was du sagen möchtest.
Hätte Sokrates so widerborstige Gesprächspartner gehabt, sähe er in Platos
Dialogen auch alt aus … ;D

Zur Sache. In obiger Auswahl einiger Stellen aus dem Neuen Testament (es
gibt noch weitaus mehr passende) müssen wir εἰς offensichtlich durch „in“ c.
dat. (Frage: wo?) wiedergeben.

Die klassischen Grammatiken erklären das Phänomen, das vereinzelt bereits
im klassischen Griechisch aufscheint, als sogenannte Brachylogie, also Auslas-
sung stillschweigend zu ergänzender Satzteile, hier nämlich von Ausdrücken
der Bewegung oder Richtungsangabe.

Ein Beispiel: Das obige Zitat Lc 11,7 τὰ παιδία εἰς τὴν κοίτην εἰσίν heißt wörtlich
(wenn wir εἰς als Richtungsanzeiger verstehen): „die Kinder sind ins Bett“. Um-
gangssprachlich ist so etwas sogar auch im Deutschen möglich: „Wo sind denn
die Gören?“ – „Die sind schon ins Bett!“ – „… gegangen“, verstehen wir von sel-
ber, ohne es ausdrücklich sagen oder denken zu müssen.

Hoch- und schriftsprachlich ist das im Deutschen nicht möglich, im klassischen
Griechisch kommen solche Wendungen jedoch vereinzelt vor.

Auf deutsch ebenso wie in den meisten andern modernen Sprachen – aber auch
in den alten (für Latein und Gotisch habe ich’s noch einmal geprüft) – übersetzen
wir daher „in“ c. dat. (Frage: wo?), bzw. die jeweilige Entsprechung in den einzel-
nen Sprachen.

Ich will nun nicht alle obigen Beispiele einzeln durchgehen. Das mag, wer Lust hat,
selber tun. Bei einigen findet sich der „Richtungsanzeiger“ in der Nähe (z. B. Mt
2,23 ἐλϑὼν, man könnte es eine Vertauschung der syntaktischen Abhängigkeit
nennen), teilweise läßt er sich ergänzen, teilweise aber eigentlich gar nicht, jeden-
falls nicht ohne das anzunehmende Verhältnis von Sprecher und Rezipient durch
überspitzte Gedankenakrobatik ganz und gar zu überfordern. Vor allem aber sind
diese Fälle weitaus häufiger, als vom klassischen Griechisch her zu erwarten.

Wie ist das zu erklären? – Des Rätsels Lösung ist ganz einfach. Es handelt sich
um ein generelles Phänomen der Κοινῆς. Vielleicht ausgehend von solchen Bra-
chylogien, wie oben beschrieben, verwischt sich der Unterschied von εἰς und ἐν.
Tatsächlich kommt auch ἐν anstelle eines zu erwartenden εἰς vor, im allgemeinen
aber tritt ἐν zugunsten von εἰς zurück, bis zu seinem kompletten Verschwinden im
Neugriechischen. (Neugriechisch εις und εν sind gelehrte „Reanimationen“ der al-
ten Präpositionen, echt neugriechisch ist σε ‹ mgr. ε[ι]ς ‹ altgr. εἰς; die Bedeutung
ist „in“ c. dat. & acc., auf die Fragen „wo?“ und „wohin?“.)

Das Bibelgriechisch spiegelt das beschriebene Phänomen bereits wider, wenn
auch noch nicht in der einige Jahrhunderte später erreichten vollen Ausprägung.
Ob wir ein griechisches εἰς also im Sinn eines „in“ c. acc. (Richtungsangabe, Dau-
er, eventuell übertragen Zweckbestimmung) oder eines „in“ c. dat. (Ortsangabe,
Zeitpunkt) zu verstehen haben, entscheidet sich erst aus Kontext und Sinnzusam-
menhang, wobei die vergleichende Betrachtung alter Übersetzungen sehr hülfreich
ist.

Die heutige Exegese scheint bezüglich des εἰς sich zu verhalten, als habe sie noch
nie von der Κοινῇ gehört. Das geht bis hinein in die diesbezüglich völlig vergurkte
Fehlübersetzung der Nova Vulgata, wo man regelmäßig griechisches εἰς, welches
Vetus Latina und Hieronymus wohlweislich durch in c. abl. wiedergegeben hatten,
nun fälschlich als in c. acc. übersetzt.

Was bedeutet das nun für die Frage nach der Taufe „im Namen“ oder „auf den Na-
men“? – Wir müssen fragen, was sinnvollerweise gemeint sein wird: gewissermaßen
„in den Namen“ Gottes „hineinzutaufen“, oder „im Namen“ Gottes, von ihm bevoll-
mächtigt und unter Berufung auf ihn. Ersteres ist, offen gesagt, mit gesundem Men-
schenverstand schwer nachvollziehbar, trotz bekannter theologischer Konstruktio-
nen, die gerade darin einen Sinn erblicken wollen, sich darob aber doch recht feste
quälen müssen. Der Blick in die alten Übersetzungen bestätigt die erste Wahl des
gesunden Menschenverstands. Also lasset uns taufen „im Namen des Vaters und
des Sohnes und des Heiligen Geistes“.
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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lioba hat geschrieben:Beim Versuch, den Link zur byz. Taufe zu öffnen, hängte sich der Computer auf und ich musste die Sitzung neu starten.Sollte dort des Rätels Lösung zum "eis" zu finden sein, sagt es mir bitte.
Da findest du nur, daß die österreichischen Ukrainer „im Namen“ etc. taufen.
Was die Datei betrifft: Versuch’s mal mit rechtem Mausklick und „Ziel speichern
unter“, und dann von der eignen Festplatte aus öffnen.
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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lutheraner hat geschrieben:Gut möglich, dass Paulus nach römisch-katholischer Lehre falsch getauft hat. Er schreibt:

"Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?"
(Römer 6,3)
Es wird dich vielleicht überraschen zu hören, daß olle Paule gar nicht deutsch schrieb,
sondern griechisch: ἢ ἀγνοεῖτε ὅτι ὅσοι ἐβαπτίσϑημεν εἰς Χριστὸν ᾽Ιησοῦν εἰς τὸν
ϑάνατον αὐτοῦ ἐβαπτίσϑημεν;

Also zweimal εἰς. Dazu siehe meine obigen Ausführungen. Die Vulgata übersetzt hier
beidemale in c. abl., die Nova Vulgata macht draus jeweils in c. acc. Wie sinnig das ist,
habe ich oben erläutert.
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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Bin vielleicht ein bisschen doof- wäre das dann nicht ein Lokativ? Und kann der dann das im Namen ala Bevollmächtigung ausdrücken?
Tills und meine Überlegung wären dann falsch, weil hinein durch den Akkusativ ausgedrückt wird?
Hoffe ich habe dich halbwegs verstanden.
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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ein Lokativ tut hier eigentlich nichts zur Sache. Im Lateinischen
ist er in Resten als eigenständiger Kasus noch vorhanden, im
übrigen aber hat der Ablativ seine Funktion mitübernommen.

Im Griechischen sind noch geringere Reste des alten Lokativs
erhalten, während er im übrigen die Funktion des Dativs mit-
übernommen hat und so, morphologisch leicht verändert, zum
Dativ selbst wurde, der „nebenbei“ auch noch lokative Funktion
hat, gleichwie der deutsche Dativ.

Diese Funktion kann neben der eigentlich lokativen immer auch
temporale und figurative, also übertragene Bedeutung haben.
Ich kann „in der Stadt“ sein, „im zehnten Jahrhundert“ leben
oder „in Eile“ sein.

Für den hier diskutierten Punkt ist das völlig unproblematisch
und tut, wie gesagt, nichts zur Sache.

Der springende Punkt ist, um es zu wiederholen: Du siehst dem
bibelgriechischen εἰς und ἐν eben nicht, wie die meisten Exegeten
heute (und schon seit dem 19. Jht.) meinen,von vornherein an, ob
es auf die Frage: wo? oder: wohin? antwortet. Beide können prinzi-
piell beides.

Es kommt also auf Kontext und Sinn an, und da ergibt „in den Na-
men hinein“ (tut mir ja leid. Lioba) überhaupt keinen Sinn.

Das gilt übrigens auch für die Wendung εἰς δόξαν ϑεοῦ πατρός,
wo das Verständnis als Zweckangabe (Richtungsangabe in über-
tragener Bedeutung) wenig sinnvoll ist und man vielmehr über-
setzen muß: „in der Herrlichkeit Gottes des Vaters“ (Phil 2,11).
(Den letzten Absatz schuldete ich Nassos noch … :huhu: )
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Dottore Cusamano
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Dottore Cusamano »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Gut möglich, dass Paulus nach römisch-katholischer Lehre falsch getauft hat. Er schreibt:

"Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft?"
(Römer 6,3)
Es wird dich vielleicht überraschen zu hören, daß olle Paule gar nicht deutsch schrieb,
sondern griechisch: ἢ ἀγνοεῖτε ὅτι ὅσοι ἐβαπτίσϑημεν εἰς Χριστὸν ᾽Ιησοῦν εἰς τὸν
ϑάνατον αὐτοῦ ἐβαπτίσϑημεν;

Also zweimal εἰς. Dazu siehe meine obigen Ausführungen. Die Vulgata übersetzt hier
beidemale in c. abl., die Nova Vulgata macht draus jeweils in c. acc. Wie sinnig das ist,
habe ich oben erläutert.
Lutheraner hat halt keine Ahnung, was nicht weiter verwundert, da er ja nicht einmal den korrekten Wortlaut des apostolischen Glaubensbekenntnisses vertritt. Gut, dass er, der hier allzu oft halbgare Weisheiten (im Überfluss) zum Besten gibt, mal anständig belehrt wird.
"Da erhob sich ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und auch der Drache und seine Engel kämpften. Doch sie richteten nichts aus und es blieb kein Platz mehr für sie im Himmel." (Offb 12, 7-8)

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Clemens
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Clemens »

Das sagt ja grad der Richtige!! :kugel:
Von allen Gottesgaben ist die Intelligenz am gerechtesten verteilt. Jeder ist zufrieden mit dem, was er hat und freut sich sogar, dass er mehr hat, als die anderen.

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Dottore Cusamano
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Dottore Cusamano »

Clemens hat geschrieben:Das sagt ja grad der Richtige!! :kugel:
Wie meinst Du das?

(falls Du antworten willst bzw. überhaupt kannst: Tu es rasch, denn bald werden Dein (sinnloser und unverschämter) Beitrag sowie mein Beitrag ohnehin verschwunden sein)
Zuletzt geändert von Dottore Cusamano am Mittwoch 28. Oktober 2009, 19:34, insgesamt 1-mal geändert.
"Da erhob sich ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und auch der Drache und seine Engel kämpften. Doch sie richteten nichts aus und es blieb kein Platz mehr für sie im Himmel." (Offb 12, 7-8)

Miserere Nobis Domine
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Robert,

Letztendlich entscheidest du dann doch aber völlig subjektiv, aus dem Bauch heraus, wann du als Ortsangabe und wann als Richtung übersetzt.

Oder hast du irgendwelche Quellen (z.B. Kommentare der griechischen Kirchenväter), die dein Verständnis belegen?

TillSchilling

Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von TillSchilling »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Robert,

Letztendlich entscheidest du dann doch aber völlig subjektiv, aus dem Bauch heraus, wann du als Ortsangabe und wann als Richtung übersetzt.

Oder hast du irgendwelche Quellen (z.B. Kommentare der griechischen Kirchenväter), die dein Verständnis belegen?
Lutherbibel 1545

Und schnell weg ...

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Peregrin
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Peregrin »

Robert Ketelhohn hat geschrieben: Was bedeutet das nun für die Frage nach der Taufe „im Namen“ oder „auf den Na-
men“? – Wir müssen fragen, was sinnvollerweise gemeint sein wird: gewissermaßen
„in den Namen“ Gottes „hineinzutaufen“, oder „im Namen“ Gottes, von ihm bevoll-
mächtigt und unter Berufung auf ihn. Ersteres ist, offen gesagt, mit gesundem Men-
schenverstand schwer nachvollziehbar, trotz bekannter theologischer Konstruktio-
nen, die gerade darin einen Sinn erblicken wollen, sich darob aber doch recht feste
quälen müssen.
Margaret Barker, The Great Angel, pp. 208ff (stark gekürzt) hat geschrieben: Finally, we see that the first Christians used 'the Name' in a highly significant way. ... Early Christian writings kept to the non-Deuteronomic ways and are evidence that not only was the Name used as a designation of Jesus but also that the cultic patterns associated with the Name in the Old Testament were retained in a new Christian context.
... John knew that the Name was the Son; he said that Jesus had 'manifested the Name in the world' (17.6), almost as though the Name had been something separate which Jesus took upon himself. This is exactly how other early writers describe the process: the Name was 'put on'. The most frequent imagery was that of robing or of being marked on the forehead. Clement of Alexandria had known the significance of the high priestly vestments. His Excerpts from Theodotus record that the golden plate was removed and left on the altar of incense in front of the veil before the high priest entered the holy of holies. Possession of this engraved tablet, the Name, gave the high priest the right to enter into the holy of holies and in the material world he was the one who was wrapped around with the Name (Excerpt 27).
... Thus it was that the sacred Name worn on the forehead of the high priests came to be marked on the forehead of the Christian at baptism. He was robed with Christ. Paul said that at baptism the believer 'put on Christ' (Gal. 3.27, cf. 'Put on the Lord Jesus Christ,' Rom. 13.14).
... As early as Hermas we see that bearing the Name was a way of describing Christianity, 'those who bear the Name of the Son of God' (Hermas Sim ix.14.5), but there was a distinction between being sealed with the Name and being robed with the power (the heavenly spirits in this text are described as maidens):
Hermas Sim. ix.13.2-3 hat geschrieben: A man cannot be found in the kingdom of God, except they (the holy spirits) clothe him with their clothing. For if you receive the name alone but do not receive the clothing from them, you will benefit nothing for these maidens are the powers of the Son of God. If you wear the Name but do not bear his power, you are bearing his name in vain.
'What', said I, 'is their raiment, Sir?'
'Their names themselves', said he, 'are their raiment. Whoever bears the Name of the Son of God must also bear their names; for even the Son of God himself bears the names of these maidens.'
The original dwelling place of the Name was remembered too; the Didache records as part of the eucharistic prayer: 'Thanks be to Thee, Holy Father, for thy sacred Name which Thou hast caused to tabernacle in our hearts' (Didache 10).
... Clement of Rome exhorted: 'Let us show ourselves obedient to his all-holy and glorious Name, so that we may escape the doom that was pronounced of old by Wisdom upon the ungodly' (1 Clem. 58). Just as the elect of Ezekiel's time were signed with the sign of Yahweh, the X, so too the Christians were signed with the same sign. It is interesting, as Daniélou observed, that neither the name Jesus, nor any of its abbreviations such as IHS, was used for the baptismal signing. Christians chose to use the sign of Yahweh, the sign of the Name, touching 'the very oldest stratum of the rite of signatio in Jewish Christian circles, where the Jewish X comes to represent Christ as God'. (J. Daniélou, A History of Early Christian Doctrine before the Council of Nicaea, 1: The Theology of Jewish Christianity (1958) ET London 1964, p. 122)
We can trace this signing even further. The rabbis remembered that the anointed high priests, those who had been consecrated before the time of Josiah's reform (see chapter 2), had been anointed with the sign of a diagonal cross. The Talmud describes this as 'in the shape of a Greek chi' (b. Harayoth 12a) but there can be no doubt that they too were anointed with the sign of Yahweh, whose name they wore on their crown and whose manifestations they became.
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lifestylekatholik
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von lifestylekatholik »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Oder hast du irgendwelche Quellen (z.B. Kommentare der griechischen Kirchenväter), die dein Verständnis belegen?
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Der Blick in die alten Übersetzungen
Robert Ketelhohn hat geschrieben:griechisches εἰς, welches Vetus Latina und Hieronymus wohlweislich durch in c. abl. wiedergegeben hatten
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Robert,

Letztendlich entscheidest du dann doch aber völlig subjektiv, aus dem Bauch heraus, wann du als Ortsangabe und wann als Richtung übersetzt.
Oder hast du irgendwelche Quellen (z.B. Kommentare der griechischen Kirchenväter), die dein Verständnis belegen?
Nicht gerade aus dem Bauch heraus, aber ein gewisses Maß an Subjektivität ist solchen Urteilen
natürlich eigen. Zunächst einmal ging es mir auch um die Feststellung – und daran ist nun gar nichts
Subjektives –, daß εἰς im Bibelgriechischen keineswegs notwendig die Richtung (oder die Dauer oder
den Zweck) anzeige. Im zweiten Schritt ist dann die Frage anzugehen, was im konkreten Fall gemeint
sei.

Neben meiner Meinung kann ich immerhin die lateinische Übersetzung anführen. Das halte ich durch-
aus für ein gewichtiges Argument. Nach Kirchenväterzeugnissen kannst du ja mal forschen. Ich bin
durchaus bereit, mich überzeugen zu lassen, wenn einer gute Gründe beibringen kann.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Peregrin hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Margaret Barker, The Great Angel, pp. 208ff (stark gekürzt) hat geschrieben:
Peregrin, das ist hochinteressant, allerdings bin ich nicht sicher, ob du mir das
entgegenhalten oder mich damit unterstützen willst. Ich sehe hier keine Tendenz
in Richtung „wo?“ oder „wohin?“. Wohl aber wird das Gewicht des Begriffs des
„Namens“ unterstrichen.

Das lehrt übrigens auch der Blick in eine Konkordanz zum Stichwort ὄνομα, das
sehr oft vorkommt. Am häufigsten ist die Verbindung mit den Präpositionen ἐν
und ἐπί, in beiden Fällen durchwegs auf die Frage: „wo(rin)?“ antwortend.

Nicht ganz selten findet sich auch die Verbindung mit διὰ (c. gen. & acc.) sowie
instrumentaler Dativ ohne Präposition, beides wörtlich zu übersetzen mit: „durch
den Namen“, im Lateinischen schwankend (z. B. auch propter), deutsch regelmä-
ßig „in“ m. Dat. in den gängigen Übersetzungen. Darüber könnte man streiten. Es
handelt sich meist um Ausdrücke, die Verben des Heilens, Weissagens und der-
gleichen näher bestimmen.

Sehr selten ist dagegen die Verbindung mit εἰς, meist bei Johannes nach Verben
des Glaubens. Da ist der richtungsanzeigende Sinn eindeutig. Auch εἰς steht aber
Mt 18,20: οὗ γάρ εἰσιν δύο ἢ τρεῖς συνηγμένοι εἰς τὸ ἐμὸν ὄνομα, ἐκεῖ εἰμι ἐν
μέσῳ αὐτῶν („wo zweie oder dreie in meinem Namen …“). Bemerkenswert ist,
daß Origenes in seinen scholia in Matthæum diesen Vers zitiert und dann wenige
Zeilen weiter in eigenen Worten wiedergibt, und zwar mit: δύο συνημμένοι ἐπὶ τῷ
τοῦ Χριστοῦ ὀνόματι – also ἐπὶ statt εἰς, was klarmacht, daß Origenes den Aus-
druck als auf die „wo(rin)?“ antwortend verstand.

Damit scheint mir noch klarer als zuvor zu sein, daß für die Verfassser der Bücher
des Neuen Testaments der Begriff des Namens Gottes oder Jesu sich vor allem
mit der Vorstellung verband, die auch wir haben, daß man nämlich „im Namen“
handelte. Ausgenommen sind die Fälle, wo man „durch den Namen“ heilte oder
weissagte und wo man „an den Namen“ glaubte.
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Peregrin
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Peregrin »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Peregrin hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Margaret Barker, The Great Angel, pp. 208ff (stark gekürzt) hat geschrieben:
Peregrin, das ist hochinteressant, allerdings bin ich nicht sicher, ob du mir das
entgegenhalten oder mich damit unterstützen willst. Ich sehe hier keine Tendenz
in Richtung „wo?“ oder „wohin?“. Wohl aber wird das Gewicht des Begriffs des
„Namens“ unterstrichen.
Ja, das weiß ich auch nicht so recht, aber mich hat diese Diskussion eben daran erinnert, daß Margaret Barker so ein Gewese um den "Namen" macht und eine enge Verbindung des Taufritus zum hohepriesterlichen Einkleidungsritus des alten Tempels sieht, wo eben das Anlegen des Namens zunächst wörtlich eine Rolle spielte, nämlich in Form dieser goldenen Stirnplatte mit dem Tetragramm drauf, sodann aber auch in einem tieferen Bedeutung, indem der Hohepriester dadurch gewissermaßen der irdischen Sphäre teilweise entrückt wurde und deshalb schadlos das Allerheiligste betreten konnte, das ja als Wohnort Gottes bereits dem Jenseits zugerechnet war (wobei er übrigens "durch den Vorhang schreitet", eine Wendung, die Paulus, wenn ich mich recht entsinne, auch gelegentlich bringt, wenn er vom Christsein spricht, und die ohne den Tempelbezug eher kryptisch bleibt). Zum äußeren Zeichen der Platte tritt also eine wesenshafte Veränderung hinzu, wie das ja auch bei der Taufe der Fall ist, die den Menschen ebenfalls grundsätzlich bereits zur Theosis bestimmt. Und der "Name" spielt dabei anscheinend irgendeine wesentlich Rolle.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich kenne keinen Hinweis darauf, dass griechische Muttersprachler oder die Ostkirche jemals εἰς+Akk. anders denn als Richtung verstanden hätten.

Also bleibt nur das Argument der Vulgata, denn die alten deutschen rk. Übersetzungen folgen ja dieser. Aber wie gewichtig ist das Argument der alten Vulgata, wenn Rom hier eine Änderung vornehmen liess?

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Lioba
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lioba »

Nochmal, es gibt Baptisten- mit p vor dem t bitte :) - denen es absolut genügt, wenn du durch ein persönliches Bekenntnis deines Glaubens deine Taufe im Nachhinein bestätigst. Die Leher von der Notwendigkeit eines Bekehrungserlebnisses wird auch immer mehr abgeschwächt- was nur vernünftig ist. Die Bekehrungszeugnisse der Apg taugen nicht als theologische Grundlage in dieser Frage, weil sie naturgemäss von der Missionierung in einem nichtchristlichen Umfeld berichten.
Die Menschen hören das Evangelium- meist zum ersten Mal in ihrem Leben- und entscheiden sich dafür oder dagegen, haben tatsächlich eine echte Bekehrungserfahrung. Überall wo neu missioniert wird, ist das wieder der Fall. In einem bereits christianisierten Umfeld ist die Situation anders. Dort kann ein Mensch immer noch eine radikale Erfahrung im Sinne einer bewussten Annahme oder Ablehnung des christlichen Glaubens machen, muss es aber nicht.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Lutheraner
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Re: Taufe und Wiedertaufe

Beitrag von Lutheraner »

Dottore Cusamano hat geschrieben:Lutheraner hat halt keine Ahnung, (...)
Wo kommst Du denn so plötzlich wieder her?
Setz Dich lieber wieder vor Deinen Fernseher und ziehe Dir weiter Deine Lieblings-Gangsterserie rein, in der der Katholizismus so ehrlich dargestellt wird. :breitgrins:
Besonders schön gefiel mir in der zweiten Staffel, als sie dem angeschossenen und schwer verletzten Christopher ein Bild von Papst JP II an die Brust hefteten. Das ist doch alles wie bei Euch im echten Leben. :ja:
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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