Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Ein interessante Würdigung seiner vor 60 Jahren erschienenen Bücher "Was heißt Philosophieren?" und „Muße und Kult" vom Herausgeber der "Gesammelten Werke" Josef Piepers.
Hier kann man die bisher erschienenen Bände der "Gesammelten Werke" in weiten Teilen betrachten:
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Ein interessante Würdigung seiner vor 60 Jahren erschienenen Bücher "Was heißt Philosophieren?" und „Muße und Kult" vom Herausgeber der "Gesammelten Werke" Josef Piepers.
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Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Schön, dass Pieper jetzt eine Werkausgabe erhält. Bisher habe ich wenig von ihm gelesen, aber das wenige war immer ein Gewinn. Pieper war ein echter Sebstdenker, bei dem sich wirkliche neue Gedanken finden. Ihn mit Heidegger auf eine Stufe zu stellen, wie der Zenit-Artikel das tut, finde ich völlig verfehlt. Heidegger war ein eitler Schwätzer, ein "Kitschkopf", wie Thomas Bernhard so treffend bemerkt hat ("Alte Meister", sehr lesenswert), und hat in der Philosophie des letzten Jahrhunderts unermeßlichen Schaden angerichtet. Wohl auch in der Theologie. Die Wertschätzung für diese wolkige Salbaderei ist mir völlig unbegreiflich.
Pieper ist von ganz anderem Rang. Das ist ganz alte Schule. Klare Begriffe, klare Gedanken, ganz vor-postmodern. Wer gerne Pieper liest, wird auch Leszek Kołakowski schätzen, von dem jetzt nach und nach deutsche Übersetzungen greifbar werden. Von Kołakowski lese ich gerade den "Metaphysischen Horror". Kołakowski wird gern als Marxist bezeichnet. Davon muss man sich nicht stören lassen. Was er zur Metaphysik schreibt, ist einfach meisterhaft. Daneben ist der ganze postmoderne Müll, all diese Derridadas, Foucaults und Lacancans, die die Regale der Universitätsbuchhandlungen verstopfen, reine Zeitverschwendung, Unterhaltungsliteratur eben. Wenn ich hier in die Schleicher'sche Buchhandlung an der FU gehe, finde ich im Philosophie-Regal 1 m Heideggers Sämtliche Werke, 1 m Adornos Sämtliche Werke und bergeweise postmoderne Unterhaltungsliteratur. Richtige Philosophen müssen meist erst bestellt werden. Damit ist die geistige Verfassung Europas in unserer Zeit ganz gut abgebildet. Dass Pieper jetzt wieder neu gedruckt wird, ist ein Hoffnungsschimmer.
Pieper ist von ganz anderem Rang. Das ist ganz alte Schule. Klare Begriffe, klare Gedanken, ganz vor-postmodern. Wer gerne Pieper liest, wird auch Leszek Kołakowski schätzen, von dem jetzt nach und nach deutsche Übersetzungen greifbar werden. Von Kołakowski lese ich gerade den "Metaphysischen Horror". Kołakowski wird gern als Marxist bezeichnet. Davon muss man sich nicht stören lassen. Was er zur Metaphysik schreibt, ist einfach meisterhaft. Daneben ist der ganze postmoderne Müll, all diese Derridadas, Foucaults und Lacancans, die die Regale der Universitätsbuchhandlungen verstopfen, reine Zeitverschwendung, Unterhaltungsliteratur eben. Wenn ich hier in die Schleicher'sche Buchhandlung an der FU gehe, finde ich im Philosophie-Regal 1 m Heideggers Sämtliche Werke, 1 m Adornos Sämtliche Werke und bergeweise postmoderne Unterhaltungsliteratur. Richtige Philosophen müssen meist erst bestellt werden. Damit ist die geistige Verfassung Europas in unserer Zeit ganz gut abgebildet. Dass Pieper jetzt wieder neu gedruckt wird, ist ein Hoffnungsschimmer.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
http://josef-pieper-arbeitsstelle.de/Protagoras hat geschrieben: Damit ist die geistige Verfassung Europas in unserer Zeit ganz gut abgebildet. Dass Pieper jetzt wieder neu gedruckt wird, ist ein Hoffnungsschimmer.
Also offenbar bist du kaum informiert. Der Felix Meiner Verlag gibt Pieper schon sehr lange heraus.
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Aus der Edition gesammelter Werke nach dem Tode des Autors schließe ich, dass der Verlag eine über den Absatz von Restbeständen hinausgehende Nachfrage, eine Pieper-Renaissance sozusagen, erwartet. Die Werkausgabe erscheint, glaube ich, seit 1998. Das empfinde ich nicht als "sehr lange", sondern fast noch wie "jetzt". Aber für jüngere Menschen ist das vielleicht schon wie Mittelalter. Natürlich bin ich leider kaum informiert. Als reiner Amateur hatte ich den Eindruck, dass Pieper zwischen 1968 und 1998 wenig präsent war, mögen auch wesentliche Schriften von ihm im Buchhandel greifbar gewesen sein. Sie standen aber nicht in den Regalen und waren kaum im Gespräch. Vielleicht gehe ich in die falschen Buchhandlungen und lese die falschen Journale. In dem, was ich so lese, ist dauernd von Heidegger, Agamben, gender theory, Kontextualität und diesem ganzen sterilen Zeug die Rede, wenig und erst neuerdings wieder gelegentlich auch von Metaphysik, Thomas und Pieper. Die Zeit, wo gar noch Leibniz oder Malebranche gelesen und besprochen wurden, liegt so lange zurück, dass auch ich sie nicht mehr erlebt habe. Dabei gibt die Berliner Akademie angeblich schon sehr lange eine Leibniz-Werkausgabe heraus.Aletheia hat geschrieben:http://josef-pieper-arbeitsstelle.de/Protagoras hat geschrieben: Damit ist die geistige Verfassung Europas in unserer Zeit ganz gut abgebildet. Dass Pieper jetzt wieder neu gedruckt wird, ist ein Hoffnungsschimmer.
Also offenbar bist du kaum informiert. Der Felix Meiner Verlag gibt Pieper schon sehr lange heraus.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Piepers Quadriga ist ein Buch, mit dem ich wohl nie ganz "durch" sein werde- mit Musse und Kult habe ich aktuell angefangen.Es tut einfach gut, klares Denken und klare Sprache zu erleben.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Eine Frage: Rechnest Du Nietzsche zu den wirklichen Philosophen?Protagoras hat geschrieben:Aus der Edition gesammelter Werke nach dem Tode des Autors schließe ich, dass der Verlag eine über den Absatz von Restbeständen hinausgehende Nachfrage, eine Pieper-Renaissance sozusagen, erwartet. Die Werkausgabe erscheint, glaube ich, seit 1998. Das empfinde ich nicht als "sehr lange", sondern fast noch wie "jetzt". Aber für jüngere Menschen ist das vielleicht schon wie Mittelalter. Natürlich bin ich leider kaum informiert. Als reiner Amateur hatte ich den Eindruck, dass Pieper zwischen 1968 und 1998 wenig präsent war, mögen auch wesentliche Schriften von ihm im Buchhandel greifbar gewesen sein. Sie standen aber nicht in den Regalen und waren kaum im Gespräch. Vielleicht gehe ich in die falschen Buchhandlungen und lese die falschen Journale. In dem, was ich so lese, ist dauernd von Heidegger, Agamben, gender theory, Kontextualität und diesem ganzen sterilen Zeug die Rede, wenig und erst neuerdings wieder gelegentlich auch von Metaphysik, Thomas und Pieper. Die Zeit, wo gar noch Leibniz oder Malebranche gelesen und besprochen wurden, liegt so lange zurück, dass auch ich sie nicht mehr erlebt habe. Dabei gibt die Berliner Akademie angeblich schon sehr lange eine Leibniz-Werkausgabe heraus.Aletheia hat geschrieben:http://josef-pieper-arbeitsstelle.de/Protagoras hat geschrieben: Damit ist die geistige Verfassung Europas in unserer Zeit ganz gut abgebildet. Dass Pieper jetzt wieder neu gedruckt wird, ist ein Hoffnungsschimmer.
Also offenbar bist du kaum informiert. Der Felix Meiner Verlag gibt Pieper schon sehr lange heraus.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Interessant zu Nietzsche ist der Abschnitt über die Seligpreisungen im "Jesusbuch"von Papst Benedikt XVI (S.1-131)Hellmut hat geschrieben:[
Eine Frage: Rechnest Du Nietzsche zu den wirklichen Philosophen?
Dazu ein Kommentar:
"Hier, anlässlich der Seligpreisungen der Bergpredigt, findet Ratzinger Gelegenheit, mit Nietzsche zu debattieren, dem Dionysiker, der die Christen-Moral als "Kapitalverbrechen am Leben" bezeichnete. Die Bergpredigt kommt bei Nietzsche als Ideologie der Schwachen und Feigen daher, und sie steht dem Willen entgegen, so referiert Ratzinger, "die Angebote des Lebens jetzt auszuschöpfen, den Himmel hier zu suchen und sich dabei von keinen Skrupeln hemmen zu lassen". Soweit die moderne Bewusstseinslage - eine Diesseits-Versessenheit, die, so Ratzinger, "zum Missbrauch ökonomischer Macht" führt und zu einem System, das "aus Menschen Waren macht". Und dagegen wird der "wirkliche Höhenweg des Lebens" gesetzt, der sich nur in den Liebes-Philosophemen der Bergpredigt enthüllt."
http://www.spiegel.de/panorama/,1518,476872-2,.html
Wer sich ernsthaft mit Philosophie beschäftigt, muß sich natürlich mit Nietsche auseinandersetzen. Wer an gegenwärtiger Theologie interessiert ist auch.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney
Johannes Maria Vianney
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Ich habe lange nichts im Forum gepostet. Heute wurde ich durch eine automatische Nachricht darauf aufmerksam gemacht, dass mein Zugang gelöscht wird, wenn ich mich nicht einlogge. Da ich das nicht wollte, loggte ich mich ein und stieß auf diesen Thread, der mich zum Lesen bei Pieper veranlasste und damit war ich plötzlich mitten in meinen Reflexionen darüber, wie meine Abkehr von "christlicher Philosophie" sich vollzogen hat und noch vollzieht.
Eine Stelle zur Frage "Was zeichnet christliche Philosophie" im Unterschied zu nichtchristlicher Philosophie aus, beschreibt einen Aspekt "christlichen Philosophierens", der zu meiner Abkehr beigetragen hat. Ich möchte den betreffenden Abschnitt hier zitieren und bin gespannt darauf, welche Gedanken Euch dazu kommen.
Der Vorteil christlicher Philosophie sei: "...nicht über glattere Lösungen zu verfügen, sondern: in höhrem Grade als jede andere Philosophie den Sinn für das Geheimnis zu besitzen." (Josef Pieper, Berthold Wald: Schriften zum Philosophiebegriff. Hamburg 2004, 312. Die Seiten, die ich zitiere sind auch bei Google-Buch zu lesen.)
"...die Überlegenheit, die hier in Anspruch genommen wird, besteht in einem höheren Grad von Wahrheit. Es ist aber ein höherer Grad von Wahrheit darin, tiefer zu gewahren, dass die Welt und das Sein selbst ein Geheimnis ist und darum unausschöpfbar. Je tiefer einer positiv die Bauform der Wirklichkeit erkennt, um so mehr wird ihm deutlich, dass die Wirklichkeit Geheimnis ist. Der Grund dieser Unausschöpfbarkeit aber ist dieser: dass die Welt Schöpfung, Kreatur ist, das heißt, dass sie ihren Ursprung hat in Gottes unbegreiflicher, schöpferischer Erkenntnis. ... Geheimnis - damit ist nun freilich keinesfalls etwas ausschließlich Negatives gemeint, nicht allein Dunkelheit. Genau genommen bedeutet Geheimnis sogar überhaupt nicht Dunkelheit. Es bedeutet Licht - aber Licht von solcher Fülle, dass mensch- | liches Erkennen und menschliche Sprache es nicht 'auszutrinken' vermögen. Geheimnis bedeutet nicht, dass die Bemühung des Denkens vor eine Mauer stößt, sondern im Gegenteil, dass diese Bemühung ins Unabsehbare, in den nach Tiefe und Weite ungeschlossenen Raum der Schöpfung gerät. So ist der Anspruch und der Vorrang christlicher Philosophie in diesem gelegen, dass sie berufen sei, eine tiefere Einsicht zu gewinnen in beides zugleich: in die Fülle der Wahrheit und in die Unausschöpfbarkeit der Wahrheit. Je tiefer die Einsicht in die Fülle, desto tiefer die Einsicht in die Unausschöpfbarkeit. Die Einsicht in das Ungenügen menschlicher Erkenntnis wächst im gleichen Maße wie diese Erkenntnis selbst. Die Wissenschaft mag sich selber rechtens begrenzen auf den Bereich des positiv Erkennbaren. Philosophie aber, deren Natur es ist, nach den Wurzeln des Wirklichen zu fragen und so in die Dimension seines Geschaffenseins vorzudringen, hat es formell mit dem Unbegreiflichen zu tun, mit der Kreatur als Mysterium." (313|4)
Beim Lesen erinnerte ich mich daran, dass meine Bemühungen das "Geheimnis des Seins" zu ergründen ins Antwortlose führten. Meditierend war da etwas, was sich aber meiner Betrachtung entzog, es sei denn ich dichtete meine Gefühle und gläubigen Überzeugungen in Worte um, wie z.B. Augustinus dies m.E. getan hatte. Die einzigen Antworten fand ich bei anderen und das waren nicht meine Antworten. Was noch nicht bedenklich gewesen wäre, hätte ich sie beim Meditieren irgendwie bestätigt gefunden. Doch das gelang mir nicht. Heute nun scheint mir die Argumentation von Pieper einen Hinweis zu enthalten, dass bereits der Ansatz solcher Einsichtsbemühungen schief ist. Die folgenden drei Sätze aus dem oben zitierten Abschnitt scheinen mir heute eine Falle zu sein, in die ich vor Jahrzehnten getreten bin:
"So ist der Anspruch und der Vorrang christlicher Philosophie in diesem gelegen, dass sie berufen sei, eine tiefere Einsicht zu gewinnen in beides zugleich: in die Fülle der Wahrheit und in die Unausschöpfbarkeit der Wahrheit. Je tiefer die Einsicht in die Fülle, desto tiefer die Einsicht in die Unausschöpfbarkeit. Die Einsicht in das Ungenügen menschlicher Erkenntnis wächst im gleichen Maße wie diese Erkenntnis selbst." (314)
Die Falle zeigt ihren Charakter in der Behauptung "zugleich", die im zweiten und dritten Satz noch einmal expliziert wird. Leider erläutert Pieper nicht, wie er zu dieser Einschätzung kommt. Diese enthält eine Implikation, die am Ende zu der Einsicht führt, dass die Einsicht in die 'Fülle der Wahrheit' doch nicht geht.
Wenn ich so wie Pieper davon ausgehe, dass Erkennen und Nichterkennen in gleichem Maße wachsen, dann stelle ich mir vor, dass hier etwas Ganzes halbiert wird. Beide Hälften nehmen mit jeder neuen menschlichen Erkenntnis zu, weil ja das Ganze eigentlich unauslotbar ist. D.h. das Stückchen, das ich für Erkenntnis halte, wird dazu getan. Damit bleibt der "Raum" des Unerkannten, des Unerforschten immer gleich groß. D.h. ich habe nichts gewonnen. Der Anspruch, Einsicht zu gewinnen, wird durch den immer gleichen unausschöpfliche Raum der Wahrheit unmöglich gemacht. Irgendwas kommt immer dazwischen und ich kann nichts überprüfen, weil ich nichts in Relation setzen kann, aber alles behaupten. Die behauptete Annäherung an die Wahrheit scheint so eigentlich sinnlos.
Für mich ziehe ich den Schluss: Es gibt keine graduelle Annäherung an die Wahrheit, sondern nur menschliche Erkenntnisse, die man redlicherweise als Konstrukte bezeichnen sollte - oder??? Und wenn ich mich recht an mein freundliches Gottesbild erinnere, könnte es sein, dass er auf seinem himmlisches Stuhl sitzt und froh ist, dass es ihm gelungen ist, all jenen eine Möglichkeit der Betätigung gegeben zu haben, die meinen sie müssten das Unerforschliche erforschen können - oder???
flores
Eine Stelle zur Frage "Was zeichnet christliche Philosophie" im Unterschied zu nichtchristlicher Philosophie aus, beschreibt einen Aspekt "christlichen Philosophierens", der zu meiner Abkehr beigetragen hat. Ich möchte den betreffenden Abschnitt hier zitieren und bin gespannt darauf, welche Gedanken Euch dazu kommen.
Der Vorteil christlicher Philosophie sei: "...nicht über glattere Lösungen zu verfügen, sondern: in höhrem Grade als jede andere Philosophie den Sinn für das Geheimnis zu besitzen." (Josef Pieper, Berthold Wald: Schriften zum Philosophiebegriff. Hamburg 2004, 312. Die Seiten, die ich zitiere sind auch bei Google-Buch zu lesen.)
"...die Überlegenheit, die hier in Anspruch genommen wird, besteht in einem höheren Grad von Wahrheit. Es ist aber ein höherer Grad von Wahrheit darin, tiefer zu gewahren, dass die Welt und das Sein selbst ein Geheimnis ist und darum unausschöpfbar. Je tiefer einer positiv die Bauform der Wirklichkeit erkennt, um so mehr wird ihm deutlich, dass die Wirklichkeit Geheimnis ist. Der Grund dieser Unausschöpfbarkeit aber ist dieser: dass die Welt Schöpfung, Kreatur ist, das heißt, dass sie ihren Ursprung hat in Gottes unbegreiflicher, schöpferischer Erkenntnis. ... Geheimnis - damit ist nun freilich keinesfalls etwas ausschließlich Negatives gemeint, nicht allein Dunkelheit. Genau genommen bedeutet Geheimnis sogar überhaupt nicht Dunkelheit. Es bedeutet Licht - aber Licht von solcher Fülle, dass mensch- | liches Erkennen und menschliche Sprache es nicht 'auszutrinken' vermögen. Geheimnis bedeutet nicht, dass die Bemühung des Denkens vor eine Mauer stößt, sondern im Gegenteil, dass diese Bemühung ins Unabsehbare, in den nach Tiefe und Weite ungeschlossenen Raum der Schöpfung gerät. So ist der Anspruch und der Vorrang christlicher Philosophie in diesem gelegen, dass sie berufen sei, eine tiefere Einsicht zu gewinnen in beides zugleich: in die Fülle der Wahrheit und in die Unausschöpfbarkeit der Wahrheit. Je tiefer die Einsicht in die Fülle, desto tiefer die Einsicht in die Unausschöpfbarkeit. Die Einsicht in das Ungenügen menschlicher Erkenntnis wächst im gleichen Maße wie diese Erkenntnis selbst. Die Wissenschaft mag sich selber rechtens begrenzen auf den Bereich des positiv Erkennbaren. Philosophie aber, deren Natur es ist, nach den Wurzeln des Wirklichen zu fragen und so in die Dimension seines Geschaffenseins vorzudringen, hat es formell mit dem Unbegreiflichen zu tun, mit der Kreatur als Mysterium." (313|4)
Beim Lesen erinnerte ich mich daran, dass meine Bemühungen das "Geheimnis des Seins" zu ergründen ins Antwortlose führten. Meditierend war da etwas, was sich aber meiner Betrachtung entzog, es sei denn ich dichtete meine Gefühle und gläubigen Überzeugungen in Worte um, wie z.B. Augustinus dies m.E. getan hatte. Die einzigen Antworten fand ich bei anderen und das waren nicht meine Antworten. Was noch nicht bedenklich gewesen wäre, hätte ich sie beim Meditieren irgendwie bestätigt gefunden. Doch das gelang mir nicht. Heute nun scheint mir die Argumentation von Pieper einen Hinweis zu enthalten, dass bereits der Ansatz solcher Einsichtsbemühungen schief ist. Die folgenden drei Sätze aus dem oben zitierten Abschnitt scheinen mir heute eine Falle zu sein, in die ich vor Jahrzehnten getreten bin:
"So ist der Anspruch und der Vorrang christlicher Philosophie in diesem gelegen, dass sie berufen sei, eine tiefere Einsicht zu gewinnen in beides zugleich: in die Fülle der Wahrheit und in die Unausschöpfbarkeit der Wahrheit. Je tiefer die Einsicht in die Fülle, desto tiefer die Einsicht in die Unausschöpfbarkeit. Die Einsicht in das Ungenügen menschlicher Erkenntnis wächst im gleichen Maße wie diese Erkenntnis selbst." (314)
Die Falle zeigt ihren Charakter in der Behauptung "zugleich", die im zweiten und dritten Satz noch einmal expliziert wird. Leider erläutert Pieper nicht, wie er zu dieser Einschätzung kommt. Diese enthält eine Implikation, die am Ende zu der Einsicht führt, dass die Einsicht in die 'Fülle der Wahrheit' doch nicht geht.
Wenn ich so wie Pieper davon ausgehe, dass Erkennen und Nichterkennen in gleichem Maße wachsen, dann stelle ich mir vor, dass hier etwas Ganzes halbiert wird. Beide Hälften nehmen mit jeder neuen menschlichen Erkenntnis zu, weil ja das Ganze eigentlich unauslotbar ist. D.h. das Stückchen, das ich für Erkenntnis halte, wird dazu getan. Damit bleibt der "Raum" des Unerkannten, des Unerforschten immer gleich groß. D.h. ich habe nichts gewonnen. Der Anspruch, Einsicht zu gewinnen, wird durch den immer gleichen unausschöpfliche Raum der Wahrheit unmöglich gemacht. Irgendwas kommt immer dazwischen und ich kann nichts überprüfen, weil ich nichts in Relation setzen kann, aber alles behaupten. Die behauptete Annäherung an die Wahrheit scheint so eigentlich sinnlos.
Für mich ziehe ich den Schluss: Es gibt keine graduelle Annäherung an die Wahrheit, sondern nur menschliche Erkenntnisse, die man redlicherweise als Konstrukte bezeichnen sollte - oder??? Und wenn ich mich recht an mein freundliches Gottesbild erinnere, könnte es sein, dass er auf seinem himmlisches Stuhl sitzt und froh ist, dass es ihm gelungen ist, all jenen eine Möglichkeit der Betätigung gegeben zu haben, die meinen sie müssten das Unerforschliche erforschen können - oder???
flores

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Pieper bringt in diesen Zeilen christlichen Hochmut, christliche Bescheidenheit sowie tiefe Ergriffenheit zum Ausdruck. Sein Text ist eher emotional und grundsätzlich, als rational und konkret. Denn Pieper behauptet, ohne zu argumentieren. Er wird bei seinem Publikum Beifall gefunden haben. Ich selbst halte seine Aussagen über das Geheimnis, die Dunkelheit und die Überhelle für verständlich. Wer sich mit Gott als dem übermenschlichen Superlativ des Denkens befasst, wird notwendigerweise an die Grenzen des Verstehbaren gelangen und sich dem paradoxen Geheimnis Gottes beugen oder versuchen, es zu verdrängen und zu verleugnen. Gott ist als der Superlativ per Definition selbstverständlich. Wir können von ihm nur in Bildern sprechen, die das Prinzip, die Größe, die Freiheit, Vernunft und Liebe Gottes zum Ausdruck bringen. Die Bilder sind wahr, wenn sie als Bilder verstanden werden. In diesem Sinn kennt die Bibel kein Bilderverbot, sondern ein Götzenverbot, das für Dummheit erachtet, Materie, Holz oder Gold anzubeten.
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Nein. Nietzsche war Theologe, wie Heidegger.Hellmut hat geschrieben: Eine Frage: Rechnest Du Nietzsche zu den wirklichen Philosophen?
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Nö - Heidegger gab 1911 sein Theologiestudium auf und verband sein Philosophiestudium mit Naturwissenschaften. Er war später Assistent bei Husserl.Protagoras hat geschrieben:Nein. Nietzsche war Theologe, wie Heidegger.Hellmut hat geschrieben: Eine Frage: Rechnest Du Nietzsche zu den wirklichen Philosophen?
Und auch Nietzsche brach sein Theologiestudium schon nach einem Semester ab.
Man kann sie also überhaupt nicht als Theologen bezeichnen.
- Robert Ketelhohn
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Mir scheint, es ging Protagoras nicht um Curriculäres,
sondern Inhaltliches und vielleicht auch Methodisches.
sondern Inhaltliches und vielleicht auch Methodisches.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Dann sollte man doch zunächst klären, was denn "Theologe" da bedeutet. Nach Joan Robinson ist auch die moderne Nationalökonomie "Theologie".Robert Ketelhohn hat geschrieben:Mir scheint, es ging Protagoras nicht um Curriculäres,
sondern Inhaltliches und vielleicht auch Methodisches.
Heidegger sah Religion und Philosophie als unvereinbar an. Aber man lese selbst: Heidegger - Nietzsches Wort "Gott ist tot" - in Heidegger -Holzwege.
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Heidegger liest man nicht. Heideggeriana non legantur.Aletheia hat geschrieben:Heidegger sah Religion und Philosophie als unvereinbar an. Aber man lese selbst: Heidegger - Nietzsches Wort "Gott ist tot" - in Heidegger -Holzwege.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Aber das Sein des Seienden ist doch eine unumstößliche Tatsache und daher ein guter Ausgangspunkt für die heideggersche Philosophiererei!Protagoras hat geschrieben:Heidegger liest man nicht. Heideggeriana non legantur.Aletheia hat geschrieben:Heidegger sah Religion und Philosophie als unvereinbar an. Aber man lese selbst: Heidegger - Nietzsches Wort "Gott ist tot" - in Heidegger -Holzwege.

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Heidegger ist tot. Und er hat sich auch in manchem geirrt. Er hat die Unschärferelation von Sein und Seiendem zu wenig bedacht und sah daher Differenzen, wo wir heute präziser von Kohärenzen sprechen und damit präziser sind, weil wir die Unschärfe der Sprache einräumen statt sie wegzudefinieren und damit schlicht verleugnen.Raphael hat geschrieben:Aber das Sein des Seienden ist doch eine unumstößliche Tatsache und daher ein guter Ausgangspunkt für die heideggersche Philosophiererei!Protagoras hat geschrieben:Heidegger liest man nicht. Heideggeriana non legantur.Aletheia hat geschrieben:Heidegger sah Religion und Philosophie als unvereinbar an. Aber man lese selbst: Heidegger - Nietzsches Wort "Gott ist tot" - in Heidegger -Holzwege.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Wer ist denn "man"? Ich lese was ich will und das kann auch Heidegger sein.Protagoras hat geschrieben:Heidegger liest man nicht. Heideggeriana non legantur.Aletheia hat geschrieben:Heidegger sah Religion und Philosophie als unvereinbar an. Aber man lese selbst: Heidegger - Nietzsches Wort "Gott ist tot" - in Heidegger -Holzwege.
Hier was nettes -
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/443322/
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Wow!Heidegger ist tot. Und er hat sich auch in manchem geirrt. Er hat die Unschärferelation von Sein und Seiendem zu wenig bedacht und sah daher Differenzen, wo wir heute präziser von Kohärenzen sprechen und damit präziser sind, weil wir die Unschärfe der Sprache einräumen statt sie wegzudefinieren und damit schlicht verleugnen.
Auch das mußte erst mal erkannt werden.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Nun, dass Pieper ein überzeugter Christ ist, habe ich nicht in Frage gestellt. Die Zitatstellen stammen aber aus dem Kontext "Was hat christliche Philosophie der nichtchristlichen voraus?" Die zitierte Stelle soll - so ergibt sich mir das aus dem Kontext - auf die Überlegenheit christlicher Philosophie hinweisen. Sie ist also nicht nur Ausdruck tiefer Religiösität und die Worte sind nicht nur Ausdruck von Ergriffenheit, Hochmut bzw. Bescheidenheit. Pieper möchte dies m.E. durchaus philosophisch verstanden wissen.overkott hat geschrieben:Pieper bringt in diesen Zeilen christlichen Hochmut, christliche Bescheidenheit sowie tiefe Ergriffenheit zum Ausdruck. Sein Text ist eher emotional und grundsätzlich, als rational und konkret. Denn Pieper behauptet, ohne zu argumentieren.
Für jemanden aber, der den Wegen nachspüren möchte, die hier beschrieben werden, und der nicht nur credo ut intelligam, sondern auch intelligo ut credam kennt, wird diese Wegbeschreibung nicht zur Wahrheit führen, sondern zurück in eine 'Bescheidenheit', die Pieper als eine der zwei Dilemmata der nichtchristlichen Philosophie beschreibt, nämlich die Unmöglichkeit Letztbegründungen zu finden : "...die wahre Einheit unter den Menschen [hat] ihre Wurzel in nichts anderem ... als in der Gemeinsamkeit von Tradition im strengen Sinn, das heißt in der gemeinsamen Teilhabe an der auf die Rede Gottes zurückgehenden heiligen Überlieferung." (ebd. 299)
Ich frage halt nur, wie ist die Behauptung Piepers von der 'tieferen Einsicht' aufzufassen, im Zusammenhang mit der Einsicht, dass sich alles Anworten und Begründen auf Überlieferung zurückführen lässt? Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
Was bedeutet dies fürs Philosophieren und was für den christlichen Glauben? Anders gefragt: Worin besteht christliche Wahrheit?
flores

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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Das ist die philosophische Fragestellung...flores hat geschrieben:... wie ist die Behauptung Piepers von der 'tieferen Einsicht' aufzufassen, im Zusammenhang mit der Einsicht, dass sich alles Anworten und Begründen auf Überlieferung zurückführen lässt? Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
Was bedeutet dies fürs Philosophieren und was für den christlichen Glauben? Anders gefragt: Worin besteht christliche Wahrheit?
...
hierzu schwieg vor langer Zeit eine Person schon einmal ein für "Philosophen" unerträglich langes, exemplarisches Schweigen.
Indem jene Person schwieg, erwies sie sich gleichsam als "König" der Philosophen, als "exemplarischer Philosoph" - gemäss der philosophischen Regel.
Was hätte die Person auch sagen sollen?
"Sieh' her!" ...oder etwa: "Frag' anders!"...?
Also trägt die Wahrheit einen Schleier, ...der Keuschheit wegen, damit das Geheimnis gewahrt bleibt: "Persona" eben...
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Dem Theologör ist nichts zu schwör!ad_hoc hat geschrieben:Wow!Heidegger ist tot. Und er hat sich auch in manchem geirrt. Er hat die Unschärferelation von Sein und Seiendem zu wenig bedacht und sah daher Differenzen, wo wir heute präziser von Kohärenzen sprechen und damit präziser sind, weil wir die Unschärfe der Sprache einräumen statt sie wegzudefinieren und damit schlicht verleugnen.
Auch das mußte erst mal erkannt werden.![]()
Gruß, ad_hoc

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Das christlicherseits die Kontingenz Gottes eingeräumt worden wäre, möchte ich doch bitte 'mal belegt haben, werter flores!flores hat geschrieben:Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Gott ist Prinzip und Letztbegründung. Dies gilt per Definition. Pieper hat sich entweder nicht klar ausgedrückt oder er hat es nicht verstanden. Zurecht hat Bonaventura darauf hingewiesen, dass manche Philosophen Gott nicht personal, sondern sachlich denken. Das ist eine sprachphilosophische Frage, weil kontextabhängig auch Personen Objektcharakter haben können. Von daher ist die Differenzierung zwischen Person und Sache nicht absolut, sondern relativ.flores hat geschrieben:Nun, dass Pieper ein überzeugter Christ ist, habe ich nicht in Frage gestellt. Die Zitatstellen stammen aber aus dem Kontext "Was hat christliche Philosophie der nichtchristlichen voraus?" Die zitierte Stelle soll - so ergibt sich mir das aus dem Kontext - auf die Überlegenheit christlicher Philosophie hinweisen. Sie ist also nicht nur Ausdruck tiefer Religiösität und die Worte sind nicht nur Ausdruck von Ergriffenheit, Hochmut bzw. Bescheidenheit. Pieper möchte dies m.E. durchaus philosophisch verstanden wissen.overkott hat geschrieben:Pieper bringt in diesen Zeilen christlichen Hochmut, christliche Bescheidenheit sowie tiefe Ergriffenheit zum Ausdruck. Sein Text ist eher emotional und grundsätzlich, als rational und konkret. Denn Pieper behauptet, ohne zu argumentieren.
Für jemanden aber, der den Wegen nachspüren möchte, die hier beschrieben werden, und der nicht nur credo ut intelligam, sondern auch intelligo ut credam kennt, wird diese Wegbeschreibung nicht zur Wahrheit führen, sondern zurück in eine 'Bescheidenheit', die Pieper als eine der zwei Dilemmata der nichtchristlichen Philosophie beschreibt, nämlich die Unmöglichkeit Letztbegründungen zu finden : "...die wahre Einheit unter den Menschen [hat] ihre Wurzel in nichts anderem ... als in der Gemeinsamkeit von Tradition im strengen Sinn, das heißt in der gemeinsamen Teilhabe an der auf die Rede Gottes zurückgehenden heiligen Überlieferung." (ebd. 299)
Ich frage halt nur, wie ist die Behauptung Piepers von der 'tieferen Einsicht' aufzufassen, im Zusammenhang mit der Einsicht, dass sich alles Anworten und Begründen auf Überlieferung zurückführen lässt? Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
Was bedeutet dies fürs Philosophieren und was für den christlichen Glauben? Anders gefragt: Worin besteht christliche Wahrheit?
flores
Allgemein wird Person jedoch höher bewertet als eine Sache. Die Hierarchie und Abstufungen von unebelebtem Sein, belebtem Sein, beseelten Wesen sowie beseelten und vernunftbegabten Wesen findet sich auch bei Bonaventura. Dieser Einteilung folgend kann man nachvollziehen, dass Gott als das übermenschliche Wesen mindestens personal gedacht wird, wobei das Wesen einer Person sein Geist und nicht sein Körper, also sein Inhalt, nicht seine Form ist, beides jedoch zusammenhängt. Gleichwohl muss man in konkreten Situationen die jeweils verwendete Definition von Person immer wieder explizit feststellen, weil 1. die Definition nicht eindeutig ist, 2. weil sie sich auch dynamisch verändert, 3. weil die Definition politische und rechtliche Folgen haben kann.
Piepers vorkonziliare Festlegung auf die Tradition ist auch nicht zwangsläufig, weil der hl. Paulus schon die natürliche Gotteserkenntnis anerkannte, die Gottes Wirken in der Natur und in der Geschichte betrachtet. Die Bibel ist also als Gottesweisheit Natur- und Geschichtsphilosophie in einer Vielzahl erzählerischer Gattungen. Wesentlich geht es darin um die Beziehung Gottes zu den Menschen. Gott ist nicht nur der gute Anfang, sondern auch das gute Ende. Er repräsentiert personal das Gute. Sich für das Gute zu entscheiden, ist das ewige Leben. Im iridischen Leben wird der Mensch immer wieder vor die Entscheidung gestellt. Die christliche Wahrheit ist Jesus Christus, der mit seiner Lehre und in seinem Leben den Heiligen Geist des Vaters im Himmel offenbart hat.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
flores fragt an:
1.
"Einsicht" aufgrund gegebener intellektueller Fähigkeit
2.
"Tiefere Einsicht" aufgrund gegebener Spiritualität
Zwar geht die intellektuelle Erkenntnis üblicherweiseweise der spirituellen Einsicht voran, aber sie steht nicht über ihr. (Gott ist im natürlichen Licht der Vernunft erkennbar).
Aber natürlich gibt es auch Spiritualität bei denjenigen, die man als nicht sonderlich gebildet ansehen möchte. So kann ein Bauer eine tiefere Gotteserkenntnis aufgrund seiner Spiritualität besitzen als ein Theologieprofessor, dessen Spiritualität durch die Höherbewertung der Vernunft eingeschränkt sein kann.
Gruß, ad_hoc
Nach meinen bescheidenen Vorstellungen folgendermaßen:Ich frage halt nur, wie ist die Behauptung Piepers von der 'tieferen Einsicht' aufzufassen, im Zusammenhang mit der Einsicht, dass sich alles Anworten und Begründen auf Überlieferung zurückführen lässt? Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
1.
"Einsicht" aufgrund gegebener intellektueller Fähigkeit
2.
"Tiefere Einsicht" aufgrund gegebener Spiritualität
Zwar geht die intellektuelle Erkenntnis üblicherweiseweise der spirituellen Einsicht voran, aber sie steht nicht über ihr. (Gott ist im natürlichen Licht der Vernunft erkennbar).
Aber natürlich gibt es auch Spiritualität bei denjenigen, die man als nicht sonderlich gebildet ansehen möchte. So kann ein Bauer eine tiefere Gotteserkenntnis aufgrund seiner Spiritualität besitzen als ein Theologieprofessor, dessen Spiritualität durch die Höherbewertung der Vernunft eingeschränkt sein kann.
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Dem kann ich zustimmen.ad_hoc hat geschrieben:flores fragt an:Nach meinen bescheidenen Vorstellungen folgendermaßen:Ich frage halt nur, wie ist die Behauptung Piepers von der 'tieferen Einsicht' aufzufassen, im Zusammenhang mit der Einsicht, dass sich alles Anworten und Begründen auf Überlieferung zurückführen lässt? Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
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"Einsicht" aufgrund gegebener intellektueller Fähigkeit
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"Tiefere Einsicht" aufgrund gegebener Spiritualität
Zwar geht die intellektuelle Erkenntnis üblicherweiseweise der spirituellen Einsicht voran, aber sie steht nicht über ihr. (Gott ist im natürlichen Licht der Vernunft erkennbar).
Aber natürlich gibt es auch Spiritualität bei denjenigen, die man als nicht sonderlich gebildet ansehen möchte. So kann ein Bauer eine tiefere Gotteserkenntnis aufgrund seiner Spiritualität besitzen als ein Theologieprofessor, dessen Spiritualität durch die Höherbewertung der Vernunft eingeschränkt sein kann.
Gruß, ad_hoc
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Genau das wollten wir wissen.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Nebenbei: Professor Wald, der die Piper-Ausgabe herausgegeben hat und bei dem ich einiges an Vorlesungen und Seminaren besucht habe, hat seine Habilitationsschrift über: "Substantialität und Personalität : Philosophie der Person in Antike und Mittelalter" geschrieben.overkott hat geschrieben:Allgemein wird Person jedoch höher bewertet als eine Sache...
Gruß Jürgen
Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Das steht in dem Zitat aus dem Pieper-Buch: Überlieferung schafft christliche Übereinstimmung. Da Überlieferung was Menschliches ist, Menschliches den Bedingungen Zeit und historisch gewachsener Situation entspricht, wäre damit Kontingenz eine aus meiner Sicht naheliegende Bezeichnung.Raphael hat geschrieben:Das christlicherseits die Kontingenz Gottes eingeräumt worden wäre, möchte ich doch bitte 'mal belegt haben, werter flores!flores hat geschrieben:Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
M.E. entspricht dies auch im wesentlichen Auffassung der 'katholischen Dogmatik', wo davon ausgegangen wird, dass die Menschwerdung Gottes nur einmal vor 2000 Jahren geschehen ist und alles weitere unter die Bezeichnung 'Überlieferung' gefasst wird.
flores

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Danke für die Antwort - aber einem Philosophen sagt sie leider nicht viel.overkott hat geschrieben: Gott ist Prinzip und Letztbegründung. ...Piepers vorkonziliare Festlegung auf die Tradition ist auch nicht zwangsläufig, weil der hl. Paulus schon die natürliche Gotteserkenntnis anerkannte, die Gottes Wirken in der Natur und in der Geschichte betrachtet. Die Bibel ist also als Gottesweisheit Natur- und Geschichtsphilosophie in einer Vielzahl erzählerischer Gattungen. Wesentlich geht es darin um die Beziehung Gottes zu den Menschen. Gott ist nicht nur der gute Anfang, sondern auch das gute Ende. Er repräsentiert personal das Gute. Sich für das Gute zu entscheiden, ist das ewige Leben. Im iridischen Leben wird der Mensch immer wieder vor die Entscheidung gestellt. Die christliche Wahrheit ist Jesus Christus, der mit seiner Lehre und in seinem Leben den Heiligen Geist des Vaters im Himmel offenbart hat.
gruß flores

Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Nun, zunächst müßte man wohl erst einmal klären, was Du denn überhaupt unter dem Begriff «Kontingenz» verstehst.flores hat geschrieben:Das steht in dem Zitat aus dem Pieper-Buch: Überlieferung schafft christliche Übereinstimmung. Da Überlieferung was Menschliches ist, Menschliches den Bedingungen Zeit und historisch gewachsener Situation entspricht, wäre damit Kontingenz eine aus meiner Sicht naheliegende Bezeichnung.Raphael hat geschrieben:Das christlicherseits die Kontingenz Gottes eingeräumt worden wäre, möchte ich doch bitte 'mal belegt haben, werter flores!flores hat geschrieben:Also Kontigenz von Gott, Wahrheit, Erkenntnis ... eingeräumt wird?
M.E. entspricht dies auch im wesentlichen Auffassung der 'katholischen Dogmatik', wo davon ausgegangen wird, dass die Menschwerdung Gottes nur einmal vor 2000 Jahren geschehen ist und alles weitere unter die Bezeichnung 'Überlieferung' gefasst wird.
flores
Nach meinen Verständnis wird damit umschrieben, warum etwas so ist, wie es ist, bzw. warum es nicht anders ist.
Demzufolge ist mit der Menschwerdung Gottes als Jesus Christus noch keine Kontingenz Gottes eingeräumt.
Gott hat als Jesus Christus Fleisch angenommen und sich den Unbilden seiner Schöpfung unterworfen, die aus dem einbeschaffenen freien Willen seiner Geschöpfe resultiert.
Gott ist nach christlichem Verständnis jedoch deswegen nicht kontingent geworden.
- Robert Ketelhohn
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Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
In der Regel wird der Begriff immer dann benutzt, wenn einer beweisenRaphael hat geschrieben:Nun, zunächst müßte man wohl erst einmal klären, was Du denn
überhaupt unter dem Begriff «Kontingenz» verstehst.
zu müssen meint, daß er gebüldet ist und den philosophischen Diskurs
beherrscht. So richtig echt philosophisch.
Ob der Versuch zielführend ist, hängt von den Rahmenbedingungen des
Diskurses, aber auch vom Gegenüber ab. Den kontingenten Taxifahrer
treffe ich anders als den kontinentalen Plutokraten oder inkontinenten Phy-
tophagen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.
Re: Josef Pieper: Was heißt philosophieren?
Das ist möglicherweise das Gegenteil von InkontinenzRaphael hat geschrieben:Nun, zunächst müßte man wohl erst einmal klären, was Du denn
überhaupt unter dem Begriff «Kontingenz» verstehst.

Gruß Jürgen
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