Richard Dawkins - "Der Gotteswahn"

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overkott
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Beitrag von overkott »

Großinquisitor hat geschrieben:Ich glaube, Du hast nichts verstanden.
Gute Gegenargumente gegen eine natürliche Gotteserkenntnis gibt es; man findet sie nur nicht bei Dawkins.
Ich glaube, man findet sie auch nicht bei Bonaventura.

Bonaventura war von Haus aus kein Biologe, sondern Sprachwissenschaftler, was ihn mit Augustinus verband.

Kein Wunder, dass seine Reise des Geistes zu Gott und sein Sechstagewerk keine Biologiebücher waren.

Gleichwohl betrachtete Bonaventura wie Dawkins die Natur als seinen Katechismus.

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Robert Ketelhohn
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Re: Nuja

Beitrag von Robert Ketelhohn »

willi hat geschrieben:Nunja, nunja,

Polemiken machen mir schon Spaß, hätte auch gute Lust, entsprechend mit Florett und Säbel zu fechten.

Aber vielleicht doch nicht gegen Leute, die sich mit ihrem ingroup-Denken wohl fühlen.


Also Friede. Auch an der Ex-RCDS-Front.
Hö?
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Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

Salve Willi,

"a) es muss Gott geben, weil man weiß, was gut und böse ist?
b) ohne Gott kann man nicht wissen, was gut und böse ist?
c) Ethik ohne Gott kann nicht funktionieren?"

Ja, genau das meine ich, wenn ich Ethik auf der Ebene der Wahrheit betrachte. Wenn ich Ethik als Konvention betrachte, kann ich natürlich hunderte Ethikvorstellungen entwickeln - die mögen auch sogar für eine Weile praktikabel, vernünftig und erfolgreich sein - sie bleiben aber reine Konventionen, die jederzeit geändert werden können.
Jede menschengemachte Ethik unterliegt letzten Endes der Unverbindlichkeit und der Veränderbarkeit. Um es konkret zu machen: Die Menschenrechte, aus der Gottebenbildlichkeit abgeleitet, sind schlicht wahr, Punkt. Muss ich sie humanistisch erklären, werden sie immer wieder von politischen und wirtschaftlichen Interessen tangiert.

Liebe Grüße

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willi
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Colloquial

Beitrag von willi »

Salve Chesterton,

vielleicht doch das Euthyphron-Problem begutachten oder Mark Hauser oder das Thema "reziproker Altruismus"?

Ist nicht vielleicht auch die christliche Ethik mindestens so vielgestaltig und interessenfundiert und zeitabhängig variant wie die von Dir als nicht universal zurückgewiesenen Menschenrechte oder das "überpositive Recht". Aber theologisch kann man ja von dem einen und reinen Gesetz ausgehen, das in soziokuturellen Abschattungen trotz aller Abschattungen durchscheint.

Das heißt den Idealtypus der relgiösen Ethik mit dem Realtypus der Vernunftethik (trotz Habermas-Ratzinger) vergleichen und das heißt auch gegen Regeln der wissenschaftlichen Ethik und Fairness verstoßen. Bewusst oder unbewusst.

Wenn Du Lust hast, ich hätte welche, könnten wir uns zu einem entspannten Flatrate-Gespräch verabreden. Interessant und fruchtbar wäre es sicher. Schon weil dein Buch mir ergiebig scheint für solche Gespräche. Und weil wir, glaube ich, den kolloquialen Ton zu wahren wissen. Nicht zuletzt , weil wir beide gymnasiale Unterrichtserfahrung haben.


greets

Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

Tag Willi,

"Das heißt den Idealtypus der relgiösen Ethik mit dem Realtypus der Vernunftethik (trotz Habermas-Ratzinger) vergleichen und das heißt auch gegen Regeln der wissenschaftlichen Ethik und Fairness verstoßen. Bewusst oder unbewusst."

Jep, Wahrheit ist letzten Endes immer intolerant oder "unfair": Selbst wenn ich für eine Lüge eine 2/3-Mehrheit aufbringe, wird sie doch dadurch nicht zur Wahrheit. Das ist aber auch gut so: So bleibt die Wahrheit stets dem Zugriff der Machtgierigen entzogen.

Und wenn es eine Wahrheit gibt, ziehe ich sie jeder noch so gut gemeinten Lüge vor. Und dass es Wahrheit gibt, ist evident, wie folgender Dialog beweist:

A: Es gibt keine Wahrheit.
B: War diese Aussage jetzt wahr oder unwahr?
A: ?!?


"Wenn Du Lust hast, ich hätte welche, könnten wir uns zu einem entspannten Flatrate-Gespräch verabreden."

Kömma machen. Schlage Er was vor.

Liebe Grüße

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Robert Ketelhohn
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Re: Colloquial

Beitrag von Robert Ketelhohn »

willi hat geschrieben:Und weil wir, glaube ich, den kolloquialen Ton zu wahren wissen. Nicht zuletzt , weil wir beide gymnasiale Unterrichtserfahrung haben.
:ikb_laughing: Ja, daaa können wir Proleten nicht mitreden. :ikb_laughing: Du gebrauchst so viele Fremdwörter, das versteh ich alles gar nicht. Viel zu hoch für mich.

(Allerdings verstehe ich auch ohne Wortgeklingel, daß dieser D. ein Blender und Idiot ist.)
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John Grantham
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Re: Colloquial

Beitrag von John Grantham »

willi hat geschrieben:Und weil wir, glaube ich, den kolloquialen Ton zu wahren wissen. Nicht zuletzt , weil wir beide gymnasiale Unterrichtserfahrung haben.
Alter Schwede.
willi hat geschrieben:greets
Offensichtlich beinhaltet die hochgeschätzte gymnasiale Unterrichtserfahrung kein Gefühl für gutes Englisch. "Greets" is a verb, not a salutation or a noun. :roll:

(Eigentlich isses mir egal, wenn man solche pseudoenglische Redewendungen verwendet, aber Mann, poche nicht auf Deine Bildung dabei.)

Cheers,

John
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Ich bin baff.

Cheers,

John
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willi
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Wahrheit

Beitrag von willi »

Dear Chesterton,

dass es Wahrheit gibt, ist doch gar nicht strittig in unserem Thread.

Strittig ist - so meine ich - deine These, dass christlich fundierte Ethik "wahr" ist, weil sie anders als human-vernünftige Ethik nicht utilitaristischen oder anderen Interessen unterworfen sei.

Aber - ich verweise nochmal auf das Euthyphron-Dilemma - Du meinst, die Theologie und ihre Theorie der göttlichen Letztbegründung stütze sich auf Wahrheit und diese sei die monopolartig alleinseligmachende und unveränderlich in Substanz (wenn auch nicht im Akzidens)?

P.S.

Was Kettelhohns Tausendsassa-Diskurse angeht oder die seiner Mitläufer, ist es schwer keine Satire zu schreiben. offensichtlich genügt der Aas-Verdacht den armen Lämmergeier als verächtlich abzustempeln.

greets
Zuletzt geändert von willi am Dienstag 1. Januar 2008, 17:53, insgesamt 2-mal geändert.
Diese Zeilen stimulieren in hohem Maße Scheuklappenträger, Stockkonservative und Fundamental-Folkloristen. Sie sondern nach entsprechender Bedenkzeit kenntnisarme Endurteile ab, fäkalsattes Vokabular meist inclusive.

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Robert Ketelhohn
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Re: Wahrheit

Beitrag von Robert Ketelhohn »

willi hat geschrieben:Diese Zeilen stimulieren das Aktivitätspotential von Scheuklappenträgern, Stockkonservativen und Fundamental-Folkloristen. Sie sondern nach geringer Bedenkzeit kenntnisarme Verdikte ab, nicht ohne diese durch fäkalsattes Vokabular zu bekräftigen.
Alter Hussit.
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willi
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Neues Haus

Beitrag von willi »

Neues Haus für colloquiale Dískurse:

http://www.churchpension.cz/refe.php
Diese Zeilen stimulieren in hohem Maße Scheuklappenträger, Stockkonservative und Fundamental-Folkloristen. Sie sondern nach entsprechender Bedenkzeit kenntnisarme Endurteile ab, fäkalsattes Vokabular meist inclusive.

John Grantham
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Re: Neues Haus

Beitrag von John Grantham »

willi hat geschrieben:Neues Haus für colloquiale Dískurse:

http://www.churchpension.cz/refe.php
"Is it clean here", fragen die beiden Amerikaner und lugen etwas ängstlich ins Zimmer. "Yes, sure, it's very clean", kann ich die beiden beruhigen und als sie einen Blick in mein Bad werfen dürfen, atmen sie erleichtert auf und folgen dann Miloslav Storek auf seinem weiteren Rundgang durch die Church Pension.

Ich möchte ausdrücklich klar machen, daß wir Amerikaner gewöhnlicherweise beim Besuch nicht unhöflich fragen, ob es hier sauber ist.

Besucher meines Arbeitszimmers dagegen schon. :mrgreen:

Cheers,

John
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Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

Frohes neues Jahr Willi,

"Strittig ist - so meine ich - deine These, dass christlich fundierte Ethik "wahr" ist, weil sie anders als human-vernünftige Ethik nicht utilitaristischen oder anderen Interessen unterworfen sei."

Dass christliche Ethik WAHR ist, habe ich gar nicht behauptet, da ich mir ja denken kann, dass Du dies leugnen wirst. Ich habe lediglich gesagt, dass eine theologisch begründete Ethik die einzige ist, die überhaupt den ANSPRUCH hat, wahr zu sein und dadurch allen von Menschen gemachten Ethikbegründungen gegenüber den Vorteil hat, nicht korrumpierbar zu sein.

"...dass es Wahrheit gibt, ist doch gar nicht strittig in unserem Thread."

Schön, dass wir uns da einig sind. Nun aber relativierst Du wieder:

"...Du meinst, die Theologie und ihre Theorie der göttlichen Letztbegründung stütze sich auf Wahrheit und diese sei die monopolartig alleinseligmachende und unveränderlich...?

Wenn es eine Wahrheit gibt, hat diese ein Monopol auf Wahrheit, ist unveränderlich und so weiter - das sind doch alles Tautologien.

Das sogenannte Euthyphron-Dilemma ist natürlich ganz einfach mit dem Hinweis zu lösen, dass Gott der Maßstab für das Gute ist. Das Gute zu tun, weil es gut ist oder das Gute zu tun, weil es Gottes Willen entspricht, meint also dasselbe. Das Dilemma bliebe nur dann bestehen, wenn Gott nicht gut ist. Das könnte ich aber ja nur behaupten, wenn ich Gott transzendieren könnte, wenn es eine Ebene über Gott gäbe, von der aus ich Ihn beurteilen könnte. Dann wäre aber Gott nicht nur nicht gut - sondern auch nicht Gott.

Grüße

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willi
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Gutes, neues Jahr

Beitrag von willi »

"Strittig ist - so meine ich - deine These, dass christlich fundierte Ethik "wahr" ist, weil sie anders als human-vernünftige Ethik nicht utilitaristischen oder anderen Interessen unterworfen sei."

Dass christliche Ethik WAHR ist, habe ich gar nicht behauptet, da ich mir ja denken kann, dass Du dies leugnen wirst. Ich habe lediglich gesagt, dass eine theologisch begründete Ethik die einzige ist, die überhaupt den ANSPRUCH hat, wahr zu sein und dadurch allen von Menschen gemachten Ethikbegründungen gegenüber den Vorteil hat, nicht korrumpierbar zu sein.
Eine theologisch begründete Ethik ist nicht korrumpierbar? Weil sie nicht von Menschen stammt und nicht von ihren interpretiert wird?
"...dass es Wahrheit gibt, ist doch gar nicht strittig in unserem Thread."

Schön, dass wir uns da einig sind. Nun aber relativierst Du wieder:

"...Du meinst, die Theologie und ihre Theorie der göttlichen Letztbegründung stütze sich auf Wahrheit und diese sei die monopolartig alleinseligmachende und unveränderlich...?

Wenn es eine Wahrheit gibt, hat diese ein Monopol auf Wahrheit, ist unveränderlich und so weiter - das sind doch alles Tautologien.
s.o.
Das sogenannte Euthyphron-Dilemma ist natürlich ganz einfach mit dem Hinweis zu lösen, dass Gott der Maßstab für das Gute ist. Das Gute zu tun, weil es gut ist oder das Gute zu tun, weil es Gottes Willen entspricht, meint also dasselbe. Das Dilemma bliebe nur dann bestehen, wenn Gott nicht gut ist. Das könnte ich aber ja nur behaupten, wenn ich Gott transzendieren könnte, wenn es eine Ebene über Gott gäbe, von der aus ich Ihn beurteilen könnte. Dann wäre aber Gott nicht nur nicht gut - sondern auch nicht Gott.
jou, eine einfache Erklärung. Denken wir an so zeitgebundene ethische Anweisungen wie die Tötung der Erstgeburten in Äg. oder die Anweisung und Zurücknahme des Isaak-Tötungs-Befehls. Theologisch dann hinwegerklärt mit dem Hinweis darauf, dass dieser Gott eben anders als die Umfeldgötter keine Menschenopfer mag. Dann vielleicht noch die Reinheitsvorschriften hinsichtlich Paarhufern, Klauenträgern und die entsprechenden Strafen bei Übertretung und ... u.ä.

Dann vielleicht noch die Ethikprobleme, die sich im gottorientierten Islam auftun, wenn man denn akzeptiert, dass hier auch göttliche Gebote avisiert sind. Aber nein, es gibt ja nur den einen Gott und eben dessen Gebote gelten.

Ist schon klar: das ist nicht der Idealtypus von Ethikbeispielen und den Realtypus braucht man nicht zu bedenken, wo es um reine Wahrheit und Verbindlichkeit geht.

Auch Dir ein gutes Neujahr

Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

"Eine theologisch begründete Ethik ist nicht korrumpierbar? Weil sie nicht von Menschen stammt und nicht von ihren interpretiert wird?"

Wer würde denn - mit Aussicht auf Erfolg!- die christliche Lehre von der Gottebenbildlichkeit des Menschens ändern wollen?

"Denken wir an so zeitgebundene ethische Anweisungen wie die Tötung der Erstgeburten in Äg. oder die Anweisung und Zurücknahme des Isaak-Tötungs-Befehls. Theologisch dann hinwegerklärt mit dem Hinweis darauf, dass dieser Gott eben anders als die Umfeldgötter keine Menschenopfer mag.
Dass Gott keine Menschenopfer und überhaupt keine Opfer ("Nicht Opfer will ich, sondern Barmherzigkeit") will, spricht doch nicht gegen ihn, oder?

"Ist schon klar: das ist nicht der Idealtypus von Ethikbeispielen und den Realtypus braucht man nicht zu bedenken, wo es um reine Wahrheit und Verbindlichkeit geht."

Falsch: Gerade weil der Realtypus wichtig ist, darf der Idealtypus nicht erodieren. Wenn keine innere Einsicht mehr in Ethikstandards vorhanden ist, werden uns Gesetze allein nicht vor Barbarei schützen, da diese - ich wiederhole mich - geändert werden können.

Und bevor Du jetzt weitere religiöse Detailvorschriften aufzählst, die man kritisieren könnte: Gott hat uns kein BGB gegeben mit 6.000 Paragraphen, sondern 10 einfache Gebote. Hier gibt es Interpretationsspielraum, der natürlich auch mißbraucht werden kann. Ein machtgeiler Diktator aber kann sich darauf nicht berufen.

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willi
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Also

Beitrag von willi »

schön:

Das Problem der interreligiösen Ethiksystemunterschiede wird in den bisherigen Ausführungen nicht einmal gestreift.

Sieht man von diesem Problem ab, bleibt zu konstatieren: Das Problem der Auslegbarkeit der zehn Gebote wird nicht gestreift.

Sieht man von diesem Problem ab, das Problem, dass die "goldene" Regel und das Prinzip des reziproken Altruismus als Grundannahme ausreicht ...

Frage mich, wie da aufgeweckte Schüler reagieren. Keine Ironie.

greets

Für Interessierte:

http://www.philosophersnet.com/games/whatisgod.htm

http://www.philosophersnet.com/games/god.htm

Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

"Das Problem der interreligiösen Ethiksystemunterschiede wird in den bisherigen Ausführungen nicht einmal gestreift."

Is ja auch kein immanentes Problem der christlichen Ethik.

"Das Problem der Auslegbarkeit der zehn Gebote wird nicht gestreift."

Na, so sophistisch verklausuliert kommt der Dekalog nu auch wieder nicht daher: Du sollst nicht töten, stehlen, ehebrechen etc: Klingt für mich wie ne klare Ansage.

"Sieht man von diesem Problem ab, das Problem, dass die "goldene" Regel und das Prinzip des reziproken Altruismus als Grundannahme ausreicht ..."

Die Goldene Regel (by the way keine Erfindung von Humanisten) reicht vom Inhalt her für ein friedliches Miteinander aus. Aber ohne Gott muss ich versuchen diese durchzusetzen ohne Verbindlichkeit, ohne Letztgerechtigkeit und ohne Hoffnung (Lies mal "spe salvi" - kostet nix und sind nur 60 Seiten).

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willi
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circumspiciamus, quid videmus?

Beitrag von willi »

(0) Expositio

"spe salvi facti sumus"
ist uns bekannt,
die wir hinaussehen in eine Welt,
in der Christliche Theologen intrachristlich dissonieren
oder die wir gar mit Theologen zu tun haben, welche da sagen,
interreligiöse Dissonanzen gehen uns nichts an,
sind wir doch in unserem Bezirk diejenigen,
auf die es ankommt.


1. Zwei Fragen:

a) Wie begründen Menschen ihre Vorstellungen von gutem und bösem Handeln (Ethik1 = ethische Praxis/ Moral)?

Böses Handeln ist egoistisches Handeln, welches das Glücksstreben anderer Individuen in absolut „unfairer“ und aggressiver Weise behindert. Ein solches Handeln ist zu vermeiden.

Sanktionen werden eingesetzt, um faires Handeln zu ermöglichen.

b) Und welche Plausibilität haben diese Begründungen? Eine Frage der Ethik2 (= epistemische/wissenschaftliche Untersuchung der ethisch-moralischen Vorstellungen)

Wir betrachten religionsferne und religiöse Antworten, die Antworten haben jeweils eine harte und eine weiche Variante.


2. Vier Antworten:


2.1 Empirisch "fundierte" soziologisch-biologische Begründungen der Neuzeit; ohne religiöses Fundament:

Der Mensch ist eine Mischung aus Triebwesen und Vernunftwesen. Zu seiner a-nimalischen Ausstattung gehören etwa Aggression, Brutpflege, Sexualität, aber auch schon rudimentäres "überlegtes", taktisches Verhalten (Beschwichtigungsgesten) und rudimentäre Fairnessvorstellungen (Verteilung von Futter, Nahrung für die Jungen) und ähnliches.

Die Vernunft des homo sapiens ist eine Weiterentwicklung solch tierischer Anlagen. Vermutlich ist "Moral" in einer Art evolutionärem Lernprogramm der Gat-tung entstanden: Der Verzicht auf maximale, aggressive Triebbefriedigung ga-antiert ein relativ genussvolles, nicht von Gegenaggressionen bedrohtes Leben, so dass sich Triebsteuerung für alle Partner "auszahlt" und "lohnt". Reziproker Altruismus ist somit eigentlich Verzicht auf unmittelbaren Egoismus im Nahhorizont. Moral ist eine Art „Egoismus zweiten Grades“, der sich im Fernhorizont auszahlt.

Moral ist so gesehen darauf aus, Eigeninteresse und Fremdinteresse ausgleichend zu bedienen und zwar durch das Minimieren von Leid und das Maximieren von Lust, bei mir, bei meiner Gruppe, bei meinem Volk und in weiteren Horizonten.

Es gibt offensichtlich in jeder Gesellschaft Übereinkünfte, faires Verhalten positiv zu belohnten und aggressives, stark egoistisches Verhalten als Verbrechen anzu-sehen und zu bestrafen.



2.2 "Weiche" religiöse Begründungen unter Rückgriff auf die "Heiligen Schriften" ("Übernatürliche Offenbarung"):
Der Mensch ist von Gott als ein Mischwesen aus Trieb (Körper) und Vernunft geschaffen.

Der Trieb ist eine animalische, die Vernunft ist eine gottnahe Eigenschaft, insofern Gott körperlos ist und als "Höchste Vernunft" gedacht wird.

Es gibt eine "Ur-Sünde", nämlich den Versuch des Menschen, so zu sein wie Gott; eine Einflüsterung des Teufels, der aus seiner Dienerstellung ("Erzengel") gegenüber Gott ausbrechen wollte und dafür mit dem Höllensturz bestraft wurde. Diese Revolte gegen Gottes Supremat und seine Gebote ist eine ständige Versuchung für den Menschen.

Da der Mensch immer wieder versucht ist, seine Triebe voll auszuleben und damit seinen Mitmenschen zu schaden, hat Gott dem Menschen Gebote gegeben, die das Zusammenleben regeln ("Du sollst nicht begehren deines nächsten Hab und Gut").

Zusätzlich gibt es "kult-orientierte Gebote", die Gott gnädig stimmen ("Gedenke, dass Du den Sabbath heiligst", bestimmte Sauberkeitsriten, Fastengebote u.ä.) und den Menschen an seine Abhängigkeit von Gott erinnern. Gleichzeitig kann man so erreichen, dass der Vatergott - ähnlich wie der Vater einer Familie - Wohlverhalten mit Wohlergehen belohnt.

Es soll nicht geleugnet werden, dass Menschen - wie in (1) gesagt - nach dem Prinzip der Unlustvermeidung und des Lustgewinns leben und dass dies zu einem Kappen von Auswüchsen im Interesse von allen führt.

Aber dieses moralische Programm ist sicher nicht "von selbst" entstanden, sondern funktioniert, weil es von Gott geschaffen wurde und wir von einem Vatergott belohnt und bestraft werden.


2.3"Harte" ("fundamentalistische") religiöse Begründungen unter Rückgriff auf die "Heiligen Schriften" ("Übernatürliche Offenbarung"):

Die animalische Seite des Menschen ist sehr gottfern, man sollte sie möglichst bezähmen, man sollte sich der Ehefrau nur zu bestimmten Zeiten nähern; sie sollte sich davor hüten, fremde Männer aufzureizen u.s.w. Zentral sind kultische Regeln und Gebote.

Wer die Moral als soziologisch-biologisches Produkt sieht, relativiert die Rolle Gottes und unterminiert kultische Gebote und Regeln.

Die westliche, moderne Gesellschaft gebraucht ihre Vernunft weitgehend dazu, die heiligen Schriften analytisch zu zersetzen und als Menschenprodukt darzustellen. Gottes Gebote der Triebunterdrückung und die hohe Wertigkeit des Kultes werden beiseite geschoben.

Die westliche Gesellschaft nutzt ihre Vernunft nicht zum Studieren der heiligen Schriften, sondern dazu, animalische Bedürfnisse nach Luxus und Sexualität zu befriedigen. So gesehen ist sie ein Feind moralischer Fundamente, ein Feind Got-tes und jeder Religion.

Sie steht somit im Dienste des Teufels. Sie darf und muss als Feind Gottes be-kämpft werden. Gott wird seinen Kämpfern den Sieg schenken und die Bösen vernichten (lassen).

Wer etwas anderes als diese klare Botschaft vertritt, dient bewusst oder unbewusst dem Bösen und ist als Feind Gottes anzusehen. Alle Gegenargumente beweisen nur, dass ihre Vertreter die wahre Lehre aufweichen wollen. Eine andere Wahrheit gibt es nicht. (Immunisierung gegen fremde Argumente)


2.4"Harte", säkulare, laizistische, ideologische Begründungen in Faschismus und Kommunismus unter Rückgriff auf "Autoritäten":

Der Jude ist unser Unglück und die Reinheit der Rasse ist alles. Er darf und muss ver-nichtet werden.

Wer etwas anderes sagt, beweist damit nur, dass der jüdischen Interessen dient. Unsere fundamentale Autorität ist Adolph Hitlers "Mein Kampf" und die darwinistisch begründbare Rassenlehre. (Faschismus)

Der Kapitalismus (Privateigentum) ist unser Unglück. Unsere fundamentale Autorität ist Karl Marx und .....

Wer etwas anderes sagt, beweist ....

(3) Zwischenfrage

Erkennbare Systeme?
Plausible Begründungen?
Alle gleich plausibel?
Wenn nein, warum ?

Vielleicht doch mal telefonieren?

greets

Chesterton
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Beitrag von Chesterton »

Zunächst einmal habe ich nicht behauptet, dass mich interreligiöse Unterschiede nichts angehen, sondern nur, dass die Tatsache, dass es Abweichungen von der christlichen Ethik gibt, noch nichts über den Wahrheitsgehalt derselben aussagt.

Ferner lässt sich Dein ganzes wortreiches posting wie folgt zusammenfassen:

Der Glaube an eine Wahrheit und eine Autorität ist mißbraucht worden, also lasst uns Autorität und Wahrheit abschaffen.
So ziemlich alles kann aber mißbraucht werden (gerade auch soziologisch-biologische Überlegungen, Stichwort Sozialdarwinismus/Eugenik), sollen wir deshalb unser Glück in Anarchie und Lüge suchen?

Wenn x böse ist, lass uns x bekämpfen.
Wenn x gut ist, aber mißbraucht werden kann, lass uns den Mißbrauch bekämpfen, nicht aber x selbst.

Dein posting weist zudem die naive Vorstellung auf, dass das Machtvakuum unausgefüllt bleibt, wenn der einstige Machthaber vom Hof gejagt wird. Der Nachfolger lässt aber nie lange auf sich warten: Ist es nicht Gott, so ist es der Mensch.
Vollends absurd wird Dein Beitrag nun dadurch, dass Du Deine (implizite) Forderung, Gott möge abtreten und den Menschen ans Ruder lassen, begründest mit Diktaturen, denen Du irgendeine, wenn auch nur strukturelle, Nähe zum Monotheismus andichtest: Gerade die von Dir angeführten Beispiele Nationalsozialismus und Kommunismus sind ja Folge der Umsetzung Deiner Forderung, sie stellen ja den Versuch dar, den Menschen auf Gottes Thron zu setzen:

Hitler: "Die Jahrtausende der Demut und Unterwerfung sind vorbei, das heldische Zeitalter hat begonnen."

Lenin: "Ich bin der persönliche Feind Gottes."

"Erkennbare Systeme?"

Erkennbare Inhalte?

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Peti
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Literaturtipp zum Ganzen

Beitrag von Peti »

Joseph Ratzinger:Prinzipien Christlicher Moral
Einsiedeln 1975

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overkott
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Beitrag von overkott »

Lieber Willi, dein Menschenbild (Trieb/Vernunft) hat in seinem Dualismus etwas Ideologisches. Das ist dir doch klar. Dein Bild von "der" westlichen Gesellschaft ist hingegen völlig undifferenziert. Gleichwohl sind deine Überlegungen ein Anfang, wenn man von der Philosophie zur Theologie kommen will. Theologie bedeutet aber, alles zu prüfen und das Gute zu behalten. Gott ist auch am sechsten Tag der Schöpfung noch so modern wie am Anfang.

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willi
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Wortreich

Beitrag von willi »

dear overcott, dear chesterton,
Lieber Willi, dein Menschenbild ...
Dein posting weist zudem die naive Vorstellung....
nein.

Wahrscheinlich konnte ich einfach nicht klar
genug schreiben.

Oben sind vier Antwortsysteme/Ethikbegründungssysteme in Kurzformeln skizziert.
Es geht darum, die Bauweise dieser Kurzformeln zu begutachten,
dann zu prüfen, ob sie als Abbreviaturen die jeweiligen Begründungssysteme erkennbar und bis zu einem gewissen Grad stimmig beschreiben,
schließlich anzudenken,
welches dieser Systeme die
plausibelsten Antworten liefert.

Und wo darin Antworten dieses
Threads zu verorten sind.

Wortreich hin,
Wortreich her.

Aber wie auch immer, diese "überlegungen sind ein Anfang, wenn man von der Philosophie zur Theologie kommen will". Also soll es damit gut sein.
greets

willi

Chesterton
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Schön hier geblieben.

Beitrag von Chesterton »

Schade, ich hätte mir gewünscht, dass Du Deine wie auch immer im Einzelnen ausformulierte "Mensch-an-die Macht"-Forderung auch inhaltlich etwas zu verteidigen suchst, anstatt nur die "...Bauweise dieser Kurzformeln zu begutachten".

Wenn ich Dich richtig verstanden habe, ordnest Du Dich unter Punkt 2.1 ein und versuchst, 2.3 (und 2.2?) durch rhetorisch fingierte Nähe zu 2.4 zu diskreditieren. Ich hingegen sage, 2.4 weist am meisten Ähnlichkeiten (nicht struktureller, systemischer oder sonst einer zweitrangigen Natur, sondern inhaltlicher Art) mit 2.1 auf.

Nun verhalte Er sich dazu.

"Also soll es damit gut sein."

Ist das eine weiße Fahne?

Raphael

Re: circumspiciamus, quid videmus?

Beitrag von Raphael »

willi hat geschrieben:Vielleicht doch mal telefonieren?
E.T. wollte auch immer "nach Hause telefonieren", hatte aber offenbar die Nummer verlegt! :D

Dein Problem mit der christlichen Ethik liegt "auf der Hand":
Sie gilt auch für solch oberschlaue Menschen wie Dich ..................

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willi
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ach

Beitrag von willi »

dear Chesterton,

so wie der Schreiber deiner Zeilen anscheinend
wohl manchmal oder öfters Texte liest,
ist das Rezipierte wohl als "weiße Fahne" zu lesen.

kryptisch-manifeste greets

w

Chesterton
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Ach!

Beitrag von Chesterton »

Lieber Willi,

da ich schlecht darin bin, kryptische Botschaften zwischen die Zeilen hineinzugeheimnissen, nehme ich das mal als ja.

Grüße

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willi
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also

Beitrag von willi »

, also gut, dann halt Klartext:

mit Dank für den Diskurs und in freundschaftlich-resignativem Abflug.

Und dann noch "optional":

Mögen die Paläo-Adepten des theologischen Blindflugs und die Kanoniere in den Panzern mit dem engen Sehschlitz oder opusdeinahe Neoteriker der leibfeindlich-spirituellen Sorte möglichst wenig Treffer (expertus dixi) in deinen Schriften landen

Vale, care Chesterton

w

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Epiklese
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Kardinal Meisner kritisiert Dawkins und Co.

Beitrag von Epiklese »

Der positivistische Materialismus und Evolutionismus der neuen Atheisten möchte – zusammen mit dem Glauben an Gott – auch die christliche Sicht des Menschen als Ebenbild Gottes und vernunftbegabte moralische Person ausmerzen. Auf dieser Grundlage muss jedoch auf eine substanzielle Begründung der Menschenrechte und der Menschenwürde verzichtet werden. Die Personalität des Menschen steht und fällt mit seiner Wahrheitsfähigkeit und Freiheit, die sittliches Handeln erst ermöglichen. Diese wird heute aber gerade von ideologisierten Biophysikern, Hirnforschern und Evolutionisten infrage gestellt.

Ähnlich wie einst die Nationalsozialisten im einzelnen Menschen primär nur den Träger des Erbgutes seiner Rasse sahen, definiert auch der Vorreiter der neuen Gottlosen, der Engländer Richard Dawkins, den Menschen als „Verpackung der allein wichtigen Gene“, deren Erhaltung der vorrangige Zweck unseres Daseins sei.

Seinem australischen Mitstreiter Peter Singer ist ein Schwein oder Affe wertvoller als ein hilfloses Baby oder ein altersschwacher Mensch, welche prinzipiell getötet oder dem Zugriff der Forschung verfügbar gemacht werden dürfen, wenn nicht Interessen Angehöriger entgegenstünden. Das ist keine Horrormalerei, die hier vorgenommen wird, sondern das ist eine schaurige Gegenwart, die die so genannten atheistischen Wissenschaftler heraufbeschworen haben.
http://kath.net/detail.php?id=24391

:daumen-rauf:
Orabo spiritu, orabo et mente; psallam spiritu, psallam et mente.

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Robert Ketelhohn
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Àpropos Singer. Vor vier Jahren war’s …

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:Singer geht soweit zu behaupten: auch ein Baby in den ersten Wochen nach der Geburt hat kein absolutes, einer "Person" im Singer'schen Sinne gleichwertiges Lebensrecht und kann deshalb - unter genau definierten Umständen - ethisch unbedenklich noch getötet werden (postnatale Abtreibung sozusagen).
In einem Rechtsstaat würde eine derartige Bestie am Strick
baumeln, bis sie die Geier fressen. Nein, ich korrigiere: Der-
artige Bosheit muß ausgebrannt werden.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Um das noch einmal und mit Bedacht zu wiederholen:

Eine solche satanische Bestie würde ein Rechtsstaat nicht
leben und weiter sein tödliches Gift verspritzen lassen.
Seine Schriften darf man nicht unverbrannt lassen.
Seine Gedanken darf man nicht ungetilgt in der Welt lassen.

Oder man hilft, die Hölle auf Erden vorzubereiten. Und eben
dies ist es, was heute geschieht.
Anmerkung: Beitrag auf verschiedene Bitten hin geändert.
Erklärung siehe weiter unten.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
nemesis hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Eine solche satanische Bestie darf man nicht leben lassen. Seine Schriften darf man nicht unverbrannt lassen. Seine Gedanken darf man nicht ungetilgt in der Welt lassen.
Heinrich Heine hat geschrieben:"wo Bücher brennen, brennen auch Menschen"
Und zwar beide zu Recht, im Falle Peter Singers oder
ähnlicher Teufelsbrut (ich nenne noch Norbert Hörster).
Leider wird’s nicht geschehen, denn nach menschlichem
Ermessen ist der Zug in den Untergang bereits abgefah-
ren und nicht mehr zu stoppen – bis ans Ende der Dinge.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Jürgen hat geschrieben:Selbst wenn man alle Bücher verbrennt. Irgendwann kommt wer mit den gleichen Gedanken.
Ja, ich weiß. Irgendwann kommt das Ende. Unweigerlich
nach der Beseitigung des Katechonten. Doch das Wissen
darum dürfte nicht daran hindern zu tun, was recht ist.

Es ist aber ein rundes Vierteljahrtausend zu spät, das Ruder
noch herumzuwerfen. Weil das korrupte Ancien Régime
versagt hat, konnte das Böse den Siegeszug antreten, hinan
zum Thron des Herrschers dieser Welt.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Pit hat geschrieben:Aber auf Grund der Meinung eines Menschen seinen Tod zu fordern (Zitat:"Eine solche ...Bestie darf man nicht leben lassen."Zitatende) ist ein Politik- und Kulturverständnis, das wir - mit Verlaub - das letzte Mal unter der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten hatten.
Nein, Pit, das dürfte einige Jahrhunderte länger zurückliegen. Das nationalsozialistische Denken ist im Gegenteil mit demjenigen Peter Singers aufs engste verwandt. Sie teilten ebenso die Menschen ein in solche, die man töten dürfe, und solche, die man nicht töten dürfe. Sogar bei den Kriterien gibt es Gemeinsames. Darum gehörten die Philosophen des Nationalsozialismus auch neben Singer auf die Scheite. Alfred Rosenberg zum Beispiel.

Eine schützenswerte »Meinung eines Menschen« liegt da nicht vor, sondern konkreter, praktischer Mordaufruf. Das gehört bestraft.
Pit hat geschrieben:Und ich werde - und da darfst Du sicher sein - alles rechtlich, demokratisch mögliche unternehmen, damit in diesem Land nie wieder ein Mensch auf Grund seiner politischen, religiösen oder kulturellen Überzeugung verfolgt, mißhandelt oder ermordet wird.
Nun, verfolgt wird man heute wohl eher, wenn man sich äußert wie ich. Um die Singers dieser Welt brauchst du dir also keine Sorgen zu machen. Und selbst wenn Peter Singer heute in Deutschland noch als extreme Figur erscheint, morgen wird man ihn als Pionier der schönen neuen Welt feiern. Der Zug fährt und ist nicht aufzuhalten. Hab keine Sorge.

Sorgen machen könntest du dir allerdings um all die Menschen, die hierzulande nicht wegen ihrer »politischen, religiösen oder kulturellen Überzeugung … ermordet« werden, sondern ganz einfach wegen ihres Dasein. Oder wegen ihrer Organe oder Stammzellen, an denen die kannibalische Zivilisation mehr Interesse hat als an den Personen.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Martin O. hat geschrieben:so, wenn das die "mit Bedacht wiederholte" Meinung eines Moderators hier ist, dann war das mein letztes Posting im Kreuzgang.
Schade drum. Überleg’s dir bitte noch mal. (Solche Ankündigungen sind immer … – na ja, nicht ganz erwachsen.)
Martin O. hat geschrieben:So sehr ich Singers Thesen ablehne: Man muß ihm mit aller Entschiedenheit widersprechen. Man muß zeigen, daß er sich in gefährliche Nähe zu den Nazis begibt. Wenn es irgendwie möglich ist, muß er selbst und Leute, die auf ihn hören, zur Einsicht gebracht werden.
Gewiß, dagegen sage ich ja auch nichts. Ich widerspreche ja selber solchen Leuten »mit aller Entschiedenheit«. Das wird allerdings nicht viel nützen. Der übergroße Teil der Widerredner bewegt sich in den endlosen, fruchtlosen Diskussionen nämlich Stück um Stück in die Richtung dessen, dem sie doch eigentlich zu widersprechen glauben. So verschiebt sich allmählich, kaum von jemandem bemerkt, das gesamte Meinungsspektrum in die Richtung dessen, dem doch eigentlich eine Mehrheit widerspricht – bis der einstige Außenseiter auf ganzer Linie Recht behält.

Das kannst du an vielen Themen nachvollziehen, sei’s die Abtreibung, Pornographie, Sodomie oder der Angriffskrieg. Weshalb dies Spiel immer nur in einer Richtung funktioniert, darüber mag sich ein jeder selber seine Gedanken machen.
Martin O. hat geschrieben:Mord aber - und was Herr K. aus B. hier vorschlägt, ist nichts anderes - …
Da hast du mich erstaunlicherweise sehr mißverstanden, den ich redete ja von dem, was eine staatliche Strafjustiz tun sollte, sofern sie sich nach ihren schwachen Kräften um Recht und Frieden müht.

Selbst dies ist aber reine Theorie, denn eine solche Strafjustiz existiert wohl schon seit Jahrhunderten nicht mehr. Der gleichwohl praktische Zweck solcher Theorie ist, doch dem einen oder andern die Augen zu öffnen für den Grad an Bosheit, welcher Singers Thesen innewohnt. Oder denen inneren Rückhalt zu geben, die bei sich das Richtige empfinden, es aber nicht wagen, dem Gedanken Laut zu geben.
Martin O. hat geschrieben:… bringt überhaupt nichts, weil dadurch neues Unrecht geschieht und die falschen und kranken Gedanken nicht weniger werden. Dann ist es eben nicht mehr Singer, sondern Heinz Müller, der solche Thesen aufbringt.
Unrecht geschähe keineswegs, wenn einer wie Singer, Rosenberg oder Marx der gerechten Strafe für seine Verbrechen zugeführt würde. Richtig ist, daß das in einer Situation wie der heutigen (die übrigens auch nicht mehr ganz frisch ist), »überhaupt nichts« brächte. Vielmehr ist in dieser geistigen Lage eine gerechte Bestrafung der genannten Bosheitsprediger ja gar nicht mehr möglich.

Ist die geistige Konfiguration einer Epoche aber dergestalt, daß Konsens darüber besteht, zum Beispiel die Forderung, neugeborene Kinder müßten rechtmäßig getötet werden dürfen, sei verwerflich und streng zu bestrafen, dann wird selten jemand überhaupt solche Gedanken hegen, und wenn doch, sie zuallermeist nicht äußern. Der Fall konkreter Bestrafung wäre also wohl eher selten.
Martin O. hat geschrieben:… der Verfasser der rot geschriebenen Zeilen …
… Sie, Herr K., …
Lieber Martin, das klingt ein wenig albern. – Laß mich dir noch eine Frage stellen; ich wüßte gern, wie du (und nicht du allein) darüber denkst: Wer ist in deinen Augen der schlimmere Verbrecher: Peter Singer, oder aber ein Mann wie der, der in den letzten Tagen den kleinen Hamburger Jungen erschlagen oder den kleinen Bochumer Jungen zu Tode gebrüht hat.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:Eine eigenmächtige Aktion wäre allerdings Lynchjustiz, denn es kann sich hier nicht um Notwehr oder Tyrannenmord handeln.
Eigenmächtige Aktionen habe ich ja auch nicht propagiert. Also keine Lynchjustiz. (Ich habe hier sogar irgedwo schon mal dargelegt, weshalb die Kirche auch den Tyrannenmord verwirft.) Es ging allein darum, was ein guter Staat, ein Rechtsstaat, täte.

P.S.: Ich bitte um Entschuldigung, daß ich heute nicht immer schnell genug mit dem Antworten hinterherkomme. Ich muß zum beträchtlichen Teil mit so einem auf dem Arm schreiben, den zu töten laut Peter Singer moralisch unbedenklich wäre und gesetzlich zu erlauben sei. Einhändig ist's mühsam.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Eine solche satanische Bestie darf man nicht leben lassen.
[/color]
Einige der Moderatoren haben mich gebeten, diesen Satz noch einmal
zu erläutern. Ich meine zwar, das eigentlich bereits getan zu haben –
und kann darum einige Unterstellungen nicht recht nachvollziehen –,
komme der Bitte aber dennoch gern nach.

Es ging um das, was ein Rechtsstaat nach meinem Dafürhalten tun
müßte und täte: nämlich jemanden, der zum Massenmord an Wehrlo-
sen aufruft, und sei’s noch so philosophisch verbrämt, zur schwersten
Strafe zu verurteilen.

Einige meinten, daraus einen Aufruf zur Lynchjustiz herauslesen zu
können oder zu sollen. Nun, weder gibt der Zusammenhang das her,
noch habe ich das – um es noch einmal zu betonen – gemeint.

Ich habe vorhin – nachdem ich einige ach so empörte Reaktionen ge-
lesen hatte – einmal die Probe aufs Exempel gemacht und eine mir gut
bekannte, hier nicht schreibende Person unter Skizzierung der Thesen
Singers gefragt, wie man sich ihres Erachtens gegenüber diesem Mann
verhalten sollte. Die Antwort war, nach einigem Nachdenken: »Also,
mein erster Gedanke war: am nächsten Baum aufhängen.«

Das scheint mir eine normale menschliche Reaktion zu sein. Gleich-
wohl wäre es falsch – wie selbige Person dann auch fortfuhr – diesem
Impuls entsprechend auch zu handeln. Es wäre aus meiner Sicht also
verständlich, wenn jemand hinginge und Peter Singer tötete. Dennoch
bliebe die Tat strafwürdig und aus Sicht der christlichen Morallehre
verwerflich.

Das ist ganz ähnlich wie im Falle der Attentäter um den Grafen Stauf-
fenberg. Ich habe Verständnis für seine Tat, muß sie aber dennoch ver-
werfen, weil sie von keiner rechtmäßigen Obrigkeit legitimiert war (und
obendrein heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln ausgeführt).
Wir hatten diese Diskussion hier irgendwo schon einmal.

Was ich nicht nachvollziehen könnte, wäre, wenn jemand Stauffenberg
förmlich bewunderte, eine ähnliche Tat gegen Singer jedoch voller Em-
pörung verurteilte. Beides wäre menschlich gleichermaßen verständlich,
wie es rechtlich und moralisch zu verurteilen ist.

Nicht nachvollziehen kann ich auch, daß einige für Herrn Singer allen
Ernstes ein Recht auf Meinungsfreiheit einfordern können. Eine mör-
derische Meinung hat kein Recht auf Freiheit.

– – –

Trotz all dieser Erklärungen, die ich mehr als ausreichend finde, werde
ich der Fehldeutungen meines oben zitierten Satzes wegen diesen im
Originalbeitrag folgendermaßen umformulieren:

»Eine solche satanische Bestie würde ein Rechtsstaat nicht leben und
weiter ihr tödliches Gift verspritzen lassen«.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Liebe Leute, dieser Strang bestätigt, was ich oben mehrfach schrieb:
Der Zug ist abgefahren. In nicht allzu ferner Zukunft wird man Sin-
ger als Pionier der schönen neuen Welt feiern.

Einige von euch werden mich dann verstehen, in dieser oder in jener
Welt. Andere, fürchte ich, werden an die Schönheit der neuen Welt
glauben.

Ich erwarte nicht, daß sich das Unheil noch abwenden läßt. Darum
„fordere“ ich auch nichts, was einige so gar nicht verstehen können.
Ich versuche, ein paar Augen zu öffnen.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Anselm hat geschrieben:Ich hielte es für besser, Singer mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, ihn also durch (philosophische) Argumentation zu besiegen.
Anselm, ich gehe davon aus, daß er gar nicht zu schlagen ist.

Ich hatte das oben schon anzudeuten versucht. Viele edle
Leute haben gegen alle möglichen Propheten des Bösen
tapfer zu argumentieren versucht, und sie tun es noch. Das
Ergebnis, das ich wahrnehme, ist, daß sich gleichwohl die
Koordinaten des allgemeinen Konsenses langsam, langsam
in Richtung auf jene Propheten des Bösen zu verschieben.

Und dies, obwohl sie selbst meist zeit ihres Lebens als Ex-
tremisten gelten und von der Mehrheit abgelehnt werden.
Dennoch bewegt sich das Ganze in ihre Richtung. Und selt-
sam, der Mechanismus funktioniert nur in dieser Richtung.

Aber der strafrechtliche Weg funktioniert auch nicht mehr.
So lassen sich auch keine Dämme bauen. Die Koordinaten
sind längst zu weit verschoben.

Worum aber geht es mir dann? – Es scheint ja nicht leicht
nachvollziehbar zu sein. Darum noch einmal, aufs neue:
Ich sehe diese Welt auf die Zeit zusteuern, in welcher die
Koordinaten der Singer, Hörster & Co. zum Angelpunkt
geworden sind.

Als Christen wissen wir ohnehin, daß eine solche Zeit am
Ende kommen muß. Der Zug fährt. Ich will nicht sagen, es
sei ausgeschlossen, daß er noch einmal gebremst oder gar
umgelenkt wird; aber menschlichen Kräften ist das unmög-
lich.

Es kann also nur und muß darum gehen, so viele Menschen
als nur möglich gegen den Ungeist zu immunisieren. Wenn
ich mich mit Singer oder seinesgleichen gewissermaßen von
gleich zu gleich auseinandersetze, mache ich ihn schon hof-
fähig. Solche argumentative Auseinandersetzung ist darum
keine wirksame Wehr.

Damit einer immun wird – und dann auch reif für die geisti-
ge Auseinandersetzung mit den Schlichen des Bösen –, muß
für ihn erst einmal sonnenklar und selbstverständlich sein,
daß einer wie Peter Singer bei weitem gefährlicher und bös-
artiger ist als der stinknormale Kindermörder von nebenan.

Diese Sonnenklarheit aber führt im Nebel schöner Worte
unserer Zeit nur ein heftiger Blitzschlag herbei, gefolgt von
reinigendem Gewitter. Die einen reiben sich die schmerzen-
den Augen, tun sie wieder auf – und sehen. Die andern füh-
len sich geblendet, halten sich die Augen zu und schreien,
bis die Nebel wieder aufgezogen sind.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Florianklaus
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Re: Kardinal Meisner kritisiert Dawkins und Co.

Beitrag von Florianklaus »

Ich bin wirklich froh, nicht in einem Rechtsstaat Ketelhohnscher Prägung zu leben! (Wegen der an diversen Bäumen hängenden Leichen würde es dort wohl ziemlich unangenehm riechen..........)

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Sempre
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Re: Àpropos Singer. Vor vier Jahren war’s …

Beitrag von Sempre »

@Robert Ketelhohn

:daumen-rauf:
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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