Krise der Kirche und ihre Auswege

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schmitz-backes
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Krise der Kirche und ihre Auswege

Beitrag von schmitz-backes »

Auf der Seite der Una voce fand ich den Folgenden Artikel von Stefan Rheder aus der Tagespost, was haltet Ihr von der Analyse und den aufgezeigten Auswegen

http://www.unavoce.de/pages/deckers.htm

Ich bitte euch, jetzt nicht die Liturgiefrage im speziellen zu diskutieren, dass könnteman, falls Diskussionsbedarf besteht unter einem anderen Titel!
:mrgreen:
"Ihr seid nicht die letzte Nachhut des Mittelalters, sondern die Vorboten einer neuen Zeit!" Joachim Kardinal Meisner

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Ich verstehe absolut nicht, was eine Krise der Kirche sein soll. Wenn die Kirche eine AG wäre, dann wäre eine Kirse z.B. ein tiefer Aktienkurs. Wäre die Kirche eine Fussball Manschaft, dann wäre eine Kirse ein niedriger Tabellenplatz. Doch die Kirche ist eine Kirche, was soll die Krise einer Kirche aussehen? Eine Kirche ist eine Gemeinschaft der Gläubigen, eine Krise der Kirche wäre also, wenn die Gemeinschaft nicht in dir Kirche kommt, weil diese abgeschlossen wäre, das wäre mir aber neu, dass die Kirche eine Krise hat, weil die Gläubigen vor geschlossenen Türen stehen.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

STEFAN REHDER hat geschrieben:...,lassen den Schluss zu, dass man im Bistum Aachen bereit ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Was zu hoffen wäre, nicht nur für das Bistum Aachen.
STEFAN REHDER hat geschrieben:Deckers räumte zwar ein, dass es sich dabei um ein besonders krasses Beispiel handelt, dies ändere aber nichts daran, dass die Kirche in Deutschland, „das Schlimmste nicht hinter, sondern vor sich“ habe und prophezeite: „Der Traditionsabbruch hat sich noch lange nicht mit voller Wucht in den Strukturen und Lebensäußerungen der Kirche niedergeschlagen. Vor uns liegt eine Phase von zehn bis zwanzig Jahren eines sich selbst verstärkenden Abschwungs.“
Ich prophezeie (ceteris paribus) in den nächsten zehn Jahren einen Traditionsbruch, der die Mauern der Kirche heftig durchrütteln wird.
Ein Beispiel: Wir zählen immer noch noch schön brav alle paar Monate die Besucher der Sonntagsmessen. Dabei kommen wir dann, je nach Gemeinde, auf (zum Teil geschönte) 15-17%. Was dabei nicht erfaßt wird ist die Altersstruktur der regelmäßigen Kirchbesucher. Was ebenfalls nicht erfaßt wird, ist ob es gerade am Zählsonntag einen Grund gibt, warum ggf. besonders viele oder besonders wenige die Hl. Messe besuchen.
Nehmen wir mal die Altersstruktur. Leider liegen mir da keine Zahlen vor, aber die bei weitem größte Gruppe - in unserer Gemeinde sogar die absolute Mehrheit - stellen die 60- 70 -jährigen.
Es ist keine Frage, daß diese Gruppe in den nächsten Jahren dramatisch abnehmen wird. Sie werden sterben oder aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr kommen können.
Im Gegenzug haben wir kaum junge Menschen in der Kirche. Ich schätze die Zahl der regelmäßigen Meßbesucher im Alter von 20 - 40 Jahre auf deitlich unter 5%. Daher schätze ich die Quote der wöchentlichen Meßbesucher in zehn Jahren auf ca. 8%. Bei einer Gemeinde mit 5000 Katholiken sind das 400.
Es kommt noch etwas hinzu, das Erzbistum Paderborn verliert jährlich 14.000 Katholiken allein aus demographischen Gründen.
Am Beispiel unserer Gemeinde (4500 Kath) haben wir einen jährlichen Überhang von 50 Beerdigungen gegenüber den Taufen. D.h. wir werden Jahr für Jahr um 50 weniger. Allein dadurch werden wir in den nächten Jahren 500 Katholiken verlieren. Dazu kommen noch Austritte ca. 5-10 pro Jahr mit steigender Tendenz. (N.b.: Von den o.g. 500 sind mehr als die Hälfte regelmäßige Kirchgänger.)
Die Anzahl der kirchlichen Trauungen sinkt Jahr für Jahr, dagegen steigt die Anzahl der ungetauften Kinder.
In der Gesamtbevölkerung werden die Christen (kath und ev.) in den nächsten Jahren unter 50% sinken, d.h. wir sind eine Minderheit.
Wird man uns dann noch unsere Feiertage, unser Traditionen, ... zugestehen?
STEFAN REHDER hat geschrieben:Der Festredner sprach sich zudem dafür aus, Kinder- und Jugendpastoral nicht länger von der Familienpastoral zu trennen.
Warum nicht beim Namen nennen?
Mission
Es ist schlicht und ergreifend notwendig, unser Land zu missionieren.
Noch einmal:
STEFAN REHDER hat geschrieben:...,lassen den Schluss zu, dass man im Bistum Aachen bereit ist, sich diesen Herausforderungen zu stellen.
Ob das die Einsicht beinhaltet, daß die Tatsache, daß die Mehrheit unserer Gemeinden aus Taufscheinkirchensteuerzahlerkatholiken besteht genau die Herausforderung ist?

max72
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Beitrag von max72 »

Das ist mir aus dem Artikel aufgefallen:
wenn die Lebensvollzüge der Kirche zu etwas Fremden in der Gesellschaft geworden sei, das was Kirche ist, nach und nach zu einem Objekt der Neugier wird, dass man die, die als Katholiken erkennbar sind, nach dem fragt, was sie glauben, worauf sie hoffen, was sie lieben“. Dann hieße es „authentisch zu sein, glaubwürdig und nicht um eine Antwort verlegen“. Und die „einfachste Antwort“ sei dann die, „die Jesus einst gegeben hat: ‚Komm und sieh‘“.

Ich wohne wie schon gesagt in Norwegen, wo der Anteil der Katholiken so um die 0.8% liegt und die protestantische Kirche auch nicht so gut dasteht. Es ist ein extrem saekularisiertes Land.

Trotzdem ist es auffallend, wie viele neugierig sind auf die katholische Kirche. Gerade das Karmelkloster hier zieht auch Protestanten und Nichtchristen an. Und selbst am Werktag in der Messe bin ich immer wieder ueberrascht dass die Mehrzahl der Besucher juengere Menschen sind. Insgesamt ist die katholische Kirche hier am wachsen.

Was mir hier auffaellt ist, dass die Katholiken selbstbewusster sind und gerne katholisch sind. Sie haben auch klare Meinungen, generell traditioneller als in Deutschland. Auch die Messe und Liturgie wird eher etwas feierlicher gefeiert, Experimente hab ich hier noch keine gesehen. In Deutschland faellt es mir bei Besuchen immer wieder auf, wie manche Katholiken sich dauernd fuer ihren Glauben entschuldigen ("bin katholisch, aber natuerlich find ich den Papst nicht gut"). Nervig finde ich es wie recht viele in Deutschland als Lieblingsthema bei jeder Gelegenheit gegen Vatikan und Papst schimpfen. Man meint sich so bei den Kritikern Freunde zu machen indem man zeigt wie kritisch man doch ist, dabei fraegt sich der Beobachter dann nur was denn dann an der Kirche noch so dran sei.

Im Rueckblick merke ich dass in meiner Jugend mir eine klare Botschaft gefehlt hat, ich war Ministrant und lernte absolut nichts ueber den Glauben. Es war einfach belanglos. Ich glaube wir brauchen mehr Ueberzeugung, Begeisterung und Selbstbewusstsein. Eben ueberzeugt sein von dem was katholisch ist, und nicht uns den Kritikern anbiedern indem wir sagen "ihr habt ja recht, wir muessen alles bei uns aendern" in der Hoffnung dass dann mehr kommen.

Gruss

Max

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Mariamante
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Glaubenskrise

Beitrag von Mariamante »

Die Krise die wir heute in besonderer Weise erleben, ist eine Krise des Glaubens, des Materialismus. Ich habe vor einiger Zeit in den Eingebungen an den Priester Don Ottavio Michelini folgende kritische Anmerkungen gelesen:

Was ist die Ursache all dieser Übel, an denen die Menschheit gegenwärtig leidet? Der Materialismus, die materialistische Lebensauffassung. Das Chaos im Gesetz ist derart, dass die Menschen sogar die Unterscheidung des Guten und des Bösen verloren haben.

Entartete Eltern haben jedes moralische Gefühl verloren, nichts Christliches ist in ihnen vorhanden. Die Gotteslästerung ist zur Gewohnheit geworden, Obszönitäten ebenso wie Gotteslästerungen. Streitigkeiten sind überaus häufig, und nicht selten entwickeln sie sich zu nackten Gewalttätigkeiten.

Bücher und pornografische Zeitschriften werden Kindern schon im frühen Alter überlassen. Das Reden wir immer gröber und gemeiner. Eheliche Untreue wird oft zugestanden und in gegenseitigem Einverständnis vollzogen. In vielen, vielen Familien ist der Begriff von Gute und Böse wahrhaftig gefallen. All dies und vieles andere noch ist das Erzeugnis des Materialismus.

Der Materialismus dieser letzten Zeit hat alle Mittel benützt, um den Menschen seine Würde als Kind Gottes vergessen zu lassen und, stets in verschiedensten Verhüllungen versucht, den Glauben im Menschen zu ersticken, um ihn so taub zu machen gegenüber den Anrufen der Liebe Gottes.

Die Menschen dieser Zeit sind alle in materielle Wirklichkeiten eingetaucht worden, damit sie die einzige, große Wirklichkeit vergessen, das Fundament und den Urgrund aller anderen, das heißt: GOTT:

Je mehr die Menschen eingetaucht sind in die materiellen Wirklichkeiten, umso weniger sehen und erfassen sie die Wunder Gottes. Das geht so weit, dass ihnen, sagen wir, die weniger materiellen Dinge der Materie wie der Duft einer Blume und die Farbe oder die Farben, mit denen die Erde sich während der verschiedenen Jahreszeiten färbt, entgehen. Darum wissen sie den weniger materiellen Teil der Dinge nicht immer zu schätzen. Wie vermöchten sie die Feinheiten einer von Gott erfüllten Seele, einer von Gott so erfüllten Seele zu erfassen, die sozusagen eins ist mit Gott? Wie kann man einem Kind Dinge verständlich machen, die an sich schon für einen Erwachsenen schwer zu verstehen sind? Ebenso schwer ist es, die Wunder Gottes, die er in den Seelen seiner Heiligen wirkt, begreiflich zu machen!

Der Materialismus, diese Inkarnation Satans, ist die Abwesenheit Gottes im menschlichen Geist. Aber Gott ist Liebe, Licht und Gerechtigkeit, ist Hoffnung und Weisheit, ist Stärke und Frömmigkeit, ist Mäßigkeit und jede andere Tugend und Vollkommenheit. Noch nie hat eine derartig allgemeine Krise die Menschheit befallen. Satan, der Affe Gottes, hat mit Mitschuld der Menschen diese Dunkelheit in den Seelen hervorgerufen.
______________________________________________________

Wenn Paul VI davon spricht, dass der Rauch Satans in die Kirche eingedrungen ist, dann erleben wir m.E. zuerst auch eine Krise der mangelnden Wachsamkeit. Ich habe den Eindruck, dass in der Kirche in manchen Bereich die Mittel, die wir im geistlichen Kampf haben (Gebet, Sakramente) vernachlässigt werden. So ist mancherorts z.B. die Beichte ausgestorben. Auch von Anbetung des Allerheiligsten, vom Gebet des Rosenkranzes ist nicht viel zu sehen. Der Materialismus und die Hinwendung zu den materiellen Dingen (Konsumgesellschaft) macht auch vor der Kirche nicht Halt. Hier ist sicher eine Rückbesinnung notwendig. Und die Mittel die uns Gott gegeben hat sind die altbekannten: Bekehrung, Buße, Gebet, Rückbesinnung auf die Weisungen des hl. Evangeliums. Mit Werbemethoden oder Managemente- Strategien können wir den Geist Gottes nicht in unseren Herzen wirksam werden lassen. Es bedarf der geistlichen Methoden und einer tieferen Bekehrung. Sicher ist es dabei auch wichtig dass wir sehen, in welchen Bereichen es in der Kirche zu Lässigkeiten und Nachlässigkeiten gekommen ist.
Gelobt sei Jesus Christus

Geronimo

Re: Glaubenskrise

Beitrag von Geronimo »

Schmidt Peter hat geschrieben:
Der Materialismus, diese Inkarnation Satans, ist die Abwesenheit Gottes im menschlichen Geist. Aber Gott ist Liebe, Licht und Gerechtigkeit, ist Hoffnung und Weisheit, ist Stärke und Frömmigkeit, ist Mäßigkeit und jede andere Tugend und Vollkommenheit. Noch nie hat eine derartig allgemeine Krise die Menschheit befallen. Satan, der Affe Gottes, hat mit Mitschuld der Menschen diese Dunkelheit in den Seelen hervorgerufen.
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Ich weiß nicht, Peter ... wenn ich Zeitzeugen lese aus der Zeit vor der Reformation, will es mir scheinen, als hätte da auch vieles am Boden gelegen und es waren gar nicht so viele, die noch daran glaubten, dass die katholische Kirche sich wieder erholen würde von ihrem selbstverursachten Niedergang.

Die Tatsache, dass die Menschen in einem derartig materialistischen Weltbild befangen leben, heißt ja nicht, dass sie sich nicht trotzdem nach anderem sehnen. Dieses Sehnen wird leider aber allzuoft von anderen Strömungen aufgefangen (ich denke an den Zulauf bei Willigis Jäger, Drewermann usw.). Sehnen tun sie sich immer noch. Da ich oft in einer Gemeinde bin, wo viele unterschiedliche Menschen hinkommen, die sich sehnen, sehe ich nicht ganz so schwarz ...

Tatsache ist für mich, dass die "normale" Durchschnittsgemeinde diese Sehnsüchte nach Gott nicht mehr auffangen kann. Das liegt an ihrem Vereinscharakter. Geistliche Zentren ... ein Stichwort, das in einem Thread im Zusammenhang mit Gemeinde fiel ...wäre etwas für die Zukunft.

Außerdem - denken wir doch mal an die Zeit vor dieser von dir gerade beschriebenen gesellschaftlichen Veränderung, die uns heute so viel zu schaffen macht. Ich denke konkret an die zwei Jahrzehnte vor dem Konzil Da haben Gemeinde und Kirche weitgehendst gemauert. Sie waren sich selbst Genüge und -mit Verlaub gesagt- auch satt und zufrieden, denn es lief ja alles. Dem instituionalisierten Gemeinde-Katholizismus drohte keine Gefahr. Ob sich Spiritualität entwickelte, interessierte nur wenige. Dass da bereits der Grundstein gelegt wurde zur Kraftlosigkeit, begreifen heute auch nur wenige. Da operiert man an Zahlen von früher - ohne darüber zu nachdenken, dass die Zahl der Getauften und Gefirmten keine Aussage zulässt über den Glauben dieser Gezählten.Und dass der Priester damals gen Hochaltar zelebrierte, sagt nun mal nichts über den inneren Zustand der Gemeinde aus.

Geronimo

schmitz-backes
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Re: Glaubenskrise

Beitrag von schmitz-backes »

Ich denke konkret an die zwei Jahrzehnte vor dem Konzil Da haben Gemeinde und Kirche weitgehendst gemauert. Sie waren sich selbst Genüge und -mit Verlaub gesagt- auch satt und zufrieden, denn es lief ja alles. Dem instituionalisierten Gemeinde-Katholizismus drohte keine Gefahr. Ob sich Spiritualität entwickelte, interessierte nur wenige. Dass da bereits der Grundstein gelegt wurde zur Kraftlosigkeit, begreifen heute auch nur wenige. Da operiert man an Zahlen von früher - ohne darüber zu nachdenken, dass die Zahl der Getauften und Gefirmten keine Aussage zulässt über den Glauben dieser Gezählten.Und dass der Priester damals gen Hochaltar zelebrierte, sagt nun mal nichts über den inneren Zustand der Gemeinde aus.

Geronimo
Was war den in den zwei Jahrzehnten vor dem Konzil so schlimm?
Damals erstarkten sie großen katholischen Bewegungen, die liturgishe Bewegung begann Formen anzunehmen, die Priesterseminare waren voll und die Beichtstühle am Samstag ebenso. In diesen Jahren entstanden die großen caritativen Hilfswerke wie Misereor, in die die Menschen, trotz ihrer Armut, spendeten. Und den Menschen Spiritualitätslosigkeit vorzuwerfen, nein ... schau doch mal heute auf den durchschnittlcihen Sonntagsgottesdienst deiner Gemeinde: Leben die ein sprirituelles Leben?

Du hast aber recht wenn Du sagst, dass die Zelebrationsrichtung nichtsüber den Zustand der geminde aussagt, aber das hat ja such keiner behauptet, ich hoffe, dass tut auch keiner (zumindest nur daran).
"Ihr seid nicht die letzte Nachhut des Mittelalters, sondern die Vorboten einer neuen Zeit!" Joachim Kardinal Meisner

Cicero
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Re: Glaubenskrise

Beitrag von Cicero »

schmitz-backes hat geschrieben:[
Was war den in den zwei Jahrzehnten vor dem Konzil so schlimm?
Damals erstarkten sie großen katholischen Bewegungen, die liturgishe Bewegung begann Formen anzunehmen, die Priesterseminare waren voll und die Beichtstühle am Samstag ebenso.
Sowohl die Katholische Aktion als auch die liturgische Bewegung sind älter.


Was die Beichtstühle etc. anbetrifft, magst Du recht haben, das lag aber mehr an der Sozialkontrolle als an dem Bedürfnis das Bußsakrament zu empfangen. Priester werden war nicht nur ein Opfer, es war auch mit einem hohen Sozialprestige verbunden.

Vieles von dem wir heute so schwärmen, da nehme ich mich selbst nicht aus, waren hohle Formen, warum sonst wären sie bei Wegfall der Sozialkontrolle so schnell verschwunden?
Romantische Träumereien bringen nichts.

Die Soziale Gestalt der Kirche wird sich wandeln.
Für so einen ungeduldigen wie mich geht das (natürlich) alles nicht schnell genug. Die klassische Pfarrei ist ein Auslaufmodell.
Andere Formen werden kommen, die Aufbrüche sind durchaus schon zu spüren.

Geronimo

Beitrag von Geronimo »

Nun, ich sprach mehr vom Gemeindeleben. M.E. handelte sich dabei eher um eine Art erblichen Katholizismus (ohne dass ich dabei jetzt den einzelnen Menschen den wahren Glauben dabei absprechen will). Ein konkretes Beispiel - eine Reihe Leute aus meiner Familie traten aus der Kirche aus, sobald es gesellschaftlich akzeptabel war, weil sie - Flüchtlinge aus dem Osten - hier in Frankfurt einfach keine Heimat in Gemeinden fanden - Zugereiste, Eingeplackte - naja, gerade mal so geduldet. Dies war bei den Evangelen noch schlimmer als bei den Katholiken. Anderer Stichpunkt - Frauen mit unehelichen Kindern. Die Gemeinden war damals vor allem Gemeinden von Familien und dergestalt war auch der Aufbau der Gemeindearbeit. Dies merken natürlich nur diejenigen, die außerhalb stehen ...
Man soll sich nicht in dem Gedanken sonnen, die Gemeinden seien früher ein Platz gewesen, wo man Aufnahme fand, wenn man bedürftig war. Dies mag vereinzelt so gewesen sein und sicher gibt es genügend Menschen, die auch gute Erfahrungen gesammelt haben; aber die Kirchenaustritte, die ab den sechziger Jahren einsetzen, hat nicht das Konzil zu verantworten, sondern der Grundstein zu dieser Abwanderung wurde davor gelegt und kam dann zum Tragen.

Die Krise der Kirche ist m.E. seit ihrem Bestehen da und niemals verschwunden, ganz einfach, weil die Instituionalisierung des christlichen Glaubens nicht zu der Botschaft des Evangeliusm paßt. Mit der Erhebung zur Staatsreligion sind die Weichen gestellt worden.

Ich möchte aber mal ein anderes Stichwort in die Debatte werden - Basisgemeinde. Leider ist ja hierzulande das Wort arg instrumentalisiert worden und die Basigemeinde begrifflich zum Politikum verkommen und von Gruppen vereinnahmt worden, die damit gezielt gegen die Kirche arbeiten - aber nichtdestotrotz sollte doch die Kirche nicht einfach diesen Gedanken fallen lassen. Ich träume diesen Gedanken manchmal immer noch ...

Geronimo
Zuletzt geändert von Geronimo am Donnerstag 15. Juli 2004, 13:33, insgesamt 1-mal geändert.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Geronimo hat geschrieben: Ichtzräume diesen Gedanken manchmal immer noch ...
Wer nicht?

Peter Panda
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Beitrag von Peter Panda »

Ja, der Vereinscharakter der Pfarrgemeinden.
In unserer Pfarrei werden mit großem Engagement und Aufwand Pfarrfeste etc. veranstaltet. Wenn man ein wenig dieses Engagement versucht auf spirituelle Angebote zu verwenden ist die Verständnislosigkeit oft groß.
„Wieso, wir gehen doch am Sonntag in die Kirche, wozu eucharistische Anbetung, wozu Fürbittgebete für Außenstehende, die selbst nicht beten können, wozu Weiterbildung in Glaubensfragen?“
Das ist nicht Faulheit, sondern pures Unverständnis, keine Einsicht, weshalb dies sinnvoll sein könnte.

max72
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Beitrag von max72 »

Peter Panda hat geschrieben:Ja, der Vereinscharakter der Pfarrgemeinden.
In unserer Pfarrei werden mit großem Engagement und Aufwand Pfarrfeste etc. veranstaltet. Wenn man ein wenig dieses Engagement versucht auf spirituelle Angebote zu verwenden ist die Verständnislosigkeit oft groß.
„Wieso, wir gehen doch am Sonntag in die Kirche, wozu eucharistische Anbetung, wozu Fürbittgebete für Außenstehende, die selbst nicht beten können, wozu Weiterbildung in Glaubensfragen?“
Das ist nicht Faulheit, sondern pures Unverständnis, keine Einsicht, weshalb dies sinnvoll sein könnte.
Ein Priester berichtete mal irgendwo von einem Infoabend zur Erstkommunion. Als er erklaerte worum es ging, etwad religioeses einfliessen liess, sassen alle mit leeren Gesichtern, schlafend. Als die Frage kam, wie die Kinder sich kleiden sollten waren alle hellwach und diskutierten heftigst...

Menschlich vielleicht. Und doch irgendwo der Wurm drin. Haette das Christentum eine Zukunft gehabt wenn die urchristlichen Gemeinden so lauwarm gewesen waeren?

Gruss

Max

Ralf

Beitrag von Ralf »

Ich darf mich mal zum Thema Kirchenkrise selbst zitieren:
Es gibt eine Sache, die zwar allenthalben behauptet wird, auch wieder jetzt u.a. auch bischöflicherseits auf'm Katholikentag, die ich aber, vielleicht aus purer Naivität, nicht so recht verstehe.

Die Rede ist von der "Krise der Kirche".

Vielleicht liegt es auch daran, dass ich in einem recht unkirchlichen Milieu aufgewachsen bin und nachwievor lebe oder dass ich erst mit 21 zum Glauben kam, aber ich sehe das einfach nicht so. Seit wann hat Krise etwas mit Zahlen zu tun? Gut, es gibt weniger Gläubige, Priester und natürlich auch Kohle.
Aber ist das eine Krise der Kirche oder nicht eher eine des Restes (der Nicht-Kirche sozusagen)? Wenn die Menschen hierzulande glauben, ohne Evangelium auch oder gar besser leben zu können - bitte schön. Es wird sicherlich kälter werden, aber wenn's so gewollt ist. Ja, wird man jetzt einwenden, viele verlassen ja die Kirche wegen ihrer doch so unjesuanischen Lehre. Dummes Zeug, denn dann könnten diese ja in andere Gemeinschaften eintreten, die eher diesem "Bild" entsprechen, derer gibt es viele. Wenn ich mir mal die mir bekannten vor Augen halte, die aus der Kirche ausgetreten sind, und davon kenne ich einige, so wirklich nur einer, weil er mit der Kirche und besonders mit ihrer Geschichte große Probleme hat. Dem Rest war es schlichtweg egal, sie glaubten einfach nicht an Jesus als Sohn Gottes. Habe gerade erst vorgestern in einer Kneipe gehört, wie man denn "so einen Scheíß" glauben könnte. So sieht's eben aus.

Ich sehe die Krise der Kirche höchstens darin, dass das Wissen um den Glauben und der dann natürlich auch selbst bei den Christen selbst extrem schwächelt. Aber Zahlen als Maßstab für Krisen? Seltsames Verständnis vom Evangelium, finde ich.

max72
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Beitrag von max72 »

Ralf hat geschrieben: Aber ist das eine Krise der Kirche oder nicht eher eine des Restes (der Nicht-Kirche sozusagen)? Wenn die Menschen hierzulande glauben, ohne Evangelium auch oder gar besser leben zu können - bitte schön. Es wird sicherlich kälter werden, aber wenn's so gewollt ist. Ja, wird man jetzt einwenden, viele verlassen ja die Kirche wegen ihrer doch so unjesuanischen Lehre.
Hei Ralf,

gut gesagt und auf den Punkt gebracht. Es ist eine Glaubenskrise und eine Religionskrise in einer saekluarisierten Welt. All seine Ueberzeugungen aufzugeben nur um leere Kirchen wieder zu fuellen bringt nichts.

Das Christentum kann nur seine Lehre praesentieren. Wenn die Menschen etwas anderes bevorzugen, gut. Ist ja jedem freigestellt.

Gruss

Max

anselm
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Beitrag von anselm »

max72 hat geschrieben:... Es ist eine Glaubenskrise und eine Religionskrise in einer saekluarisierten Welt. All seine Ueberzeugungen aufzugeben nur um leere Kirchen wieder zu fuellen bringt nichts.

Das Christentum kann nur seine Lehre praesentieren. Wenn die Menschen etwas anderes bevorzugen, gut. Ist ja jedem freigestellt.
Vielleicht hat einfach auch sehr viel mit "Atmosphärischem" zu tun. Menschen, die nichts mit dem christlichen Glauben "am Hut" haben könnten sehr wohl durch einen Aufenthalt in einem Kloster zumindest zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem christl. Glauben gebracht werden.
Vielleicht kann gerade eine stärkere Öffnung von Klöstern einen erheblichen Beitrag zu einer Missionierung leisten, weil dort christlicher Glaube erfahrbare ist als in der Gemeinde "um die Ecke".

Cicero
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Beitrag von Cicero »

anselm hat geschrieben:
max72 hat geschrieben:... Es ist eine Glaubenskrise und eine Religionskrise in einer saekluarisierten Welt. All seine Ueberzeugungen aufzugeben nur um leere Kirchen wieder zu fuellen bringt nichts.

Das Christentum kann nur seine Lehre praesentieren. Wenn die Menschen etwas anderes bevorzugen, gut. Ist ja jedem freigestellt.
Vielleicht hat einfach auch sehr viel mit "Atmosphärischem" zu tun. Menschen, die nichts mit dem christlichen Glauben "am Hut" haben könnten sehr wohl durch einen Aufenthalt in einem Kloster zumindest zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem christl. Glauben gebracht werden.
Vielleicht kann gerade eine stärkere Öffnung von Klöstern einen erheblichen Beitrag zu einer Missionierung leisten, weil dort christlicher Glaube erfahrbare ist als in der Gemeinde "um die Ecke".
Hallo Anselm!

Eine externe Position in den KG, aber in diesem Falle ein wertvoller Gedanke. Auch wenn ich dir im folgenden widersprechen muß, obwohl ich Dir im Prinzip recht gebe.

:kratz: Ja, neee is klar, oder?

Kloster kommt von geschlossen.
Insofern würde eine Öffnung den Klostergedanken konterkarieren.
Damit auch das von Dir so gelobte Potential der Klöster, nämlich dort mit dem Glauben intensiver konfontiert zu werden, als in der "Gemeinde um die Ecke" :)
Warum?
Nun Menschen, die in einem Kloster leben, stellen ihr ganzes Leben, ihre gesamte Existenz in den Dienst Gottes. Sie leben ihren Glauben in einer Unmittelbarkeit, die einfach herausfordert. Selbst "ordentliche Katholiken" fühlen sich von Ordensleuten provoziert.
Das hängt unter anderem auch an dem abgeschlossen, der Welt und ihren Anliegen eben nicht verfügbaren, Leben ab. Eine Öffnung zum Zwecke der Missionierung würde den Gedanken einer klösterlichen Lebensform geradezu pervertieren. Mithin lebte die klösterliche Gemeinschaft in einer ständigen Überforderung, weil sie ihrem Eigentlichen der ganzen Ausrichtung auf Gott nicht mehr in vollem Umfang gerecht werden könnte.

Daß die Klöster dennoch einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie ihre Pforten begrenzt für Gäste öffnen, geben sie auch suchenden Menschen Raum für die Außeinandersetzung mit dem Glauben und mit Gott.

In einem Benediktinerinnenkloster, in dem ich gelegentlich zu Gast sein darf, erklärte mir die Gastschwester kürzlich, daß es gerade in ihrem Kloster in letzter Zeit eine völlig neue Klientel von Gästen gibt, die in den Bestand der "Stammgäste"(zumeist gut katholische, sehr bürgerliche Damen im Alter zwischen 50 und 70) zu integrieren, eine echte Herausforderung für die Gemeinschaft ist.
Dabei handelt es sich um kirchenferne Suchende, wenn ich es einmal so ausdrücken darf.
Die begrenzte Öffnung des Gästehauses für diese Klientel hat tatsächlich einen missionarischen Charakter, verlangt aber viel Geduld von beiden Seiten und von der Gemeinschaft äußerste Disziplin im Hinblick auf die (zahlenmäßige) Begrenzung.

Persönliche Anmerkung:
Ich hatte das Vergnügen einmal zeitgleich mit einer jungen Dame dieser Klientel im Kloster zu verweilen. Ich gehe dorthin, um in die Stille zu gehen, im Garten zu arbeiten und zu beten. Es war schon nicht ganz ohne, nach der Komplet, nach der ich gewöhnlich im Kloster absolutes Schweigen einhalte, noch mit esoterischem Gedankengut zugetextet zu werden und nicht muffig oder abweisend zu reagieren. Statt dessen den Drahtseilakt hinzukriegen ihr zu vemitteln, warum ich im Kloster bin aber auch ihr Anliegen ernst zu nehmen. Das mit dem "ernst nehmen" meine ich sehr wörtlich, denn wenn einer beginnt, in meiner Aura (ich habe sogar mehrere :!: ) zu lesen, muß ich mir echt Mühe geben nicht laut loszulachen. Trotzdem hatte ich den Eindruck, daß das Zeugnis der Schwestern, so passiv es für den Beobachter auch gewesen sein mag, sehr missionarisch war.

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