Es-Ergo-Cogito hat geschrieben: Darf ich vielleicht zwischendurch doch noch einmal kurz auf das Thema einhaken:
Robert hat weiter oben (bisher ohne Antwort) gefragt: Was geschah denn damals (1054)?
Genau das möchte ich auch genauer wissen! (Ich lese nämlich gerade ein Buch eines deutschen Physikers (!) über unterbrochene Rituale und ihre negativen Konsequenzen).
Hat da jemand vielleicht eine zuverlässige, historische Quelle, die den Tathergang des Trennungsvollzugs (Anlass, Ablauf, Hilfsmittel, Ausführender, Datum, Beteiligte Personen, etc.) genauer beschreibt? Ich glaube, daß die Kenntnis über die eigentliche Trennungsursache ausserordentlich wichtig ist (für die erwartete Aussöhnung).
Bisher habe ich die folgenden genaueren Angaben zum "Tathergang" des Schismas im Internet gefunden:
http://www.joerg-sieger.de/gesch/11_schis.htm#c
http://de.wikipedia.org/wiki/Morgenl%C3 ... es_Schisma
http://www.oki-regensburg.de/sch_1054.htm
http://www.reli4you.at/history/schisma.html
Ergänzend hierzu möchte ich Grazynar Fosar erwähnen. Sie schreibt in ihrem "populärgrenzwissenschaftlichen" Buch "Zeitfalle - ISBN 3-89539-386-X" im Kapitel "Das unterbrochene Ritual von Konstantinopel":
"Die Aufspaltung der christlichen Kirchen in eine westliche und eine östliche Linie begann im Jahre 1054. Schon vorher hatte es seit langem Spannungen und Rivalitäten gegeben, und so schickte Papst Leo IX. eine Delegation unter der Leitung von Kardinal Humbert von Silva Candida zu Verhandlungen nach Konstantinopel. Der dortige Patriarch, Michele Cerulario, weigerte sich jedoch die Abordnung zu empfangen, weil sie in ihren Forderungen zu arrogant aufgetreten war. Daraufhin verfasste Kardinal Humbert EIGENMÄCHTIG gegen den Patriarchen eine Exkommunikationsbulle, die er am 16. Juli 1054 vor den Augen der versammelten Bevölkerung auf dem Altar der Hagia-Sophia-Kathedrale niederlegte, als Cerulario gerade dabei war, einen Gottesdienst abzuhalten. Diese unterbrochene Meßfeier, also ein unterbrochenes religiöses Ritual, war der eigentliche Ausgangspunkt der Kirchenspaltung, des sogenanntes Schismas, das bis heute Bestand hat. Als unmittelbare Antwort auf die Bannbulle exkommunizierte Michele Cerulario seinerseits den Kardinal und seine Begleiter.
Humbert von Silva Candida war zu seiner Vorgehensweise keineswegs vom Papst dazu ermächtigt worden..."
Die These Fosars lautet sinngemäss:
Allen Ritualen ist gemeinsam, daß sie zu einer ständigen Wiederholung gleichartiger Ereignisse führen, im Grunde also zu Zeitschleifen. (S.23)
Nach Hawkins Modell gibt es eine zweite - imaginäre - Zeitdimension, so, daß unsere Zeit im Grunde keine Linie von der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft darstellt, sondern eher eine Ebene, in der sich parallele Erlebnisebenen ansiedeln können.(S.34)
Das Praktizieren von Ritualen löst ordnende Zeit- bzw. Ereignisschleifen aus. (S.35)
Die Unterbrechung von Ritualen zeitigt für die gesamte Dauer der Unterbrechung chaotische (negative, meist blutige) Dauerzustände.
In Konsequenz lautet die These zur Beendigung des ungeordneten Zustandes der beiden Kirchen, ...das unterbrochene Ritual gemeinsam wieder dort fortsetzen, wo es unterbrochen wurde (eben genau an jenem liturgischen Punkt) und liturgisch verbunden zu Ende zu bringen - bis zum ite missa est....
(ob es ausgerechnet die Hagia Sophia sein muss? Besser wärs vielleicht...)
Für mich bleiben da trotzdem noch folgende Fragen:
Konnte denn damals wirklich ein Kardinal eigenmächtig eine Bannbulle ausstellen? Wurde die Bannbulle tatsächlich
während einer Liturgie (Eucharistiefeier) auf den Altar geschleudert?
Sind die Orthodoxen (wirklich) Häretiker und Schismatiker? - Ich meine, nach allem, was ich bisher gehört habe eher: "weder-noch".