Lycobates hat geschrieben: ↑Mittwoch 6. Februar 2019, 13:13
Jede Aussage, jeder Gedanke, die bzw. der einem Glaubenssatz entgegensteht, ist eine (materielle oder formelle) Irrlehre.
Dazu muss diese Aussage bzw. jener Gedanke aber in einem sinnhaften Zusammenhang mit dem Glaubenssatz gemacht oder gedacht werden. Eine Aussage, die dem Wortlaut nach einem Glaubenssatz entgegensteht, sich aber auf eine andere Thematik bezieht, ist keine Irrlehre.
Wenn ich beispielsweise "es gibt viele Götter" sage, so ist das keine Irrlehre, wenn ich gerade über Weltliteratur fabuliere.
Die gemeinsame Deklaration von Franziskus und Al-Tayyeb ist kein theologisches Dokument, sondern ein politisches. Im Kern sagt sie doch, dass die friedliche Koexistenz von Menschen unterschiedlicher Eigenschaften (das Dokument nennt außer Religion auch andere Aspekte, die oftmals zu Trennung und sogar Gewalt führen) nicht aus politischen oder auch religiösen Gründen abgelehnt oder bedroht werden darf. Dieses Statement beruft sich auf Gott, weil es eben religiöse Führer sind, die hier - konkret natürlich für die stark vom Glauben geleitete arabisch-muslimische Kultur - eine Ansage machen.
Ich halte diese fragliche Formulierung nicht für gelungen und hätte auch lieber was Unverfänglicheres dort gesehen; aber es ist aus genanntem Grund keine Irrlehre. Möge jedenfalls das Treffen insgesamt samt dieser Deklaration zu mehr Verständnis zwischen den Anhängern der Religionen führen und letztendlich zu mehr Freiheit für die Christen in islamischen Ländern. Denn nicht alle sind zum gewaltsamen Martyrium berufen.