Stefanro hat geschrieben: ↑Montag 15. Mai 2023, 10:47
Ich weise auf meine Unterscheidung zwischen "Wahrnehmung" und "Beachtung von Wahrnehmung" hin. "Wahrnehmung" ist nämlich durchaus als unwillkürliches Phänomen denkbar, während der "Beachtung der Wahrnehmung" eine intentionale (also willürliche, vom Willen gesteuerte) Hinwendung zur Wahrnehmung bedeutet. "Vom Willen gesteuert" bedeutet aber, dass der Wille sich nicht ganz Gott widmet und also der Glaube nicht da ist.
Das ist wieder soeine Logik wie "mit Heiligen zu verkehren, bedeutet sich von Gott zu entfernen", würde ich sagen. Das ist möglich, aber nicht in jedem Fall gegeben. Beides kann sich auch gegenseitig bestärken.
Man kann bei Gott sein und zugleich ("in Gott") Geschöpfliches betrachten, sage ich. Das ist auch meine Erfahrung. Es hat wie schon früher angerissen mit dem Herzenszustand zu tun.
Aus meiner Sicht ist es wahrscheinlich, daß Johannes in seinem Werk ein tatsächlich vorhandenes Problem behandelte, das er in seinem Glaubensumfeld wahrscheinlich auch oft beobachten konnte. Eventuell wird dies von Lesern zu sehr verabsolutiert, mehr als er meinte. Ebenfalls möglich wäre aus meiner Sicht, daß er sich selbst tatsächlich da etwas zu stark auf diese Problematiken fixierte und sein Werk nicht mit entsprechender Umsicht schrieb und dieses so wie du es z.B. verstehst tatsächlich insofern von ihm gemeint gewesen war.
Dass er opportunistisch und seiner essentiellen Message widersprechend dennoch einzelne Wahrnehmungen gutheißt, liegt daran, dass er "Anfänger" etc. unterscheidet und deren Bedürfnissen mitfühlend und ermutigend entgegenkommt.
Hm, teils ging es soweit ich sehe bei diesen Stellen aber wohl gerade nicht um "Anfänger"?
Warum beantwortest du nicht meine Frage "Inwiefern sollte das relevant sein?", sondern beginnst mit einem off-topic?
Ich halte es für eine Antwort.
Was ist ein "subjektiv agierendes Wesen" und warum sollte die Seele ein solches sein müssen, wenn sie mit Gott eins wird?
Ich verstehe es so, daß der Mensch ein Geschöpf ist, daß eigentlich in Bezug auf die Schöpfung selbst nichts wollen kann. Es kann Gott wollen oder Gott ablehnen und zwar in ganz verschiedenen "Grautönen". Will ein Erdenmensch Gott, denn ist er ein Sohn des himmlischen Vaters. Dann ist sein wie eigen wirkendes innerstes Wollen in dessen Art eben entsprechend diesem Vater: Gott (in der Bibel beschreibend umrissen als "Frucht des Geistes").
Aus dieser Betrachtungsweise ist ein Wille, der schon aus Gott ist nicht schlecht, nicht "Eigenliebe" in einem problematischen Sinne. Es ist ein heiler Zustand in subjektiver Existenz, so wie Gott ihn für diese Geschöpfe wollte.
Entsprechend:
"Wiederum gleicht das Reich der Himmel einem Schatze, der in dem Felde verborgen liegt, den ein Mensch findet und verbirgt und in seiner Freude hingeht und alles, was er hat, verkauft und dieses Feld kauft." Mt 13,44
Alles eigene Wollen aber pauschal als schlecht anzusehen, wäre schlecht, da es das Geschöpf auf eine Weise "niederhalten" kann, die seine subjektiv wesenhafte Entfaltung nach dem Wollen Gottes aufhält und so dessen Seelenheil schwer schaden könnte.
"Eitelkeit" beruht auf Selbstliebe, nicht auf "Überwindung des Selbst".
Ein Widerspruch, der sich dann genau auch bei solchen Buddhisten nach deren theoretischen Idealen findet.
Keineswegs vertrat ich hier eine "Überwindung des Selbst" in einem anderen Kontext als Johannes selbst es tut:
Buch 2, Kapitel 7 hat geschrieben:5 O wer vermöchte es nun, diesen Rat unseres Heilandes, uns selbst Zu verleugnen, recht verstehen
und befolgen und verkosten zu lassen, damit die geistlich Strebenden einsehen, wie anders sie zu wan-
deln hätten, als viele von ihnen es meinen! Sie halten eine gewisse Zurückgezogenheit und Erneuerung
in einigen Belangen für genügend. Andere geben sich zufrieden mit einiger Tugendübung, Ausdauer
im Gebete und Pflege der Abtötung; doch sie kommen nicht zu der geistlichen Blöße, Armut, Tren-
nung und Reinheit (all dies ist ein und dasselbe), die der Herr uns hier anrät.
Das kann gut sein. "Kreuz auf sich nehmen" würde ich ersteinmal so verstehen, daß man sich vor den etwaigen Bedrohungen der Welt nicht einschüchtern läßt aus Furcht etwas zu verlieren, das dem irdischen (Wohl)Leben zugehörig ist, sich Anfeindungen der Finsternis zu stellen, gegebenenfalls auch hin zur letzten irdischen Konsequenz (zu mehr sind diese Mächte ja nicht in der Lage).
Viel mehr gehen sie eher
darauf aus, ihre Natur mit Tröstungen und geistigen Gefühlen zu nähren und zu kleiden, als sie Gottes
wegen in dem und jenem zu entblößen und zu verleugnen.
Hier würde wohl kein tieferer innerer Wandel geschehen sein. Das können sehr gut die Menschen sein, deren Herz noch stark dazu neigt stetig von Gott abzuirren, das dürfte dann daran liegen, daß sie Gott in manchen noch in ihrem Herzen zurückweisen.
Sie meinen, es genüge, sich in weltlichen
Dingen zu verleugnen, ohne die geistige Eigenart zu vernichten und zu läutern.
Was wäre das für "geistige Eigenart"? Wohl eher keine Gott nähere?
Daraus ergibt sich, daß
sie wie vor dem Tode fliehen, wenn sich etwas Gediegenes, Vollwertiges darbietet, wie der Verlust aller
Süßigkeit in Gott durch Trockenheit, durch Überdruß, durch Mühsal.
Da hätte es dann wohl nie tieferes Erkennen gegeben. Allerdings: Trockenheit wäre für mich dann noch wieder ein Thema für sich, ich gehe ja davon aus, daß sie meist eher auch Ausdruck einer Ferne zu Gott ist und sei es eine, die es im Rahmen eingehenderer "Läuterung" zu überwinden gilt.
Dies ist das rein geistige Kreuz,
die Entblößung der geistigen Armut Christi. Sie aber suchen in Gott nur Süßigkeiten und köstlichen
Austausch. Dies ist keine Selbstverleugnung, keine Geistesentblößung, sondern geistige Naschhaftig-
keit. So werden sie geistigerweise zu Feinden des Kreuzes Christi;
Ich finde mich darin so nicht gemeint.
...
7 Dieser Kelch bedeutet, seiner eigenen Natur absterben, sie entblößen und vernichten, um den
schmalen Pfad wandeln zu können in allem, was den Sinnen zugehört, wovon wir schon sprachen, wie
auch im Seelischen, wovon wir nun sprechen wollen, nämlich in ihrem Verstehen, ihrem Genießen
und ihrem Empfinden.
...
8 Darum möchte ich die geistlich Strebenden davon überzeugen, daß dieser Weg zu Gott nicht
in der Vielfalt der Erwägungen besteht, noch in Methoden und Übungsweisen oder Genüssen (wenn
diese auch gewissermaßen den Beginnenden nötig sind), sondern nur in dem einzig Notwendigen: im
Verstehen, sich wahrhaft zu verleugnen, im Äußeren und Inneren, sich um Christi willen dem Leiden
zu überlassen und sich in allem zu vernichten. Übt man sich darin, so ist alles übrige und noch mehr
mitgetan und mitgefunden. Und fehlt es an dieser Übung, die Inbegriff und Wurzel aller Tugenden ist,
so sind alle anderen Weisen nur wie das Aufschießen von unnützen Wassertrieben, möge man auch an
erhabenen Erwägungen und Eingebungen den Engeln gleichen. Denn nichts anderes bringt voran als
nur die Nachfolge Christi. ...
11. ... Dem möge der gut im Geiste Strebende das Geheimnis der Türe und des Weges Christi zur Verei-
nigung mit Gott entnehmen und erkennen, daß er sich um so inniger mit Gott vereint und um so
Größeres wirkt, je mehr er sich in bei den Bereichen, im sinnlichen und im geistigen, vernichtet. Und
gelangte er zur Auflösung in nichts, was höchste Demut wäre, so wäre die geistige Vereinigung der
Seele mit Gott vollendet. Dies ist der erhabenste Stand, den die Seele in diesem Leben erreichen kann.
Er besteht also nicht in geistiger Lust und Freude und Empfindung, sondern im erlebten Kreuzestod,
sinnlich und geistig, nämlich innerlich und äußerlich.
Johannes hatte zeitweise soweit ich weiß ja tatsächlich Probleme mit irdischer Verfolgung, ob man sie in "Kreuz tragen" einordnen will oder nicht. Abgesehen davon ging es es dann eigentlich darum in Situationen des "Kreuztragens" (irdisch von außen herkommend) nicht zu "fallen"? Was auch nach meiner Ansicht durchaus erheblich davon begünstigt werden kann, wenn jemand stark an Irdischem, irdischer Lust hinge. Aber ich sehe nicht, daß während solchen "irdischen Kreuztragens" zwangsläufig das innere Erleben "beschädigt" würde.
"Selig sind ... die durch die Tore eingehen in die Stadt. Draußen aber sind die Hunde und die "Pharmazeuten" und die Buhler und die Mörder und die Götzendiener und jeder, der die Lüge liebt und tut." Off 22,14+15