Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

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Marcus
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Marcus »

Gefechte in Donezk gehen weiter und fordern Tote:

http://www.faz.net/aktuell/ukraine-heft ... 61-p2.html
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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ein Wort zu Poroschenko („Поросёнко“), der heute – wie letzten November Janukowitsch – die €U um Aufschub des Assoziierungsabkommens gebeten hat.

Das kam, finde ich, nicht so ganz überraschend. Beobachten wir das mal. Poroschenko hat ja nicht nur Schokolade, er hat massive finanzielle Interessen auch in der Russischen Föderation (Kfz, Werften).

Der Mann ist ein korrupter Oligarch, dem Milieu der organisierten Kriminalität entwachsen. Sein Vater, geborener Walzmann, der es noch zu sowjetischer Zeit als Fabrikdirektor und Spekulant zum Millionär brachte, wurde 1985 wegen Unterschlagung zu fünf Jahren Arbeitslager verurteilt.

Der Sohn stieg in die Geschäfte des Vaters ein. Nach dem Ende der Sowjetunion begann Poroschenko zugleich eine politische Karriere, nirgendwo anders als in der klassischen kriminellen Oligarchenpartei der „Sozialdemokraten“ Medwedtschuks und der Brüder Surkis. Später beteiligte er sich führend an neuen Parteigründungen, die in die „Partei der Regionen“ mündeten.

Dann wechselte Poroschenko auf Juschtschenkos Seite über. 2005, nach dem „ersten Majdan“, wurde er Nationalbankdirektor und Außenminister. In dieser Zeit stieg er vom Multimillionär zum Milliardär auf, in die erste Reihe der Oligarchen.

2012 wiederum diente er eine Zeitlang als Wirtschaftsminister unter Präsident Janukowitsch. Ab Dezember 2013 schlug er sich auf die Seite des „Euromajdan“ und befeuerte diesen mit seinem Fernsehsender „5. Kanal“ propagandistisch.

Poroschenko ist gewiß keiner der ukrainischen Nationalisten oder gar Nazis. Der Mann ist in erster Linie auf seinen eigenen Vorteil bedacht, auf Geld und Macht. In zweiter und dritter Linie auch. Auf gewisse Weise ist er eine Neuauflage Juschtschenkos – mit dem er auch durch gegenseitige Patenschaften für Kinder verbunden ist –, aber mit stärkeren eigenen Geschäftsinteressen in Rußland, was ihn möglicherweise entsprechenden Verhandlungen geneigter machen könnte, als es bislang den Anschein haben mag.
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TillSchilling

Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von TillSchilling »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ein Wort zu Poroschenko („Поросёнко“), der heute – wie letzten November Janukowitsch – die €U um Aufschub des Assoziierungsabkommens gebeten hat.
Bei Reuters liest sich das aber anders:

Ukraine's president says ready to sign EU trade deal soon

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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Der gescheiterte Staat von nebenan

Die Situationsanalyse ist hervorragend. Allerdings scheint mir dem Abschnitt »Verhältnis zwischen Staatszerfall und äußerer Intervention« auf Seite 2 eine komplette Fehleinschätzung zugrunde zu liegen. Ursache und Wirkung sind vertauscht.

Am Beispiel Libyens wird sofort und unmittelbar deutlich, wie verfehlt die These von einer dem Umsturz und der Staatszerrüttung vorausgehenden wirtschaftlichen Schieflage ist. Libyen war das reichste Land Afrikas, im Lebensstandard manchem europäischen Land voraus.

Es ist auch ein Trugschluß zu meinen, jene „gescheiterten Staaten“ entstünden nur aus dem Unvermögen der zunächst verdeckt und dann offen intervenierenden Mächte, namentlich der Angelsachsen und ihrer Satrapien. Vielmehr scheint jener Zustand der Zersplitterung größerer Staaten in kleine und kleinste Territorialherrschaften lokaler Banden und Milizführer sowie Selbstorganisationsversuche der jeweiligen Bevölkerung gerade das Ziel zu sein, lassen all diese Herrschaften sich doch mit Zuckerbrot und Peitsche und dem Instrumentarium des Terrormanagements im allgemeinen besser kontrollieren, aussaugen und bei Bedarf immer wieder neu gegeneinander in Stellung bringen als größere, gesunde Staaten, welche, wenn auch einem selbst verbündet, schnell selbst Interessen entdecken und entwickeln können, die denjenigen der Imperialherren zuwiderlaufen.

Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und in der Folge der entsprechenden Politik gegenüber ihren Nachfolgestaaten war das nicht anders. Da war zunächst die Geostrategie des „Krisenbogens“, die afghanische Falle, der (kaum) verdeckte Krieg der Amerikaner dort mit Hilfe einheimischen Kanonenfutters gegen die sowjetische Armee, aber auch mit Opium gegen die sittliche, geistige und leibliche Gesundheit der Völker Rußlands sowie – in Wiederaufnahme des mindestens schon aus dem 19. Jht. herrührenden „Great Game“ – der Aufbau des wahhabitischen Islamismus und dessen Instellungbringen gegen Rußland.

Zugleich begann damals schon die innere Unterwanderung, die Kontaktaufnahme, das Heranziehen jüngerer „Reformer“. Teils schon unter Andropow, vollends dann unter Gorbatschow konnten westliche „Berater“ ins Land kommen, dort ihre Netzwerke zu bilden beginnen und den Plan zur Auflösung des Russischen Reichs – nichts anderes war ja die Sowjetunion – allmählich ins Werk setzen.

Jener unselige Tag im Dezember 1991, an welchem Jelzin, Krawtschuk und Schuschkjewitsch hochverräterisch das Ende des Staates besiegelten, dem sie dienen sollten, ist ein Meisterstück solcher „Berater“, die daraufhin in den meisten Bruchstücken des zerstörten Staats verdeckt die Fäden in die Hand nahmen, teils unter Anwendung brutaler Gewalt, wie namentlich im Fall der Russischen Föderation, wo Jelzin als Kreatur jener Berater die Duma mit Panzern zusammenschießen lassen mußte.

Während in Weißrußland in Gestalt von Alexander Lukaschenko schnell ein Pater patriæ erstand, welcher diesem Beraterspuk ein Ende setzte, ging Restrußland fast ein Jahrzehnt lang den Weg des Verfalls, bis Putin das Ruder herumwarf, wofür man ihn seitdem westlicherseits haßt und verfolgt.

Die sogenannte „Ukraine“ – durch eine Reihe historischer Zufälle entstanden aus Kleinrußland (Malorossija), Neurußland (Noworossija, die Schwarzmeerküste), im Osten südrussischen Gebieten, die man einst das „Wilde Feld“ (dikoje polje) nannte, sowie schließlich den östlichen Teilen Wolhyniens und Galiziens, dem einst ungarischen Karpatenrußland und dem nördlichen Buchenland und südlichen Bessarabien – ist seit jenem unseligen 1991er Dezembertag gefangen im damals entstandenen korrupten System der Herrschaft des zu Staatswürden gekommenen organisierten Verbrechens, welches nun wie eine Eiterbeule aufbricht und sich stinkend über das Land ergießt.

Nein, keineswegs ging der westlichen Infiltration die wirtschaftliche Zerrüttung voraus. Vielmehr ist diese die mittelbare und durchaus nicht zufällige Folge jener.
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ar26
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von ar26 »

Robert hat geschrieben:und den Plan zur Auflösung des Russischen Reichs – nichts anderes war ja die Sowjetunion – allmählich ins Werk setzen.
Das kann man bestenfalls bis zum Ende des 2. Weltkrieges so sagen, danach war sie ein Produkt von Jalta und Potsdam und endgültig Teil einer neuen Weltordnung. Daher ist sie zurecht gescheitert. Wenn nach diesem Scheitern etwas neues entsteht, daß sich an jener Zeit vor der neuen Weltordnung orientiert, veranlasst das zu einer neuen Beurteilung. Hierbei sind allerdings auch kulturelle Grenzen stärker zu berücksichtigen als in der Spätphase der Zarenzeit. Das Baltikum beispielsweise ist kulturell von Russland verschieden sondern kulturell und politisch an Deutschland "zu orientieren".
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Stephanie
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Stephanie »

@Roberto: Verstehe ich deine Aussage richtig, dass du die Sowjetunion ernstlich für ein positives Staatsgebilde mit positiver Herrschaftsform ansiehst?
Das wäre mir für mich gänzlich unverständlich und zwar sowohl aus christlicher als auch unter, nennen wir es allgemein humaner, Perspektive. Das Bild des Sowjetmenschen ist eine Perversion und mit dem christlichen Menschenbild nicht vereinbar. Das Verhalten des Staatsapparates gegenüber seinem Bürger...na darüber schweigt jetzt besser des Sängers Höflichkeit.
Und falls du jetzt auf gegenwärtige Missstände in unseren oder transatlantischen Breitengraden hinweisen willst...ein Unrecht legitimiert nicht ein anderes.
Wird kaum der Gerechte gerettet, wo werde ich Sünder erscheinen? Die Last und Hitze des Tages habe ich nicht getragen. Die um die elfte Stunde kamen, denen zähle mich bei, Gott, und sei mein Erretter.

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Peregrin
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Peregrin »

Stephanie hat geschrieben:@Roberto: Verstehe ich deine Aussage richtig, dass du die Sowjetunion ernstlich für ein positives Staatsgebilde mit positiver Herrschaftsform ansiehst?
Kaum, Robert geht es vermutlich nur um den geopolitischen Aspekt.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Ewald Mrnka
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Peregrin hat geschrieben:
Stephanie hat geschrieben:@Roberto: Verstehe ich deine Aussage richtig, dass du die Sowjetunion ernstlich für ein positives Staatsgebilde mit positiver Herrschaftsform ansiehst?
Kaum, Robert geht es vermutlich nur um den geopolitischen Aspekt.
Sehe ich auch so!
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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ar26
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von ar26 »

Selbst wenn es Robert nur um den geopolitischen Aspekt geht, was ich auch vorausgesetzt habe, so ist die Aussage für die Zeit nach dem WK II schlicht und einfach nicht richtig. Die Sowjetunion war ab 1945 im Vergleich zum Russland der Jahrhundertwende territorial und machtpolitisch in Europa und Asien vollkommen überdehnt. Das führte zu ihrem Untergang. Diese Überdehnung war wiederum der Niederlage Deutschlands im Krieg geschuldet, sie war für Russland überdies keineswegs wünschenswert.

Aus diesen Erwägungen kommt man auch schnell auf den heute noch existierenden Kern des Problems. Russland lehnte eine bis an seine Grenzen ausgedehnte Hegemonie eines monolithischen nordatlantischen Bündnisses - als bedrohlich zurecht - ab. Russlands Nachbarn wiederum wollen in ihrer überwiegenden Mehrheit eine solche Hegemonie, meist aus Furcht vor Russland, das schon während der Zarenzeit über seinen berechtigten kulturellen Horizont "hinausgeschwappt" war; dies betrifft damals wie heute insbesondere Polen und das Baltikum, in geringerem Maße Finnland. Daher finden sich dort die größten Vasallen nordatlantischer Hegemonie. Das Problem ließe sich nur dadurch lösen, daß Deutschland in seine alte Rolle zurückfindet, ohne das Modell des 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts zu kopieren. Dies würde Russland nicht als bedrohlich finden, da sich beide Länder im Hinblick auf ihre hegemoniale Bedeutung ebenbürtig wären, wenn auch mit anderen Schwerpunkten. Zugleich würden diejenigen Länder, die sich gegen Russland "Schutz" wünschen, eine solche Hegemonie akzeptieren (Polen gewiss mit Zähneknirschen), solange Deutschland sie finanziert, was es ohnehin tut.

Solch eine deutsche Außen- und Europapolitik ist allerdings aufgrund der geistigen und kulturellen Verfassung von Volk und Nation sowie der dominierenden politischen Staatsräson zwischen rheinischer Staatsidee und Schuldkult derzeit praktisch nicht durchführbar.
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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:und den Plan zur Auflösung des Russischen Reichs – nichts anderes war ja die Sowjetunion – allmählich ins Werk setzen.
Das kann man bestenfalls bis zum Ende des 2. Weltkrieges so sagen, danach war sie ein Produkt von Jalta und Potsdam und endgültig Teil einer neuen Weltordnung.
Wie kommst du denn auf diese abenteuerliche historische Hypothese? – Wenn schon, dann kann’s ja allenfalls gerade andersherum sein.
ar26 hat geschrieben:Daher ist sie zurecht gescheitert.
Kann es sein, daß du ein Land, Reich oder Staatswesen nicht von seiner je aktuellen Verfassung unterscheiden kannst? – Aber dazu vielleicht noch ein Wort in der Antwort auf den Beitrag von Stephanie.
ar26 hat geschrieben:Hierbei sind allerdings auch kulturelle Grenzen stärker zu berücksichtigen als in der Spätphase der Zarenzeit. Das Baltikum beispielsweise ist kulturell von Russland verschieden sondern kulturell und politisch an Deutschland "zu orientieren".
Zack bum. »Ist zu orientieren.« Na, denn man tau, ab, hin, und orientiere fleißig.

Ach, an welchem Deutschland eigentlich? Ostpreußen? Neukölln? Gestern? Heute? An der Dame Merkel?

Na, was soll’s. Statt auf Orientierungsfahrt ins Baltikum geh doch erst mal auf eine solche in die Geschichte, vielleicht zu den Baltendeutschen im Russischen Reich.
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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephanie hat geschrieben:Verstehe ich deine Aussage richtig, daß du die Sowjetunion ernstlich für ein positives Staatsgebilde mit positiver Herrschaftsform ansiehst?
Du verstehst mich ja nicht ein mal falsch. Sondern überhaupt gar nicht. „Meine Aussage“? Was hast du denn gelesen? – Meinen Beitrag kaum.

Oder kannst du noch weniger als „Ar“ ein Land, ein Reich oder ein Staatswesen von seiner je aktuellen Verfassung unterscheiden? – Stephanie, Frankreich bleib auch nach der französischen Revolution Frankreich. Der deutsche (besser: großpreußische) Staat blieb auch nach Scheidemann- und Kapp-Putsch derselbe (das Verhältnis zum 1803 untergegangenen Reich lassen ich hier einmal außen vor, denn da gab es wirklich einen Bruch). Italien blieb auch nach dem Risorgimento Italien (und war’s sogar vorher gewesen, trotz Mangels staatlicher Einheit). England blieb trotz Cromwell England und China auch unter Mao China.

Wer also meint, Rußland sei nach dem Bolschewikenputsch nicht mehr Rußland gewesen, der hat etwas ganz Fundamentales nicht verstanden, die elementarsten Grundvoraussetzungen menschlichen Daseins und der Geschichte dieser Menschen.

Ich redete oben von Rußland, völlig unabhängig von seiner jeweiligen Verfassung. (Dazu brauche ich, Peregrin, auch keine „Geopolitik“. Die kannst du treiben oder lassen. Es geht um die Wirklichkeit, das, was faktisch da ist. Wie solche Entitäten dann handeln, ist sekundär.)
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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ar26 hat geschrieben:Die Sowjetunion war ab 1945 im Vergleich zum Russland der Jahrhundertwende territorial und machtpolitisch in Europa und Asien vollkommen überdehnt.
Das ist völlig unbegründeter Quatsch. Sit venia verbo. Die weiteren Ausführungen machen es nicht besser.
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Stephanie
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Stephanie »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Du verstehst mich ja nicht ein mal falsch. Sondern überhaupt gar nicht. „Meine Aussage“? Was hast du denn gelesen? – Meinen Beitrag kaum.

Oder kannst du noch weniger als „Ar“ ein Land, ein Reich oder ein Staatswesen von seiner je aktuellen Verfassung unterscheiden? – Stephanie, Frankreich bleib auch nach der französischen Revolution Frankreich. Der deutsche (besser: großpreußische) Staat blieb auch nach Scheidemann- und Kapp-Putsch derselbe (das Verhältnis zum 1803 untergegangenen Reich lassen ich hier einmal außen vor, denn da gab es wirklich einen Bruch). Italien blieb auch nach dem Risorgimento Italien (und war’s sogar vorher gewesen, trotz Mangels staatlicher Einheit). England blieb trotz Cromwell England und China auch unter Mao China.

Wer also meint, Rußland sei nach dem Bolschewikenputsch nicht mehr Rußland gewesen, der hat etwas ganz Fundamentales nicht verstanden, die elementarsten Grundvoraussetzungen menschlichen Daseins und der Geschichte dieser Menschen.

Ich redete oben von Rußland, völlig unabhängig von seiner jeweiligen Verfassung. (Dazu brauche ich, Peregrin, auch keine „Geopolitik“. Die kannst du treiben oder lassen. Es geht um die Wirklichkeit, das, was faktisch da ist. Wie solche Entitäten dann handeln, ist sekundär.)[/color][/blocksatz]
Natürlich habe ich deinen Beitrag gelesen Robert, sonst hätte ich nicht nachgehakt. Ich stimme mit deiner Beurteilung des Staatsverfalls bzgl. Libyen und Co auch überein. Ich bin aber über deine Wortwahl "unselig" bzgl. der SU gestolpert.
Bitte missverstehe mich nicht. Ich glaube selbstverständlich nicht, dass ein Staat, der seine Verfassung ändert von einem Tag auf den anderen auch sein Wesen und Charakter ändert, oder die Kultur, des in seinen Grenzen sich befindenden Volkes. Allerdings glaube ich sehr wohl an eine Wechselwirkung, andernfalls wäre es tatsächlich beliebig, welche Staatsform und welche Staatslenker ein Staat hat und dies würde ich defintiv bestreiten. (Ich finde, da muss man sich nur gegenwärtiges Personal anschauen, um dies bestätigt zu bekommen)
Frankreich mag 1790 noch kein anderes gewesen sein, aber das Frankreich Napoleons unterscheidet sich von einem Frankreich des Mittelalters eben sehr wohl. Die gegenwärtige Bundesrepublik hat auch wenig Ähnlichkeit mit dem Deutschen Kaiserreich. Und 70 Jahre SU haben sehr wohl ihre Spuren hinterlassen, auch wenn es wesentlich schlimmer hätte sein können und man immer wieder staunen kann und darf, wie die Menschen gelernt haben mit all diesen Perversionen und der Unterdrückung umzugehen. Ich kann an dem Umstand, dass die SU (!) mit ihrem menschenverachtenden System untergegangen ist, nichts traurig finden. Das heißt aber nicht, dass ich die Anarchie, das Chaos und das Elend das darauf folgte (was immer passiert, wenn ein Reich zusammenfällt) gut heißen würde oder ignorierte. So schwarz-weiß denke ich eigentlich nicht. Deshalb verstehe ich ja auch nicht, weshalb man in unseren Landen nicht in der Lage ist, die politische und wirtschaftliche Bedeutung Putins für Russland anzuerkennen. Aber das ist ein anderes Thema.
Aber der SU, diesem Machtapparat der Proleten-Unkultur (da ähneln sich Kommunisten und Faschisten sehr), nein, dem trauer ich nicht nach.
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Robert Ketelhohn
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephanie hat geschrieben:Ich bin aber über deine Wortwahl "unselig" bzgl. der SU gestolpert.
Dann muß ich das vielleicht auch noch einmal verdeutlichen. Ich redete nicht vom Exitus des bolschewistischen Systems (obgleich man auch dazu sagen muß, daß das, was statt dessen kam, noch schlimmer war und von der großen Mehrheit der Menschen auch als Katastrophe erlebt wurde), sondern von der Auflösung oder Zerschlagung des Reichs selbst unter Schaffung neuer staatlicher Entitäten, die großenteils weder historisch noch rechtlich noch sonst irgendwie faktisch an eigenstaatliche Souveränitätstraditionen anknüpfen konnten und darum auch vielfach prompt den internationalen Raubtiergesellschaften anheimfielen.

Diese historische Katastrophe Rußlands (und damit der Welt) ist m. E. derjenigen von 1803-06 vergleichbar, vom Reichsdeputationshauptschluß mit der endgültigen Niederlegung der Kaiserkrone durch Franz II., fortan bloß noch Operettenkaiser „von Österreich“.
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Stephanie
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Stephanie »

Ahh...okay, danke.
Jetzt habe ich deine Aussage verstanden. In diesem Punkt kann ich dir definitiv zustimmen.
Wenn ein Machtvakuum entsteht, herrscht im Inland Chaos und Anarchie und Menschen übelster Gesinnung übernehmen das Ruder und agieren nach ihrem persönlichen Gusto, d.h. jeder nimmt, was er kriegen kann, ohne Rücksicht auf Verluste. Und gar nicht mal so selten entstehen auf diese Weise neue Staatsgebiete.
Kann man derzeit rund um den Erball bewundern. :/
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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

telepolis hat geschrieben:Raketenangriff auf Sitz der Separatisten im ostukrainischen Lugansk
Ulrich Heyden 02.06.2014

Am Montag war die ostukrainische Stadt Lugansk Schauplatz von schweren Auseinandersetzungen zwischen den Kämpfer der selbsternannten "Volksrepublik Lugansk" (Luganskaja Narodnaja Respublika, LNR) und der ukrainischen Armee. Lugansk ist das östlichste Gebiet der Ukraine. Hier leben 2,2 Millionen Menschen.
[...]
Wie der Kiewer Militärexperte und Leiter der Gruppe "Informations-Widerstand", Dmitri Tymtschuk, am Nachmittag per Facebook erklärte, beginnen die ukrainischen Sicherheitskräfte in Lugansk eine "umfassende Operation zur Neutralisierung der terroristischen Gruppen in der Stadt."
"eine "umfassende Operation zur Neutralisierung der terroristischen Gruppen in der Stadt". Hinter den "terroristischen Gruppen in der Stadt" verbergen sich Menschen, die an etwas glauben, und für das sie kämpfen. Sie glauben z.B. an den zur Macht gelangten Faschismus in Kiew. Und mit jeder "umfassenden Operation", die zu ihrer physischen Vernichtung gestartet wird, werden sie in ihrem Glauben bestärkt, und nicht nur sie. Ja, ich glaube auch, dass die in Kiew etwas zu verteidigen haben, von dem sie selber wissen, dass es sich darüber nicht zu reden lohnt ...

Beihilfe zum Massaker

Meine Mail zum Thema hat die Redaktion der "Tagesschau" schon vor Monaten erhalten.

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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

http://www.jungewelt.de/214/6-3/12.php
Das Bundesverfassungsgericht hat vor einigen Wochen festgestellt, daß die Politiker der großen Parteien zu starken Einfluß auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben. Es wird höchste Zeit, daß die Medien demokratisiert werden. Hören Sie auf mit der Regierungspropaganda! Hören Sie sofort auf mit der Kriegspropaganda, Herr Gniffke!
Die großen Parteien sind nicht umsonst groß. Sie werden gewählt, von Mehrheiten. Medien und Demokratisierung - Es würde höchste Zeit, daß die Medien journalisiert werden - die Arbeit im Beruf in den Vordergrund rückt. Aber welche Berufung hat ein Journalist? Journalismus ist eine berufliche Nullnummer?

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ar26
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von ar26 »

So, dann mal der Reihe nach.
Wie kommst du denn auf diese abenteuerliche historische Hypothese? – Wenn schon, dann kann’s ja allenfalls gerade andersherum sein.
Charakteristisch für die Welt (wenigstens auf der Nordhalbkugel) nach 1945 war die Konzentration auf Machtblöcke und supranationale Strukturen - vulgo Ost/West-Konflik, welche die nationalstaatlich orientierte Zwischenkriegszeit (die selbst wiederum Folge der nationalen Bestrebungen des 19. Jahrhunderts war) ablöste. Die Sowjetunion war ganz selbstverständlich Teil dieser neuen Weltordnung, da sie ähnlich wie die USA die Nationalstaaten in ihrem Machtbereich der eigenen Hegemonie unterordnete, ganz zu schweigen von Gebietsteilen wie der SBZ, wo praktisch kein von der SU unabhängiger staatlicher Charakter existierte.
Kann es sein, daß du ein Land, Reich oder Staatswesen nicht von seiner je aktuellen Verfassung unterscheiden kannst? – Aber dazu vielleicht noch ein Wort in der Antwort auf den Beitrag von Stephanie.
Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, der einzige Unterschied zwischen dem Russland vor 1918, ich nenne es der Einfachheit halber zukünftig christliches Russland und der bolschewistischen Sowjetunion wäre gewesen, daß statt dem Zaren nunmehr der Genosse Generalsekretär regiert. Das ist doch Blödsinn. Tatsächlich gelang dem Bolschewismus in ziemlich kurzer Zeit die kulturelle Durchformung von nahezu der Gesellschaft, etwas was etwa der NS keineswegs zu Wege brachte. Warum gelang dies? Weil der Bolschewismus die traditionellen Eliten (Kirche, Militär, Aristokratie, Bürokratie) nahezu komplett ausschalten bzw. verdrängen konnte und zugleich bis 1945 die erste Generation von Menschen hervorbrachte, die keinerlei Prägung durch diese Eliten erhalten hatte, sondern nur durch den Bolschewismus und den Krieg. Die Exzesse der Roten Armee zum Kriegsende resultierten genau hieraus und wären beispielsweise in der Wehrmacht undenkbar gewesen, weil eben der NS dort an den traditionellen Eliten nicht wirklich vorbeikam.
Zack bum. »Ist zu orientieren.« Na, denn man tau, ab, hin, und orientiere fleißig.

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Na, was soll’s. Statt auf Orientierungsfahrt ins Baltikum geh doch erst mal auf eine solche in die Geschichte, vielleicht zu den Baltendeutschen im Russischen Reich.
Die Balten orientieren sich von selbst an dem, was sie für westlich, europäisch usw. halten. Innerhalb der für die heutige europäischen Union typischen Migration dürfte sie es vor allem nach Deutschland ziehen, bei den Esten mag auch Finnland interessant sein. "Militärischer Schutz" ist vor allem aus Amerika erwünscht, die Ursachen hierfür hatte ich bereits erläutert.

Deine Frage ist nach Deiner eigenen Argumentation zudem bereits beantwortet, da es ja wurscht sein soll, ob Willi, Hitler oder Merkel regieren, der Staat ist ja der gleiche. Im übrigen habe ich die Frage wie vorstehend beantwortet.

Daß die Baltendeutschen im christlichen Russland eine nennenswerte Bedeutung erlangen konnten, spricht für die russische wie die deutsche Kultur zugleich, daß Letten, Esten und Littauer sich zugleich kulturell stärker gen Westen als gen Osten wandten und wenden, braucht nicht näher erörtert zu werden, weil Fakt.
Das ist völlig unbegründeter Quatsch. Sit venia verbo. Die weiteren Ausführungen machen es nicht besser.
Die Überdehnung eines Imperium, und das war die Sowjetunion anders als das christliche Russland, ist ein nicht ungewöhnliches sondern eigentlich typisches Phänomen. Hier müsstest eigentlich auch Du einsehen, daß eine Überdehnung schlichtweg vorlag. Von den etwa 3 Millionen Soldaten der Sowjetarmee war -grob geschätzt- ein Drittel außerhalb der eigenen Grenzen stationiert, allein 0,5 Mio in der SBZ. Und das über Jahrzehnte(!). Ein typisches Kennzeichen für Überdehnung. Eine solche Überdehnung mündet entweder in innere Implosion, wie bei der SU, oder wird durch Erschlaffung an den äußeren Rändern, wie beim französischen Kolonialreich nach dem WKII beendet. Die Ursachen sind meist ökonomischer Natur, gelegentlich auch kultureller.

Kein General des christlichen Russlands hätte es als sinnvoll erachtet, in Mitteleuropa eine Militärpräsenz zu errichten, die diejenige Deutschlands und Frankreichs zusammen übersteigt; abgesehen davon, daß das agrarisch geprägte Russland dies auch nicht in dem Maße geschafft hätte.
Zuletzt geändert von ar26 am Dienstag 3. Juni 2014, 00:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

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Dr. Kai Gniffke. Er hat einen Doktortitel und zählt laut den "Die Ärzte" zu den Schweinen. Ich halte ihn weder für dumm noch für unzurechnungsfähig. Aber mein Interesse an seinen "Erklärungen" und "Entschuldigungen" im Rahmen der Ausübung seines Berufes, das ist gleich Null.

Pollux
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Pollux »

Muss man diese Person kennen?? Ich bedauere.Ich habe eher so ein Gefühl, dass es allmählich heller wird in den Beziehungen der Menschen in unterschiedlichen Staaten. Vielleicht wird man dialogfähiger. Ich setze sehr auf Diplomatie.Mit Gewalt schafft man nur neue Gewalt.Eine Endlosspirale mit manchmal pernitiösen Folgen.

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Marcus
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Marcus »

Poroschenko will die Halbinsel Krim zurück und sich Europa und "seinen Werten" anschließen:

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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Fragesteller »

ar26 hat geschrieben:
Kann es sein, daß du ein Land, Reich oder Staatswesen nicht von seiner je aktuellen Verfassung unterscheiden kannst? – Aber dazu vielleicht noch ein Wort in der Antwort auf den Beitrag von Stephanie.
Du willst mir doch nicht ernsthaft erzählen, der einzige Unterschied zwischen dem Russland vor 1918, ich nenne es der Einfachheit halber zukünftig christliches Russland und der bolschewistischen Sowjetunion wäre gewesen, daß statt dem Zaren nunmehr der Genosse Generalsekretär regiert. Das ist doch Blödsinn. Tatsächlich gelang dem Bolschewismus in ziemlich kurzer Zeit die kulturelle Durchformung von nahezu der Gesellschaft [...].
Das ist mit Roberts Aussage auch gar nicht in Abrede gestellt. Es geht aber darum, dass es das selbe Land ist, das all diese Veränderungen durchgemacht hat, dass nicht eine völlig neue historische Entität entstanden ist, dass also ein Sowjetbürger - ob er nun in Kiew, Moskau oder Alma Ata zu Hause war - die Geschichte des russischen Reiches der letzten Jahrhunderte auch als seine Geschichte wahrnehmen musste und wohl auch faktisch wahrnam, ebenso wie sich in Deutschland 1918 und 1933 (und wohl auch 45) die Geschichte der selben historischen Entität trotz vielfältiger politischer, kultureller und gesellschaftlicher Umbrüche fortsetzte, und dass sich andererseits 1989 (wie in Deutschland 1804/06) durchaus neue Entitäten bildeten. Es ist natürlich schwierig, die Identität solcher historischen Entitäten festzustellen - es handelt sich ja nciht um Individuen -, und ich denke nicht, dass Robert recht hat, dass das Wesen und die Identität dieser historischen Entitäten von ihrem geopolitischen und sonstigen Handeln völlig unabhängig seien; aber dass es prinzipiell und speziell im Falle Russlands starke Kontinuitäten jenseits von Staatsrecht, Kultur und Gesellschaft gibt, scheint offensichtlich.

Fragesteller
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Fragesteller »

ar26 hat geschrieben:
Das ist völlig unbegründeter Quatsch. Sit venia verbo. Die weiteren Ausführungen machen es nicht besser.
Die Überdehnung eines Imperium, und das war die Sowjetunion anders als das christliche Russland, ist ein nicht ungewöhnliches sondern eigentlich typisches Phänomen. Hier müsstest eigentlich auch Du einsehen, daß eine Überdehnung schlichtweg vorlag. Von den etwa 3 Millionen Soldaten der Sowjetarmee war -grob geschätzt- ein Drittel außerhalb der eigenen Grenzen stationiert, allein 0,5 Mio in der SBZ. Und das über Jahrzehnte(!). Ein typisches Kennzeichen für Überdehnung. Eine solche Überdehnung mündet entweder in innere Implosion, wie bei der SU, oder wird durch Erschlaffung an den äußeren Rändern, wie beim französischen Kolonialreich nach dem WKII beendet. Die Ursachen sind meist ökonomischer Natur, gelegentlich auch kultureller.

Kein General des christlichen Russlands hätte es als sinnvoll erachtet, in Mitteleuropa eine Militärpräsenz zu errichten, die diejenige Deutschlands und Frankreichs zusammen übersteigt; abgesehen davon, daß das agrarisch geprägte Russland dies auch nicht in dem Maße geschafft hätte.
Inwiefern da eine Kausalität bestehen soll, wäre näher zu erläutern. Es ist auch fraglich, ob es einen wesentlichen Unterschied in der Größenordnung macht, ob ein Imperium nun bis zur Weichsel geht oder bis zu Elbe.

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Marcus
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Marcus »

Der "Friedenspräsident" Obama warnt Russland vor Aggressionen gegenüber NATO-Staaten:

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 7179.html
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

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Edi
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Edi »

Backaroma sagte auch lt. dem Link im ketzten Beitrag:

„Jedes Volk und jedes Land hat das Recht, seine Zukunft selber zu bestimmen.“
Genau das haben die Krimbewohner getan. Zudem ist es strittig, ob die Schenkung damals von Chruschtows rechtens zustande gekommen ist. Auch hat dieser sicher nicht damit gerechnet, daß es einmal Konflikte mit der Ukraine bzw. deren Regierung geben könne.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

junge welt hat geschrieben:Massenmord im Donbass
Von Arnold Schölzel

Kiews Truppen setzen erneut Artillerie und Luftwaffe ein. Berichte über Tötung verwundeter Aufständischer in Krankenhaus. Westen verspricht Poroschenko Hilfe
[...]
Der Chef der »Volksrepublik Donezk«, Denis Puschilin, teilte der Nachrichtenagentur Itar-Tass mit, im Krankenhaus der Stadt Krasny Liman nördlich von Slowjansk seien mehr als 25 verwundete Rebellen von regierungstreuen Bewaffneten erschossen worden. Er sprach von einem »himmelschreienden Kriegsverbrechen«. Nach anderen Quellen handelte es sich bei den Mördern um Angehörige des faschistischen »Rechten Sektor«. Die zuständige Eisenbahnbehörde bestätigte, daß am Dienstag Einrichtungen der Bahn, Vorortbahnen und das benachbarte Krankenhaus in Krasny Liman aus der Luft angegriffen worden seien. Dabei seien Patienten, aber auch ein Arzt getötet worden.
Das sind die "notwendigen Operationen" zur Durchsetzung des europäischen Gedankens, die hier im Krankenhaus durchgeführt wurden. Das ist kein Thema, außer bei meiner ehemaligen FDJ-Zeitung, die irgendwie die Wende überlebt hat.

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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

ARD, ZDF, Spiegel und wie sie alle heißen, diese erziehen ein Volk von Zynikern. Das wird sich irgendwann rächen.

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Ewald Mrnka
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Ewald Mrnka »

Torsten hat geschrieben:ARD, ZDF, Spiegel und wie sie alle heißen, diese erziehen ein Volk von Zynikern. Das wird sich irgendwann rächen.
Die Medien bedienen und beschleunigen lediglich einen allgemeinen Prozeß, der sich in der gesamten westlichen Zivilisation (von "Kultur" sollte man in diesem Zusammenhang nicht sprechen) abzeichnet.

Das ist bereits vor Jahren sehr schön analysiert worden:
Kritik der zynischen Vernunft, Peter Sloterdijk, 1983!

Es ist völlig klar, daß das auf Dauer in eine moderne Barbarei führen wird.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Pilgerer
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Pilgerer »

Edi hat geschrieben:Backaroma sagte auch lt. dem Link im ketzten Beitrag:

„Jedes Volk und jedes Land hat das Recht, seine Zukunft selber zu bestimmen.“
Genau das haben die Krimbewohner getan. Zudem ist es strittig, ob die Schenkung damals von Chruschtows rechtens zustande gekommen ist. Auch hat dieser sicher nicht damit gerechnet, daß es einmal Konflikte mit der Ukraine bzw. deren Regierung geben könne.
Dass sie nach Russland wollten, ist klar. Die Krim gehört zu Russland wie Florida zu den USA. Ob sie das autoritäre System Putins wollen, ist jedoch eine andere Frage. Doch vielleicht kommt nach Putin auch mal wieder ein liberalerer Kurs.
Historisch betrachtet ist zudem der Ostteil der Ukraine "Kleinrussland", gehört also ähnlich wie Weißrussland zum (groß-)russischen Kulturkreis. Darum wäre es eine Demütigung für Russland, wenn dieser Teil "amerikanisiert" würde. Das ist, als wenn Russland in Texas beeinflusste Gebiete schaffen würde. Für Russland war der Zusammenbruch 1992 ein Ereignis wie der Versailler Vertrag für Deutschland. Darum ist es nicht verwunderlich, wenn dort heute ähnliche Bedürfnisse nach Genugtuung vorherrschen.
Vielleicht wäre eine Konföderation für die Ukraine sinnvoll, in der die westliche Hälfte sich der EU annähert und die östliche Hälfte sich neutral bis pro-russisch verhält (ähnlich wie Weißrussland oder Kasachstan). Die Westukraine steht den übrigen Ländern der ehemaligen Habsburger Monarchie und Litauen-Polen historisch so nahe, dass hier eine Anbindung durch die EU gut passen würde.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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Torsten
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Torsten »

http://www.kath.net/news/46249

Die Frömmigkeit führe uns geradezu unweigerlich zum Gebet und zum Eifer in der Erfüllung der Botschaft Jesu: Gott in Liebe und Einfachheit zu dienen wie auch unseren Mitmenschen mit Achtung und Sympathie zu begegnen.
Demgegenüber stehen z.B. Kalkulationen, von 2-3 Toten bis zur Inauguration.
http://www.nachdenkseiten.de/?p=21893
Wie geht man damit um? Einfach akzeptieren, dass es Tote geben wird, wie es Tote gibt. Es werden eben nicht alle das Reich Gottes sehen. Diese haben sich verkalkuliert, sich als korrupt erwiesen. Der Preis für diese Welt ist brutal. Nicht weil Gott so unbarmherzig, sondern weil das Leben - das Ewige - so einfach ist.

Pollux
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Re: Der Staatsstreich in der Ukraine und seine Folgen

Beitrag von Pollux »

Ich hoffe und bete, dass das Morden auf allen Seiten bald ein Ende nimmt.Gewalt löst keine Probleme sondern sät den Hass und schafft neue Gewalt.

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