Ohne Fegefeuer in den Himmel - Luther sei Dank?

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Walter
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Ohne Fegefeuer in den Himmel - Luther sei Dank?

Beitrag von Walter »

Mir geht es hier (wie im Untertitel schon angedeutet) nicht um protestantische Lehre, sondern den "Wert" vollkommener Ablässe aus katholischer Sicht.

Erste Schlagzeile bei Kath.net war heute morgen: Vollkommener Ablass
kath.net/zenit.org hat geschrieben: Die Teilnehmer der Begegnung der kirchlichen Bewegungen und neuen Gemeinschaften mit dem Heiligen Vater auf dem Petersplatz in Rom am Vorabend des Pfingstfests können einen vollkommenen Ablass erwerben.

Mit dieser Entscheidung ist die Apostolische Pönitentiarie im Namen Benedikts XVI. einer entsprechenden Bitte von Erzbischof Stanislaw Rylko nachgekommen. Der Präsidenten des Päpstlichen Rates für die Laien ist für die Organisation der Pfingstreffens verantwortlich.

Somit wird jener vollkommene Ablass, der laut „Enchiridion Indulgentiarum“ allen Gläubigen bewilligt wird, die „zu Pfingsten in einer Kirche oder einem Gebetshaus andächtig am feierlichen Gesang oder Gebet der Hymne ‚Veni Creator’ teilnehmen“, auf den Vorabend des Pfingstfests ausgedehnt. ...
Beim Lesen dieser Zeilen, war ich etwas enttäuscht, dass sich hinter dem spannenden Titel nur eine Ausdehnung der Ablassmöglichkeit um wenige Stunden verbirgt, und das nur für wenige Gläubige. :(

Daraufhin habe ich mir das erwähnte „Enchiridion Indulgentiarum“ angesehen, in dem die 40 "regulären" Möglichkeiten zur vollkommenen Fegefeuer-Befreiung der eigenen Person oder eines Verstorbenen der eigenen Wahl aufgezählt sind (s. unten).

Dass Protestanten und Orthodoxe das Fegefeuer generell ablehnen, wurde hier schon öfters geschrieben. Aber gibt es nach dieser Ablass-Inflation, die ohne Zweifel durch Luthers Kritik an Ablasshandel und Fegefeuer ausgelöst wurde, für einen Katholiken, der es halbweg erst allein mit der Sonntagspflicht nimmt, überhaupt die Möglichkeit, einem vollkommenen Ablass zu entgehen? :hmm:

Hier wurde öfters geschrieben, dass ein einmal erwirkter Ablass nicht verloren geht, und sollte er für jemanden bestimmt sein, der schon gänzlich vom Fegefeuer befreit ist, käme er automatisch jemandem anderen zu. Wenn ich daran denke, wie teuer vor Luthers Zeiten schon ein paar "Jährchen" Ablass waren (für Arme ganz unbezahlbar, die mussten nur für wenig Nachlass der zeitigen Sündenstrafen jahrelang in Sack und Asche verharren), hat dieses "ungehorsame Mönchlein" den Katholiken doch viel Leid erspart. Wie undankbar sie jedoch gegen ihn sind. :nein:

Hier die "offizielle" Liste der Möglichkeiten, sich oder einen beliebigen Verstorbenen, der nicht in die ewige Verdammnis eingegangen ist, vom Fegefeuer gänzlich zu befreien:
Der Vatikan hat geschrieben:Vollkommene Ablässe nach dem Enchiridion indulgentiarum, Editio quarta (1999)

Weihe der Familie an das Heiligste Herz Jesu oder an die Heilige Familie,
vor dem betreffenden Bild, nach Möglichkeit unter Leitung eines Priesters
oder Diakons

am Christkönigssonntag Weihe der Menschheit an Christus den König
durch das vorgesehene Gebet

am Herz-Jesu-Fest öffentliches Sprechen des Gebets „Iesu dulcissime“
(„Actus reparationis“)

frommer Empfang des Päpstlichen Segens „Urbi et Orbi“ oder der Spendung
des Päpstlichen Segens durch einen Diözesanbischof an einem
Hochfest im Rahmen der Eucharistiefeier (auch über Fernsehen oder Radio)

fromme Teilnahme an den Feierlichkeiten eines weltweit für ein religiöses
Ziel begangenen Tages (z. B. für Berufungen, für Kranke usw.)
Anbetung des Allerheiligsten für wenigstens eine halbe Stunde

Beten des Tantum Ergo bei der Übertragung des Allerheiligsten nach
der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag

Teilnahme an der Fronleichnamsprozession

Teilnahme an dem feierlichen eucharistischen Ritus am Ende eines
eucharistischen Kongresses

Empfang der Erstkommunion oder Teilnahme an der Erstkommunionfeier
anderer

an einem Freitag in der Fastenzeit Gebet „En ego, o bone et dulcissime
Iesu“ vor einem Kruzifix nach der Kommunion

Exerzitien für wenigstens drei volle Tage

Teilnahme an Feiern in der Gebetsoktav für die Einheit der Christen
und an deren Abschlußgottesdienst

Empfang der Sterbesakramente von einem Priester, zusammen mit
dem apostolischen Segen

Wenn in der Sterbestunde kein Priester da sein kann, gewährt die Kirche
jedem Gläubigen, der in seinem Leben regelmäßig gebetet hat, einen
vollkommenen Ablaß. Die Kirche ersetzt dabei die sonst für einen solchen
Ablaß erforderlichen drei Bedingungen.

Teilnahme an der Kreuzverehrung in der Karfreitagsliturgie

Gebet des Kreuzwegs (mit 14 Stationen) oder fromme Beteiligung am
Kreuzweg des Papstes über Fernsehen oder Radio

frommer Gebrauch eines Gegenstandes, der vom Papst oder einem
Bischof geweiht ist, am Fest Peter und Paul, zusammen mit dem Sprechen
des Glaubensbekenntnisses

Teilnahme an Predigten einer Volksmission und an deren Abschlußgottesdienst

Gebet des Rosenkranzes in einer Kirche oder Kapelle, in der Familie,
einer Ordenskommunität, einer Vereinigung von Gläubigen oder einer
anderen Versammlung

fromme Beteiligung am Rosenkranzgebet mit dem Heiligen Vater über
Fernsehen oder Radio

Besuch einer Kirche zum Gottesdienst zu Ehren eines neu kanonisierten
Heiligen oder Seligen (innerhalb eines Jahres) mit Gebet des Vaterunser
und des Credo

Gebet des Hymnus Akathistos oder des Offizium Paraclisis in Gemeinschaft

Teilnahme beim feierlichen Gesang oder Gebet des Hymnus Veni
Creator an Neujahr oder Pfingsten in einer Kirche oder Kapelle

desgleichen beim Te Deum am letzten Tag des Jahres

Feier bzw. Teilnahme an der Primizmesse

Feier bzw. Teilnahme an der Messe zum 25., 50., 60. und 70. Jahrestag
der Priesterweihe sowie zum 25., 40. und 50. Jahrestag der Bischofsweihe
Tauferneuerung in der Osternacht oder am Jahrestag der eigenen
Taufe

Friedhofsbesuch mit Gebet für die Verstorbenen in der Zeit vom
1. bis 8. November

Besuch einer Kirche an Allerseelen (oder Allerheiligen) mit Gebet des
Vaterunser und des Credo

geistliche Lesung der Heiligen Schrift für wenigstens eine halbe Stunde
(falls man sie aus vernünftigem Grund nicht lesen kann, auch durch Anhören)

Besuch einer Kirche, in der eine Diözesansynode abgehalten wird, mit
Gebet des Vaterunser und des Credo (nur einmal)

Teilnahme an einem Gottesdienst im Rahmen einer Pastoralvisitation (nur
einmal)

Besuch bestimmter Kirchen mit Gebet des Vaterunser und des Credo:
-einer der vier römischen Patriarchalbasiliken im Rahmen einer Pilgergruppe
oder wenigstens in einer kindlichen Unterordnung unter den Heiligen
Vater

– einer basilica minor am Fest Peter und Paul, an ihrem Titularfest, am
2.8. (Portiunkula) und einmal jährlich an einem anderen Tag nach Wahl

– einer Kathedrale (Bischofskirche) am Fest Peter und Paul, an ihrem
Titularfest, an Kathedra Petri (22.2.), am Weihtag der Lateranbasilika
(9.11.), am 2.8.

– eines internationalen, nationalen oder diözesanen Heiligtums am Titularfest,
einmal jährlich an einem anderen Tag nach Wahl oder in einer größeren
Wallfahrtsgruppe

– der Pfarrkirche an ihrem Titularfest oder am 2. August

– einer Kirche oder eines Altares am Weihetag

– der Kirche / Kapelle einer Ordensgemeinschaft am Festtag ihres
Gründers

Teilnahme am Gottesdienst in einer (römischen) Stationskirche an
ihrem jeweiligen Tag
Kann man das als ökumenische Annäherung auffassen: Für Orthodoxe gab es das Fegefeuer noch nie, für Protestanten nicht mehr und Katholiken sind de facto davon befreit? :mrgreen:
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Also dieses hier
Empfang der Sterbesakramente von einem Priester, zusammen mit
dem apostolischen Segen
Wenn in der Sterbestunde kein Priester da sein kann, gewährt die Kirche jedem Gläubigen, der in seinem Leben regelmäßig gebetet hat, einen vollkommenen Ablaß. Die Kirche ersetzt dabei die sonst für einen solchen Ablaß erforderlichen drei Bedingungen.
Führt die ganze Sache ja etwas ad absurdum, oder?
Ich habe mir gerade überlegt, ob ich schon mal alles erfüllt habe (ich glaube nicht), bis ich über das gestolpert bin.
Das bedeutet doch eigentlich, daß der Rest unnötig ist, oder?

Augustina
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Beitrag von Augustina »

:shock:

sofaklecks
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Urbi et orbi

Beitrag von sofaklecks »

Da wollte ich heute am Geburtstag der Kirche für einen Feld-, Wald- und Wiesenhomosexuellen aus christlicher Nächstenliebe einen vollkommenen Ablass erwirken, indem ich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinde und mir Papst Benedetto (warum wird der eigentlich von niemandem als schönster Bischof vorgeschlagen?) ansehe, aber nein, Pfingsten gibt es keinen Segen urbi et orbi. In der Kirche wie im Leben: Pfingsten sind die Geschenke am geringsten, während Ostern und Weihnachten mehr einbrachten.

Die Ablassinflation (Stichwort: Hallesches Heiltum) hat der Kirche schon mal erheblichen Ärger eingetragen. Hier wie im Steuerrecht: Wer die Tricks kennt, muss sich nicht quälen (lassen).

Ich sehe hier einen gewissen Reformstau.

Sofaklecks

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

:D :D :D

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Walter hat geschrieben:Für Orthodoxe gab es das Fegefeuer noch nie
Doch, natürlich, denn sonst beteten sie nicht für die Toten. :P
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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holzi
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Beitrag von holzi »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Walter hat geschrieben:Für Orthodoxe gab es das Fegefeuer noch nie
Doch, natürlich, denn sonst beteten sie nicht für die Toten. :P
Sie nennen es nur etwas anders!

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Walter
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Beitrag von Walter »

holzi hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Walter hat geschrieben:Für Orthodoxe gab es das Fegefeuer noch nie
Doch, natürlich, denn sonst beteten sie nicht für die Toten. :P
Sie nennen es nur etwas anders!
Was nennen sie anders? Das Beten? :kratz: - Spaß beseite:

Das Beten für die (Rettung der) Verstorbenen hat nichts mit einem Fegefeuer zu tun, ganz im Gegenteil:
Wir sollen Gott bitten, sich auch der ärgsten Sünder zu erbarmen!
Lukas in der Apostelgeschichte, Kapitel 7, hat geschrieben:59 So steinigten sie Stephanus; er aber betete und rief: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf!
60 Dann sank er in die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an! Nach diesen Worten starb er.
Der Starez Siluan hat geschrieben:„Es gibt Menschen, die ihren Feinden und den Feinden der Kirche Untergang und Qual im ewigen Feuerwünschen. Sie kennen die Liebe Gottes nicht, und darum denken sie so. Nur wer die Liebe und Demut Christi hat, weint und betet für die ganze Welt. Du sagst vielleicht: Dieser oder jener ist ein Übeltäter und muss darum im ewigen Feuer brennen. Ich frage aber: Angenommen, der Herr gibt dir einen Platz in Seinem Reich, und du siehst denjenigen im höllischen Feuer, dem du ewige Qual gewünscht hast, wirst du nicht Mitleid mit ihm haben, selbst wenn er ein Feind der Kirche war? Oder hast du ein Herz aus Stein? Aber im Himmel ist kein Platz für Steine.“
Hier geht es nicht um das Fegefeuer (oder eine Umbenennung dessen - in was eigentlich, Robert?), sondern um die ewige Verdammnis. Und das ist der Unterschied zum Ablass- und Fegefeuergedanken der diametralen römischen Eschatologie: Dass dort nämlich nur bei den (nach vatikanischer Gewissheit) bereits Geretteten durch Ablässe die Verringerung der zeitlichen Qualen im Fegefeuer "erkauft" werden kann.

Nach orthodoxer Lehre wissen wir jedoch nicht so genau wie die Katholiken, wer nun gerettet werden wird und wer nicht, deshalb sollen beten und hoffen, dass sich Gott aller Verstorbenen erbarmt.

Totengebete gibt es übrigens sogar auch in der reformierten Kirche:
U. Zwingli hat geschrieben:"67 Artikel" und "Auslegung" (1523)

Art. 57-60: lehnt Fegefeuer als unbiblisch ab, allerdings:

"60: Wenn ein bekümmerter Mensch Gott für die Gestorbenen um Gnade anruft, so verwerfe ich dies nicht. Doch das an eine bestimmte Zeit binden und um des Gewinnes willen lügen, ist nicht menschlich, sondern teuflisch."
Aber bitte nicht vom Thema abschweifen, oder besser gesagt ablenken: :nono:
Hier soll es um den Sinn der Ablass-Inflation gehen, besonders der von Leguan zitierten Absordität.
Leguan hat geschrieben:Also dieses hier
Wenn in der Sterbestunde kein Priester da sein kann, gewährt die Kirche jedem Gläubigen, der in seinem Leben regelmäßig gebetet hat, einen vollkommenen Ablaß. Die Kirche ersetzt dabei die sonst für einen solchen Ablaß erforderlichen drei Bedingungen.
Führt die ganze Sache ja etwas ad absurdum, oder?
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Großinquisitor
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Beitrag von Großinquisitor »

Walter, Du bringst da einige Dinge durcheinander; Stephanus betet hier für die Lebenden, damit sie sich bekehren. Prinzipiell ist auch aus katholischer Sicht das Gebet für einen Verstorbenen sinnvoll, nämlich mit der Intention, daß diese Person gerettet worden ist (also ein Gebet rückwärts in die Zeit). Allerdings müssen nun mal nach dem Zeugnis der Alten auch einige der Geretteten infolge ihrer Verfehlungen in der Zeit bis zum Endgericht zeitliche Leiden in Kauf nehmen.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Großinquisitor hat geschrieben:Walter, Du bringst da einige Dinge durcheinander; Stephanus betet hier für die Lebenden, damit sie sich bekehren.
Bitte genau lesen: Es geht wirklich um die Anrechnung von Sünden (beim Jüngsten Gericht) und nicht um die Bekehrung der Sünder.
Aber wie gesagt: Das ist hier :ikb_offtopic:
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Walter
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Hyperinflation

Beitrag von Walter »

sofaklecks hat geschrieben:Die Ablassinflation (Stichwort: Hallesches Heiltum) hat der Kirche schon mal erheblichen Ärger eingetragen. Hier wie im Steuerrecht: Wer die Tricks kennt, muss sich nicht quälen (lassen).

Ich sehe hier einen gewissen Reformstau.
Die Reform geht m.E. eher in Richtung Hyperinflation: Jetzt sind sogar nicht einmal mehr Beichte und Teilnahme an der Eucharistie Bedingung, sondern es reicht aus, wenn man für ein paar Stündchen seine dafür auch bezahlte Berufstätigkeit mal bewusst vorschriftsmäßig ausführt:

"Allen Gläubigen, die 11. Februar an den Gottesdiensten zum Welttag des Kranken in Seoul teilnehmen, sowie allen die anderswo in entsprechende Gottesdienste gehen, gewährt die Kirche einen vollkommenen Ablass zu den üblichen Bedingungen (Beichte, Teilnahme an der Eucharistie, Gebet in Meinung des Heiligen Vaters).
Für Krankenhausmitarbeiter, Ärzte, Pfleger oder ehrenamtliche Helfer gelte der Ablass auch, wenn sie an diesem Tag mehrere Stunden ihres Dienstes in christlicher Gesinnung leisteten."

Ich sagte ja schon: Bevor der Papst für die angestrebte Ökumene mit den anderen Kirchen seine Unfehlbarkeit und Schlüsselgewalt endgültig an den Nagel hängt, erlässt er noch einen Generalablass für jedermann und alle Zeiten, und damit hätte sich der kirchentrennende Streit um das Fegefeuer gleich miterledigt, weil davon alle befreit sind, ganz unabhängig davon, ob es das überhaupt gibt oder nicht. :jump:
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Leguan
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Re: Hyperinflation

Beitrag von Leguan »

Walter hat geschrieben: Die Reform geht m.E. eher in Richtung Hyperinflation: Jetzt sind sogar nicht einmal mehr Beichte und Teilnahme an der Eucharistie Bedingung, sondern es reicht aus, wenn man für ein paar Stündchen seine dafür auch bezahlte Berufstätigkeit mal bewusst vorschriftsmäßig ausführt:
Das ist natürlich Unfug. Die üblichen Bedingungen gelten selbstverständlich auch für die genannte Personengruppe.

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Walter
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Re: Hyperinflation

Beitrag von Walter »

Leguan hat geschrieben:Das ist natürlich Unfug. Die üblichen Bedingungen gelten selbstverständlich auch für die genannte Personengruppe.
Da irrst Du, lieber Leguan. :ja: Sonst wäre nämlich die ganze Meldung Unfug:
"Allen Gläubigen, die 11. Februar an den Gottesdiensten zum Welttag des Kranken in Seoul teilnehmen, sowie allen die anderswo in entsprechende Gottesdienste gehen, gewährt die Kirche einen vollkommenen Ablass zu den üblichen Bedingungen (Beichte, Teilnahme an der Eucharistie, Gebet in Meinung des Heiligen Vaters).
Für Krankenhausmitarbeiter, Ärzte, Pfleger oder ehrenamtliche Helfer gelte der Ablass auch, wenn sie an diesem Tag mehrere Stunden ihres Dienstes in christlicher Gesinnung leisteten.
Der explizite Ausführung des letzten Satzes lässt nur zwei Deutungen zu:
  1. "Wenn sie ihres Dienstes in christlicher Gesinnung leisten", dann sind die genannten Personen normalerweise vom Ablass ausgeschlossen, auch wenn sie die vorgenannten Bedingungen erfüllen. :/ (Das halte ich für unwahrscheinlich.)
  2. "Wenn sie ihres Dienstes in christlicher Gesinnung leisten", dann gilt für die genannte Personengruppe der Ablass, auch wenn sie die vorher genannten Bedingungen nicht erfüllen. ;D
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

3. auch, wenn sie nicht an einem Gottesdienst zum Weltkrankentag teilnehmen (können).

Christifideles vero qui, vel in publicis nosocomiis vel in privata aliqua domo, ut «boni Samaritani» aegrotantium misericordi sollicitudine curam agunt, illorum praesertim qui incurabiles seu in propinqua morte sunt, et huiusmodi muneris explendi causa supradicto sacro ritui interesse nequeunt, eiusdem tamen plenariae Indulgentiae donum consequentur, si illud caritatis servitium, veluti ipsi Christo Domino persolutum (cf. Mt 25, 40), generose saltem per aliquot horas dicta die expleverint, eadem animi dispositione habita et proposito concepto quam primum perficiendi condiciones ad plenariam obtinendam Indulgentiam requisitas.
Vollständiger Text
Mein Latein ist zwar sehr rostig, aber dafür langts noch einigermaßen.

sofaklecks
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Ablass

Beitrag von sofaklecks »

Vielleicht sind es die Juristen, die der Kirche am meisten geschadet haben.

Nehmen wir die Definition des Ablasses als den Erlass zeitlicher Sündenstrafen.

Zeitlicher Sündenstrafen. Zeitlicher! Gibt es im Jenseits eine Zeit? Ich lese hier immer wieder, dass die Kategorie der Zeit für Gott nicht existiere. Gibt es dann zwei Jenseits, eines mit, eines ohne Zeit? Und wenn es Zeit gibt, dann ist sie relativ, wie wir wissen. Unsere Tage werden durch die Erdumdrehung bestimmt. Dreht sich das Fegefeuer auch?

Mir scheint, dass hier ein Jurist seine Begrifflichkeit kurzerhand auf das Jenseits übertragen hat: Schwere Verbrechen ergaben hier etwas endgültiges, nämlich die Todesstrafe und dort ebenfalls, nämlich die irreparable ewige Verdammnis. Leichtere ergaben (Fein abgestufte) zeitliche Strafen hier wie dort. Sauberes System, leicht zu handhaben und juristisch ungemein einsichtig.

Wenn ich nach dem Ablass gefragt werde, weise ich auf die inneren Verwundungen hin, die man sich selbst durch die Sünde beibringt und die heilen müssen. Ablass, sage ich, sind die Mittel für die erfolgreiche Rekonvaleszens der Seele. Die Kirche kann feststellen, dass bestimmte Handlungen, etwa die Pilgerfahrt nach Santiago eine solche Wirkung haben. Und das bezeichnet für mich das Wort Ablass.

Ob man diese Heilmittel ins Jenseits transferieren, einen Ablass "erwirken" kann? Als Jurist tät ich sagen, nein. In Ostberlin hab ich das mal festgestellt, wie ungerecht das war, dass einige Westgeld hatten, andere nicht. Ich bitte um Nachsicht für den Vergleich.

sofaklecks

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Interessant, dass du so einen Gegensatz zwischen Gott und der Juristerei herstellst. :D

Immerhin ist die Juristerei doch menschengemacht. Wer sagt denn, dass die Menschen damit nicht unbewusst ein System übertragen haben, dass in den Grundzügen gottgemacht ist? Anderenfalls wäre es wohl aus infernalischen Quellen und auch wenn manche wohl dieser Meinung sein mögen, ich bin ich es nicht. Auch wenn es wie überall Fehlentwicklungen gibt.

Im übrigen ist das Fegefeuer eben noch nicht das ewige Leben, wieso soll es da also keine Zeit mehr geben?

Was du unter Ablass beschreibst klingt für mich mehr nach der allgemeinen Wirkung der Sünde, die durch die Beichte zu "heilen" ist.
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