Ganztodtheorie

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
Bruder Donald

Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Ich bin geradezu schockiert, dass es seit dem 20. Jh. tatsächlich in der protestantischen Theologie eine verbreitete Annahme ist, dass der Mensch gänzlich stirbt, also sowohl körperlich als auch seelisch, und nur auf eine ganzheitliche Auferweckung am Ende aller Tage hoffen kann.
Natürlich gibt es katholische Theologen, die das auch noch schlüssig finden, vgl. R. Heinzmann, Anima unica forma corporis, S. 236 f.
Wenn ich Heinzmanns Artikel auch richtig verstanden habe, kann man auch Thomas v. Aquins Seelenlehre als Gewährsmann für die Ganztodtheorie nehmen.

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 14:44
Wenn ich Heinzmanns Artikel auch richtig verstanden habe, kann man auch Thomas v. Aquins Seelenlehre als Gewährsmann für die Ganztodtheorie nehmen.
Du hast seinen Artikel nicht richtig verstanden. Er redet ja recht ausführlich - mit Aquin - über das Fortbestehen der Seele nach dem Tod. Es geht ihm vielmehr darum - wiederum mit Aquin - festzustellen, daß der Zustand einer vom Körper getrennten Seele nicht der Natur des Menschen entspricht, und somit kein Endzustand im Jenseits sein kann. Die Wiederauferstehung ist somit notwendig um dem Menschen in seinem Menschsein gerecht zu werden. Andere Konzepte der Seele, sagen wir mal "platonische" dazu (ohne mich jetzt festlegen zu wollen was Platon nun wirklich gesagt hat, da müßte ich mich erstmal schlau machen), sehen Seele und Körper mehr wie Reiter und Pferd (Augustinus? ich glaube daher habe ich die Analogie, nicht sicher). Der Reiter kann aber problemlos ohne das Pferd leben, und wenn er angekommen ist wo er hinwollte (das Pferd hat seine Schuldigkeit getan), dann wird er absteigen um sich halt menschlichen Tätigkeiten zu widmen. Die Trennung kann hier nachgerade Vorteile haben, man will ja nicht mit einem Pferd durchs Haus reiten.

In der Ganztodtheorie ist (nehme ich dem Namen nach mal an) der Mensch ganz tot, Körper und Seele. Das ist quasi das andere Extrem. Die Ansichten von Aquin liegt zwischen den Extremen. Nein, der Mensch ist nicht ganz tot, denn seine Seele lebt weiter, aber nein, entkörperlicht, nur als Seele, ist er auch nicht ganz am Leben, denn ohne Körper ist der Mensch nicht richtig Mensch. Gott läßt die Menschen nicht aus Nostalgie wiederauferstehen, sondern um sie eben als Menschen ganz leben zu lassen.

philipp

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von philipp »

Ich habe schon oft davon gehört, dass gesagt wird, dass die Seele schläft bis zum letzten Gericht, wo sie dann wieder aufgeweckt wird. Aber dass die Seele ganz Tod sein soll ist mir noch nie untergekommen. Hättest du ein Zitat für mich Bruder Donald :) ?

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holzi
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von holzi »

philipp hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 20:24
Ich habe schon oft davon gehört, dass gesagt wird, dass die Seele schläft bis zum letzten Gericht, wo sie dann wieder aufgeweckt wird.
Ja, so wird das u.a. bei den Pfingstlern geglaubt. Daraus wird dann auch die Kritik am katholischen Gebet für die Verstorbenen abgeleitet.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 20:24
Hättest du ein Zitat für mich Bruder Donald?
Zitat zum Ganztod?

philipp

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von philipp »

ja... war aber dumm formuliert. vielmehr hätte ich einen nachweis gewünscht, dass diese theorie verbreitet ist. aber den kann man schwer liefern, denke ich. jedenfalls spannend, weil ich hatte davon in der form noch nie gehört!

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

philipp hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 22:05
vielmehr hätte ich einen nachweis gewünscht, dass diese theorie verbreitet ist. aber den kann man schwer liefern, denke ich.
Tja, definiere "verbreitet". Bis vor kurzem habe ich davon noch nie gehört, außer, dass die Juden an ähnliches(?) glauben bzw. geglaubt haben.
In Wikipedia steht jedenfalls:
Die Ganztodtheorie wird unter anderem von den Theologen Paul Althaus, Karl Barth, Oscar Cullmann, Carl Stange und Werner Elert sowie von dem Prozessphilosophen Charles Hartshorne vertreten.[1] Darüber hinaus findet sie sich bei einigen Religionsgemeinschaften wie den Gemeinden Christi, den Siebenten-Tags-Adventisten, der Bibelforscherbewegung einschließlich der Zeugen Jehovas und den Christadelphians.
Ergänzend dazu auf bibelwissenschaft.de:
Anknüpfend hieran versuchten evangelische Theologen im 20. Jahrhundert, die einen scharfen Gegensatz zwischen biblischer Auferstehungshoffnung und dem platonischen Modell einer Seelenunsterblichkeit sahen, allein ersterer zu entsprechen. Ihren auch als Ganztod-Lehre bezeichneten theologischen Formulierungen zufolge stirbt der Mensch als Ganzer im Tod, wird von Gott in Erinnerung gehalten und am Jüngsten Tag neu erschaffen bzw. auferweckt.[...]Heute rehabilitieren etliche evangelische Theologinnen und Theologen den Begriff Seele.
Ich hatte gestern noch auf einer evangelischen Webseite gelesen, dass die Ganztodtheorie zwar durchaus vorkommt, aber "nicht offizielle Lehre" ist. Ich finde aber leider diese Quelle nicht mehr wieder. :tuete:

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 16:45
ndere Konzepte der Seele, sagen wir mal "platonische" dazu
"Platonisch" meint in diesem Sinne wohl, dass die Seele:
1. eine eigenständige und unabhängige Substanz ist (und den Körper ja an sich gar nicht wirklich braucht; Substanzdualismus)
2. unsterblich ist
3. quasi das "Wesentliche" des Menschen darstellt, seine Persönlichkeit/Individualität (die Seele allein ist im Grunde der Mensch).

Also ja, dein Reiter-Beispiel trifft es gut. Das führt aber dann zum Punkt, dass die Auferstehung des Leibes im Grunde sinnlos bzw. nicht wichtig ist.
Heinzmann, S. 237 hat geschrieben:Auferstehung, reduziert auf die Auferstehung des Körpers, sei durch die Annahme der Unsterblichkeit einer letztlich mit dem Menschen identischen Seele zu einem an sich überflüssigen, rein dogmatischen Postulat geworden.
Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 16:45
Die Ansichten von Aquin liegt zwischen den Extremen. Nein, der Mensch ist nicht ganz tot, denn seine Seele lebt weiter, aber nein, entkörperlicht, nur als Seele, ist er auch nicht ganz am Leben, denn ohne Körper ist der Mensch nicht richtig Mensch.
Ist das jetzt Thomas' Position oder nur Heinzmanns Interpretation?
Heinzmann, S.256 hat geschrieben:Die forma wird nicht vernichtet, aber sie fällt gewissermaßen zurück ins Prinzipsein, da das von dem Prinzip anima Konstituierte, der Mensch, nicht mehr ist. Es fehlt diesem Prinzip unter dem Gesichtspunkt des forma-Seins die Aktualität, weil ja der Leib die Aktualität der Seele ist. In der Auferstehung der Toten als der erneuten Aktualisierung der anima qua forma, wird die anima vom Prinzipsein wieder zu menschlicher Wirklichkeit erweckt.
Gut, der Mensch ist an sich nicht gänzlich Tod, aber er existiert auch nicht mehr. Lediglich sein "konstituierendes Prinzip" wabert durch den Äther?
Heinzmann, S.258 hat geschrieben:Die Unzerstörbarkeit der vom Leib getrennten Seele - verglichen mit dem wirklichen Menschen quasi nihil - ist etwas völlig anderes als die unsterbliche Seele der Platoniker.
"nihil", also "nichts"(?) oder "unbedeutend"(?)
Heinzmann, S.259 hat geschrieben:So gesehen ist es nur konsequent, wenn am Ende dieser Überlegungen mit der Auferstehung der Toten als der einzigen Hoffnung des Menschen, die über die Grenze des Todes hinausreicht, wieder eine theologische Aussage steht.
Stimmt, T.v.A. wird hier nicht als Gewährsmann für den "Ganztod" genommen, aber für die alleinige und "einzige" Hoffnung auf eine Auferstehung der Toten, worauf ebenfalls ja die Ganztodtheorie auch hinzielt. Einen Zwischenzustand gibt es demnach also nicht.
Heinzmann positioniert Thomas von Aquin gegen das Lehramt und die überlieferte katholische Lehre. Das paradoxe ist doch, dass sich die Kirche ja (angeblich) in ihren Lehramtsentscheidungen 1312 und 1513 auf Thomas berufen hat. Hat die Kirche Thomas falsch bzw fälschlich verstanden? Oder bindet uns der Thomas-Experte Richard Heinzmann einen Bären auf?

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Ich hab's wirklich nur ganz kurz überflogen, Du hast das offenbar gründlicher durchgelesen. Bis ich dazu komme, wird es wenigstens Wochenende... Wenn Du genauer sagen könntest, inwiefern Heinzmann selber sagt, daß er sich (oder Thomas) gegen das Lehramt positioniert, könnte ich vielleicht schneller etwas dazu sagen.

Du kannst aber in ST I q. 89 nachlesen, wie Aquinas sich das mit der getrennten Seele so denkt. "Tot" ist die jedenfalls nicht, auch nicht im Koma. Die Seele ist aber in einem recht merkwürdigen Geisteszustand, in dem quasi der Einfluß der Sinne von Gott direkt ersetzt wird. Jedoch nicht wie bei VR oder einer Hallzuination. Das läuft alles eine Eben höher, vielleicht mehr so wie der Zustand wenn wir über ein Problem nachgrübeln und darüber die Welt vergessen. So richtig normal (für einen Menschen) ist das jedenfalls nicht. Es ist mehr wie das Äquivalent einer künstlichen Ernährung, aber im Geiste und durch Gott. Auch wenn man durch künstliche Ernährung prima am Leben erhalten bleibt, vielleicht sich sogar besser ernährt als gewöhnlich, will man eben als Mensch doch zum normalen Essen zurück.

Kurzes Googeln führt mich zu diesem Artikel (Englisch). Ich denke der macht recht deutlich, daß sich da zwei Lager gebildet haben wie man Thomas zu intepretieren hat. Vermutlich ist Heinzmann dann bei den Minimalisten / Korruptierern, wohingegen ich sicher eher zu den Maximalisten / Überlebern tendiere.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 2. Dezember 2020, 04:57
Du hast das offenbar gründlicher durchgelesen.
Ich habe es mir durchgelesen, aber ich erhebe keinen Anspruch, es vollständig verstanden zu haben.
Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 2. Dezember 2020, 04:57
Wenn Du genauer sagen könntest, inwiefern Heinzmann selber sagt, daß er sich (oder Thomas) gegen das Lehramt positioniert, könnte ich vielleicht schneller etwas dazu sagen.
Ich habe Heinzmann ja bereits zitiert: "So gesehen ist es nur konsequent, wenn am Ende dieser Überlegungen mit der Auferstehung der Toten als der einzigen Hoffnung des Menschen, die über die Grenze des Todes hinausreicht, wieder eine theologische Aussage steht."
Das war sein Fazit und in der Einleitung hört man die Sympathie für die Alleinstellung dieser "einzigen Hoffnung" heraus, mit Kritik am kirchlichen Lehramt, vertreten durch J. Kardinal Ratzinger, garniert wird.
Ich verstehe Heinzmanns Fazit so, dass es eben keinen Zwischenzustand (wie es die Kirche lehrt) gibt bzw. geben kann, dazu argumentiert er mit dem hl. Thomas.
Der Zwischenzustand ist aber überlieferte Lehre, vor allem festgelegt mit der Bulle "Benedictus Deus" von 1336 und dem Schreiben "Recentiores episcoporum synodi" von 1979, in dem u. a. steht:
3. Die Kirche hält an der Fortdauer und Subsistenz* eines geistigen Elementes nach dem Tode fest, das mit Bewußtsein und Willen ausgestattet ist, so daß das "Ich des Menschen" weiterbesteht, wobei es freilich in der Zwischenzeit seiner vollen Körperlichkeit entbehrt. Um dieses Element zu bezeichnen, verwendet die Kirche den Ausdruck "Seele", der durch den Gebrauch in der Heiligen Schrift und in der Tradition sich fest eingebürgert hat. [...]
*Subsistenz: das Bestehen durch sich selbst und unabhängig von anderen

Nun, man kann jetzt natürlich sagen, Heinzmann (in Berufung auf T.v.A.) leugne gar nicht einen Zwischenzustand, schließlich subsistiert die Seele fort, nur aber in einem "beschädigten" Zustand bzw. anders, als man sich das gemeinhin denkt. Von einem Fortbestehen des "Ichs des Menschen" im Zwischenzustand lese ich bei Heinzmann nichts und wenn man ihm Glauben schenkt, sah es der hl. Thomas auch so. Wie das T.v.A. nun sah, weiß ich nicht. Ich habe mir jetzt paar seiner Questiones zum Thema "Seele" druchgeguckt, verstehen tue ich es nicht.
Interessant wäre ja auch zu wissen, inwiefern die Bulle 1336 auch an den Argumenten des T.v.A. angelehnt ist.
Jedenfalls, die Marschrichtung Heinzmanns ist ersichtlich. Es geht um das "Primat" der Auferstehung der Toten. Damit stößt er in die gleiche Richtung vor, wie die protestantische Theologie u. a. mit der Ganztodtherie, welche Heinzmann ja einleitend lobend erwähnt (bezogen auf die prot. Theol.).
Spekulation: Möchte Heinzmann katholische Tradition für den Ökumenismus opfern? wäre doch super, man kann mit T.v.A. den Zwischenzustand marginalisieren und schon hat man einen gemeinsamen theologischen Schnittpunkt mit den Protestanten. Die Argumentation ist im Detail etwas anders, am im Grunde läuft es ja aufs Gleiche hinaus.
Würde mich jedenfalls nicht wundern, denn was ich bereits von Heinzmann gelesen / gehört habe geht stark in die modernistische Ecke, und ich meine bei ihm eine starke Abneigung gegen die hellenistischen Einflüsse (speziell die platonischen) im christlichen Denken wahrzunehmen.

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Mittwoch 2. Dezember 2020, 23:28
Ich habe Heinzmann ja bereits zitiert: "So gesehen ist es nur konsequent, wenn am Ende dieser Überlegungen mit der Auferstehung der Toten als der einzigen Hoffnung des Menschen, die über die Grenze des Todes hinausreicht, wieder eine theologische Aussage steht." ... Der Zwischenzustand ist aber überlieferte Lehre, vor allem festgelegt mit der Bulle "Benedictus Deus" von 1336 und dem Schreiben "Recentiores episcoporum synodi" von 1979, in dem u. a. steht:
3. Die Kirche hält an der Fortdauer und Subsistenz* eines geistigen Elementes nach dem Tode fest, das mit Bewußtsein und Willen ausgestattet ist, so daß das "Ich des Menschen" weiterbesteht, wobei es freilich in der Zwischenzeit seiner vollen Körperlichkeit entbehrt. Um dieses Element zu bezeichnen, verwendet die Kirche den Ausdruck "Seele", der durch den Gebrauch in der Heiligen Schrift und in der Tradition sich fest eingebürgert hat. [...]
*Subsistenz: das Bestehen durch sich selbst und unabhängig von anderen
Nun, man kann jetzt natürlich sagen, Heinzmann (in Berufung auf T.v.A.) leugne gar nicht einen Zwischenzustand, schließlich subsistiert die Seele fort, nur aber in einem "beschädigten" Zustand bzw. anders, als man sich das gemeinhin denkt. Von einem Fortbestehen des "Ichs des Menschen" im Zwischenzustand lese ich bei Heinzmann nichts und wenn man ihm Glauben schenkt, sah es der hl. Thomas auch so. Wie das T.v.A. nun sah, weiß ich nicht. Ich habe mir jetzt paar seiner Questiones zum Thema "Seele" druchgeguckt, verstehen tue ich es nicht.
Ich denke Du verschärfst hier ziemlich unnötig bzgl. Heinzmann. Er scheint mir nicht gegen die Bulle aufgestellt zu sein. Die entscheidende Analyse scheint mir dies hier zu sein:
Denn es ist unmöglich, daß das, was naturale et per se ist, nämlich der Mensch, endlich und quasi nihil sei, während das, was contra naturam et per accidens ist, die anima separata, unendlich ist. Wenn also die Toten nicht auferstehen, dann hat die Rede von der Unsterblichkeit der Seele keinen Sinn und dann können wir nur noch auf dieses Leben hoffen.
Soll heißen: Was auch immer man zu dem Zustand der separierten Seele sagen mag, sie ist auf jeden Fall "contra naturam" (von der Natur her sollte eine Seele Form eines Körpers sein, nicht separiert) und "per accidens" (es gibt keinen essentiellen Grund für diese Separierung, sondern dies ist nur dem akzidentalen Umstand geschuldet, daß der Körper eben gestorben ist - wäre der Körper noch am Leben, wäre die Seele noch mit ihm vereint). Aber weil sie nicht-körperlich ist, wird diese Seele nicht zerfallen und in alle Ewigkeit fortbestehen. Sie hat also "unendliche" Dauer. Hingegen ist der Mensch, betrachtet als eine Einheit von Körper und Seele, "naturale" (so wie der Mensch von Natur aus sein sollte) und "per se" (ein Wesen an und für sich, ein komplettes Ding). Aber dieser Mensch aus Körper und Seele zusammen lebt im Diesseits zeitlich begrenzt, so um die hundert Jahre. Er ist also endlich. Und im Vergleich mit der Unendlichkeit der Ewigkeit sind diese hundert Jahre "quasi nihil", so gut wie nichts.

Die Situation wäre dann also, daß das Teilhafte und Akzidentale unendlich währt, aber das Komplette und Essentielle nur einen verschwindenden Augenblick lang. Aber das wäre furchtbar. Zwar ist theoretisch dann der Mensch "unsterblich", aber es wäre nur eine unsterbliche Unvollständigkeit. Als Analogie: wenn Du zu jemandem sagst "Das Auto habe ich schon fast seit zwei Jahrzehnten." dann antwortet der vielleicht "Oh, hat sich also prima bewährt." Wenn Du nun sagst "Aber nein, wenige Sekunden nachdem ich den Motor zum erstenmal angelassen hatte, kam es zu einem Kolbenfresser. Gelegentlich setzte ich mich mal rein wenn es regnet, es hat bequeme Sitze und ist wasserdicht, aber fahren tut es nicht." Ist es dann richtig zu sagen, daß Du das Auto schon ewig hast? In gewissem Sinne schon, es ist ja immer noch ein Auto, es existiert und Du besitzt es. In anderem Sinne hast Du das Auto als Auto, als Fahrzeug, aber nur eine verschwindend kurze Zeit gehabt. Das ist praktisch nicht erwähnenswert, den seit zwanzig Jahren fährst Du mit dem Bus. Und was wäre die Antwort auf diesen Zustand? Nun, man müßte halt den Motor reparieren oder ersetzen.

Die Grund warum Heinzmann hier davon redet, daß der Mensch ohne die Wiederauferstehung keine Hoffnung hat, und es dann letztlich nur um das diesseitige Leben geht, ist hoffentlich via der Analogie klar. Wenn der Motor nie repariert oder ersetzt wird, dann ist das Auto eben nur richtig Auto für die paar Sekunden vom Anlassen bis zum Kolbenfresser. Es mag dann noch ewig rumstehen, aber es fährt halt nicht. Wenn Du aber im vollen Sinne sagen können willst, daß das Dein Auto für alle Zeiten ist, dann mußt Du halt den Motor reparieren oder ersetzen. Nur dann kann das Auto tun wofür es gemacht ist, als Dein Fahrzeug dienen.

Obwohl das jetzt schon an die Grenzen der Analogie geht, kann man vielleicht auch ahnen, warum das Auto mit Motorschaden quasi die Identität dieses Autos bewahrt. Selbst wenn Du den Motor reparierst oder ersetzt, würden wir immer noch sagen, daß das dasselbe Auto ist. Nicht zuletzt bestimmt "das Auto wie es nun mal strukturell ist" ja was Du da tun kannst. Du kannst z.B. weder einen Schiffmotor noch einen Düsenjet einbauen. Du kannst vielleicht den Motor durch einen besseren ersetzen, aber nur in Grenzen. Baust Du etwa einen Formel 1 Motor ein, zerlegt sich der Normalwagen schnell. Wenn Du nun einen neuen Motor einbaust der passt, dann ist das "mein Auto mit neuem Motor" nicht ein anderes Auto. Gleichfalls trägt die separarierte Seele quasi die Identität, gerade weil sie eben auch einen Körper formen will in der ihr passenden Weise. Wäre sie rein geistig ausgerichtet, dann würde mit Deinem Körper Deine Identität sterben. Aber weil sie bzgl. des Körpers quasi eine bestimmte Form will, und in der Wiederauferstehung dann auch kriegt, bist und bleibst Du es selber, nur mit einem neuen Körper.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Donnerstag 3. Dezember 2020, 02:02
Die entscheidende Analyse scheint mir dies hier zu sein:
Heinzmann, S. 258 hat geschrieben:Denn es ist unmöglich, daß das, was naturale et per se ist, nämlich der Mensch, endlich und quasi nihil sei, während das, was contra naturam et per accidens ist, die anima separata, unendlich ist. Wenn also die Toten nicht auferstehen, dann hat die Rede von der Unsterblichkeit der Seele keinen Sinn und dann können wir nur noch auf dieses Leben hoffen.
So wie es sehe, fasst Heinzmann hier Thomas' Argumentation gegen eine Leugnung der Auferstehung der Toten zusammen. Ein Satz vor der dir zitierten Stelle steht:
Heinzmann, S. 257 f. hat geschrieben:Wenn die Auferstehung geleugnet wird, so führt dort Thomas aus, dann ist es schwer, an der Unsterblichkeit der Seele festzuhalten, weil sie nur von der Auferstehung der Toten her überhaupt ihren Sinn erhält.
Nur, wer leugnet denn die Auferstehung? Jedenfalls weder das offizielle Lehramt noch eine "platonische" Theologie. Wie gesagt, Heinzmanns Argumentation geht, mMn, in die Richtung, ein Primat der Auferstehung einzuräumen, die es offenbar seiner Meinung nach nicht hat, besonders in Hinblick einer "platonischen" Theologie. Er sagt ja eingangs ja selber, dass wenn die Seele im Zwischenzustand bereits einen "vollkommenen" Zustand erreicht hat, dann brauchts ja im Grunde keine zusätzliche Auferstehung des Körpers. Und da hat er natürlich auch recht, das ist die Gefahr eines "platonischen" Seelenverständnisses.

Jedenfalls, das Schreiben von 1979 sagt ja:
1. Die Kirche glaubt an die Auferstehung der Toten [...]
2. Die Kirche versteht diese Auferstehung so, daß sie den ganzen Menschen betrifft;[...]
3. Die Kirche hält an der Fortdauer und Subsistenz eines geistigen Elementes nach dem Tode fest, das mit Bewußtsein und Willen ausgestattet ist, so daß das "Ich des Menschen" weiterbesteht, wobei es freilich in der Zwischenzeit seiner vollen Körperlichkeit entbehrt.[...]
Heinzmann behauptet aber im Grunde, dass das mit dem Denken des T.v.A. weniger zusammengeht:
Heinzmann, S. 256 hat geschrieben:Die einzelnen Aussagen, die Thomas über diesen in jeder Hinsicht defizienten Zustand macht, sind teilweise nur schwer miteinander in Einklang zu bringen. Wie soll man es verstehen, wenn er der anima separata das Personsein ebenso abspricht wie das Menschsein und das Ich-Bewußtsein und doch von ihr sagt, sie sei der visio beatifica teilhaftig?
Den drauf folgenden Satz verstehe ich nun so, dass selbst die Heiligen gar nicht im Jenseits existent bzw. bei Bewusstsein sind:
Heinzmann, S. 256 hat geschrieben:Konkret besagt das, und so steht es bei Thomas, daß man etwa zu Petrus nur beten kann mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung.[82]*
*Die Fußnoten muss ich mir noch genauer angucken

Führt das aber nicht unsere katholische Tradition, z. B. für die Verstorbenen zu beten oder einen Ablass für sie zu erwirken ad absurdum? Was sind denn nun die Auswirkungen Heinzmanns Argumentation auf den gelebten Glauben? Schließlich steht auch im Schreiben:
4. Die Kirche lehnt alle Denk- und Sprechweisen ab, durch die ihre Gebete, die Beerdigungsriten und der Totenkult ihren Sinn verlören und unverständlich würden: denn all das stellt in seiner Substanz einen locus theologicus dar.
Heinzmanns Denkweise würde ich nämlich genau da einordnen. Da er aber mit Thomas argumentiert, ist auch Thomas' Denkweise abzulehnen?

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Freitag 4. Dezember 2020, 00:52
Den drauf folgenden Satz verstehe ich nun so, dass selbst die Heiligen gar nicht im Jenseits existent bzw. bei Bewusstsein sind:
Heinzmann, S. 256 hat geschrieben:Konkret besagt das, und so steht es bei Thomas, daß man etwa zu Petrus nur beten kann mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung.[82]*
*Die Fußnoten muss ich mir noch genauer angucken

Führt das aber nicht unsere katholische Tradition, z. B. für die Verstorbenen zu beten oder einen Ablass für sie zu erwirken ad absurdum? Was sind denn nun die Auswirkungen Heinzmanns Argumentation auf den gelebten Glauben?
Die Fußnote enthält einen Verweis auf
ST IIa IIae q. 83 a. 11 arg. 5 (ad 5)
Die Heiligen im Himmel beten für uns.
...
V. Die Seele des Petrus ist nicht Petrus. Also müßten wir im jetzigen Zustande der vom Leibe getrennten Seelen nicht den heiligen Petrus anrufen, sondern die Seele des heiligen Petrus; was die Kirche nicht thut. Also beten, zumal vor der Auferstehung, die Heiligen nicht für uns.
...
V. Weil die Heiligen es hier auf Erden verdienten, daß sie für uns bitten, deshalb nennen wir sie mit jenen Namen, mit denen man sie hier nannte; so sind sie uns vertrauter und bekannter; und ebenso auf Grund Glaubens an die Auferstehung, nach Exod. 3.: „Ich bin der Gott Abrahams etc.“
Analyse: Es geht also darum ob die Heiligen im Himmel für uns beten. Nr. 5 liefert ein Gegenargument, woraus wir implizit schließen können, welches Argument dafür zu Fall gebracht werden soll. Das vorausgesetzte Argument dafür ist, daß die Kirche sowohl offiziell und in der Liturgie als auch allgemein durch die Gläubigen die Heiligen im Himmel um ihre Gebete bittet. Dadurch wird die These (die Heiligen im Himmel beten für us) durch die Praxis der rechten Autorität (der Kirche) bestätigt, und die Diskussion scheint beendet.

Das Gegenargument attackiert dies, und zwar indem es Thomas eigene Thesen gegen ihn wendet. Nicht so schnell, sagt das Gegenargument: du, Thomas, sagst ja daß die separierte Seele des Petrus nicht der Petrus selber ist. Die Kirche aber ruf nun mal Petrus an, nicht die "separierte Seele des Petrus". Ob sie damit überhaupt etwas vernünftiges tut sei dahin gestellt, aber auf jeden Fall geht es dabei nicht um Petrus in seinem jetzigen Zustand als separierte Seele. Nach der Auferstehung mag eine solche Anrufung des Petrus dann auch den Petrus wie er tatsächlich als Mensch ist meinen, aber nicht jetzt. Also kann man sich nicht auf die Praxis der Kirche berufen um zu behaupten, daß die Heiligen im Himmel für uns beten.

Die Antwort des Thomas bezieht sich nun spezifisch auf diese Gegenargument, explizit spricht er nur dazu. Er sagt im wesentlichen, daß dieses Gegenargument Bananenbiegerei ist. Wir rufen die separierte Seele des Petrus als Petrus an, schlicht weil Petrus sich seine Heiligkeit als Mensch auf Erden verdient hat (pace Diskussion der Gnade der Erlösung, andere Baustelle), und wir ihn eben daher kennen. Das ist schlicht ein natürlicher Sprachgebrauch, es ist keine theologische Analyse. Und Thomas weißt darauf hin, daß Gott selber so redet (Exodus 6,3), und daß der Sprachgebrauch auch theologisch Sinn macht im Rahmen des Glaubens an die Auferstehung. Will sagen, würde Petrus nun für immer eine separierte Seele bleiben, müßte man das vielleicht auch sprachlich reflektieren. Aber nicht nur kennen wir Petrus als kompletten Mensch aus seiner irdischen Vergangenheit, sondern wir werden ihn auch im Himmel in Ewigkeit so sehen, und es macht keinen Sinn nun für die endliche Zeit zwischen seinem irdischen Tod und der Auferstehung seines Leibes eine besondere Sprachregelung zu finden.

Das war es auch schon. Es geht hier garnicht wirklich um den Zustand der Heiligen, sondern darum eine spitzfindiges Argument abzuwehren, daß sich diesen Zustand zu Nutze machen will um das Gewicht der Praxis der Kirche in Frage zu stellen. Und Thomas Antwort ist eine pragmatische Analyse unserer Sprache, keine theologische Analyse des Zustands selber. Allenfalls kann man hier implizite Folgerung bzgl. des Zustands anstellen. So greift Thomas z.B. nicht die Unterscheidung zwischen Petrus als kompletten Menschen und Petrus als separierte Seele an, die das Gegenargument macht - er sagt also etwa nicht, daß diese essentiell gleich sind. Man kann also folgern, daß er dieser Unterscheidung zustimmt, oder sie zumindestens als möglich duldet. Aber das wissen wir ja eh schon, Thomas macht solche Unterscheidungen explizit anderswo. Insofern ergibt sich hier wenig neues.

Um jetzt zu Heinzmanns Satz "Konkret besagt das, und so steht es bei Thomas, daß man etwa zu Petrus nur beten kann mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung." zurückzukehren: Dieser Satz ist richtig vom Inhalt her, aber führt vom Ausdruck her in die Irre. Es ist richtig, daß man zu Petrus (dem kompletten Menschen) nur beten kann mit Blick auf sein irdischen Leben oder die Auferstehung (Glaube an, übrigens, nicht Hoffnung auf). Denn nur dort ist Petrus als kompletter Mensch zu finden, derzeit im Himmel ist er eine separierte Seele. Aber der Satz führt in die Irre, weil er das problematisiert, wohingegen Thomas im Gegenteil mit seiner Rede entproblematisiert. Thomas sagt, daß es sprachlich in Ordnung ist die separierte Seele normal menschlich als Petrus anzureden, ohne groß Gedanken auf Petrus Zustand als separierte Seele zu verschwenden, wohingegen Heinzmann den Eindruck erweckt, daß der Betende quasi nur zu Petrus beten darf falls er gleichzeitig explizit an entweder an Petrus Leben auf Erden oder nach der Auferstehung denkt. Heinzmann ist vom Sachinhalt bei Thomas, in der Bewertung und bzgl. praktischer Konsequenzen aber nicht.

Weder Heinzmann noch Thomas würden die katholische Praxis die Heiligen um Gebete anzurufen in Frage stellen. Aber Thomas ist wesentlich pragmatischer als Heinzmann, er sagt daß die von ihm gemachten Unterscheidungen bzgl. der separierten Seele für diese Praxis keine echte Rolle spielen.

Du wiederum redest etwas an beiden vorbei, indem Du nicht über unsere Anrufung der Heiligen - mit der Bitte, daß sie für uns beten - redest, sondern vielmehr über unser Gebet für die Noch-nicht-Heiligen im Fegefeuer. Ich denke weder Heinzmann noch Thomas würden dies ablehen, und warum auch? (In der Tat, genau in dieser Frage & Artikel, aber unter Argument III, findest Du einen Kommentar der implizit offensichtlich macht, daß Thomas an die normale kirchliche Praxis in dieser Sache glaubt.)

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Freitag 4. Dezember 2020, 11:40
Weder Heinzmann noch Thomas würden die katholische Praxis die Heiligen um Gebete anzurufen in Frage stellen.
Bei Thomas setze ich das voraus, bei Heinzmann bin ich mir nicht sicher.
Trisagion hat geschrieben:
Freitag 4. Dezember 2020, 11:40
Um jetzt zu Heinzmanns Satz "Konkret besagt das, und so steht es bei Thomas, daß man etwa zu Petrus nur beten kann mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung." zurückzukehren: [...] wohingegen Heinzmann den Eindruck erweckt, daß der Betende quasi nur zu Petrus beten darf falls er gleichzeitig explizit an entweder an Petrus Leben auf Erden oder nach der Auferstehung denkt.
Also kann man sagen, dass Heinzmann es im Grunde schon in einem ontologischen Sinn meint. Oder wie du sagst, kann man das so zumindest interpretieren. Interpretiert man da "zu viel" hinein, kommt man ja eben zum Anzweifeln der kirchlichen Praxis, denn wie bitte soll man denn zu einem Heiligen "mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung" beten? :hae?: Warum soll man zu den Heiligen beten, wenn sie in einer Art Zombie-Zustand sind?
Im Grunde geht es um die Frage des Seelen-Vermögens im Zwischenzustand. Dazu lässt die Kirche einen gewissen Spielraum. Eine "platonische" Denkweise gesteht ein größeres Vermögen ein, was dann zu einer Marginalisierung der Auferstehung des Leibes führt/führen kann und eine "aristotelische" Denkweise geht eher in eine Reduzierung des Vermögens ein, was aber eben die Auferstehung des Menschen als Ganzes größer wertet.

Eine gute Zusammenfassung der, mMn thomistischen Ansicht, führt Ludwig Neidhart aus:
[...]Man sollte aber im Einklang mit der Bibel besser von natürlichem Weiterexistieren [der Seele] als von natürlicher Unsterblichkeit sprechen, weil das Weiterexistieren, das die Seele natürlicherweise erwartet, kein Leben im eigentlichen Sinne mehr ist. „Leben“ ist die Fähigkeit zu Lebensäußerungen. Als natürliche Lebensäußerungen einer leibfreien Seele kommt aber nur geistiges Erkennen und Wollen in Frage. Die abgeschiedene Seele hat keine äußeren Sinne mehr und kann daher – außer durch göttliche Offenbarung - nicht mehr erkennen, was in der Außenwelt vor sich geht. Ihr einziger natürlicher Erkenntnisinhalt kann das Bewusstsein ihrer Existenz und ihr vergangenes Leben sein. Wenn daher Gott die Seele nicht übernatürlicherweise Neues schauen lässt, ist ihre natürliche Weiterexistenz nur ein Schattendasein, das eigentlich in keiner Weise mehr die Bezeichnung „Leben“ verdient. So gesehen könnte man auch von einer natürlichen Sterblichkeit der Seele sprechen, denn würde die Seele nach dem Tode in ihrem natürlichen Zustand verbleiben,wäre dies eher ein grauenhafter „ewiger Tod“ als ein ewiges Leben. „Unsterblichkeit“ und „ewiges Leben“ im eigentlichen Sinn ist nur gegeben,wenn die Weiterexistenz der Seele zu einem Leben führt, das diesen Namen verdient, d.h. wenn die Seele im lebendigen Austausch von Liebe mit ihrem Schöpfer und anderen Geschöpfen verbunden bleibt. Diese positive Art der „Unsterblichkeit“ ist mit dem „ewigen Leben“ gemeint,von dem die Bibel als Lohn für die Gerechten spricht;[...]
Interessant ist auch, dass im Schreiben "Einige aktuelle Fragen der Eschatologie" der Internationalen Theologischen Kommission eben Thomas' Perspektive erwähnt und interpretiert:
5.4. Die Kirche nimmt in Treue die Worte des Herrn in Mt 10,28 an und „behauptet die Fortdauer und das Fortbestehen eines geistigen Elementes nach dem Tod, das mit Bewusstsein und Wille begabt ist, so dass das ‚menschliche Ich‘ selbst, in der Zwischenzeit jedoch ohne die Ergänzung seines Leibes, fortbesteht“[58]. Diese Aussage gründet in der charakte­ri­stischen Dualität der christlichen Anthropologie.

Dennoch werden dieser Aussage manchmal einige Worte des hl. Thomas entgegengehalten, der behauptet: „Meine Seele ist nicht das ‚Ich‘“.[59] Der Kontext dieser Aussage ist jedoch bestimmt durch die unmittelbar vorausgehenden Worte, in denen betont wird, dass die Seele ein Teil des Menschen ist. Diese Lehre durchzieht die ganze Summa theologiae des hl. Thomas; wenn eingewandt wird: „Die getrennte Seele ist Einzelsubstanz einer vernunftbegabten Natur, doch sie ist nicht Person“, so antwortet er: „Die Seele ist ein Teil des Menschen; mag sie deshalb auch getrennt [vom Leib] sein, so behält sie doch ihrer Natur nach die Fähigkeit zur Vereinigung [mit dem Leib] und kann deshalb nicht Einzelsubstanz genannt werden, d.h. Hypostase oder erste Substanz, eben so wenig wie die Hand oder irgendein anderer Teil des Menschen. Und so kommt ihr weder die Definition noch der Name der Person zu“.[60] In diesem Sinne, d.h. insofern die mensch­liche Seele nicht der ganze Mensch ist, kann gesagt werden, dass sie nicht das „Ich“ ist. Mehr noch, man muss dies festhalten, damit die traditionelle Linie der christlichen Anthropologie bestehen bleibt. Daher leitet der hl. Thomas daraus ab, dass es in der getrennten Seele ein Verlangen nach dem Leib beziehungsweise nach der Auferstehung gibt[61]. Diese Position des heiligen Thomas bekundet den traditionellen Sinn der christlichen Anthropologie, wie ihn schon der hl. Augustinus zum Ausdruck gebracht hat[62].

In einem anderen Sinne kann und muss jedoch gesagt werden, dass in der getrennten Seele „dasselbe menschliche ‚Ich‘“ fortbesteht[63]. Insofern sie das bewusste und fortbestehende Element des Menschen ist, können wir dank der Seele eine wahre Kontinuität zwischen dem Menschen, der auf Erden gelebt hat, und dem Menschen, der auferstehen wird, festhalten. Ohne eine solche Kontinuität eines fortbestehenden menschlichen Elementes wären der Mensch, der auf Erden gelebt hat, und derjenige, der auferstehen wird, nicht dasselbe „Ich“. Daher bleiben nach dem Tod die Akte des Verstehens und des Willens bestehen, die auf Erden vollzogen wurden. Die Seele, auch insofern sie getrennt ist, verwirklicht personale Akte des Verstehens und des Willens. Außerdem ist der Fortbestand der getrennten Seele einleuchtend aufgrund der Praxis der Kirche, die Gebete an die Seelen der Seligen richtet.

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 01:33
Interpretiert man da "zu viel" hinein, kommt man ja eben zum Anzweifeln der kirchlichen Praxis, denn wie bitte soll man denn zu einem Heiligen "mit dem Blick auf sein irdisches Leben oder in der Hoffnung auf die Auferstehung" beten? :hae?: Warum soll man zu den Heiligen beten, wenn sie in einer Art Zombie-Zustand sind?
Also, Zombie-Zustand ist ein bißchen zuweit gegangen. Ich würde eher sagen, die Seele ist in einem "grüblerischen" Zustand. Wir kennen ja durchaus das Zurückziehen des Geistes von Körper und Welt, und die Konzentration auf innere, geistige Zustände. Hinzu kommt quasi ein göttliches "Unterhaltungsprogramm", wenn ich das mal so flapsig ausdrücken darf. Die Seele ist eben nicht komplett auf sich selbst zurückgeworfen, sondern erhält neue Informationen von Gott. Und bzgl. des Beten zu den Heiligen muß man ja auch sagen, daß diese Kommunikation sowieso nur durch Gott quasi als Kommunikationsmedium funktionieren kann. Die Heiligen im Himmel haben ja nicht aus eigener natürlicher Kraft plötzlich Zugriff auf alle möglichen Lautäußerungen und Gedanken weltweit. Ein Teil dessen was Gott der Seele mitteilt ist gerade was so auf Erden los ist, und spezifisch, wer gerade zu einem was betet.

Ich würde an dieser Stelle auch mal fragen, wie Du Dir denn das Beten zu den Heiligen im Himmel überhaupt vorstellst? Selbst wenn die Heiligen schon ihren Köper hätten, würde es ja wohl kaum so ausschauen, daß da eine Art Sekretärin die Gebete vorliest (also körperlich-sprachlich ins Ohr legt). Das ginge vielleicht gerade noch so bei einem 08/15-Heiligen. Aber stell Dir mal das schiere Volumen bei einem populären Heiligen vor, oder gar bei der Mutter Gottes. Und anschließend, wie wird der Heilige das dann an Gott mitteilen? Ein Formular mit dreifacher Ausfertigung? Wohl kaum... Das alles macht sowieso nur Sinn als eine quasi telepathische Unterhaltung mit Gott, wo die reinkommenden Gebete (vermutlich komprimiert und sortiert) von Gott in den Geist des Menschen projeziert werden, und die Fürbitten dann von Gott aus dem Geist abgelesen werden. Aber wenn da sowieso praktisch keine körperliche Komponente im Spiel sein wird, scheint auch nichts dagegen zu sprechen, daß separierte Seelen das tun.

Das ist rein spekulativ, aber ich kann mir vorstellen, daß hier eine Parallele zu den Seelen im Fegefeuer besteht. Die profitieren in einem direkten Sinn von unseren Fürbitten für sie. Aber wenn wir zu den Heiligen im Himmel beten, dann haben vielleicht auch die etwas davon, obwohl sie ja uns etwas Gutes tun. Ich kann mir durchaus vorstellen, daß für sie die Verbindung zu anderen Menschen und zu der Erde und ihrer weltlichen Entwicklung, die durch die Gebete zu ihnen dringt, eine besondere Freude ist. Und vielleicht ist es gerade eines der Privilegien großer Heiligkeit im Himmel, daß ein großer Heiliger während der Zeit als separierte Seele einen besonders großen Strom dieser menschlichen Kommunikation erhält.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 10:13
Und bzgl. des Beten zu den Heiligen muß man ja auch sagen, daß diese Kommunikation sowieso nur durch Gott quasi als Kommunikationsmedium funktionieren kann. Die Heiligen im Himmel haben ja nicht aus eigener natürlicher Kraft plötzlich Zugriff auf alle möglichen Lautäußerungen und Gedanken weltweit. Ein Teil dessen was Gott der Seele mitteilt ist gerade was so auf Erden los ist, und spezifisch, wer gerade zu einem was betet.
So gesehen hat das natürlich seine Logik, aber warum sollen wir denn zu den Heiligen beten bzw. diese Aufrufen, wenn sie ja diese Information(en) sowieso von Gott erhalten? :tuete:
Irgendwie macht es die "Kommunikationskette", so wie sie mir vllt zu infantil vorstelle, doch obsolet?

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 13:41
So gesehen hat das natürlich seine Logik, aber warum sollen wir denn zu den Heiligen beten bzw. diese Aufrufen, wenn sie ja diese Information(en) sowieso von Gott erhalten? :tuete:
Irgendwie macht es die "Kommunikationskette", so wie sie mir vllt zu infantil vorstelle, doch obsolet?
Ähem. Wieso betest Du nicht gleich zu Gott selber? Wenn Du eine sinnvolle Antwort auf diese Frage hast, dann sehe ich nicht, wieso Gott als "Kommunikationsmedium" (statt Schallwellen in der Luft) hier einen Unterschied macht. Gott ist ja nun nicht ein räumlich-zeitlich begrenztes Individuum, so daß hier eine Art Stille Post Spiel stattfinden würde. Gott ist überall und zu aller Zeit anwesend, und kennt jeden Deiner Gedanken besser als Du selber, und weiß jedes Detail von allem was Du je denkst, sagst und tust, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Rein im Sinne einer Informationsübermittellung an Gott ist jedes menschliche Gebet sowieso komplett und absolut überflüssig.

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Hubertus
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Hubertus »

Trisagion hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 16:20
Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 13:41
So gesehen hat das natürlich seine Logik, aber warum sollen wir denn zu den Heiligen beten bzw. diese Aufrufen, wenn sie ja diese Information(en) sowieso von Gott erhalten? :tuete:
Irgendwie macht es die "Kommunikationskette", so wie sie mir vllt zu infantil vorstelle, doch obsolet?
Ähem. Wieso betest Du nicht gleich zu Gott selber?
Das ist der entscheidende Punkt.


Eine einfache Antwort:

Wir haben hier im Forum (Pforte) einen Strang mit Gebetsanliegen. Wir Christen beten für andere und bitten andere um ihr Gebet. Warum sollte nun ausgerechnet der Tod, der von Christus siegreich überwunden wurde, die Grenze derer, die wir anrufen können, limitieren?
'Gott will gebeten werden', so sagen wir (Mt 7,7). Will er uns eigentlich gar nicht erhören und läßt sich nur durch Fürbitte der Heiligen erweichen? Nein, wenn der Herr uns einschärft, 'ohne Unterlaß zu beten', dann nicht wegen Ihm, sondern wegen uns: Gottes Wille ist unveränderlich, aber wir sollen durch gegenseitige Fürbitte verändert, geläutert werden.
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Hubertus hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 20:37
Trisagion hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 16:20
Bruder Donald hat geschrieben:
Samstag 5. Dezember 2020, 13:41
So gesehen hat das natürlich seine Logik, aber warum sollen wir denn zu den Heiligen beten bzw. diese Aufrufen, wenn sie ja diese Information(en) sowieso von Gott erhalten? :tuete:
Irgendwie macht es die "Kommunikationskette", so wie sie mir vllt zu infantil vorstelle, doch obsolet?
Ähem. Wieso betest Du nicht gleich zu Gott selber?
Das ist der entscheidende Punkt.
Genau, das ist ja eben der Punkt!

Wozu überhaupt der katholischen Tradition folgen, wenn man ja einen unmittelbaren Draht zu Gott hat?
Dann haben ja die Protestanten ja in dem Falle ja eh recht und Juden und Moslems beten ebenfalls zum gleichen Gott. Kann man jedenfalls radikal Schlussfolgern, wenn man möchte.
War es denn nicht sogar katholische Lehre, dass der Laie eben keinen unmittelbaren Draht zu Gott hat und nur durch Mittelsmänner wie Priester/Heilige/Engel kommunizieren kann? Gott sollte ja auch nur mittelbar mit den Menschen, durch die Engel z. B., kommunizieren, weil der Mensch nicht in der Lage ist, Gott zu sehen oder zu hören. Mit der von den Protestanten postulierten Unmittelbarkeit soll die kath. Kirche auch dann umgeschwenkt haben. Ich mein so etwas gehört zu haben, weiß aber nicht, was an der Sache dran ist.

Meine obige Frage bleibt derweil unbeantwortet. Wozu die Heiligen anrufen, wenn diese Anrufung eh erstmal durch Gott geht? Nach dieser "thomistischen"(?) Auslegung der Seelen-Vermögen im Jenseits erübrigt es sich.

Trisagion
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Bruder Donald hat geschrieben:
Sonntag 6. Dezember 2020, 02:32
War es denn nicht sogar katholische Lehre, dass der Laie eben keinen unmittelbaren Draht zu Gott hat und nur durch Mittelsmänner wie Priester/Heilige/Engel kommunizieren kann?
Nein. Allerdings ist es in der Tat katholische Lehre, daß die Sakramente im normalen Lauf der Dinge heilsnotwendig sind, und nicht einfach durch persönliche Andacht ersetzt werden können. Insofern ist der "Mittelsmann" Priester essentiell, und es reicht eben nicht nur zu Gott zu beten.
Bruder Donald hat geschrieben:
Sonntag 6. Dezember 2020, 02:32
Meine obige Frage bleibt derweil unbeantwortet. Wozu die Heiligen anrufen, wenn diese Anrufung eh erstmal durch Gott geht? Nach dieser "thomistischen"(?) Auslegung der Seelen-Vermögen im Jenseits erübrigt es sich.
Es gäbe ein Problem, wenn nach Thomas separierte Seelen komatös oder abgeschieden wären, sind sie aber nicht. Sie sind bei Bewußtsein, sie tragen die Persönlichkeit des einst auf Erden wandelnden und werden sie in den auferstanden Körper hereinformen um den ganzen Menschen wiederherzustellen, sie sind dank Gottes Hilfe in der Lage äußere Dinge wahrzunehmen, eben auch Gebete von Erden, sie können sie bedenken und darüber wiederum mit Gott kommunizieren. Mit anderen Worten, auch separierte Seelen sind ansprechbar, und wenn auch quasi temporär gankörperbehindert, immer noch dieselbe Person.

Deiner Frage bin ich dann mit einer Gegenfrage begegnet. Wenn Du diese Gegenfrage katholisch beantwortest, dann halte ich Deine Frage für abgehakt. Wenn es überhaupt Sinn macht, daß wir nicht immer direkt zu Gott beten, dann ist es schlicht vollkommen irrelevant ob Gott nun direkt (quasi als telepathischer Mittler) oder indirekt (durch Schaffung einer Natur mit Schallwellen, Ohren und Sprachzentren in Hirnen) ermöglicht, daß wir erst miteinander und dann durch diese Kommunikation mit Gott reden. Offensichtlich geht es in beiden Fällen nicht darum, Gott etwas mitzuteilen, das er nicht weiß. Es geht im Gebet sowieso nie darum, Gott Neuigkeiten zu übermitteln. Auch der direkt zu Gott Betende erzählt Gott nichts, was der nicht schon besser weiß. Es geht im Gebet immer um unseren Ausdruck, unseren Willen etwas Bestimmtes in einer bestimmten Form zu sagen, nie um Informationsvermittelung. Wir zeigen uns im Gebet, wir zeigen nicht auf etwas.

Es gibt mindestens drei Gründe, warum wir nicht immer direkt zu Gott sprechen. Erstens ist der Mensch kein Einzelwesen, sondern es entspricht seiner Natur mit anderen Menschen über Dinge zu reden. Göttliche Gnade vervollkommt menschliche Natur immer, widerspricht ihr nie. Es wäre unangebracht wenn Gott uns quasi künstlich vereinsamt wenn wir mit ihm reden wollen. Zweitens, es ist offensichtlich eine Form der Nächstenliebe, wenn man als Vermittler für jemand anderen bittet, man tut ihm damit Gutes. Aber es ist auch ein Zeichen des Vertrauens und der Demut wenn wir jemand anderen um Hilfe bitten. Es ist somit auch quasi eine passive Form der Nächstenliebe wenn der Bittsteller offen und ehrlich um Vermittlung fleht. In der Welt kann das schonmal schief gehen. Der Bittsteller kann fordernd sein und meinen, der Vermittler stehe in der Pflicht. Und der Vermittler kann die Situation zum eigenen Vorteil ausnutzen. Usw. usf. Aber gerade weil hier ja nichts zu holen ist, weil der Bittsteller auch direkt zu Gott sprechen kann, und der Vermittler sowieso schon in Himmel ist, wird das hier meist Nächstenliebe um der Nächstenliebe willen. Drittens beten wir ja zu großen Heiligen, oder gar zur Mutter Gottes. (Bitten zu der eigenen Oma sind emotional verständlich, aber theologisch problematisch, denn sie setzen voraus, daß die Oma bereits im Himmel ist, und nicht im Fegefeuer oder gar der Hölle.) Warum? Weil sie "größer" sind als wir im Glauben. Einerseits bekunden wir damit ihre Vorbildfunktion für uns. Ich würde gerne so mit Gott sprechen können wie jener große Heilige. Andererseits akzeptieren wir damit eine Hierarchie im Himmel (kontra egalitärer Vorstellungen): der große Heilige hat in der Tat "mehr zu sagen" als ich, und wenn er für mich spricht, hat das "mehr Wert" als wenn ich selber spreche. Und dem ist so aus echtem Verdienst, das ist nicht willkürlich, sondern dem Leben des Heiligen im Vergleich zu meinem geschuldet. Dadurch, daß ich eine großen Heiligen um Vermittlung bitte, setze ich für mich selbst ein Ziel und schätze mich selbst realistisch dagegen ein, und bestätige gleichzeitig meinen Glauben daran, daß was wir so tun und lassen auf Erden eine echte Auswirkung auf den Himmel hat, daß es nicht nur darum geht überhaupt irgendwie in den Himmel zu kommen.

Ich hoffe es ist deutlich, daß nichts von dem was ich da gesagt habe irgendwie vom Kommunikationsweg beeinfluß wird. Es ist egal, daß Gott hier hin- und hervermittelt, was am Ende ihm wieder mitgeteilt wird. Genauso wie es immer egal ist, däß Gott bereits alles weiß was wir beten können, auch im direkten Gebet. Es geht alleine darum, was wir zum Ausdruck bringen. Und das Gebet zu einem Heiligen drückt kommunikative Nächstenliebe zusammen mit einer Akzeptanz von verdienter Hierarchie im Himmel aus.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 6. Dezember 2020, 13:46
Ich hoffe es ist deutlich, daß nichts von dem was ich da gesagt habe irgendwie vom Kommunikationsweg beeinfluß wird. Es ist egal, daß Gott hier hin- und hervermittelt, was am Ende ihm wieder mitgeteilt wird. Genauso wie es immer egal ist, däß Gott bereits alles weiß was wir beten können, auch im direkten Gebet. Es geht alleine darum, was wir zum Ausdruck bringen. Und das Gebet zu einem Heiligen drückt kommunikative Nächstenliebe zusammen mit einer Akzeptanz von verdienter Hierarchie im Himmel aus.
Besten Dank! :daumen-rauf:

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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

holzi hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 20:45
philipp hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 20:24
Ich habe schon oft davon gehört, dass gesagt wird, dass die Seele schläft bis zum letzten Gericht, wo sie dann wieder aufgeweckt wird.
Ja, so wird das u.a. bei den Pfingstlern geglaubt. Daraus wird dann auch die Kritik am katholischen Gebet für die Verstorbenen abgeleitet.
Das ist auch echt Luther.
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Trisagion hat geschrieben:
Dienstag 1. Dezember 2020, 16:45
Du hast seinen Artikel nicht richtig verstanden. Er redet ja recht ausführlich - mit Aquin - über das Fortbestehen der Seele nach dem Tod. Es geht ihm vielmehr darum - wiederum mit Aquin - festzustellen, daß …
Um Gottes willen, der Mann hieß Thomas, bitte!
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 2. Dezember 2020, 04:57
… daß er sich (oder Thomas) gegen das Lehramt positioniert …
Ah, schon geklärt, danke.
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Mittwoch 9. Dezember 2020, 10:55
Um Gottes willen, der Mann hieß Thomas, bitte!
Ist ein bisserl ein Anglizismus bei mir. Im Englischen ist die Kurzform immer "Aquinas", z.B. "as noted by Aquinas", und das ist kurz und eindeutig. "Thomas" im Deutschen ist nicht wesentlich länger, aber leider nicht eindeutig, denn es gibt keinen zweiten "Aquinas" aber jede Menge "Thomas" (Thomase? Thomen? Thomae?). Ich glaube man sage im Deutschen auch noch "der Aquinat", aber dann eben mit Artikel und das klingt dann auch wieder umständlich. Es ist also keineswegs disrespektierlich gemeint wenn ich "with Aquinas" durch "mit Aquin" wiedergebe, sondern nur genauer als "mit Thomas" (welcher?) und knapper als "mit dem Aquinaten". Wenn ich es lange genug mache, setzt es sich vielleicht durch. 8) Verstanden wird es jedenfalls, sonst würdest Du Dich ja nicht aufregen. :breitgrins:

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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Trisagion hat geschrieben:
Mittwoch 9. Dezember 2020, 11:17
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Mittwoch 9. Dezember 2020, 10:55
Um Gottes willen, der Mann hieß Thomas, bitte!
Ist ein bisserl ein Anglizismus bei mir. Im Englischen ist die Kurzform immer "Aquinas", z.B. "as noted by Aquinas", und das ist kurz und eindeutig. "Thomas" im Deutschen ist nicht wesentlich länger, aber leider nicht eindeutig, denn es gibt keinen zweiten "Aquinas" aber jede Menge "Thomas" (Thomase? Thomen? Thomae?). Ich glaube man sage im Deutschen auch noch "der Aquinat", aber dann eben mit Artikel und das klingt dann auch wieder umständlich. Es ist also keineswegs disrespektierlich gemeint wenn ich "with Aquinas" durch "mit Aquin" wiedergebe, sondern nur genauer als "mit Thomas" (welcher?) und knapper als "mit dem Aquinaten". Wenn ich es lange genug mache, setzt es sich vielleicht durch. 8) Verstanden wird es jedenfalls, sonst würdest Du Dich ja nicht aufregen. :breitgrins:
Sach ma, kennste Freisings Werke? :D
Nee? Aber denn weeßte sicher wenichstens, wann Jroße ßum Kaiser jekrönt worn is? :kugel:
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Mittwoch 9. Dezember 2020, 22:37
Sach ma, kennste Freisings Werke? :D
Nee? Aber denn weeßte sicher wenichstens, wann Jroße ßum Kaiser jekrönt worn is? :kugel:
Naja, wenn ich bei Otto schaue, finde ich nichts über einen Kaiser. Oder ist vielleicht dieser Otto gemeint? Oder jener Otto? Soviele Ottos. :pfeif:

Ohne Witzchen, mehr praktisch: google nach "Freising Werke" all Toplinks zeigen auf Otto von Freising, Wikipedia auf 2. / 3. Platz, klick, "Gesta Friderici Imperatoris", aha darum ging es wohl - Suchzeit etwa 5 Sekunden. Hingegen "Otto Werke" bringt null, und selbst "Otto Werke Kaiser" erst ab der zweiten Suchseite. Man vergleiche gerne auch praktisch was Google zu "Thomas Werke" bzw. "Aquin Werke" zu sagen hat

Aber ich kann ja auch einfach "Aquinas" sagen und behaupten ich mache das von wegen Latein beste Sprache, damit komme ich hier wohl eher durch. :blinker:

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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Un wann is nu Jroße Kaiser jeworn?
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Trisagion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Donnerstag 10. Dezember 2020, 02:19
Un wann is nu Jroße Kaiser jeworn?
Welcher große Kaiser? Wenn Du Heinrich IV meinst, dann 1. April 1084. Oder es kann auch sein, daß ich keine Ahnung habe wovon Du redest.

Bruder Donald

Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Bruder Donald »

Wahrscheinlich ist Karl der Große gemeint.

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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bruder Donald hat geschrieben:
Donnerstag 10. Dezember 2020, 09:41
Wahrscheinlich ist Karl der Große gemeint.
Wahrscheinlich. Könnte aber auch Otto sein.
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Re: Ganztodtheorie

Beitrag von Protasius »

So gern ich jetzt in dieses Spiel mit ein paar Provokationen in Richtung Peter der Große einsteigen würde, führt das doch alles weiter und weiter vom eigentlichen Strangthema fort.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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