Überzeugende Argumente für Gott?

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
philipp

Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

Geschätztes Forum,

ich bin ganz neu hier und habe mich bereits ein wenig eingelesen. Ich denke ich habe hier endlich gefunden, was ich gesucht habe. Ein Forum voller Katholiken, die auch wirklich an Gott glauben und nicht vor Diskussionen zurückscheuen. Obwohl ich schon einige Themen durchforstet habe, habe ich die Forenregeln noch nicht ausführlich gelesen. Ich bitte daher um Nachsicht, sollte ich gegen eine Formalität verstoßen.

Meinen ersten Beitrag möchte ich sogleich einem Thema widmen, dass mir sehr am Herzen liegt. Ich finde mich zur Zeit noch einem holprigen Weg in Richtung Glaube. Ich habe schon Kontakte mit Jesus Christus und Maria gehabt, jedoch komm´ich dennoch ab und an in so manches Glaubenstief. So geht es mir auch jetzt.

Mir hat es oftmals in solchen Situationen geholfen, wenn ich mich philosophisch der Wahrheit des Glaubens angenähert habe, vermutlich weil ich ein recht "kognitiver" Mensch bin und eher ein wenig brauche um in die Gefühls- und Glaubensebene zu kommen. Deshalb bin ich auf der eifrigen Suche nach ebensolchen Argumenten, die einem den Glauben als wahr beweisen können. Selbstverständlich können solche Beweise nie unwiderlegbar sein, aber sie können doch so überzeugend sein, dass man sich sicher ist Kontakt mit der Wahrheit zu erfahren. Da ich recht jung bin und somit noch recht wenig gelesen habe, freue ich mich über jeden Lektürevorschlag und über jeden Gedankenanstoss. Ich bin überzeugt, dass es hier viele Leute gibt, die mir helfen könnten.

Falls sich tatsächlich jemand zu einem Beitrag bereiterklärt, möchte ich schon jetzt von Herzen Danke sagen. Ich wünsche einen angenehmen Abend aus Wien!


LGP

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TeDeum
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von TeDeum »

Hallo und herzlich willkommen philipp :huhu:

tja, "überzeugende Argumente für Gott" suchen.... so war ich auch mal drauf :D ... nicht böse gemeint, ich weiß, man kommt aus einer ganz anderen Welt. Wenn du diese Reise durchstehst, wirst du am Ende einen völlig anderen Blick auf dich und die Welt haben. Es lohnt sich, glaub mir. Aber es wird nicht leicht. Man muss als Erwachsener auch erstmal den kindlichen Glauben loswerden. (das ist der, den die meisten noch irgendwie kennengelernt haben ...)

Überzeugende Argumente. Tja. Da kann man jetzt viel schreiben und nichts. Eigentlich ist das Thema, dass man (in einer idealen Welt) mit einem Geistlichen besprechen sollte. Ich bin nur ein einfacher Laie, der es lediglich in ungenügenden Worten wiedergeben kann.

Was mich sehr beeinflusst hat, war die Natur zu beobachten. Die Komplexität darin. Ich bin Programmierer von Beruf. Habe tagtäglich mit komplexen Systemen zu tun. Die Natur schlägt da alles. Atemberaubend.

Viele Tiere sind so perfekt auf ihre Umwelt und auf ihren Sinn in der Natur abgestimmt, das ist einfach verblüffend. Wären sie es nicht oder hätten sie das tatsächlich über Jahrtausende erst entwickeln müssen, gäbe es sie einfach nicht. Diese Tiere lernen auch nichts. Sie haben keine Uni. Sie kommen auf die Welt und sind bereits "mit einer firmware" bespielt, die jemand offenbar vorher programmiert hat. Woher kommt diese? Wer hat sie geschrieben? Wer passt sie an?

Mich überzeugten die Argumente, dass alles irgendwie per Zufall passiere nie. Aktion -> Reaktion. Ohne Aktion, keine Reaktion. Werfe ich morgens nicht den Rechner an und fange zu coden an, habe ich Ende des Monats keine Knete auf dem Konto und Frau und Kinder müssen hungern :) ... ok, der Vergleich hinkt, aber du verstehst vielleicht, worauf ich hinaus will. Nichts passiert *einfach so* in meinen Augen.

Ja, natürlich ist es von dieser Erkenntnis noch ein Stückchen hin zum christlichen Gott. Ich muss leider hier weiter arbeiten, aber vielleicht findet sich jemand mit etwas mehr theologischer Bildung und mag noch etwas dazu schreiben.

Ansonsten empfehle ich dir sehr die Video-Reihe von Pfarrer Schwarz "Mein Gott und Walter", der in kurzen Clips verschiedene Themen behandelt. Sehr gelungen wie ich finde.

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Vinzenz Ferrer
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

TeDeum hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 08:18
Man muss als Erwachsener auch erstmal den kindlichen Glauben loswerden.
Mag sein, aber nur weil er noch nicht kindlich genug war!
Mt 18,3 :regel:
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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TeDeum
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von TeDeum »

Da hast du vollkommen recht, Vinzenz Ferrer! Es ist schon eine interessante "Reise", die man als Katholik macht. :)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

TeDeum hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 10:02
Da hast du vollkommen recht, Vinzenz Ferrer! Es ist schon eine interessante "Reise", die man als Katholik macht. :)
Einige sprechen sogar von „Pilgerschaft“ ;)
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 16. September 2020, 22:49
Geschätztes Forum, ich bin ganz neu hier
Geschätzter philipp, herzlich willkommen hier im Kreuzgang! :huhu:
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

TeDeum hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 08:18
Hallo und herzlich willkommen philipp :huhu:

tja, "überzeugende Argumente für Gott" suchen.... so war ich auch mal drauf :D ... nicht böse gemeint, ich weiß, man kommt aus einer ganz anderen Welt. Wenn du diese Reise durchstehst, wirst du am Ende einen völlig anderen Blick auf dich und die Welt haben. Es lohnt sich, glaub mir. Aber es wird nicht leicht. Man muss als Erwachsener auch erstmal den kindlichen Glauben loswerden. (das ist der, den die meisten noch irgendwie kennengelernt haben ...)

Überzeugende Argumente. Tja. Da kann man jetzt viel schreiben und nichts. Eigentlich ist das Thema, dass man (in einer idealen Welt) mit einem Geistlichen besprechen sollte. Ich bin nur ein einfacher Laie, der es lediglich in ungenügenden Worten wiedergeben kann.

Was mich sehr beeinflusst hat, war die Natur zu beobachten. Die Komplexität darin. Ich bin Programmierer von Beruf. Habe tagtäglich mit komplexen Systemen zu tun. Die Natur schlägt da alles. Atemberaubend.

Viele Tiere sind so perfekt auf ihre Umwelt und auf ihren Sinn in der Natur abgestimmt, das ist einfach verblüffend. Wären sie es nicht oder hätten sie das tatsächlich über Jahrtausende erst entwickeln müssen, gäbe es sie einfach nicht. Diese Tiere lernen auch nichts. Sie haben keine Uni. Sie kommen auf die Welt und sind bereits "mit einer firmware" bespielt, die jemand offenbar vorher programmiert hat. Woher kommt diese? Wer hat sie geschrieben? Wer passt sie an?

Mich überzeugten die Argumente, dass alles irgendwie per Zufall passiere nie. Aktion -> Reaktion. Ohne Aktion, keine Reaktion. Werfe ich morgens nicht den Rechner an und fange zu coden an, habe ich Ende des Monats keine Knete auf dem Konto und Frau und Kinder müssen hungern :) ... ok, der Vergleich hinkt, aber du verstehst vielleicht, worauf ich hinaus will. Nichts passiert *einfach so* in meinen Augen.

Ja, natürlich ist es von dieser Erkenntnis noch ein Stückchen hin zum christlichen Gott. Ich muss leider hier weiter arbeiten, aber vielleicht findet sich jemand mit etwas mehr theologischer Bildung und mag noch etwas dazu schreiben.

Ansonsten empfehle ich dir sehr die Video-Reihe von Pfarrer Schwarz "Mein Gott und Walter", der in kurzen Clips verschiedene Themen behandelt. Sehr gelungen wie ich finde.
Danke an dich und vinzez für euer herzliches Willkommen! Und danke auch dir für deine Worte und Empfehlungen!

Du sprichst in deinen Ausführungen auch vom Zufall. Damit habe auch ich meine Probleme. Warum Gott anstelle eines zufälligen Entstehungsgrundes? Es muss ja vielleicht keinen Grund geben für unser sein, vielleicht wollen wir nur unbedingt uns selber rechtfertigen und reden uns deshalb ein, es müsste alles einen Grund geben. Der Zufall ist ja sehr trostlos. Aber ist er deshalb "nicht überzeugen"?


Alles Liebe
Philipp

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Marion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Marion »

philipp hat geschrieben:
Mittwoch 16. September 2020, 22:49
Deshalb bin ich auf der eifrigen Suche nach ebensolchen Argumenten, die einem den Glauben als wahr beweisen können. Selbstverständlich können solche Beweise nie unwiderlegbar sein, aber sie können doch so überzeugend sein, dass man sich sicher ist Kontakt mit der Wahrheit zu erfahren.
Herzlich willkommen :huhu:
Ja, den Glauben kann man nicht beweisen. Aber daß Gott existiert sehr wohl. Da gibt es unwiderlegbare Beweise ;)
Lies mal diesen Strang
viewtopic.php?f=4&t=10920
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philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

Vergelts Gott. Werde mich einlesen. Danke

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

Hallo Phillipp,

ich bin ein Konvertit, aufgewachsen als Ungläubiger (weniger Atheist, mehr Egal-ist) und war dann eine Weile Zen-Buddhist. Ich bin auch Naturwissenschaftler, mit einem Doktor in theoretischer Physik und an einer englischen Uni in Lehre und Forschung tätig.

Ich kenne mich mit "Gottesbeweisen" ein wenig aus, weil das für mich auch eine Weile lang sehr relevant war. Wenn Du des Englischen mächtig bist, dann gibt es zum Thema derzeit sicher kein besseres Buch als "Five Proofs of the Existence of God" von Edward Feser. Der Blog von Dr Feser, einem Philosophen, ist auch ansonsten eine Fundgrube für philosophische Analysen des Glaubens.

Ich persönlich halte den 2. Gottesbeweis des Thomas von Aquin für zwingend, jedenfalls in dem Sinne die beste bekannte metaphysische Erklärung der physikalischen Fakten zu sein. Allerdings ist die übliche Interpretation dieses Beweises, auch der meisten Katholiken, schlicht unzureichend - ich habe das hier näher erläutert.

Allerdings finde ich es ist wichtig von vorneherein zuzugestehen, daß Gottesbeweise - und auch Gotteigenschaft-Beweise - sehr begrenzt sind, und zwar sowohl bzgl. ihres Inhaltes als auch ihrer Kraft das Herz zum Glauben zu bewegen. Es ist besser sie so zu verstehen, daß sie intellektuellen Raum schaffen, eine Freizone der Möglichkeiten. Füllen kann man diesen Raum aber nicht durch reines Nachdenken über die Welt. Mann kann sich den Glauben nicht erdenken, man kann aber wohl Hindernisse für den Glauben mit Nachdenken aus dem Weg räumen.

Laß mich wissen worüber Du gerne reden würdest, ich finde diese Dinge immer noch recht interessant.
Zuletzt geändert von Trisagion am Donnerstag 17. September 2020, 18:03, insgesamt 1-mal geändert.

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 13:06
Du sprichst in deinen Ausführungen auch vom Zufall. Damit habe auch ich meine Probleme. Warum Gott anstelle eines zufälligen Entstehungsgrundes? Es muss ja vielleicht keinen Grund geben für unser sein, vielleicht wollen wir nur unbedingt uns selber rechtfertigen und reden uns deshalb ein, es müsste alles einen Grund geben. Der Zufall ist ja sehr trostlos. Aber ist er deshalb "nicht überzeugen"?
Wenn man versteht was "Zufall" ist, versteht man auch sofort warum er keine Erklärung für die Existenz der Welt liefern kann.

Zunächst ist es derzeit naturwissenschaftlich nicht einmal klar, daß es Zufall überhaupt gibt. Die meisten Dinge die wir dem Zufall zuschreiben, etwa die Lottozahlen, sind in Wirklichkeit Folgen eines "deterministischen Chaos". Die einzige derzeit bekannte Quelle echten Zufalls ist die Ebene der Quantenphysik. Ich will da jetzt nicht groß einsteigen, aber über diesen Aspekt der Quantenphysik wird auch immer noch diskutiert...

Aber nehmen wir mal an, daß es zumindestens "Quantenzufall" gibt. Was bedeutet nun solcher "Zufall"? Er bedeutet keineswegs ein irgendwie freies Allerlei. Vielmehr ist es nur so, daß die derzeit beobachtbaren Zustände des Systems die zukünftigen Zustände der Systems nicht komplett festlegen, sondern es nur Wahrscheinlichkeiten für verschiedene mögliche Zustände gibt. Das radioaktive Atom zerfällt, innerhalb einer Halbwertszeit mit 50% Wahrscheinlichkeit, oder auch nicht, innerhalb derselben Zeit mit 50%. Aber wohlgemerkt, das Atom wird weder eine Melone noch schreibt es ein Gedicht. Es ist nicht "frei" zu tun was es will, schon garnicht kann es alles tun. Es ist nur so, daß die Vorhersage nur bis zu einer Serie von möglichen Alternativen mit gewissen Wahrscheinlichkeiten reicht, nicht weiter. Abgesehen von dieser Begrenzung ist das alles komplett festgelegt, wenn Du so willst, "naturgesetzlich".

Wenn man also behaupten will, daß die Existenz der Welt "Zufall" ist, eine "Quantenfluktuation" oder derlei, dann sagt man nur etwas der Art "es gibt Naturgesetze demnach mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, sagen wir mal 50%, ein Universum in einer Quantenfluktuation entsteht". Das ist äquivalent (mal vom "deterministischen Chaos" abgesehen) mit der Aussage "es gibt Naturgesetze demnach mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit, sagen wir mal 50%, beim Münzwurf Kopf herauskommt". Ist das eine ausreichende Erklärung? Selbstverständlich nicht. Woher kommt die Münze? Wer wirft sie? Warum sie die Gesetze so, daß die Wahrscheinlichkeit 50% ist und nicht 30%? Etc. Dementsprechend haben wir hier auch keine Erklärung für die Existenz der Welt. Warum bestehen hier Umstände (quantemechanische Gesetzmäßigkeiten und "Etwas", auch wenn es nur ein "Vakuum" ist, in dem sie wirken) die zum Urknall führen können? Was löst sie aus, insbesondere wenn hier vor der Erschaffung gar keine "Zeit" besteht? Warum sind die Gesetze so beschaffen, daß es 50% Chance gibt und nicht 30%? Etc.

Kurz gesagt: "Zufall" bezeichnet nur die Art der Erklärung, probalistisch statt deterministisch. Durch "Zufall" wird nicht ein Deut an "Erklärungsstärke" hinzugefügt. Die Existenz der Welt ist nicht aus den Gesetzen derselben Welt heraus erklärbar, denn die sind Teil jener Existenz. Jedes Argument in diese Richtung muß einen Zirkelschluß enthalten. "Zufall" ändert daran rein garnichts.

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

Es sei noch hinzugefügt, daß in der Umgangssprache "Zufall" oft eher im Sinne "nicht (von mir) geplant" oder "nicht unter (meiner) Kontrolle stehend" verwendet wird. Wenn in diesem Sinne gesagt wird, daß die Welt zufällig enstanden ist, dann ist damit also gemeint daß sie ungeplant und unkontrolliert entstanden ist.

Dazu seien zwei Dinge gesagt, was Gottesbeweise (oder Kein-Gott-Beweise) angeht. Erstens muß man aufpassen, daß man hier nicht einfach behauptet was man beweisen will / muß. Es ist fast dasselbe zu sagen "es gibt keinen Schöpfergott" und "die Welt ist ungeplant und unkontrolliert enstanden".

Zweitens stellt sich hier die Frage, wieviel Erklärung man nun wirklich haben will. Man kann halt immer sagen "das ist einfach so" und kein Erklärungsversuch kann dieses schlichte Beenden der Suche nach einem Grund überwinden.

Was die Erschaffung der Welt angeht, ist die Frage letztlich an welcher Stelle es rechtens (rational zulässig) wird zu sagen "das ist einfach so". Wann hat sich das Erklärbare erschöpft? Wer Gott aus der Schöpfung "beweist" sagt im Wesentlichen: Die Welt am Ursprung betrachtet hat noch zuviele Erklärung verlangende Eigenschaften um in sich selbst grundlos zu ruhen. Man muß hier etwas postulieren, daß Selbstgrund ist, dessen Eigenschaft sich aus dem eigenen Wesen an sich erklären. Dieser Selbstgrund kann dann die letztendliche Begründung für alles andere sein, der Endpunkt aller Erklärung.

Das einzige Gegenargument hier ist einfach zu sagen "nein, die Welt ist einfach so". Es ist in diesem sehr spezifischen Sinne, daß ich sage Atheismus ist "irrational". Denn er muß an dieser Stelle eine weitere Erklärung verweigern um nicht bei Gott anzugelangen. Ich sage dies aber auch gegen viele Christen, die geradezu stolz darauf sind "irrational" zu glauben, und andere ermuntern keine Erklärung mehr zu suchen. Man muß zwar in der Tat nicht alles durchdenken um zu Gott zu gelangen und jeder kann Gott finden, nicht nur der Denker (und vielleicht ist es gerade für diesen besonders schwer). Aber wer den Weg der Erklärung konsequent bis zum Ende geht, findet selbstverständlich den Logos, die Begründung aller Dinge.

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Kai
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Kai »

Mein lieber Trisagion, deine Beiträge sind eine Bereicherung für dieses Forum.

Gerne mehr davon.
"We have feminized the Church so much that it is not attractive to men."
(Eric Sammons)

Martina

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Martina »

Argumente dienen allenfalls der Verteidigung des Glaubens, und die findet man im Katechismus /der Glaubenslehre / der Dogmatik.

Gott selbst kann weder herbeidiskutiert (auch nicht wegdiskutiert und umdiskutiert) noch herbeigebetet werden. Wer Argumente sucht, bleibt im Äußeren stecken. Gott ist nur erfahrbar.

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Vinzenz Ferrer
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Kai hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 12:19
Mein lieber Trisagion, deine Beiträge sind eine Bereicherung für dieses Forum.

Gerne mehr davon.
Amen! :ja:
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

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Vinzenz Ferrer
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Vinzenz Ferrer »

Martina hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 17:10
Gott selbst kann weder [...] noch herbeigebetet werden.
Doch: In der Heiligen Messe schon! Stichwort: Realpräsenz!
Glaube heißt Widerstand gegen die Schwerkraft. (Benedikt XVI.)

Martina

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Martina »

Darum ging es kontextuell auch nicht.

Außerdem: der Priester ist kein "Zauberer", der Gott beschwört, sondern sondern derjenige, durch den Christus, der Sohn Gottes und himmlische Hohepriester selbst, wirkt . Die Wandlung der Opfergaben findet durch die Herabrufung des Heiligen Geistes statt. Im Hochgebet wird der Heilige Geist herabgerufen worauf Gott, der Heilige Geist, selbst die Wandlung wirkt. Und nun ist die göttliche Gegenwart leibhaftig gegenwärtig.
All das hat aber nichts mit herbeibeten zu tun.

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Marion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Marion »

Martina hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 17:10
Wer Argumente sucht, bleibt im Äußeren stecken. Gott ist nur erfahrbar.
Die heilige katholische Kirche lehrt da etwas anderes ;)

1. Vatikanisches Konzil Dei Verbum:
11 Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest an der Lehre: der Mensch kann Gott, den Ursprung und das Endziel aller Dinge, durch das natürliche Licht seiner Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkennen. „Denn das Unsichtbare an ihm erschaut der denkende Verstand seit Erschaffung der Welt in seinen Werken."
Wer nicht sicher weiß, daß es Gott gibt, der kann ja auch nicht glauben, daß Christus sein Sohn ist. Von wem soll er denn Sohn sein, wenn es den Vater vielleicht gibt oder vielleicht auch nicht und wenn man gar nicht weiß wer es ist. Der hl. Thomas von Aquin schreibt so etwas ähnliches. Wenn du schreibst Gott sei nur "erfahrbar" meinst du wohl, dass es einem irgendwo warm ums Herz wird oder dass ein fester Wunsch in Erfüllung ging oder so? Das ist kein Beweiss für nichts. Sowas kann von allem möglichen kommen, ja gar vom Teufel.

Der katholische Glaube ist vernünftig. Und unseren Verstand haben wir dazu erhalten IHN zu finden, zu lieben, zu dienen ...
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

Martina

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Martina »

Marion hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 22:20
Martina hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 17:10
Wer Argumente sucht, bleibt im Äußeren stecken. Gott ist nur erfahrbar.
Die heilige katholische Kirche lehrt da etwas anderes ;)

1. Vatikanisches Konzil Dei Verbum:
11 Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest an der Lehre: der Mensch kann Gott, den Ursprung und das Endziel aller Dinge, durch das natürliche Licht seiner Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkennen. „Denn das Unsichtbare an ihm erschaut der denkende Verstand seit Erschaffung der Welt in seinen Werken."
Wer nicht sicher weiß, daß es Gott gibt, der kann ja auch nicht glauben, daß Christus sein Sohn ist. Von wem soll er denn Sohn sein, wenn es den Vater vielleicht gibt oder vielleicht auch nicht und wenn man gar nicht weiß wer es ist. Der hl. Thomas von Aquin schreibt so etwas ähnliches. Wenn du schreibst Gott sei nur "erfahrbar" meinst du wohl, dass es einem irgendwo warm ums Herz wird oder dass ein fester Wunsch in Erfüllung ging oder so? Das ist kein Beweiss für nichts. Sowas kann von allem möglichen kommen, ja gar vom Teufel.

Der katholische Glaube ist vernünftig. Und unseren Verstand haben wir dazu erhalten IHN zu finden, zu lieben, zu dienen ...
Ich glaube nicht, dass das so gemeint ist, aber egal. Es gibt auch noch ein paar Bibelsprüche als Antwort auf diesen Erguss aus dem 2. Vatikanischen Konzil. Aber wie gesagt, egal.

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Kai
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Kai »

Erstes, nicht zweites Vaticanum.. (Jou, es gab tatsächlich ein Konzil vor dem zweiten. :D )

Mit dem zitierten Umstand tue ich mich aber auch schwer. "Mit Gewissheit erkennen" klingt für mich nach Beweisbarkeit. Wenn etwas aber beweisbar ist (bzw. "mit Gewissheit erkennbar"), muss man es doch nicht postulieren, es müsste doch dann jedem einleuchten, so sein Intellekt ausreicht.

Wenn ich die Passage falsch verstehe, mag mich jemand erleuchten.
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(Eric Sammons)

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Marion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Marion »

Kai hat geschrieben:
Samstag 19. September 2020, 10:03
Erstes, nicht zweites Vaticanum.. (Jou, es gab tatsächlich ein Konzil vor dem zweiten. :D )

Mit dem zitierten Umstand tue ich mich aber auch schwer. "Mit Gewissheit erkennen" klingt für mich nach Beweisbarkeit. Wenn etwas aber beweisbar ist (bzw. "mit Gewissheit erkennbar"), muss man es doch nicht postulieren, es müsste doch dann jedem einleuchten, so sein Intellekt ausreicht.

Wenn ich die Passage falsch verstehe, mag mich jemand erleuchten.
https://kreuzgang.org/viewtopic.php?p=401745#p401745
Sempre hat geschrieben:
Samstag 19. Juni 2010, 21:05
Juergen hat geschrieben:Du behauptest "Gott" bewiesen zu haben, doch Du hast nicht das bewiesen, was die Kirche meint, wenn sie das Wort Gott ausspricht.
Die Beurteilung, ob das, was der kausale Beweis beweist, das ist, was die Kirche meint, wenn sie das Wort Gott ausspricht, müssen wir wohl der Kirche selbst überlassen:

Gamaliel hat geschrieben:
Dogmatik von Pohle-Gummersbach, Band 1, S. 126ff. hat geschrieben: In Vergleich mit der Definition des Vaticanum (DH 3004, 3026) bestimmt Pius X.:

1.) die Erkenntnisquelle (e rebus creatis; per ea, quae facta sunt} genauer durch den Zusatz: hoc est per visibilia creationis opera; bezeichnet
2.) die Erkenntnisweise und -art näherhin als Kausalschluß: tamquam per effectus; folgert dann schließlich aus der definierten mittelbaren, sicheren Erkennbarkeit Gottes ausdrücklich
3.) auch Gottes Beweisbarkeit: adeoque demonstrari etiam posse, die im Vaticanum nur, aber doch schon, virtuell enthalten war (siehe Einl. z. These).

Daß Pius X. keine neue Lehrentscheidung ex cathedra, sondern nur eine authentische Interpretation der vatikanischen Definition intendierte, geht aus der Enzyklika Pius XI. „Studiorum ducem“ (29. 6. 23; A.A. S. 1923, 317) hervor: Durch die Gottesbeweise des hl. Thomas werde das vom Vaticanum feierlich verkündigte Dogma bestätigt, quod (dogma) Pius X. praeclare interpretatur: Deum ... demonstrari etiam posse.
(Meine Hervorhebung)

Gruß
Sempre
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

@Trisagion

Auch ich bin, wie meine Vorredner ganz entzückt von deinen Worten. Schön, dass es Menschen gibt, die mit beiden Füßen in der Wissenschaft stehen und dennoch ja zu Gott sagen.

Ich stimme dir zu. Gottesbeweise haben ihre Grenzen. Aber, ich spüre doch, dass ich einige irrationale Glaubenssätze in mir habe, die ich möglichst aus dem Weg schaffen will. Meine Hoffnung ist, dass in folge dessen ein "Raum des Relativismus" zum Vorschein kommt, der mir zeigt, dass man GLAUBEN muss. Dann ist quasi nur noch die Frage woran man glauben will. Und da scheint mir das Christentum am Wahrhaftigsten. ( Ich tue mir übrigens mit dem Glauben an sich gar nicht schwer, viel mehr kommen mir meine vermeintlich klugen (atheistischen) Gedanken, oft mal dazwischen. )

Nun zu deinen anschliessenden Erläuterungen :) . Ich, als Laie, sehe keinen Unterschied zwischen Zufall und Wahrscheinlichkeit. Für mich ist Zufall Wahrscheinlichkeit ohne dass man die WahrscheinlichkeitEN kennt. Ich habe mit dem Zufall deswegen ein Problem, weil man irgendwann an den Punkt der "Ungeplantheit" kommt, wie du schon geschildert hast. denn, so denke ich, wenn zum Beispiel Atome zu 50% zerfallen oder eben nicht zerfallen, dann liegt hier die Entscheidung darüber, wie es mit der Welt weitergeht, nicht mehr bei Gott, sondern beim Atom.

Ich habe nicht das sichere Gefühl dass diese Aussage richtig ist. Solltest du mir zu diesem Satz deine Gedanken schenken, wäre ich dir sehr dankbar. Du hast das zwar oben schon gemacht, aber ich konnte dir nicht gänzlich folgen! Einstweilen hoffe ich einfach mal dass es sowas wie zufall oder wahrscheinlichkeit gar nicht gibt 8)

ich habe auch deinen verlinkten beitrag gelesen, wo du über aquins gottesbeweis sprichst. für mich fühlt es sich auch logischer an, wenn man an eine "Unendliche Welt" glaubt anstatt an eine mit einem Anfang. Aber wo ist da das Problem? Ich meine wo ist die Relevanz bezogen auf die Frage, ob es gott gibt? oder war es gar nicht dein anspruch die thematik zu erläutern?

philipp

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

Erstmal vielen Dank an Kai, Vinzenz und Philipp für die Blumen. :)

Martina, ich weiß, daß es Dich gibt. Noch nicht wirklich sicher, aber zur Not könnten da ein Hacker und ein Privatdetektiv die nötigen Beweise für Deine Existenz heranschaffen. Aber kenne ich Dich dann auch? Bin ich Dir begegnet? Habe wir uns unterhalten? Haben wir Freundschaft geschlossen? Verstehen wir einander? Bist Du gar in meinem Herzen? Nichts davon...

Ich hoffe die Analogie zu Gottesbeweisen ist klar. Dir geht es um die Begegnung mit Gott als dem Wesentlichen der Religion - und ein Gottesbeweis hilft da erstmal nicht, da hast Du schon recht. Aber nimm mal an, daß es Leute gibt, denen eingeredet wurde, daß es Dich garnicht gibt, daß Du nur eine erfundene Person bist, oder vielleicht eine Halluzination. Leute die allen Kontakt mir Dir stur ablehnen, nicht etwa weil sie Dich nicht mögen, sondern weil sie glauben Du seiest nur eine Märchenfigur. Wenn ich denen nun die Daten über Dich zeige, und nachweise daß es Dich tatsächlich gibt, ist das nützlich? Ich denke schon... Es kann nicht den Kontakt mit Dir ersetzen, aber es kann ihn ermöglichen.

Es sei auch noch erwähnt, daß wir in einer Gesellschaft leben. Wenn die meisten Menschen denken, daß nur dumme und bedürftige Menschen an Gott glauben, dann ist das erstens eine Beleidigung Gottes und zweitens wird unser Leben als Gläubige schwierig. Es besteht hier eine Aufklärungspflicht, zu Gottes Ehren und um in der Gesellschaft bestehen und wirken zu können. Gottesbeweise sind wie eine geistige Verteidigungslinie, die wir halten um nicht gesellschaftlich überrannt zu werden.
philipp hat geschrieben:
Samstag 19. September 2020, 17:18
Meine Hoffnung ist, dass in folge dessen ein "Raum des Relativismus" zum Vorschein kommt, der mir zeigt, dass man GLAUBEN muss.
Das ist ein Widerspruch in sich. Wenn etwas so beschaffen ist, daß der Intellekt es als wahr erkennen muß, dann nennen wir das Wissen, nicht Glauben. Glauben ist in einer schwächeren Kategorie, aber gerade darum von größerem Wert. Glauben nennen wir das, was unser Intellekt als möglich erkennt, was dann aber durch eine konkreten Willensentscheidung wahr für uns wird. Und zwar nicht als "wahrscheinliche Annahme" (das wäre dann eine Meinung) sondern als ebenso wahr wie die Dinge die wir wissen.

Glanz und Glorie des Glaubens liegen genau in der willentlichen Entscheidung trotz der intellektuellen Unsicherheit. Alle großen Dinge im menschlichen Leben sind von dieser Art: wer etwa heiratet oder Priester wird, weiß der sicher daß dies der richtige Weg ist, daß er zu Heil und Glück führt? Nein, natürlich nicht, man kann das nicht wissen. Aber mit Willenskraft wagt er es fürs ein ganzes Leben.

(Nebenbei bemerkt erklärt sich hier auch der Unterschied zwischen Fanatismus und festem Glauben. Denn nehmen wir an, ich würde später zu Wissen gelangen, daß meinem Glauben widerspricht. Es können nicht zwei widersprüchliche Dinge beide wahr sein, und Glaube ist schlicht intellektuell schwächer als Wissen. Ein fester Glaube wird sicher auf einer genauen Analyse bestehen, aber falls das neue Wissen den Test besteht, muß er weichen. Tut er das nicht, sondern erzwingt er das Verneinen von echtem Wissen, dann ist das Fanatismus.)
philipp hat geschrieben:
Samstag 19. September 2020, 17:18
Dann ist quasi nur noch die Frage woran man glauben will. Und da scheint mir das Christentum am Wahrhaftigsten.
Meine Perspektive ist eher, daß nur das Christentum verrückt genug ist um im Angesicht dieser Welt realistisch hoffen zu können. Aber wir alle sehen das göttliche Licht gebrochen durch unsere eigene Persönlichkeit...
philipp hat geschrieben:
Samstag 19. September 2020, 17:18
Ich habe mit dem Zufall deswegen ein Problem, weil man irgendwann an den Punkt der "Ungeplantheit" kommt, wie du schon geschildert hast. denn, so denke ich, wenn zum Beispiel Atome zu 50% zerfallen oder eben nicht zerfallen, dann liegt hier die Entscheidung darüber, wie es mit der Welt weitergeht, nicht mehr bei Gott, sondern beim Atom.
Du sorgst Dich, daß ein Atom zerfällt, oder nicht, "ohne Gott", aber offenbar nicht darum, daß Du Dich entscheiden kannst zu stehlen, oder nicht, "ohne Gott". Aber ohne Gott existiert das Atom nicht und tut auch nichts, und das gilt auch für Dich. Gott macht das Atom und auch Dich, mit Freiheitsgraden. Das Atom wird kontrolliert von seiner Freiheit, Du kontrollierst Deine Freiheit (jedenfalls teilweise). In diesem Sinne bist Du mehr als ein Atom. Aber beide habt ihr diese Freiheit nur solange Gott sie in der Welt ermöglicht, euch den Freiraum gibt, ganz konkret im Akt der Zerfalls oder nicht, oder des Stehlens oder nicht. Die Welt zwingt euch beide nicht, weil Gott euch die Möglichkeiten eröffnet.

Gott steht nicht in der Zeit. Für ihn ist die Frage ob das Atom zerfiel und ob Du gestohlen hast nicht offen. Gott wartet nicht darauf "was passiert". Er sieht seine ganze Schöpfung in der ganzen auch von ihm geschaffenen Zeit von Anfang bis Ende. Nichts war oder wird, alles ist. Aber inwiefern bist Du frei wenn Gott ja sieht was Du entscheidest und seine ganze Schöpfung um Deine Entscheidung herum arrangieren kann? Wo ist der Zufall des Atoms, wenn Gott schlicht sieht was es tut?

Deine Freiheit ist an der Welt gemessen, nicht an Gott. Ein Stein losgelassen fällt zur Erde. Die Welt zwingt ihn, er hat keinerlei Freiraum. Aber das Atom zerfällt oder nicht, die Welt kann es nicht komplett zwingen. Und Du stiehlst oder nicht, die Welt kann Dich nicht komplett zwingen. In Gott ist alles geklärt, wie die Freiheit aufgelöst wird ist aus der Ewigkeit heraus bekannt und nach Gottes Willen mit dem Rest der Schöpfung in der folgenden zeitlichen Ordnung verwoben. Aber das zerfallende Atom ist dabei mehr als der fallende Stein, wie es sich integriert hat eine Eigenheit. Und für Dich gilt das noch mehr, denn Du hast gar eigene Verantwortung für Deine Eigenheit.

Hier ist eine vielleicht hilfreiche Analogie. Stell Dir vor Du baust ein grandioses Gebäude aus Legosteinen. Die meisten Legosteine sind so wie Du sie kennst: statisch. Du nimmts so einen Stein und setzt ihn, das war's. Aber einige Steine sind anders, wenn Du ihn nimmst und setzt verändern sie sich, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit verlängern sie sich in eine Richtung oder eine andere. Andere Steine sind noch spezieller. Wenn man sie setzt, ziehen sie Steine aus der Umgebung an und bauen sie in wilden Mustern um sich herum auf, eine Weile lang, wenn Du sie läßt. Kannst Du trotzdem damit bauen? Es ist sicher viel komplexer, aber auch viel interessanter... Trotzdem, wenn schließlich das ganze Gebäude fertig ist, dann ist die faszinierende Freiheit dieser Steine Teil des Ganzen, integriert, eingebaut. Und Du bist immer noch der Schöpfer. Du hast die Steine gesetzt, auch die besonderen. Du hast sie mit anderen Steinen verbunden, Du hast auch vielleicht manchmal ihren wilden Wuchs aufgehalten. Die Gesamtheit ist immer noch Dein Werk, auch wenn Du nicht nur mit statischen Steinen gearbeitet hast. Deine Kunst ist nur anders, in meinen Augen größer, dadurch daß Du mit freien Steien gearbeitet hast.

Und noch eins: "Kopf und ich wasche ab, Zahl Du tust es." Die Münze wird geworfen, und es ist Zahl. Wer hat hier entschieden wer abwäscht? Die Münze? Wie kann die Münze etwas entscheiden? Hat sie Intelligenz und Willen, ein Hirn vielleicht? Nein. Die Entscheidung war bei dem der die Münze warf, und bei dem anderen der den Münzwurf auch akzeptierte. Zufall ist nur Zufall. Schöpfung ist Entscheidung.
philipp hat geschrieben:
Samstag 19. September 2020, 17:18
ich habe auch deinen verlinkten beitrag gelesen, wo du über aquins gottesbeweis sprichst. für mich fühlt es sich auch logischer an, wenn man an eine "Unendliche Welt" glaubt anstatt an eine mit einem Anfang. Aber wo ist da das Problem? Ich meine wo ist die Relevanz bezogen auf die Frage, ob es gott gibt? oder war es gar nicht dein anspruch die thematik zu erläutern?
Es ging in diesem Beitrag nicht darum, ob die Welt einen Anfang hatte oder nicht. Das habe ich nur diskutiert weil es zeigt, daß die übliche Interpretation dieses Gottesbeweises nicht im Sinne von Aquinas selbst sein kann.

Diese spezifische Gottesbeweis beruht darauf, daß Kausalität einen Anfang haben muß, nicht eine endlose Kette sein kann. Nur gilt das eben nicht für zeitliche Kausalität, denn zeitliche Kausalität kann im Prinzip endlos sein (auch wenn sie es konkret vielleicht nicht ist, falls die Welt einen Anfang hatte). Es gilt aber wohl für Erklärungskausalität, und darum meinte Aquinas diese Form der Kausalität in diesem Gottesbeweis. Der Grund ist, daß ein Zeitpunkt kausal autark sein kann, aber eine Erklärung nicht.

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Juergen
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Juergen »

TeDeum hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 08:18
…Man muss als Erwachsener auch erstmal den kindlichen Glauben loswerden…
:motz: Nein muß man nicht!

Pfarrer und andere sich für gescheit haltende Leute, meinen das den Menschen einreden zu müssen mit Sprüchen wie „Der Glaube muß erwachsen werden“ und ähnlichem. – Das ist Unfug! Grober Unfug!

Gruß Jürgen

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philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

Das ist ein Widerspruch in sich. Wenn etwas so beschaffen ist, daß der Intellekt es als wahr erkennen muß, dann nennen wir das Wissen, nicht Glauben. Glauben ist in einer schwächeren Kategorie, aber gerade darum von größerem Wert. Glauben nennen wir das, was unser Intellekt als möglich erkennt, was dann aber durch eine konkreten Willensentscheidung wahr für uns wird. Und zwar nicht als "wahrscheinliche Annahme" (das wäre dann eine Meinung) sondern als ebenso wahr wie die Dinge die wir wissen.
ich habe mich offensichtlich nicht gut genug ausgedrückt. was ich mit dem ersten Zitat von mir in deinem Posting meinte, ist, dass es Dinge gibt, die man nie wissen kann. Die Frage Gottes zum Beispiel werden wir nie klären können. Deswegen müssen wir Glauben. entweder an ihn, oder eben an die welt ohne gott. das meinte ich mit "Glauben müssen".

philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

Lieber Trisagion,

bevor ich schlafen gehe möchte ich dir noch auf deinen Text antworten.

Du sorgst Dich, daß ein Atom zerfällt, oder nicht, "ohne Gott", aber offenbar nicht darum, daß Du Dich entscheiden kannst zu stehlen, oder nicht, "ohne Gott".
bei diesem satz ist mir ein weiteres problem eingefallen dass mich beschäftigt. mir fällt es nämlich recht leicht den mensch als determiniert anzusehen. Ich glaube zwar an den freien willen, aber mein glaube ist nicht stark, weil es sehr logisch auf mich wirkt, dass wir einfach produkt unserer erfahrungen und genetik sind und demnach so wie atome mit gewissen wahrscheinlichkeiten gewisse handlungen ausführen. kannst du mir helfen diesen gedanken zu überdenken?

Ich finde deine Erläuterungen zur Freiheit des Atoms (also der Freiheit der Wahrscheinlichkeiten) wunderbar. Auch die Münz- und die Lego-Analogie war Gold wert. Jedoch habe ich folgenden Einwand: Sowohl bei den "freien" Legosteinen, als auch bei der "freien" Münze ist Freiheit vorhanden. Diese Freiheit ist jedoch beschränkt, sodass das "gesamtwerk" nicht wirklich darunter leidet. Also beim Lego zum Beispiel ist es klar, dass ich trotzdem meinen turm bauen können werde, auch wenn ich es zulasse, dass manche Steine ihre längen verändern.

In der echten Welt könnte es aber anders aussehen. Was, wenn unsere gesamte Welt nur entstehen konnte, weil irgendwo ein Quant entstanden ist. Dieses Teilchen ist nur entstanden, weil es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (=Freiheit) zufällig aufgetreten ist. Demnach wäre die gesamte Welt unabhängig von Gott. Einzelne Menschen sind wie die freien Legosteine, von denen du sprichst. Aber es könnte sein, dass es früher einmal weggabelungen gab, auf die gott keinen einfluss haben konnte. insofern können wir gar nicht von gott gewollt sein, weil er ja zugelassen hat, dass wir auch nicht sein könnten.
ich hoffe ich habe mich halbwegs verständlich ausgedrückt. sonst frag bitte nach, danke dir!


Auf deine Worte zu Aquin gehe ich nicht weiter ein, da ich mir nicht sicher bin ob ich dich ganz verstehe. Gleichzeitig denke ich aber auch dass ein Gespräch darüber für mich momentan nicht fruchtbringend wäre. Aber ich habe denke ich auch aus diesen Worten etwas mitnehmen können.

Danke für deine/Eure Aufmerksamkeit. Alles Liebe und Gottes Segen .

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 20:02
Die Frage Gottes zum Beispiel werden wir nie klären können. Deswegen müssen wir Glauben. entweder an ihn, oder eben an die welt ohne gott. das meinte ich mit "Glauben müssen".
Nun, kommt drauf an was Du hier mit "Gott" meinst. An den Gott der Gottesbeweise, manchmal auch "Gott der Philosophen" genannt, brauche ich nicht zu glauben. Ich weiß, daß dieser Gott existiert. Ich weiß auch so einiges über seine Eigenschaften, z.B. daß er ewig sein muß (nicht in der Zeit stehen kann), weil dies ebenfalls philosophisch nachweisbar ist.

Ich weiß allerdings nicht, daß der trinitarische Gott des Christentum existiert. Das glaube ich nur. Ich weiß auch nicht, daß die zweite Person Gottes als Jesus Christus menschliche Natur angenommen hat. Das glaube ich nur. Ich bin mir auch relativ sicher, daß man diese Dinge nicht wissen kann - jedenfalls nicht aus der Naturbeobachtung heraus, nicht ohne besondere Offenbarung Gottes.

Die Gottesbeweise beweisen also nicht die Existenz des christlichen Gottes, nur daß dieser philosophisch gesehen existieren kann: nicht etwa weil der "Gott der Philosophen" fundamentaler wäre, sondern weil es deutlich mehr Aussagen über den christlichen Gott gibt als wir philosophisch beweisen können. (Wobei nur das klassische christliche Gottesverständnis philosophisch kompatibel ist. Einige moderne "christliche" Theologien sind philosophisch gesehen problematisch. Oder weniger höflich: falsch.)

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 20:26
mir fällt es nämlich recht leicht den mensch als determiniert anzusehen. Ich glaube zwar an den freien willen, aber mein glaube ist nicht stark, weil es sehr logisch auf mich wirkt, dass wir einfach produkt unserer erfahrungen und genetik sind und demnach so wie atome mit gewissen wahrscheinlichkeiten gewisse handlungen ausführen. kannst du mir helfen diesen gedanken zu überdenken?
Klar, die großen Fragen der Philosophie erledige ich gerne mal so nebenher... ;)

Erstens, es gibt derzeit meines Wissens nach keine gute philosophische - oder naturwissenschaftliche - Lösung des Konfliktes zwischen dem scheinbaren Determinsmus der Natur und der scheinbaren Freiheit des menschlichen Willens. Ich halte auch die Ansätze Willensfreiheit quantenmechanisch zu verorten (z.B. Penrose) für wenig mehr als intellektuelle Trickserei: hier wird ein Rätsel für ein anderes verantwortlich gemacht, und das dann eine "Erklärung" genannt. Schließlich würde ich auch noch sagen, daß von traditionell-christlicher Seite hier oft die klassische Philosophie überbewertet wird. Auch die klärt hier leider wenig...

Zweitens, obwohl die Erfahrung menschlicher Freiheit innerlich ist, ist sie doch dermaßen universell und allgegenwärtig bei Menschen quer durch alle Zeiten, Kulturen und Orte, daß man wohl kaum eine objektivere Beobachtung finden wird. Denn die Idee einer objektiven Beobachtung ist ja gerade, daß ein anderer Mensch hinschauen und meine Beobachtung bestätigen kann. Nun, so gut wie jeder Mensch kann hier schauen und diese Freiheit bestätigen, außer er ist sehr jung, sehr dement, schläft, im Koma... Es ist nur so, daß er in sich schaut und ich in mich. Wir müssen also annehmen, daß Menschen beobachtbare Gemeinsamkeiten haben. Aber das ist keine problematische Annahme. Man darf diese Daten deshalb nicht einfach beiseite wischen, das ist eben gerade nicht naturwissenschaftlich! Der Wissenschaftler hat nach Kräften unvoreingenommen alle Daten zu berücksichtigen, nicht nur die, die ihm in den Kram passen oder ein gewohntes Format haben.

Drittens, selbstverständlich sind wir alle sehr weitgehend von Genetik, Erfahrungen, und Umständen bestimmt. Niemand behauptet, daß wir ununterbrochen jede unserer Aktionen souverän, unabhängig und bewußt kontrolliert entscheiden. Ohne jede Frage verbringen wir einen großen Teil unser Wachzeit vom "Autopilot" gesteuert und von der Welt auf die Spur gezwungen. Und psychologisch gesehen ist Unfreiheit durchaus attraktiv und nötig, und wir arrangieren einen großen Teil unseres sozialen Umgangs um Freiheit zu minimieren. Die von uns gemachte Welt ist voller Zwänge: Gesetze, Prozesse, Formulare, Dienstwege, ... Schließlich wird uns unsere Freiheit oft gerade durch ihre Abwesenheit bewußt. Wir tun "was wir nicht wollen" obwohl wir es lassen könnten, eine ganz normale Schizophrenie. Alle diese Dinge scheinen gegen menschliche Freiheit zu sprechen. Aber sie haben ihre Bedeutung eben nur, weil es diese Freiheit gibt und sie eingeschränkt wird. Nichts was ich hier in diesem Paragraphen gesagt habe würde für einen Automat irgendeine Rolle spielen, die ganze Diskussion würde sich schlicht erübrigen. Es ist gerade weil wir wissen, daß wir in diesen Fesseln der Welt und unseres Daseien eben doch einen gewissen Spielraum haben, uns bewegen können, daß wir über die Fesseln debatieren und stöhnen. Eine Statue kann man nicht fesseln.

Zusammengefasst: nach heutiger Datenlage bietet die Natur wahrscheinlich keinen Raum für Freiheit, jedoch hat der Mensch wahrscheinlich echte Freiheit (wenn auch in engen Grenzen). Der Widerspruch ist offenbar. Es ist aber ein Fehler nun einfach eine der beiden Seiten zu verneinen. Wir brauchen hier schlicht einen Fortschritt, entweder in den Beobachtungen oder unseren Theorien, um den Widerspruch aufzulösen. Bis das geschieht müssen wir ihn aushalten.

(Wenn man "übernatürliche" Phänomene zulässt, dann kann man die Freiheit jenseits der normalen "Natur" verorten. Ich habe diese Möglichkeit hier bewußt ignoriert, aber nur um im "naturwissenschaftlichen Modus" zu verbleiben, nicht weil ich dies ausschließe.)

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

philipp hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 20:26
In der echten Welt könnte es aber anders aussehen. Was, wenn unsere gesamte Welt nur entstehen konnte, weil irgendwo ein Quant entstanden ist. Dieses Teilchen ist nur entstanden, weil es mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (=Freiheit) zufällig aufgetreten ist. Demnach wäre die gesamte Welt unabhängig von Gott. Einzelne Menschen sind wie die freien Legosteine, von denen du sprichst. Aber es könnte sein, dass es früher einmal weggabelungen gab, auf die gott keinen einfluss haben konnte. insofern können wir gar nicht von gott gewollt sein, weil er ja zugelassen hat, dass wir auch nicht sein könnten.
Das Universum an sich kann garnicht "zufällig" zu existieren anfangen. Was die Idee mit der Quantenfluktuation angeht: Erstens wird das Universum nicht geschafften, wenn die Fluktuation passiert. Sondern dann, wenn die Regel für die Fluktuation und ihr Medium (das "Vakuum") etabliert wird. Und bei dieser Rahmensetzung selber fluktuiert nichts. Zweitens, selbst wenn wir das ignorieren und nur die Quantenfluktuation anschauen, ist diese unausweichlich selbst wenn sie zufällig ist. Denn selbst wenn ihre Wahrscheinlichkeit unermeßlich klein ist, können wir ja noch viel unermeßlicher lange warten. Es gibt hier ja kein Zeitbegrenzung, nichts ist los, nicht passiert, Gott ist eh ewig... Kurz, die Äonen die vergehen mögen bis die Fluktuation auftritt sind Schall und Rauch, eine theoretische Zahl die sofort in den Moment übergeht wo die Fluktuation dann auftritt und etwas los ist.

Des weitern habe ich ja bereits darauf hingewiesen, daß eine Entscheidung nie zufällig ist. Wenn ich sage "lassen wir das Los entscheiden", dann ist die Entscheidung bereits passiert. Die Entscheidung ist gerade es dem Zufall zu überlassen, statt es zu bestimmen. Was aufgrund dieser Entscheidung passiert ist dann Zufall, aber die Entscheidung selber war gewollt. Zufall in der Welt existiert nur wenn Gott ihn an dieser Stelle will, und nur in der Weise die Gott will. Es gibt nichts gegen den Willen Gottes. Es ist nur so, daß Gott auch Zufälliges wollen kann. Genau wie ich auch sagen kann "ach, statt zu diskutieren werfen wir eine Münze - Kopf ich mache es, Zahl Du machst es". Wer es dann macht, ist Zufall. Aber daß es Zufall ist wer es schließlich macht, ist nicht selber Zufall. Das ist von mir so gewollt und vorgeschlagen, und von Dir so akzeptiert. Genauso ist es mit der Freiheit. Ich habe nun nicht dieselbe absolute Befehlsgewalt über meinen Sohn den Gott über die Welt halt. Aber wir kennen derlei trotzdem gut. Wenn ich zu meinem Sohn sage "ich überlasse Dir, ob Du zuerst Hausaufgaben machst oder abwäschst" dann gebe ich ihm Freiheit, wenn auch ziemlich begrenzte und vielleicht nicht besonders gemochte. Ob er nun das eine oder andere zuerst tut steht ihm frei, aber nur weil ich das so gewollt habe. Insofern ist das sowohl echt seine Freiheit als auch echt mein Wille.

Es gibt nichts, worauf Gott "keinen Einfluß" hat. Schlicht weil es nichts gibt ohne Gott. Aber es gibt Dinge, denen Gott Freiraum gibt so oder so zu sein. Kann Gott das Resultat beherrschen? Ich sehe keine Grund warum er das nicht tun können sollte. Ich denke nicht, daß Gott es nötig hat sich zu korrigieren (und es macht vermutlich keinen Sinn das zu denken). Aber falls etwas zufällig oder frei das ganze folgende Universum durcheinanderbringt, kann Gott es ja schlicht entfernen, verändern, zwingen ... was auch immer er will. Er steht ja außerhalb der Zeit und ist allmächtig. Wenn man sich überhaupt vorstellen kann, daß sagen wir mal die Ausrottung der Dinosaurier nicht gewollt war, dann geht Gott halt an die entsprechende Stelle in Raum und Zeit und würfelt die Bahnveränderung des Asteroiden erneut. Und dann schlägt der nicht ein und alles ist voller Dinosaurier. Wie gesagt, ich denke nicht daß Gott wirklich so "rumprobiert", aber offensichtlicht könnte er das genau so lange tun bis ihm alles recht ist.

Zusammengefasst: Wenn wir von Gott, Zufall und Freiheit reden, dann hat das nichts damit zu tun wie Dir zufällig dies oder das passiert, oder wie andere Leute in ihrer Freiheit Dinge tun ohne Dich zu fragen. Es hat damit zu tun, wie Du etwas dem Zufall unterwirfst ("laß uns darüber eine Münze werfen") oder jemandem anderen etwas freistellst ("das überlasse ich Dir"). Es ist ein gewolltes Lockern der Kontrolle, eine Entscheidung Freiraum zu gewähren.

Kann Gott mit den Folgen umgehen? Nun, ich denke dafür haben wir ein Paradebeispiel in Adam und Eva und dem Sündenfall. Gott korrigiert nicht die Fehlentscheidung, z.B. indem er das Szenario wiederholt bis "das Richtige" passiert, oder die Schlange eliminiert, oder Adam und Eva schlicht die Entscheidung wegnimmt. Gott nimmt auch nicht die Konsequenzen weg, Sünde und Tod verseuchen die Welt... Jedoch kommt Gott in die Welt, und opfert sich für uns auf. Ein überwältigender Akt den es ohne den Fehler nicht gegeben hätte, aus der Dunkelheit ein noch größeres Licht.

Ich denke Gott ist wie ein großer Künstler. Er malt nicht nach Zahlen. Er findet seinen Ausdruck in der Explosion der Möglichkeiten durch Zufall und Freiheit, auch und gerade wo diese "negativ" sind.

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Lycobates
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Lycobates »

Marion hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 22:20
Martina hat geschrieben:
Freitag 18. September 2020, 17:10
Wer Argumente sucht, bleibt im Äußeren stecken. Gott ist nur erfahrbar.
Die heilige katholische Kirche lehrt da etwas anderes ;)

1. Vatikanisches Konzil Dei Verbum:
11 Dieselbe heilige Mutter Kirche hält fest an der Lehre: der Mensch kann Gott, den Ursprung und das Endziel aller Dinge, durch das natürliche Licht seiner Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Gewissheit erkennen. „Denn das Unsichtbare an ihm erschaut der denkende Verstand seit Erschaffung der Welt in seinen Werken."
Wer nicht sicher weiß, daß es Gott gibt, der kann ja auch nicht glauben, daß Christus sein Sohn ist. Von wem soll er denn Sohn sein, wenn es den Vater vielleicht gibt oder vielleicht auch nicht und wenn man gar nicht weiß wer es ist. Der hl. Thomas von Aquin schreibt so etwas ähnliches. Wenn du schreibst Gott sei nur "erfahrbar" meinst du wohl, dass es einem irgendwo warm ums Herz wird oder dass ein fester Wunsch in Erfüllung ging oder so? Das ist kein Beweiss für nichts. Sowas kann von allem möglichen kommen, ja gar vom Teufel.

Der katholische Glaube ist vernünftig. Und unseren Verstand haben wir dazu erhalten IHN zu finden, zu lieben, zu dienen ...
Gemeint ist wohl Dei Filius? (24.4.1870)
Dei Verbum kenn ich nicht als authentisches lehramtliches Dokument ... ;)
Der Mittelweg ist der einzige Weg, der nicht nach Rom führt (Arnold Schönberg)
*
Fac me Tibi semper magis credere, in Te spem habere, Te diligere
*
... una cum omnibus orthodoxis, atque catholicae et apostolicae fidei cultoribus

Trisagion
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Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von Trisagion »

Juergen hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 18:38
TeDeum hat geschrieben:
Donnerstag 17. September 2020, 08:18
…Man muss als Erwachsener auch erstmal den kindlichen Glauben loswerden…
:motz: Nein muß man nicht!

Pfarrer und andere sich für gescheit haltende Leute, meinen das den Menschen einreden zu müssen mit Sprüchen wie „Der Glaube muß erwachsen werden“ und ähnlichem. – Das ist Unfug! Grober Unfug!
Es wäre hilfreich hier mal zu klären was jeweils gemeint ist... Im Deutschen gibt es den schönen Unterschied zwischen "kindlich" und "kindisch". Vielleicht hilft das weiter?

Man bedenke jedenfalls Paulus, etwa "Vor euch, Brüder und Schwestern, konnte ich aber nicht wie vor Geisterfüllten reden; ihr wart noch irdisch eingestellt, unmündige Kinder in Christus. Milch gab ich euch zu trinken statt fester Speise; denn diese konntet ihr noch nicht vertragen. Ihr könnt es aber auch jetzt noch nicht; denn ihr seid immer noch irdisch eingestellt." (1 Kor 3,1-3 nach EÜ16) und "Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war. " (1 Kor 13,11 nach EÜ16)

philipp

Re: Überzeugende Argumente für Gott?

Beitrag von philipp »

Trisagion hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 23:53
philipp hat geschrieben:
Sonntag 20. September 2020, 20:02
Die Frage Gottes zum Beispiel werden wir nie klären können. Deswegen müssen wir Glauben. entweder an ihn, oder eben an die welt ohne gott. das meinte ich mit "Glauben müssen".
Nun, kommt drauf an was Du hier mit "Gott" meinst. An den Gott der Gottesbeweise, manchmal auch "Gott der Philosophen" genannt, brauche ich nicht zu glauben. Ich weiß, daß dieser Gott existiert. Ich weiß auch so einiges über seine Eigenschaften, z.B. daß er ewig sein muß (nicht in der Zeit stehen kann), weil dies ebenfalls philosophisch nachweisbar ist.

Ich weiß allerdings nicht, daß der trinitarische Gott des Christentum existiert. Das glaube ich nur. Ich weiß auch nicht, daß die zweite Person Gottes als Jesus Christus menschliche Natur angenommen hat. Das glaube ich nur. Ich bin mir auch relativ sicher, daß man diese Dinge nicht wissen kann - jedenfalls nicht aus der Naturbeobachtung heraus, nicht ohne besondere Offenbarung Gottes.

Die Gottesbeweise beweisen also nicht die Existenz des christlichen Gottes, nur daß dieser philosophisch gesehen existieren kann: nicht etwa weil der "Gott der Philosophen" fundamentaler wäre, sondern weil es deutlich mehr Aussagen über den christlichen Gott gibt als wir philosophisch beweisen können. (Wobei nur das klassische christliche Gottesverständnis philosophisch kompatibel ist. Einige moderne "christliche" Theologien sind philosophisch gesehen problematisch. Oder weniger höflich: falsch.)
Hallo Trisagion! Danke für deine Antwort. Könntest du mir bitte so viel über die Begriffe "Gott der Philosophen" "klassisch christ. Gottesverst." und "moderne Theologien" erklären sodass ich deinen Beitrag verstehen kann? Mir ist das momentan nicht ganz möglich, weil mir das hintergrundwissen fehlt. Da diese Begriffe doch nicht so eindeutig sind, wäre mir eine Erklärung von dir weit lieber als eine Eigenrecherche.. Ich wäre dir dankbar dafür.

Ergänzung: gibt es deiner Meinung nach andere religiöse Strömungen die mit dem "Gott der Philosophen" vereinbar sind?

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