Irmgard hat geschrieben: ↑Montag 3. August 2020, 21:56
[...]
Noch schlimmer fand ich die Post an meine Oma (sinngemäß): Witwe Josef Neumann. Fand ich herabwürdigend. Und da war ich noch Kind. Man hielt mich für aufsässig bei solchen Fragen und Gedankengängen....
Aufsäßig?
Na ja, da ist wohl der Wunsch der Vater (Verzeihung, die Mutter) des Gedankens?
Eher uninformiert.
Der Schritt vom Uninformiertsein zum Borniertsein ist manchmal ein kurzer.
Herabwürdigend?
Witwe ist doch (schon im vorchristlichen Bereich, aber erst recht im Christentum) ein Ehrentitel!
Wobei den Frauen, die Witwen sind, namentlich fortgeschrittenen Alters, vonseiten ihrer Nächsten besondere Achtung, Wertschätzung und Rücksicht zukommen muß, nicht nur im alltäglichen Umgang mit ihnen, die doch einen besonderen Verlust zu verschmerzen haben (auch daher ist es wichtig, zu wissen, daß sie Witwen sind, und sie entsprechend zu bezeichnen), sondern es geht sogar so weit, daß in der klassischen Morallehre eine schwere Versündigung gegenüber Witwen eine himmelschreiende Sünde ist, die bereits das natürliche Rechtsgefühl verletzt.
Es reicht, sich die Briefe des Völkerapostels zu Gemüte zu führen, wo er über diese Frauen spricht, und unsere Liturgie, wo die heiligen Frauen, die verheiratet waren, ein eigenes Commune haben, das ihren Vorzügen besonders gerecht wird, und für die Witwen eine besondere Epistellesung vorgesehen ist.
Wer dafür keine Ader (mehr) hat, dem (der) ist wohl nicht zu helfen.
Ich habe, als ich seinerzeit als Student meiner Oma Postkarten aus den Ferien schickte, oft aus (damals) exotischen Gefilden, die sie immer gern bekam, immer besonders darauf geachtet, sie als "Frau Witwe X" anzuschreiben. Etwas anderes wäre auch niemandem eingefallen.