Mißbrauchsanschuldigungen

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:39
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:32
ich wiederhole mich mal: An dieser Entscheidung des Bischofs gibt es nichts herumzumäkeln oder zu verwässern…
Dazu gäbe es eine ganze Menge zu sagen.
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:38
Jetzt trotzdem noch mal. Es waren der Generalvikar und der Personalchef des Bistums. Das sind genau die Leute, deren Aufgabe das auch ist.
Es mag ihre Aufgabe sein, doch wenn der Bischof diese Leute als „die Verantwortlichen“ bezeichnet, dann sieht er sich offenbar selbst nicht in der Verantwortung.
„Die Verantwortlichen“ sind es dann aber nicht, die an vorderster Front ihr Gesicht in die Kamera halten und eine Pressekonferenz geben.
Hast du gesehen, wie fertig der Bischof war? Wie schwer ihm das alles gefallen ist? Und ja, er ist das Gesicht des Bistums. Da war es seine Aufgabe, disese Pressekonferenz selbst zu besetzen. Der Generalvikar und der Personalchef haben mit der Sache auch so genug zu tun. Da ist ganz viel kaputt gegangen, was die Gemeinden gerade mühsam aufbauen. Ehrlich Jürgen, ich muss mich doch sehr wundern.

Gruß
Irmgard

Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Die Äußerungen in dem Interwiew finde ich persönlich viel schlimmer, als das, was von der Predigt kolportiert wurde.

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:39
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:32
ich wiederhole mich mal: An dieser Entscheidung des Bischofs gibt es nichts herumzumäkeln oder zu verwässern…
Dazu gäbe es eine ganze Menge zu sagen.
Da bin ich dann aber wirklich gespannt. Hast du das Inverview mit Herrn Zurkuhlen angeschaut?
Das ganze Interview habe ich nicht gesehen, da es dieses nicht im Internet gibt und dieses auch nicht gesendet wurde. Gesendet wurde nur eine Zusammenschnitt von einzelnen Aussagen. Das kann man sich auch HIER anhören.
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
Können wir erst einmal festhalten, dass diese von ihm vertretenen Ansichten so nicht haltbar sind.
Ja, was die Aussagen in dem Interviewzusammenschnitt betrifft. Was er in der Kirche gesagt hat, ist leider nicht zugänglich. Da gibt es nur medial aufbereitete Aussagen empörter Dritter.
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
Und dass jemand mit diesen Ansichten nicht Repräsentant der Kirche sein sollte?
Doch kann er. Ich möchte auch gar nicht wissen, was manche Repräsentaten der Kirche für Ansichten haben, welche sie lediglich nicht öffentlich äußern. Es geht bei der Feier der Sakramente nicht darum, was der Priester für Ansichten hat, ja, es geht nicht einmal darum, ob er gläubig ist oder nicht. Nach letzterem fragt man heutzutage auch besser nicht.
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
[Daß] es an Missbrauch nichts aber auch gar nichts zu verharmlosen oder zu relativieren gibt?
Ja
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
Aber öffentlich die Messe feiern nach diesen Aussagen?
Ja.
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:45
Oder die Beichte hören?
Nein.

Gruß Jürgen

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Ich schrieb oben ja bereits, dass ich davon ausgehe, dass es in der Generation von Herrn Zurkuhlen etliche Leute geben wird, die seine Ansichten sogar teilen. Dass das alles nicht so schlimm war, dass man das nicht so aufbauschen sollte, etc. Ich bin mir auch gar nicht sicher, wieviel Einsicht man da noch erwarten kann. Das hat alles schon eine ziemliche Tragik. Und für die Opfer ist das wirklich schlimm. Das Verharmlosen, das Kleinreden...

Das Problem ist, dass diese Ansichten nun öffentlich geworden sind, und dann muss man handeln. Und es ist gut, dass die Gemeinde sie öffentlich gemacht hat. Dann wurde nachgefragt und nachgehakt und nein, er wurde nicht falsch verstanden, ganz im Gegenteil. Damit ist er als Repräsentant der Kirche nun wahrlich nicht mehr geeignet.

Im ersten Schritt und die Predigt nicht vorliegend habend, hat der Bischof geraten, vorerst auf das Predigen zu verzichten. Das scheint mir ein kluger Ratschlag.

Erst auf die Erkenntnisse aus der Gemeindversammlung und insbesondere den von Zurkuhlen selbst veröffentlichten Aussagen, hat er den Schritt der Suspendierung gewählt. Und das ging, denke ich, auch nicht anders.

Und das ist auch der Unterschied zu allen anderen mit kruden Ansichten. Er hat sie öffentlich geäußert und sich unbelehrbar gezeigt. Trotz Missbrauchspräventionsschulungen, an denen auch er teilgenommen hat.

Gruß
Irmgard

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Gruß Jürgen

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Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Wüßte nicht, daß ein Urteil gefällt worden wäre. Der Priester kann ja in Rom Rekurs einlegen.

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:53
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Wüßte nicht, daß ein Urteil gefällt worden wäre. Der Priester kann ja in Rom Rekurs einlegen.
Es war ein disiplinarischer Verwaltungsakt. Auch den sollte ein Bischof nicht nach gutdünken fällen. Tut er es nach Gutsherrenart, so nennt man so etwas Despotismus.

Gruß Jürgen

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Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Wie schon gesagt, der Rechtsweg steht ihm ja offen.

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:58
Wie schon gesagt, der Rechtsweg steht ihm ja offen.
Den Weg wird vermutlich ein 79 jähriger pensionierter Priester nicht mehr gehen wollen.

Das ist aber auch irrelevant für meine Frage.
Gruß Jürgen

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Hilarius
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hilarius »

Mir scheint auch, dass in der Angelegenheit einiges durcheinander und der theologische Kern verloren geht.
In https://charismatismus.wordpress.com/20 ... e-predigt/habe ich von "volkmarsgedankensalat" einiges gelesen, das mir weitergeholfen hat:
Vergebung geschieht da, wo Frieden und Freiheit von Schuld nur durch Vergebung möglich ist und wo Christus dazu auffordert und Kraft schenkt. Die Voraussetzungen für Vergebung ist erfahrene Kränkung und der Wille, zu vergeben. Vergebung hat zwei Seiten, weil es einen Schuldiggewordenen gibt, der sich mit seiner Tat auseinandersetzen sollte und ein Opfer von Schuld gibt, das vergeben sollte. Beide Seiten finden in dem Gleichnis (Matth 18,21ff) wertvolle Hilfen für den Umgang mit Schuld. Das eine hängt nicht vom anderen ab. Das Opfer kann und soll auch dann vergeben, wenn der Schuldige uneinsichtig ist. Der Schuldige soll um Vergebung bitten, auch wenn das Opfer nicht bereit ist, zu vergeben.

Pfarrer Zurkuhlen muss darum den Punkt Anerkennung von Schuld nicht ansprechen. Das tut weder Jesus noch tun das die Apostel. Es ist keine Voraussetzung für Vergebung.
...
Wer sich zu Christus als seinen Herrn bekennt, verpflichtet sich im Vaterunser regelmäßig dazu, Schuldigern zu vergeben. Christen sind durch ihren Glauben zur Vergebung bereit. Vergebungsbereitschaft von Christen einfordern ist das Gleiche wie Vertrauen in Jesus und seinen Opfertod einfordern. Anders gesagt: Es bedeutet Christen auffordern, Christen zu sein. Sonst würden sie ihren Herrn und Heiland verleugnen. „Seid aber untereinander freundlich und herzlich und vergebt einer dem andern, wie auch Gott euch vergeben hat in Christus.“ Eph 4,32
....
„Das dritte Problem bei der Predigt Ihres katholischen Kollegen besteht darin, dass er zur Vergebungsproblematik zwischen den Tätern und ihren Opfern überhaupt nicht spricht, sondern nur die Täter und dir kirchlichen Hierarchien im Blick hat.“

Das ist kein Problem. Warum sollte es auch eins sein. Jesus sagt: „Denn wenn ihr den Menschen ihre Verfehlungen vergebt, so wird euch euer himmlischer Vater auch vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euch euer Vater eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“ Matth 6 Geht Jesus auf die „Vergebungsproblematik zwischen den Tätern und ihren Opfern“ ein? Nein.
Hilarius

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Hallo Jürgen, Hilarius,

nach dem, was Herr Zurkuhlen selbst im WDR-Interview geäußert hat und auch nach dem, was er auf seiner Homepage geschrieben hat, kann ich euren Argumentationen nicht mehr folgen. Denn die dort geäußerten Ansichten gehen über das Thema Vergebung ja nun wirklich hinaus und verharmlosen das Problem des Missbrauchs. Ich finde es sehr wichtig, deutlich zu machen, dass solche Äußerungen unakzeptabel sind und mit den Vorgaben des Bistums nicht vereinbar. Das ist ein No-go. Das kann man nicht relativieren. Jegliche Relativierung missachtet das Leider der Opfer. Und die haben lange genug unter solchen Relativierungen gelitten.

Der Bischof von Münster hat das wie folgt ausgedrückt:
Bischof Genn hat geschrieben:Wenn einer meiner Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen solche Thesen vertritt, kann er nicht weiterhin im Dienst bleiben.
Quelle: https://www.kirche-und-leben.de/fileadm ... -10-07.pdf

Er bezog sich dabei nicht ausschließlich auf die Predigt, sondern auf die danach getätigten Äußerungen von Zurkuhlen zum Thema Missbrauch:
Bischof Genn hat geschrieben:Ich stand im Nachgang und in den sich anschließenden Auseinandersetzungen und Diskussionen über diese Predigt vor dem Problem, dass die Predigt nicht schriftlich vorlag. [...]
Zwischenzeitlich hat sich der Pfarrer nun sowohl auf seiner eigenen Homepage als auch in verschiedenen Interviews geäußert. Am gestrigen Abend wurde in der Lokalzeit im WDR-Fernsehen ein Beitrag ausgestrahlt, in dem der Priester mehrfach zu Wort kommt.
[...]
Sehr geehrte Damen und Herren, es tut mir leid, dass ich Ihnen diese Aussagen zumuten musste. Ich habe das aber getan, weil sie gemeinsam mit dem, was der Priester ansonsten in den letzten Tagen gepredigt und gesagt hat, die Grundlage für die Konsequenzen sind, die ich heute angeordnet habe und die ich dem Priester bereits habe mitteilen lassen.
Damit ist doch deutlich gesagt, was die Grundlage der Entscheidung war. Da kann ich doch nicht anfgangen, auch hier so zu tun, als sei das alles nicht so schlimm. Ich finde das unterträglich.

Natürlich kann man diskutieren, in welcher Form was, wie und wo mitgeteilt wird, ob der Rechtsweg offensteht, ob der Pfarrer nicht vielleicht auch Hilfe und Unterstützung braucht und was das Vergeben für eine Bedeutung im christlichen Kontext hat. Aber man muss das doch deutlich von der Verharmlosung der Missbrauchsproblematik trennen. Und diese hat ihm die Suspendierung eingehandelt. Und das war gut so.

Gruß
Irmgard

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:54
Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:53
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Wüßte nicht, daß ein Urteil gefällt worden wäre. Der Priester kann ja in Rom Rekurs einlegen.
Es war ein disiplinarischer Verwaltungsakt. Auch den sollte ein Bischof nicht nach gutdünken fällen. Tut er es nach Gutsherrenart, so nennt man so etwas Despotismus.

Nach Gutdünken? :auweia: Ich hatte nicht den Eindruck, dass es sich der Bischof leicht gemacht hat.
Da ist ein Pfarrer für den Dienst als Seelsorger nicht mehr geeignet. Da muss ein Chef handeln.

Was ist denn dein Vorschlag, was genau der Bischof hätte tun sollen? An den dringlichen Rat des Bischofs, sich da tunlichst nicht mehr zu äußern, hat er sich ja nicht gehalten.

Gruß
Irmgard

Vir Probatus
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Lupus hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:12
Das Verhätnis eines Bischofs zu seinen Priestern, denen er "ein Vater" sein soll?
Mein Bischof hat mich noch nie persönlich angesprochen. Sein Brief an mich anlässlich meiner Pensionierung, nach nun fast 50 Jahren Seelsorgsdienst, war in "fürstlicher Manier" wortreiches Geschwurbel! Eben, wie ein Bischof Fürst immer daher redet!
+L.
Wie heißt es: "Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan !"
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Jedem kann gekündigt werden. Maximal ist ein Betriebsrat oder Personalrat anzuhören.
Wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, muss er klagen. Aber vorher ist er schon draußen.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 14:59
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:54
Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 12:53
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Wüßte nicht, daß ein Urteil gefällt worden wäre. Der Priester kann ja in Rom Rekurs einlegen.
Es war ein disiplinarischer Verwaltungsakt. Auch den sollte ein Bischof nicht nach gutdünken fällen. Tut er es nach Gutsherrenart, so nennt man so etwas Despotismus.

Nach Gutdünken? :auweia: Ich hatte nicht den Eindruck, dass es sich der Bischof leicht gemacht hat.b
Da ist ein Pfarrer für den Dienst als Seelsorger nicht mehr geeignet. Da muss ein Chef handeln.

Was ist denn dein Vorschlag, was genau der Bischof hätte tun sollen? An den dringlichen Rat des Bischofs, sich da tunlichst nicht mehr zu äußern, hat er sich ja nicht gehalten.

Gruß
Irmgard
Stimmt, in der Wirtschaft heisst das Abmahnung. Und es muss nicht mehrfach abgemahnt werden.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Siard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Siard »

Vir Probatus hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 15:58
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Jedem kann gekündigt werden. Maximal ist ein Betriebsrat oder Personalrat anzuhören.
Wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, muss er klagen. Aber vorher ist er schon draußen.
Nö, bei einem Pfarrer geht es nicht so einfach, deshalb gibt es auch immer weniger installierte Pfarrer.
Die heutigen Bischöfe sind CEOs und Herrscher, nicht Väter und Hirten. Aber das ist ein anderes Thema.

Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Siard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 16:09
Vir Probatus hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 15:58
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Jedem kann gekündigt werden. Maximal ist ein Betriebsrat oder Personalrat anzuhören.
Wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, muss er klagen. Aber vorher ist er schon draußen.
Nö, bei einem Pfarrer geht es nicht so einfach, deshalb gibt es auch immer weniger installierte Pfarrer.
Die heutigen Bischöfe sind CEOs und Herrscher, nicht Väter und Hirten. Aber das ist ein anderes Thema.
Priester sind ja auch nur noch in den seltensten Fällen gehorsame Söhne.

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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 10:54
Die Äußerungen in dem Interwiew finde ich persönlich viel schlimmer, als das, was von der Predigt kolportiert wurde.
Genau so sehe ich das auch.
Und das wird Wirkungen weit über das Bistum Münster hinaus haben.
Denn das Beteuern, die Priester seinen nun "geschult" ist doch vollkommen unglaubhaft geworden.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Warum von Missbrauchsopfern keiner Vergebung verlangen kann
https://www.kirche-und-leben.de/artikel ... ngen-kann/

Daraus:
Der Jesuit Klaus Mertes, der 2010 als Schulleiter die Aufdeckung der Missbrauchsaffäre in der katholischen Kirche in Deutschland ins Rollen brachte, äußerte sich in einem Beitrag für das Internetportal katholisch.de ähnlich. Für ihn ist ganz klar: „Es gibt kein 11. Gebot: Du (Opfer) sollst (deinem Peiniger/deiner Peinigerin) vergeben“.
Ein Opfer dürfe ein Leben lang seinen Täter nicht mehr sehen wollen. „Vielleicht ist gerade dies sogar ein Aspekt von 'vergeben', sofern 'vergeben' ein 'weggeben' ist, nach dem Motto: 'Ich überlasse ihn/sie dem Gericht Gottes“, fügte Mertes hinzu. [...]
Münsters Bischof Felix Genn hat Zurkuhlen in den Ruhestand versetzt. Er darf ab sofort weder öffentlich Gottesdienst feiern noch predigen oder die Beichte abnehmen. Er sei „fassungslos“, sagt Genn. „Dass ein Priester bei all dem, was wir inzwischen über sexuellen Missbrauch, gerade auch durch Kleriker, über Täterstrategien und das Leid der Opfer wissen, hingeht und solche Äußerungen tätigt, ist unfassbar.“ Der Bischof betonte, dass in einer Predigt zwar das Thema Vergebung aufgegriffen werden könne. „Entscheidend ist aber, wie man das macht.“

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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Siard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 16:09
Vir Probatus hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 15:58
Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 11:48
In der Kirche wird, wie im Rechtsstaat, nach Recht und Gesetz geurteilt.
Gegen welches Gesetz hat der Pfarrer eigentlich verstoßen?

Ein „seine Ansichten gefallen mir nicht“ reicht da ja wohl nicht aus.
Jedem kann gekündigt werden. Maximal ist ein Betriebsrat oder Personalrat anzuhören.
Wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, muss er klagen. Aber vorher ist er schon draußen.
Nö, bei einem Pfarrer geht es nicht so einfach, deshalb gibt es auch immer weniger installierte Pfarrer.
Die heutigen Bischöfe sind CEOs und Herrscher, nicht Väter und Hirten. Aber das ist ein anderes Thema.
Er ist mitarbeitender Pfarrer in einem Pastoralverbund und damit nicht Pfarrer in diesem Sinn.
Außerdem: Er fällt ja weich. Er bekommt normale Ruhestandsbezüge. Kein Vergleich mit jemandem der in einem Betrieb entlassen wird.
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Edi
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Edi »

Ich weiss nicht, was das für Theologen sind, die meinen ein Opfer könne und müsse nicht vergeben. Jesus ist da anderer Ansicht. Dass bei sehr schweren seelischen oder körperlichen Verletzungen Vergebung nicht einfach ist, das zu wissen, dazu braucht man keine Theologen, aber wenn schon von theo = Gott die Rede ist, hat man eine andere, nämlich eine geistliche Dimension inne und was der natürliche Mensch eben nicht kann, das kann der Mensch, so er Gottes Hilfe in Anspruch nimmt. Jeder Seelsorger müsste das wissen. Vergebung, die man anderen gewährt ist eine Willensache, gepaart mit der Gnade Gottes. Ein warmes Gefühl muss man dabei nicht haben, aber wer Vergebung gewährt, der ist frei vom Haß und nimmt den nicht mit ins Grab. Es gibt genug Beispiele, wo durch Vergebung Menschen wieder frei geworden sind von Schuld und Haß und ihr Leben geändert haben, z.B. auch bei sehr kaputten Ehen, die durch gegenseitige Vergebung wieder geheilt werden konnten. Offensichtlich sind diese Herren Theologen nur Theoretiker oder nicht einmal das, dass sie sich nicht einmal auf die Worte der heiligen Schrift berufen. Genau das macht ja einen rechten Theologen aus.

Was aber dieser fragwürdige Pfarrer gesagt hat, nämlich, dass die Hierarchie vergeben müsse, ist etwas ganz anderes. Die Täter, die den Missbrauch begangen haben, haben sich an den Opfern schuldig gemacht und nicht an den Bischöfen. In erster Linie muss ihnen Gott vergeben, indem sie bereuen und das tun, was dazu gehört. Das Gute am Christentum ist es ja, dass man mit Hilfe der Gnade, dem Genahen Gottes, wieder neu anfangen kann, egal was man vorher verbrochen hat.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 14:49
Hallo Jürgen, Hilarius,

nach dem, was Herr Zurkuhlen selbst im WDR-Interview geäußert hat und auch nach dem, was er auf seiner Homepage geschrieben hat, kann ich euren Argumentationen nicht mehr folgen. Denn die dort geäußerten Ansichten gehen über das Thema Vergebung ja nun wirklich hinaus und verharmlosen das Problem des Missbrauchs.…
Das schreibt er auf seiner Homepage: http://www.zurkuhlen.de/2019/07/08/so-war-es/
Das war das erste Mal in meinem 54 Jahre langen Priesterleben, dass ich bei der Predigt von einer Gruppe Protestler/innen niedergeschrien wurde. Mein Predigtthema war „Vergebung“; den Anlass meiner Predigt habe ich genannt: Zwei Frauen hatten deutlich hörbar sich über ihre ehemaligen Partner unterhalten und dabei kein heiles Haar an ihnen gelassen: Waren sie nur böse gewesen, keine Spur von Freundlichkeit und Menschlichkeit… Ich habe in der Predigt die rhetorische Frage gestellt, ob die ehemaligen Partner überhaupt keine guten Seiten hatten.

Dann habe ich gesagt, dass ich es auch an der Zeit fände, dass unsere kirchlichen Hierarchen doch auch den Missbrauchs-Tätern irgendwann vergeben würden. Ich hätte gern begründet, warum ich meine, dass Vergebung zu den Grundaufgaben von Christen gehört und dass auch keinen anderen Weg zum Frieden gibt: ich hätte gern die Geschichte zitiert, in der Jesus der Ehebrecherin vergibt, oder die Geschichte vom barmherzigen Vater, der seinem Sohn, der sehr Böses getan hat, vergibt, während der „brave“ Sohn diese liebevolle Zuwendung des Vaters in diesem Augenblick nicht erfährt. Oder ich hätte gern auf die Geschichte des Brudermörders Kain erzählt, wo Gott den Verbrecher begnadigt und ihm sogar Lebensschutz verspricht. Aber das alles war nicht möglich, weil die Leute so herum schrieen, dass ich mich nicht mal durch das Mikrofon verständlich machen konnte.

Ich hätte auch gern die Novelle „Das Netz“ von Werner Bergengruen erzählt, die ich früher oft im Religionsunterricht erzählt habe. Da wird von einem Dorf in der Bretagne berichtet, in der es ein altes Gesetz war, dass nämlich eine Ehebrecherin von den Klippen ins Meer gestürzt wird. – Und so kam es, dass eine Frau, deren Mann als Fischer auf See war, beim Ehebruch ertappt wurde. Und so wurde auch sie zum Tode verurteilt. Wie erstaunt waren alle Leute, als die Frau, höchsten mit ein paar Schrammen im Gesicht, am nächsten Tag mit ihrem Mann durchs Dorf ging. Was war geschehen? Der Mann hatte von der dramatischen Geschichte erfahren und seine Fischernetze über den scharfen Felsen im Meer gespannt, sodass seine Frau von den Netzen aufgefangen wurde. – Wenn ich diese Geschichte erzählte, fragte immer (immer!) einer der Schüler: Ist die Geschichte wahr? Meine Gegenfrage: Meint du, ob sie wahr ist oder ob sie so passiert ist? Ob sie so passiert ist, weiß ich nicht, da musst du den Verfasser fragen. Aber dass Vergebung größer ist als Schuld, das ist wahr.

Schade! Das alles war nicht möglich zu erklären, weil ich, wie gesagt, nieder geschrieen wurde.

Ein junger Jurist sagte mir übrigens nach der Messe, Vergebung sei erst möglich, wenn die Strafe abgesessen sei. Dieser Meinung bin ich nicht.

Nachtrag: Das Predigtthema was „Vergebung“. Es sollte keinesfalls etwas verharmlost, relativiert oder gerechtfertigt werden.

Wo wird in dem Text das Problem des Mißbrauchs verharmlost?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 14:49
Hallo Jürgen, Hilarius,

nach dem, was Herr Zurkuhlen selbst im WDR-Interview geäußert hat und auch nach dem, was er auf seiner Homepage geschrieben hat, kann ich euren Argumentationen nicht mehr folgen. Denn die dort geäußerten Ansichten gehen über das Thema Vergebung ja nun wirklich hinaus und verharmlosen das Problem des Missbrauchs.…
Das schreibt er auf seiner Homepage: http://www.zurkuhlen.de/2019/07/08/so-war-es/
Das war das erste Mal in meinem 54 Jahre langen Priesterleben, dass ich bei der Predigt von einer Gruppe Protestler/innen niedergeschrien wurde. Mein Predigtthema war „Vergebung“; den Anlass meiner Predigt habe ich genannt: Zwei Frauen hatten deutlich hörbar sich über ihre ehemaligen Partner unterhalten und dabei kein heiles Haar an ihnen gelassen: Waren sie nur böse gewesen, keine Spur von Freundlichkeit und Menschlichkeit… Ich habe in der Predigt die rhetorische Frage gestellt, ob die ehemaligen Partner überhaupt keine guten Seiten hatten.

Dann habe ich gesagt, dass ich es auch an der Zeit fände, dass unsere kirchlichen Hierarchen doch auch den Missbrauchs-Tätern irgendwann vergeben würden. Ich hätte gern begründet, warum ich meine, dass Vergebung zu den Grundaufgaben von Christen gehört und dass auch keinen anderen Weg zum Frieden gibt: ich hätte gern die Geschichte zitiert, in der Jesus der Ehebrecherin vergibt, oder die Geschichte vom barmherzigen Vater, der seinem Sohn, der sehr Böses getan hat, vergibt, während der „brave“ Sohn diese liebevolle Zuwendung des Vaters in diesem Augenblick nicht erfährt. Oder ich hätte gern auf die Geschichte des Brudermörders Kain erzählt, wo Gott den Verbrecher begnadigt und ihm sogar Lebensschutz verspricht. Aber das alles war nicht möglich, weil die Leute so herum schrieen, dass ich mich nicht mal durch das Mikrofon verständlich machen konnte.

Ich hätte auch gern die Novelle „Das Netz“ von Werner Bergengruen erzählt, die ich früher oft im Religionsunterricht erzählt habe. Da wird von einem Dorf in der Bretagne berichtet, in der es ein altes Gesetz war, dass nämlich eine Ehebrecherin von den Klippen ins Meer gestürzt wird. – Und so kam es, dass eine Frau, deren Mann als Fischer auf See war, beim Ehebruch ertappt wurde. Und so wurde auch sie zum Tode verurteilt. Wie erstaunt waren alle Leute, als die Frau, höchsten mit ein paar Schrammen im Gesicht, am nächsten Tag mit ihrem Mann durchs Dorf ging. Was war geschehen? Der Mann hatte von der dramatischen Geschichte erfahren und seine Fischernetze über den scharfen Felsen im Meer gespannt, sodass seine Frau von den Netzen aufgefangen wurde. – Wenn ich diese Geschichte erzählte, fragte immer (immer!) einer der Schüler: Ist die Geschichte wahr? Meine Gegenfrage: Meint du, ob sie wahr ist oder ob sie so passiert ist? Ob sie so passiert ist, weiß ich nicht, da musst du den Verfasser fragen. Aber dass Vergebung größer ist als Schuld, das ist wahr.

Schade! Das alles war nicht möglich zu erklären, weil ich, wie gesagt, nieder geschrieen wurde.

Ein junger Jurist sagte mir übrigens nach der Messe, Vergebung sei erst möglich, wenn die Strafe abgesessen sei. Dieser Meinung bin ich nicht.

Nachtrag: Das Predigtthema was „Vergebung“. Es sollte keinesfalls etwas verharmlost, relativiert oder gerechtfertigt werden.

Wo wird in dem Text das Problem des Mißbrauchs verharmlost?
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Indem suggeriert wird, die Bischöfe und nicht die Opfer könnten den Tätern vergeben.

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 21:21
Indem suggeriert wird, die Bischöfe und nicht die Opfer könnten den Tätern vergeben.
:vogel:
Gruß Jürgen

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Hilarius
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hilarius »

Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 21:21
Indem suggeriert wird, die Bischöfe und nicht die Opfer könnten den Tätern vergeben.
In Joh 20 steht:
21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!
23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten
Ich dachte bisher, dass die Sündenvergebung per apostolischer Sukzession auf die Amtsträger der katholischen Kirche übergeht? So dass dann für die Vergebung der Sünden der Amtsträger folglich auch ihre Amtsbrüder die Anlaufstelle sind?! Oder wo sonst sollen die schuldig gewordenen Antsträger Vergebung erlangen?
Hilarius

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Hilarius hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 22:51
…wo sonst sollen die schuldig gewordenen Antsträger Vergebung erlangen?
Bei der StürmerSpringer-Presse.

Gruß Jürgen

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Vir Probatus
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Vir Probatus »

Herr Pfarrer Zurkuhlen ist nicht der einzige Priester des Bistums Münster, der den Missbrauch relativiert.

https://gloria.tv/track/gyQmfqMmejU81rZUTadbHRU4N


Hier schreibt ein Pfarrer Spätling,, ebenfalls Priester dieses Bistums sinngemäss: Wenn sich Missbrauchsopfer melden, dann diene das nur „Der Befriedigung der Gemüter einer aufgeputschten Öffentlichkeit und eines gewissen Voyeurismus “
Wie hiess es mal "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch!"
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

Hanspeter

Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Hanspeter »

Hilarius hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 22:51
Hanspeter hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 21:21
Indem suggeriert wird, die Bischöfe und nicht die Opfer könnten den Tätern vergeben.
In Joh 20 steht:
21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.
22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!
23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten
Ich dachte bisher, dass die Sündenvergebung per apostolischer Sukzession auf die Amtsträger der katholischen Kirche übergeht? So dass dann für die Vergebung der Sünden der Amtsträger folglich auch ihre Amtsbrüder die Anlaufstelle sind?! Oder wo sonst sollen die schuldig gewordenen Antsträger Vergebung erlangen?
Hilarius
Jeder reuige Sünder kann in der Beichte Vergebung Erlangen. Ich glaube aber nicht, daß Hw. Zurkuhlen das gemeint hat. Ihm ging es wohl eher um eine öffentliche Rehabilitierung im Sinne von: Es waren ja davon abgesehen gute Priester.

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Juergen hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 20:24
Irmgard hat geschrieben:
Donnerstag 11. Juli 2019, 14:49
Hallo Jürgen, Hilarius,

nach dem, was Herr Zurkuhlen selbst im WDR-Interview geäußert hat und auch nach dem, was er auf seiner Homepage geschrieben hat, kann ich euren Argumentationen nicht mehr folgen. Denn die dort geäußerten Ansichten gehen über das Thema Vergebung ja nun wirklich hinaus und verharmlosen das Problem des Missbrauchs.…
Das schreibt er auf seiner Homepage: http://www.zurkuhlen.de/2019/07/08/so-war-es/
Das war das erste Mal in meinem 54 Jahre langen Priesterleben, dass ich bei der Predigt von einer Gruppe Protestler/innen niedergeschrien wurde. Mein Predigtthema war „Vergebung“; den Anlass meiner Predigt habe ich genannt: Zwei Frauen hatten deutlich hörbar sich über ihre ehemaligen Partner unterhalten und dabei kein heiles Haar an ihnen gelassen: Waren sie nur böse gewesen, keine Spur von Freundlichkeit und Menschlichkeit… Ich habe in der Predigt die rhetorische Frage gestellt, ob die ehemaligen Partner überhaupt keine guten Seiten hatten.

Dann habe ich gesagt, dass ich es auch an der Zeit fände, dass unsere kirchlichen Hierarchen doch auch den Missbrauchs-Tätern irgendwann vergeben würden. Ich hätte gern begründet, warum ich meine, dass Vergebung zu den Grundaufgaben von Christen gehört und dass auch keinen anderen Weg zum Frieden gibt: ich hätte gern die Geschichte zitiert, in der Jesus der Ehebrecherin vergibt, oder die Geschichte vom barmherzigen Vater, der seinem Sohn, der sehr Böses getan hat, vergibt, während der „brave“ Sohn diese liebevolle Zuwendung des Vaters in diesem Augenblick nicht erfährt. Oder ich hätte gern auf die Geschichte des Brudermörders Kain erzählt, wo Gott den Verbrecher begnadigt und ihm sogar Lebensschutz verspricht. Aber das alles war nicht möglich, weil die Leute so herum schrieen, dass ich mich nicht mal durch das Mikrofon verständlich machen konnte.

Ich hätte auch gern die Novelle „Das Netz“ von Werner Bergengruen erzählt, die ich früher oft im Religionsunterricht erzählt habe. Da wird von einem Dorf in der Bretagne berichtet, in der es ein altes Gesetz war, dass nämlich eine Ehebrecherin von den Klippen ins Meer gestürzt wird. – Und so kam es, dass eine Frau, deren Mann als Fischer auf See war, beim Ehebruch ertappt wurde. Und so wurde auch sie zum Tode verurteilt. Wie erstaunt waren alle Leute, als die Frau, höchsten mit ein paar Schrammen im Gesicht, am nächsten Tag mit ihrem Mann durchs Dorf ging. Was war geschehen? Der Mann hatte von der dramatischen Geschichte erfahren und seine Fischernetze über den scharfen Felsen im Meer gespannt, sodass seine Frau von den Netzen aufgefangen wurde. – Wenn ich diese Geschichte erzählte, fragte immer (immer!) einer der Schüler: Ist die Geschichte wahr? Meine Gegenfrage: Meint du, ob sie wahr ist oder ob sie so passiert ist? Ob sie so passiert ist, weiß ich nicht, da musst du den Verfasser fragen. Aber dass Vergebung größer ist als Schuld, das ist wahr.

Schade! Das alles war nicht möglich zu erklären, weil ich, wie gesagt, nieder geschrieen wurde.

Ein junger Jurist sagte mir übrigens nach der Messe, Vergebung sei erst möglich, wenn die Strafe abgesessen sei. Dieser Meinung bin ich nicht.

Nachtrag: Das Predigtthema was „Vergebung“. Es sollte keinesfalls etwas verharmlost, relativiert oder gerechtfertigt werden.

Wo wird in dem Text das Problem des Mißbrauchs verharmlost?
Hallo Jürgen,

er verharmlost durch Relativierung und den Kontext in den er seine Ausführungen setzt. Die Missbrauchsproblematik ist um so vieles schlimmer als das Lästern von Frauen über ihre Männer. Bischof Felix hat es ja sehr schön beschrieben: man kann über Vergebung predigen, muss sich aber überlegen, wie man das tut. Das dazu.

So langsam wird mir aber auch klar, warum ich das Diskutieren in diesem Forum so anstrengend finde. Hier wird nämlich auch viel relativiert. Ich hätte mir gewünscht, dass in diesem Thread wirklich deutlich steht, dass das, was der Pfarrer gemacht hat, nicht in Ordnung ist. Das haben auch viele geschrieben, auch du Jürgen hast das getan. Aber dann kommen Dinge über die Art der Suspension und und und, die einen Raum einnehmen, der die Schrecklichkeit der eigentlichen Aussagen des Pfarrers allein aufgrund dieses Raumes relativieren. Ich persönlich finde das nicht gut. Ich hätte mir gewünscht, dass man die Kritik am Umgang eines Bischofs mit seinen Untergebenen ggf. in einem anderen Thread diskutiert. Und dich hätte mir gewünscht, dass du Jürgen, nachdem du die Aussagen im WDR-Interview ja gehört hast, jetzt nicht anfängst, zu relativieren, dass das, was auf der Hompage steht für sich ganz alleine genommen ja nicht so schlimm ist. Der Mann wurde nicht missverstanden, das haben alle Quellen zusammengenommen ja nun wirklich gezeigt. Und das muss ja auch mal so festgehalten werden.

Gruß
Irmgard

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Juergen
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Juergen »

Hanspeter hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 06:32
Jeder reuige Sünder kann in der Beichte Vergebung Erlangen. Ich glaube aber nicht, daß Hw. Zurkuhlen das gemeint hat. Ihm ging es wohl eher um eine öffentliche Rehabilitierung im Sinne von: Es waren ja davon abgesehen gute Priester.
Es herrscht die Tendenz, daß Menschen auf einen schwarzen Fleck in ihrer Biographie reduziert werden. z.B. als 2013 öffentlich wurde, daß H. Tappert Mitglied der Waffen-SS war, stellten das ZDF und einige ausländische Sender sofort die Wiederholung von Derrickfolgen ein. Das gilt bis heute. Ähnliches sehen wir regelmäßig, wenn Staßennamen umbenannt werden, weil man irgendwas in der Biographie des Namensgebers gefunden hat. Dabei geht es allerdings (meist) um Verstorbene.

Wie mit lebenden Tätern umgegangen wird, kommt es auf die Art der Tat an. Ein Einbrecher wird nach Verbüßung seiner Haftstrafe halbwegs unbehellig weiterleben können; ein Mörder hat es da schon schwerer insbesondere wenn es sich um grausame Tat(en) gehandelt hat. Eine Kinderschänder will niemand in seiner Nachbarschaft wohnen haben. So ist es bei Mißbrauchstätern Da denken die Leute: „Wie schade, dass es dich gibt; wie schön wäre die Welt ohne dich!“

Der Satz stammt von Zurkuhlen. Er hätte sich sicher nicht träumen lassen, als er diese Aussage schrieb, daß diese Satz mal auf ihn zurückfällt.

Pfr. Zurkuhlen (http://www.zurkuhlen.de/2018/06/04/liebe-und-hass/) hat geschrieben:
Ich habe in diesem Zusammenhang schon mehrmals auf ein Zitat des Münsteraner Professors Josef Pieper in seinem wunderbaren Buch „Über die Liebe“ hingewiesen. Da schreibt er darüber, was es denn eigentlich bedeute, zu einem Menschen zusagen: „Ich liebe dich!“ Pieper definiert es so: „Es bedeutet: „Wie glücklich bin ich, dass es dich gibt! Wie froh bin ich, dass es dich gibt! Wie dankbar bin ich Gott, dass es dich gibt!“ Pieper meint, das Bekenntnis der Liebe sei eine Zustimmung zum Dasein des anderen, aber auch zu seinem Sosein: „Wie gut ist es, dass du so bist, wie du bist!“

Aber jetzt stoßen wir an ein großes Problem, nämlich an das Gegenteil. Kürzlich sagte in einem sehr intensiven Gespräch eine Frau, manchmal wünsche sie sich, dass ein anderer Mensch gar nicht existiere:

Alle diesen Leuten wünsche sie, dass es sie nicht gäbe. Das ist hart! Und dann fragte sie mich, ob das, was sie empfinde, nach Piepers Liebes-Definition eben das Gegenteil sei, nämlich Hass: „Wie schade, dass es dich gibt; wie schön wäre die Welt ohne dich!“

Also zurück zum Aussage:
Hanspeter hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 06:32
…Ihm ging es wohl eher um eine öffentliche Rehabilitierung im Sinne von: Es waren ja davon abgesehen gute Priester.

Ob es um ihm eine „Rehabilitierung“ ging weiß ich nicht.

Jedenfalls ist man gut beraten, einen Menschen nicht ausschließlich nach dem „schwarzen Fleck“ zu beurteilen, sondern auf sein ganzes Leben zu schauen.


Irmgard hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 09:44
…Und dich hätte mir gewünscht, dass du Jürgen, nachdem du die Aussagen im WDR-Interview ja gehört hast, jetzt nicht anfängst, zu relativieren, dass das, was auf der Hompage steht für sich ganz alleine genommen ja nicht so schlimm ist…
Du hast die Aussagen auf der Homepage als Beweis ins Feld geführt, nicht ich.
Gruß Jürgen

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Irmgard
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Re: Mißbrauchsanschuldigungen

Beitrag von Irmgard »

Juergen hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 10:01
Hanspeter hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 06:32
Jeder reuige Sünder kann in der Beichte Vergebung Erlangen. Ich glaube aber nicht, daß Hw. Zurkuhlen das gemeint hat. Ihm ging es wohl eher um eine öffentliche Rehabilitierung im Sinne von: Es waren ja davon abgesehen gute Priester.
Es herrscht die Tendenz, daß Menschen auf einen schwarzen Fleck in ihrer Biographie reduziert werden. z.B. als 2013 öffentlich wurde, daß H. Tappert Mitglied der Waffen-SS war, stellten das ZDF und einige ausländische Sender sofort die Wiederholung von Derrickfolgen ein. Das gilt bis heute. Ähnliches sehen wir regelmäßig, wenn Staßennamen umbenannt werden, weil man irgendwas in der Biographie des Namensgebers gefunden hat. Dabei geht es allerdings (meist) um Verstorbene.

Wie mit lebenden Tätern umgegangen wird, kommt es auf die Art der Tat an. Ein Einbrecher wird nach Verbüßung seiner Haftstrafe halbwegs unbehellig weiterleben können; ein Mörder hat es da schon schwerer insbesondere wenn es sich um grausame Tat(en) gehandelt hat. Eine Kinderschänder will niemand in seiner Nachbarschaft wohnen haben. So ist es bei Mißbrauchstätern Da denken die Leute: „Wie schade, dass es dich gibt; wie schön wäre die Welt ohne dich!“

Der Satz stammt von Zurkuhlen. Er hätte sich sicher nicht träumen lassen, als er diese Aussage schrieb, daß diese Satz mal auf ihn zurückfällt.

Pfr. Zurkuhlen (http://www.zurkuhlen.de/2018/06/04/liebe-und-hass/) hat geschrieben:
Ich habe in diesem Zusammenhang schon mehrmals auf ein Zitat des Münsteraner Professors Josef Pieper in seinem wunderbaren Buch „Über die Liebe“ hingewiesen. Da schreibt er darüber, was es denn eigentlich bedeute, zu einem Menschen zusagen: „Ich liebe dich!“ Pieper definiert es so: „Es bedeutet: „Wie glücklich bin ich, dass es dich gibt! Wie froh bin ich, dass es dich gibt! Wie dankbar bin ich Gott, dass es dich gibt!“ Pieper meint, das Bekenntnis der Liebe sei eine Zustimmung zum Dasein des anderen, aber auch zu seinem Sosein: „Wie gut ist es, dass du so bist, wie du bist!“

Aber jetzt stoßen wir an ein großes Problem, nämlich an das Gegenteil. Kürzlich sagte in einem sehr intensiven Gespräch eine Frau, manchmal wünsche sie sich, dass ein anderer Mensch gar nicht existiere:

Alle diesen Leuten wünsche sie, dass es sie nicht gäbe. Das ist hart! Und dann fragte sie mich, ob das, was sie empfinde, nach Piepers Liebes-Definition eben das Gegenteil sei, nämlich Hass: „Wie schade, dass es dich gibt; wie schön wäre die Welt ohne dich!“

Also zurück zum Aussage:
Hanspeter hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 06:32
…Ihm ging es wohl eher um eine öffentliche Rehabilitierung im Sinne von: Es waren ja davon abgesehen gute Priester.

Ob es um ihm eine „Rehabilitierung“ ging weiß ich nicht.

Jedenfalls ist man gut beraten, einen Menschen nicht ausschließlich nach dem „schwarzen Fleck“ zu beurteilen, sondern auf sein ganzes Leben zu schauen.


Irmgard hat geschrieben:
Freitag 12. Juli 2019, 09:44
…Und dich hätte mir gewünscht, dass du Jürgen, nachdem du die Aussagen im WDR-Interview ja gehört hast, jetzt nicht anfängst, zu relativieren, dass das, was auf der Hompage steht für sich ganz alleine genommen ja nicht so schlimm ist…
Du hast die Aussagen auf der Homepage als Beweis ins Feld geführt, nicht ich.
Mir liegt es sehr fern, die Lebensverdienste von jemandem herabzuwürdigen. Deswegen hat die Diskussion um Pfarrer Zurkuhlen ja auch etwas Tragisches. Mir geht es darum, dass schreckliche Dinge auch absolut so genannt werden und anerkannt werden. Erst dann und von dieser Basis aus kann man sich mit anderen Dingen und Resozialsierung beschäftigen. Habe ich weit oben in diesem Thread ja schon einmal dargestellt. Ich finde, beides muss man trennen, aber beides muss man tun. Gerade Missbrauchsopfern haben sehr lange darunter gelitten, dass die Anerkennung des Schrecklichen nicht erfolgt ist.

Die Frage bleibt doch: was hätte der Bischof in diesem Fall denn anderes tun sollen?

Gruß
Irmgard

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