Lilaimmerdieselbe hat geschrieben: ↑Mittwoch 9. August 2017, 02:02
Was Elisabeth90 beschreibt, ist nicht nur in ihrer und in meiner, sondern auch in vielen anderen Gemeinden üblich. Ich würde da noch nicht mal immer von Mißbrauch sprechen. Wer eine Messe bestellt, tut es doch meistens nicht, um einen Priester zum Abhalten einer zusätzlichen Messe zu bewegen, sondern um die Gemeinde aufzufordern, mit ihm gemeinsam für ein Anliegen oder Personen zu beten. Deshalb wollen das ja auch so viele im Hauptgottesdienst, für den eigentlich keine Stipendien zulässig sind. Das Problem besteht hauptsächlich darin, dass ein Pfarrer nicht aus Gottesdiensten, zu denen er von Amts wegen verpflichtet ist, zusätzliche Einnahmen beziehen soll. Nun kann man das dadurch regeln, dass man diese Einnahmen in Länder vergibt, wo Priester auf solche Einnahmen angewiesen sind, oder einfach im Haushaltsplan der Gemeinde versenkt, was ziemlich häufig getan wird. Ich kenne einige Priester, denen es auch einfach zu müßig ist, ihren Anteil aus den Stipendien und Stolgebühren nach Abzug von Gestellungsgebühren an die Pfarrei und dann wohlmöglich noch aufgeteilt nach mehreren Zahlern ausrechnen zu lassen, und die deshalb ganz darauf verzichten, vereinfacht auch die Steuererklärung.
In meiner Pfarrei ist es ganz ohne Zahlung üblich, außer für die Lebenden und Verstorbenen der Pfarrei auch namentlich für die Verstorbenen der letzten Woche, für die, die vor einem Jahr gestorben sind, und für die, deren Tod jetzt fünf Jahre her ist, zu beten.
Ich kann nicht beurteilen, ob die hier geschilderten Praktiken in der Regel so stimmen, da ich die betreffenden modernen Gemeinden nicht aus eigener Anschauung kenne, ich gehe aber von der Richtigkeit der Schilderung aus.
Jedenfalls war das, vor 50 Jahren, als es damit anfing, daß wir unsere angestammten Gemeinden hinter uns lassen mußten, dort noch anders.
Dazu zitiere ich aus Heribert Jones
Katholischer Moraltheologie, 1953, 15. Aufl., Nr. 524 ff. Das ist ein guter Maßstab:
(Unterstreichungen und [...] von mir)
In sich hat die Messe einen unendlichen Wert, weil Christus selbst Opfergabe und Opferpriester ist. [...]
Nicht ganz so ist es aber mit den Wirkungen, die das heilige Meßopfer ex opere operato in bezug auf die Menschen hat, also mit den impetratorischen (Erlangung geistlicher und zeitlicher Güter), propitiatorischen (Versöhnung Gottes) und satisfaktorischen (Nachlassung der zeitlichen Sündenstrafen) Wirkungen.
Die Wirkung der heiligen Messe wird für den einzelnen dadurch nicht geschmälert, daß mehrere zu einem heiligen Meßopfer mitwirken oder demselben beiwohnen. [...]
Die Wirkungen aber, die jemandem durch die besondere Applikation des Priesters zuteil werden (fructus ministeriales), sind nach einer ziemlich verbreiteten Ansicht extensiv und intensiv beschränkt infolge des positiven Willens Christi.
Je größer deshalb die Zahl derer ist, für welche die heilige Messe gelesen wird, um so weniger empfängt der einzelne, und je mehr Messen für eine Einzelperson gelesen werde, umso größeren Nutzen hat sie davon. [...]
Niemals darf der Priester für mehrere Stipendien nur eine Messe lesen, noch mit einer Messe, für die er ein Stipendium angenommen hat, noch eine andere Pflicht erfüllen [...]
Da es aber nicht absolut sicher ist, daß die Wirkung der heiligen Messe in der angegebenen Weise beschränkt ist, darf der Priester die heilige Messe auch noch bedingterweise (wenn der Stipendiengeber dadurch keinen Nachteil hat) für andere aufopfern, vorausgesetzt, daß er durch diese bedingte Applikation keine Gerechtigkeitspflicht erfüllen will. [...]
An sich ist es sehr angeraten, daß der Priester bei jeder Messe weiß, für wen oder für was er die Messe liest. Da es aber manchmal fast unmöglich ist, alle einzelnen Intentionen zu notieren (z.B. an Wallfahrtsorten), besonders wenn die Intentionen noch weitergegeben werden, so genügt es, zu applizieren nach der Meinung dessen, der zunächst ein Recht darauf hat. Gewöhnlich wird dann dabei zuerst nach der Intention dessen gelesen, der zuerst das Stipendium gegeben hat. Wurden verschiedene Stipendien zu gleicher Zeit gegeben, dann wird nach der Meinung aller Stipendiengeber zusammen die entsprechende Anzahl von Messen gelesen. [1:1 !] Werden die Stipendien weitergegeben, dann liest jener, der sie persolviert, die Messen am besten nach der Meinung dessen, der die Messen weitergegeben hat, und falls dieser keine Intention gemacht haben sollte, nach der Meinung dessen, der zunächst ein Recht darauf hat. - Nach einer Entscheidung der Pönitentiarie (7. Dez. 1892) erfüllt sogar noch der seine Pflicht, der, ohne an eine bestimmte Reihenfolge ausdrücklich zu denken, einfach die Meinung hat, die einzelnen Messen zu lesen "ad dantis intentionem" [= nach der Meinung des Gebers]. Darin ist nämlich implicite die Absicht enthalten, auch zu applizieren nach der Reihenfolge, die dem Rechte der Geber entspricht.
[...]
Erlaubterweise kann jedermann Messen, über die er frei verfügen kann, an Priester weitergeben, die er entweder persönlich als einwandfrei kennt oder die eine Empfehlung von ihrem eigenen Ordinarius haben. [...]
Bei Weitergabe muß auch jeder Schein von Geschäft und Handel vermieden werden [...] Deshalb dürfen die Meßstipendien auch kaum einmal in andere Dinge (Bücher, Waren usw.) umgesetzt werden, sondern müssen "in propria specie" weitergegeben werden. [...] Das Risiko trägt jener, der die Messen weitergibt, und zwar so lange, bis er die Nachricht erhält, daß der andere die Meßtipendien empfangen und die Verpflichtung übernommen hat [...] Mündliche Benachrichtigung genügt auch. Ungenügend aber ist die Postquittung über die Einzahlung. [...]
Alle Priester müssen genau notieren, welche Intentionen sie erhalten und welche sie schon persolviert haben [...] Ebenso müssen die Ortsordinarien und Ordensobern, die anderen Meßintentionen zukommen lassen, in ihren Büchern genau die Messen mit ihren Stipendien notieren [...] Ähnlich müssen die Vorsteher von Kirchen und anderen frommen Stätten handeln, in denen Meßstipendien eingehen.
Das ist katholische Praxis.