Lycobates hat geschrieben:Demnach wird "Hip. de cons. mundi. Chrys. Rom. 49. op. imperf." aufgeschlüsselt als:
(Pseudo-)Hippolytus, Oratio de consummatione mundi und (Pseudo-)Chrysostomus, Opus imperfectum in Matthaeum, Homilia 49, wobei "Rom." als "Hom." zu lesen ist.
Ja, so sieht es aus. St. Petrus Canisius teilt nicht die modernen Sorgen von wegen Pseudo-Hippolyt oder Pseudo-Goldmund, obwohl er Erasmus wohl kennt.
Der heute als Philologe gehandelte Erasmus von Rotterdam hatte als erster darauf hingewiesen, dass das
Opus imperfectum Abschnitte enthält, die arianische Christologie darlegen. Die Schriften von Erasmus von Rotterdam wurden allerdings sämtlich vom Konzil von Trient auf den Index gesetzt.
Ich frage mich, wie St. Thomas von Aquin oder auch Päpste nicht nur auf arianische Schriften hereinfallen, sondern diese auch noch hochloben konnten.
Wenn ich recht verstehe, was Philologen dazu sagen, dann war es früher, als die "Kopiermaschinen" noch Menschen waren, durchaus üblich, nicht nur beim Übersetzen sondern auch beim Abschreiben offensichtliche Fehler zu korrigieren oder auch gänzlich unkorrigierbare Abschnitte "herauszufiltern". Bestbekanntes Beispiel die Übersetzung der hl. Schrift von Professor Martin Luther, der sowohl Texte verwirft, die ihm nicht in den Kram passen, als auch ansonsten bei der Übersetzung in seinem Sinne großzügig ist, was nicht unbedingt in jedem Fall als schweres Delikt zu bewerten ist, sondern als ein Problem, dem auch die besten rechtgläubigen Übersetzer gegenüberstehen. So mag es möglich sein, dass etwa St. Thomas von Aquin eine Version des
Opus imperfectum vorliegen hatte, die nicht der entspricht, die Erasmus von Rotterdam studierte. Sowohl rechtgläubige Christen als auch Ketzer waren selbstverständlich zuallererst damit beschäftigt, im jeweiligen Sinne nichts Zweifelhaftes weiterzugeben.
Ich will lieber glauben, dass St. Thomas von Aquin nicht auf arianische Irrlehren hereingefallen ist, als dass Erasmus von Rotterdam mit irgendeiner schlauen Erkenntnis ein Fachwerkhaus zum Einbruch brachte. Er hatte bekanntermaßen dasselbe vor wie Luther, wollte das aber durch Maulwurfarbeit von Innen realisieren. Wollte also im Sinne von Daniel und (Pseudo-)Chrysostomus zur
abominatio desolationis gerechnet werden, zum Heer des Antichristen, der nicht physisch Jerusalem, sondern geistig die Tochter Sion, die Braut des Herrn, die Kirche von innen zerstört bzw. aus seiner Sicht mittels Weltweisheit verbessert.