Marion hat geschrieben:guatuso hat geschrieben:Wir wollen keine Scheiterhaufen mehr, auch nicht fuer jene, die nicht der wahren Lehre der Kirche und Gottes nachgehen. Diese Zeit ist vorbei.
Wenn der Herr wieder kommt, dann gibt es einen großen Scheiterhaufen. Diese Zeit ist also nicht vorbei, sondern sie kommt erst noch. Gelobet sei der Herr! Dann haben die Menschen guten Willens endlich ihre Ruhe, für immer und ewig.
Wenn du gegen jegliche Art der Gerechtigkeit bist ist das kein gutes Zeichen. Hoffentlich merkst du es noch rechtzeitig! Deine Geschichten mit, der arme Verbrecher, also der arme Räuber, der arme Mörder kommen nicht gut. Die Armen sind die anderen, es sind die, die den Verbrechern in die Hände laufen. Du verdrehst. Du selber kannst ja gerne den Verbrechern, denen DU in die Hände läufst verzeihen. Aber nicht den Verbrechern denen andere in die Hände laufen. Das ist nicht Dein Job, diese freizuspechen. Es ist der Job des Staates diese zu verurteilen, und zwar so hart wie es nötig ist, zum Schutz des ganzen restlichen Volkes.
guatuso hat geschrieben:... fuer ein bestimmtes Christentum, das nicht meines ist ...
Hier liegt wohl das Problem. Welches "Christentum" ist deines? Gibt es da d.E. etwa mehrere zum auswählen? Der römische Katechismus (catechismus romanus) lehrt den Schafen der Kirche auf jedenfall Folgendes:
Eine andere Art von Tödtung ist erlaubt, die jenen Obrigkeiten zusteht, welche die peinliche Gerichtsbarkeit ausüben, wenn sie nach der Vorschrift und dem Urtheile der Gesetze lasterhafte Menschen bestrafen, und die Unschuldigen in Schutz nehmen. Wenn sie dieses Amt gerecht verwalten, sind sie nicht nur nicht des Todschlages schuldig, sondern sie vollziehen das göttliche Gesetz, wodurch der Mord verboten wird. Denn da diess Gesetz zur Absicht hat, für das Leben und die Wohlfahrt der Menschen zu sorgen, so zielen die Strafen der Obrigkeiten, welche die rechtmässigen Rächer der Verbrechen sind, gleichfalls dahin ab, dass Verwegenheit und Gewalttätigkeit durch schwere Strafen unterdrückt, und das Leben der Menschen sicher sey. Daher sprach David: Frühe will ich tödten alle Sünder des Landes, damit ich ausrotte aus der Stadt des Herrn alle Uebelthäter. [Ps. 100,8]
Liebe Marion, offensichtlich ein Missverstehen:
Nein, ich spreche doch diese Verbrecher nicht frei!
Ich habe auch an keiner einzigen Stelle behauptet, ich sei gegen jede Art von Gerechtigkeit.
Wenn du glaubst das gelesen zu haben, dann bitte zeige mir die Stelle!
Das einzige was ich versuche, und das habe ich seit meiner Kindheit gelernt, ist, die Taten und den Menschen zu verstehen, nicht aber, das habe ich ausdruecklich gesagt, die Tat, das Verbrechen, freizusprechen. Das ist fuer mich ein grosser, ein elementarischer Unterschied.
Es mag ja sein, dass meine Denkform, die, wie ich merke, hier bei einigen auf Irritation stoesst, etwas mit meinen Berufen zu tun hatte, die immer davon ausgingen, den Hintergrund der Menschen auszuleuchten, was nicht bedeutet alles zu verzeihen. Warum wird einer zum Moerder? Warum wird einer zum Wegelagerer? Warum wird jemand zum Taeter, Schlaeger, Raeuber,was auch immer. Und in dem ich dieses "warum" zu verstehen versuche, findet sich hier der Ansatz der Aenderung.
Nun kannst du zu Recht sagen, der Ansatz der Aenderung ist ein christliches Leben. Da stimme ich dir komplett zu, das ist auch der einzige Weg.
Aber die meisten Menschen (in Deutschland) glauben halt nicht an unsern Gott, und wenn ich diese Menschen erreichen will, muss ich ihre Handlung verstehen (also die Ursache). Wenn ich z.B. weiss, dass der Schlaeger deshalb pruegelt, weil er selber ein innerlich zerrissener Mensch ist, der Kontakt sucht (und ja, so unglaublich das klingt, sogar Schlaege sind ein Versuch Kontakt herzustellen, das ist die Ueberzeugung der Psychologie), dann kann man auf dieser Ebene, was er wirklich will, auf ihn eingehen und einwirken.
Und gleich vorweg: Nein, ich war und bin nie Sozialarbeiter gewesen, aber ich war frueher, vor vielen vielen Jahren, Schauspieler und lernte die Taten und Worte des Menschen zu interpretieren, und spaeter Schriftsteller, da beschaeftigt man sich automatisch mit den Hintergruenden des Menschen und deren Handlungen. Doch wie gesagt, das bedeutet noch lange nicht ein Verzeihen von Strafe und Recht.
Und Christ sein heisst noch lange nicht kein Taeter sein. Als hier 6 Nicaraguense im Jahr 2000 eine Rancho ueberfallen haben und zwei Frauen als Geisel nahem, um Loesegeld zu erpressen, sind sie vorher in die Kirche und haben zur Jungfrau Maria gebetet damit die Tat auch gelingt.
Das finde ich Blasphemisch.
Allerdings halte ich unter bestimmten Umstaenden ein Verzeihen dennoch fuer Christlich, nach dem NT. Auch Christus hat der Ehebrecherin verziehen - mit den Worten: Gehe und suendige nicht mehr. Das ist natuerlich die Voraussetzung, nicht mehr suendigen zu wollen.
Ich kann das von keinem erwarten oder verlangen dass er verzeiht, das habe ich auch nicht gesagt oder gefordert.
Ich habe lediglich auf die Hintergruende, warum es zu kriminellen Mordbanden kam, hingewiesen, Hintergrunde die man nicht missachten sollte. Und ich halte es fuer meine Christenpflicht mir alle Umstaende anzuschauen (sofern es geht) und nicht einfach nur zu Verurteilen.
Und damit sind wir bei "meinem" Christentum, was ein voellig falscher Begriff ist, es ist unser Christentum, und soweit ich es noch weiss, hat sich unser Herr mit Suendern und Verbrechern an den Tisch gesetzt. Er hat sie nicht umgehend verurteilt. Er hat versucht sie zu bekehren.
Ich bin nicht so Bibelfest wie viele hier, ich habe - ganz am Anfang erwaehnte ich es - fast 30 Jahre keinerlei Kontakt mehr zur katholischen Kirche gehabt und langsam wieder zu ihr, nach Hause gefunden, worueber ich heute sehr Dankbar bin.
Ich habe keinen Katechismus, ich habe eine uralte Deutsche Bibel in Fraktur, (die ich aber lesen kann), und Ich habe in Erinnerung, dass der "Rachegott" (Bezug auf Sindflut) aus dem AT durch die Liebe Christus sozusagen abgeloest wurde,dass Christus fuer unsere Suenden ans Kreuz genagelt wurde und starb (was nicht bedeutet dass wir nun das Recht haben zu suendigen!). Und in diesem Christus erkenne ich einen verzeihenden. Gott, der uns seinen Sohn sandte, unserer Suenden wegen, der uns aber auch Hoffnung gab auf Auferstehung und ewiges Leben. Das alles weisst du selber.
Und was die Scheiterhaufen betrifft, hatte ich im Kopf die Scheiterhaufen der Inquisition, die Gnadenlos jeden, der auch nur verdaechtigt war ein Ketzer zu sein, dem Feuer ueberliess. Die meisten waren Unschuldige.
Und was die Haerte der Strafe betrifft, da muss ich wirklich nochmals fragen: wer bestimmt was Haerte ist? Sind 70 Jahre Gefaengnis hart? Sempre hat ja strikt jede Antwort verweigert.
Selbstverstaendlich hat der Staat das Recht und die Pflicht Schutz zu gewaehren vor Verbrechen. Das habe ich gar nicht in Abrede gestellt. Ich moechte ja ebenso geschuetzt sien und in Ruhe ueber die Strasse gehen koennen.
Was ich aber wissen moechte, wenn jemand von "ganze Haerte spueren" spricht, was er darunter versteht. Denn sehr schnell ist bei der Forderung von "aller Haerte" auch die Willkuer im Spiel, die persoenliche Neigung nach Rache.
Und so wie ich Sempre anhand seiner Texte erfahren habe, - beten wir lieber zu Gott, dass er in seiner Seele Milde fuehlt.
Dass ihr in Deutschland einen Moerder mit teils 7, 8 oder auch 11 Jahren verurteilt ist schlicht Irrsinn. Das ist weder Hart noch wird es der Tat gerecht. Ich lese das ja mitunter und bin fassunglos, dass ein Raser, der zwei Menschenleben auf dem (vorhandenem?) Gewissen hat mit Bewaehrung davon kommt. Das ist schiere Verhoehnung der Opfer und deren Familien.
Ich lese aber auch hier bei mir, dass Moerder mit bis zu 300 Jahren bestraft werden (das heisst, sie sterben im Gefaengnis!) und das ist kein Kuschelknast wie bei euch. Ich habe das ja kurz erwaehnt wie es hier zugeht.
Und das gilt auch fuer Brasilien, und wenn jemand wie Sempre noch haertere Strafen fordert, gut, dann frage ich mich, ob es ein bisschen Folter sein darf.
Ich darf dir etwas privates mitteilen (obwohl man im Internet Vorsichtig mit privatem sien soll) , vielleicht damit du mich und meine Einstellung verstehst:
Mein Vater war ein rumaenischer Zwangsarbeiter, der von den Deutschen Nazis aus seiner Heimat entrissen, nach Deutschland verschleppt und hier unter teils unmenschlichen Bedingungen arbeiten musste. Er hat sich dabei eine toedliche Krankheit geholt, durch die er 10 Jahre danach starb. Die Geschichte der Zwangsarbeiter ist bekannt.
Nach dem Krieg hat er sich nicht als "Rachegott" erwiesen, obwohl er alle Gruende dafuer hatte. (Er war uebrigens griechisch-orthodoxen Glaubens) Er hat aber eine deutsche Frau kennen gelernt die in grosser Lebensnot war. Und da mein Vater nach dem Krieg bei den US-Amerikanern arbeiten konnte, hat er von dort einen alten Holzofen besorgt und ihn zu dieser "Nazifrau" geschleppt, und mit der Zeit haben sich die beiden geliebt.
Mein auslaendischer Vaeter haette allen Grund gehabt, diese deutsche "Nazibraut" (wie sie genannt wurden, die Frauen) zu hassen.
Die beiden haben geheiratet und die Frau wuenschte sich noch ein Kind. Und ich kam.
Ich habe also gelernt auch verzeihen zu koennen, auch Nachsicht ueben zu koennen, auch im schlimmsten Verbrechen noch immer das Kind Gottes zu sehen, das auf den falschen Weg kam.
Und diese Einstellung begleitet mich mein Leben lang. Du magst es fuer Unchristlich halten (was ich aber jetzt nicht annehme!) . Dann, ehrlich gesagt, moechte ich, obwohl ich tief und fest weiss, dass es unseren Herrgott und seinen Sohn Jesus Christus gibt, dann aber moechte ich diese Form des Christentums nicht, das weder Verzeihen noch noch Guete kennen will.
Wenn ich ein Kind der Liebe meiner Eltern bin, wie kann ich da Hass oder Rache in mir tragen?
Ich wuensche dir die Segnung und die Liebe unseres Herrn.
Freundlich, Guatuso