Die Frage nach der Errettung Israels beschäftigt die Kirche schon seit 2 Jahren. Bereits der heilige Apostel Paulus, selbst Jude, beschäftigt sich damit im Römerbrief in den Kapiteln 9-11. Hier gibt der Apostel so etwas wie Grundkoordinaten vor, die auch heute noch maßgeblich sind.
in Röm 11,1 heißt es: "Ich frage also: Hat Gott sein Volk (Israel) verstoßen? Keineswegs!" Paulus greift dann das Bild des heiligen Restes auf. Viele im Volk Israel sind verstockt, erkennen Christus nicht, nur wenige werden so gerettet.
Um das Verhältnis zu den Christen zu bestimmen, nutzt er das Bild vom Ölbaum. Röm11, 16f: "Ist die Wurzel heilig, so sind es auch die Zweige. Wenn aber einige Zweige herausgebrochen wurden und wenn du als Zweig vom wilden Ölbaum in den edlen Ölbaum eingepfropft wurdest und damit Anteil erhieltest an der Wurzel, so erhebe dich nicht über die anderen Zweige. Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich. " Man sollte Paulus so interpretieren, dass die Christen durch Christus Anteil haben am Bund Gottes mit dem Volke Israel. Da stellt sich nur die Frage, wie es mit dem neuen Bund in seinem Blut aussieht...
Paulus jedenfalls kann den Gedanken der Verwerfung selbst eines Teiles Israels nicht ertragen. "Verstockung liegt auf einem Teil Israels bis die Heiden in voller Zahl das Heil erlangt haben. Dann wird ganz Israel gerettet werde." Röm,11,26
Das Bild vom Ölbaum wurde von der Kirche über Jahrhunderte genutzt um die Lehre von der Ablösung bzw. Ersetzung des Volkes Israel als Volk Gottes zu rechtfertigen. Paulus hat das so sicher nicht gemeint. Wie bereits gesagt, wirft die Frage der Rettung Israels aber immer die Frage auf, wie sich der Bund Israels mit Gott zum Neuen Bund Jesu Christi verhält. In 2 Jahren hat die Kirche hier keine zufriedenstellende Antwort gefunden.
Nur so viel: Gott ist treu. Wie kann er also seinen Bund mit Israel auflösen? "Niemand kommt zum Vater den durch mich". Wie kann es bei diesem Anspruch Jesu noch einen eigenen Heilsweg der Juden geben? Zwischen diesen Polen bewegt sich die Theologie heute, wenn sie sich mit dieser Frage beschäftigt.
Das Zweite Vatikanische Konzil beschäftigt sich in Nostra Aetate 4 mit diesem Thema. Es hält fest: "Wie die Schrift bezeugt, hat Jerusalem die Zeit seiner Heimsuchung nicht erkannt (9), und ein großer Teil der Juden hat das Evangelium nicht angenommen, ja nicht wenige haben sich seiner Ausbreitung widersetzt (1). Nichtsdestoweniger sind die Juden nach dem Zeugnis der Apostel immer noch von Gott geliebt um der Väter willen; sind doch seine Gnadengaben und seine Berufung unwiderruflich (11)."
Es lohnt sich Nostar Aetate 4 ganz zu lesen
http://www.vatican.va/archive/hist_coun ... te_ge.html
Auf Grund des Jubiläums von Nostra Aetate hat die Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum die Stellungnahme„Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt“ (Röm 11,29) veröffentlicht. Sie findet sich als pdf Dokument
http://www.dbk-shop.de/media/files_publ ... K_223.pdf
Zur Frage der zwei Bünde: Die Komission betont die Bedeutung Jesu als Erlöser für alle Völker um dann fortzufahren:
36. Aus dem christlichen Bekenntnis, dass es nur einen Heilsweg geben kann, folgt aber in keiner Weise, dass die Juden von
Gottes Heil ausgeschlossen wären, weil sie nicht an Jesus Christus als den Messias Israels und den Sohn Gottes glauben. Eine solche Behauptung hätte keinen Anhalt an der heilsgeschichtlichen Schau des Paulus, der im Römerbrief nicht nur seine Überzeugung zum Ausdruck bringt, dass es in der Heilsgeschichte keinen Bruch geben kann, sondern dass das Heil von den Juden kommt (vgl. auch Joh 4,22). Israel bekam von Gott eine einzigartige Sendung anvertraut. Er bringt seinen geheimnisvollen Heilsplan, alle Menschen zu retten (vgl. 1 Tim 2,4), nicht zur Erfüllung, ohne in ihn seinen „erstgeborenen Sohn“ (Ex 4,22) einzubeziehen. Von daher versteht es sich von selbst, dass Paulus im Römerbrief die sich selbst gestellte Frage, ob Gott denn sein eigenes Volk verstoßen habe, entschieden verneint. Ebenso dezidiert
hält er fest: „Denn unwiderruflich sind Gnade und Berufung, die Gott gewährt“ (Röm 11, 29). Dass die Juden Anteil an Gottes Heil haben, steht theologisch außer Frage, doch wie dies ohne explizites Christusbekenntnis möglich sein kann, ist und bleibt ein abgrundtiefes Geheimnis Gottes. Es ist deshalb kein Zufall, dass Paulus seine heilsgeschichtlichen Reflexionen in Römer 9–11 über die endgültige Rettung Israels auf dem Hintergrund des Christusmysteriums in eine großartige Doxologie münden lässt: „O Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der
Erkenntnis Gottes! Wie unergründlich sind seine Entscheidungen, wie unerforschlich seine Wege!“ (Röm 11,33). Bernhard von Clairvaux (De cons. III/I,3) spricht davon, dass für die Juden „ein bestimmter Zeitpunkt festgelegt ist, dem man nicht vorgreifen kann“.
Im folgenden Abschnitt bekräftigt die Komission das Nein zur Judenmission und gibt den Theologen das mit auf den Weg:
37. Ein anderer Schwerpunkt muss für Katholiken auch weiterhin die theologisch höchst komplexe Frage bleiben, wie der christliche Glaube an die universale Heilsbedeutung Jesu Christi mit der ebenso klaren Glaubensaussage vom nie aufgekündigten Bund Gottes mit Israel kohärent zusammengedacht werden kann. Es ist der Glaube der Kirche, dass Christus der Heiland für alle ist. Damit kann es keine zwei Heilswege geben, denn Christus ist der Retter der Juden wie auch der Heiden. Hier stoßen wir auf das Geheimnis des Handelns Gottes, nicht auf ein Bestreben missionarischer Bemühung, die Juden zu bekehren, sondern vielmehr auf die Erwartung, dass der Herr die Stunde heraufführt, wenn wir alle vereint sein werden, wenn „alle Völker mit einer Stimme den Herrn anrufen und ihm ‚Schulter an Schulter dienen‘“ (Nostra aetate Nr. 4)."
Ich hoffe, das war erst mal Antwort genug.
lg thesaurus
http://katholischeschatzkiste.blogspot.de/