Pollux hat geschrieben:Ich frage Dich, kann man das wirklich vergleichen, das Aufkommen der Grünen und jetzt derer, die aus Europa nicht nur eine Festung machen wollen, sondern sogar zurück wollen zur Nationalstaatlichkeit mit scharfen Grenzkontrollen und paramilitärischem Einsatz an den EU-Außengrenzen?
Ich glaubte in meinem Beitrag deutlich gemacht zu haben, daß es um die Reaktionszeit der etablierten Parteien auf - von der Bevölkerung gewünschte - Änderungen ihrer Politik, die den bisherigen Parteiauffassungen zuwider läuft, geht.
Umweltschutz wurden in 80'iger Jahren in weiten Kreisen des politischen Establishments als zu "kostenträchtig" abgelehnt, obwohl sich in der Bevölkerung bereits eine Ahnung bildete, daß "es so nicht weiter gehen kann" (Grenzen des Wachstums). Insofern dokumentiert das Aufkommen europakritischer bzw. -"feindlicher" Parteien sehr wohl, daß man mit der gegenwärtigen - mehr oder weniger - ungehinderten Einreisemöglichkeit nach "Europa" nicht einverstanden ist.
Pollux hat geschrieben:
Wie stehst Du zu dem Flüchtlingsproblem und den ca 19 000 Toten, die inzwischen auf der Suche nach einem menschenwürdigen Überleben an den EU-Außengrenzen ums Leben gekommen sind? Die Frage ist, was kann echte Entwicklungshilfe leisten und was können wir tun, um den Flüchtlingsströmen gewachsen zu sein, ohne dabei unsere Verantwortung gemäß der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen zu verletzen(.Nach den Dublin-Kriterien dürfte ja angeblich kein Flüchtling hier eine Chance haben, dauerhaft oder vorübergehend aufgenommen zu werden, aber die Last des menschlichen Dramas der notleidenden Flüchtlinge ist so groß, dass ein Mindestmaß an Anstand gezeigt wird und im Vergleich zu angrenzenden Ländern in den Krisengebieten eine deutlich kleinere Zahl von Menschen auch hier unter zum Teil schlimmen Zuständen in den Asybewerberheimen geduldet wird.)
Nur einmal zur deutlichen Klarstellung:
Es handelt sich in der ganz, ganz überwiegenden Zahl nicht um Flüchtlinge, die politisch verfolgt sind, sondern um Personen, die den schlechten wirtschaftlichen Bedingungen ihres Heimatlandes entfliehen wollen. Sie beabsichtigen, entgegen der hier geltenden Gesetze in ein europäisches Land einzureisen und - ebenfalls entgegen der geltenden Gesetze - hier zu arbeiten.
Jedes Land kann selbst regeln, welchen ausländischen Staatsbürgern es Zutritt gewährt, dabei kann es sich auch von Nützlichkeitserwägungen leiten lassen. Die hier Arbeit suchenden Menschen haben aber in den allermeisten Fällen weder die Sprachkenntnisse noch die beruflichen Fähigkeiten sich in dem hier vorhandenen hochtechnisierten Wirtschaftsprozeß einzubringen. Es bleiben für sie in den meisten Fällen nur Hilfsarbeiten in der Landwirtschaft, im Bau, im Dienstleistungsgewerbe oder im ungünstigsten Fall eine Daueralimentierung durch den Steuerzahler. Gelingt ihnen der Sprung in den Arbeitsmarkt stoßen sie meist auf die einheimische Konkurrenten, die dann aufgrund der niedrigeren Lohnforderungen der "Zuwanderer" aus dem Markt gedrängt werden.
Wer also dafür ist, den Menschen aus Afrika usw. hier(!) zu helfen, indem sie ein Aufenthaltsrecht und eine Arbeitserlaubnis erhalten, muß immer klar und deutlich sagen, wer das bezahlen soll. Neben dem Steuerzahler, der zunächst für die Integrationskurse und ggfs. später für die Dauerunterstützung aufkommen soll, sind das auch die geringqualifizierten Einheimischen, die es sehr viel schwieriger haben (werden), einen Arbeitsplatz mit ihrem Anforderungsprofil zu finden.
Nicht umsonst sind ja die - angeblichen - Wähler der europakritischen Parteien nach den Aussagen der Wahlforschung überwiegend bei den Geringqualifizierten und/oder Arbeitslosen zu finden.
Lösungsmöglichkeiten gibt es einige. So werden z.B. in China und auf den PH gezielt hier notwendige Krankenschwestern und Altenpfleger angeworben, die bereits in ihren Heimatländern einen Sprachkurs belegen müssen und dann hier mit speziell auf ihr berufliches Umfeld entwickelten Sprachkursen weiter geschult werden. Sie haben bei Einreise bereits einen Arbeitsplatz in einem sog. "Mangelberuf" und werden nach Tarif bezahlt.
Ein Beispiel für eine geordnete, beide Seiten vorteilhafte Regelung.
Eine andere Möglichkeit wäre es, die hiesigen Märkte für Produkte zu öffnen und den Kauf nicht zu "diskriminieren". Ein gutes Beispiel ist das im Forum immer wieder auftauchende Thema "Erdbeeren im Winter". Wenn ich den Bauern in Afrika oder Lateinamerika ein gutes Einkommen verschaffen will, muß ich auch bereit sein, ihre Produkte zu kaufen und die "Weltenrettung" nicht nach ganz oben auf die persönliche Prioritätenskala zu setzen. Vereinfacht gesagt: Wenn ich die Erdbeeren ablehne, stehen eines Tages die Bauern vor der Tür.....
Die Entwicklungshilfe sehe ich sehr, sehr kritisch. Wichtiger als in einem Dorf einen Brunnen zu bohren oder eine Mädchenschule zu errichten sind klare Verwaltungsstrukturen und Rechtssicherheit. Kein Unternehmen wird z.B. eine Großinvestition (höherer dreistelliger Mio-Betrag) in einem Land wie den PH vornehmen, wenn man weder den Grund und Boden der Produktionsstätte noch eine Mehrheitsbeteiligung an einem joint-venture halten kann - von der unberechenbaren Justiz ganz abgesehen. Es bleibt dann beim "hit-and-run"-business, also Geschäften ohne große Investitionen, die jederzeit an einen anderen Platz der Welt verlagert werden können.
Pollux hat geschrieben:
Zum Euro:
Eine Rückkehr zur eigenen Währung und ein Verfall der EU ist für mich kein gangbarer Weg, weil es dadurch keinen Ausweg aus der Finanz- und Währungskrise gibt, die zweifellos existiert und deren Rechnung uns noch präsentiert werden wird.Ein Rückfall in die Nationalstaatlichkeit des 19. und 20. Jahrhunderts ist für mich keine Lösung und wäre ein Rückschritt, der den Frieden in Europa gefährden würde.
Auch hier wieder:
Dafür muß man bezahlen. Da es wohl kaum als möglich erscheint, daß z.B. Portugal oder Griechenland jemals die Arbeitsproduktivität der nordeuropäischen Länder erreichen werden, läßt sich eine gemeinsame Währung langfristig nur über dauerhafte Transferzahlungen erhalten. Wenn Dir der Euro wert ist, einen Teil Deiner Steuern direkt an den Süden zu überweisen - bitte schön. Nur der Ehrlichkeit halber sollte man das auch zu kommunizieren - es hat halt seinen Preis, zu dem auch die finanzielle Repression oder die inzwischen wegfallende "Sozialdividende" aus Währungsaufwertungen gehören.
Der Verweis auf die Nationalstaatlichkeit geht natürlich fehl. Niemand will das. Es gibt auch andere Modelle einer Zusammenarbeit innerhalb Europas. Die frühe EWG, die EFTA, die nordische Union waren/sind Beispiele dafür. Da wäre nur ein wenig politische Phantasie gefragt.
Pollux hat geschrieben:
Die Wähler, die Deinen Positionen zustimmen, die können natürlich so abstimmen wie sie es für richtig halten.Ich denke aber, dass unsere angeblichen Systemparteien und Systemmedien in ihrer Argumentation stärker sind als ihre Kritiker und es ausreichende Mehrheiten gibt für die Parteien, die den mainstream repräsentieren.Aber gelebte Demokratie braucht den Widerspruch und so ist es z.Zt. schlecht bestellt mit einer starken Opposition im Bundestag.Wie ich vermute wird Monsieur Juncker zum neuen EU_Parlamentspräsidenten gewählt. Der SPD-Kandiat Martin Schulze hat da wohl die schlechteren Chancen.
Eine Opposition gegen die Europa-Politik der wechselnden Bundesregierungen hat es im Bundestag noch nie gegeben. Weder stellte sich die SPD gegen die Euro-Einführung (obwohl ihr das vermutlich ganz erhebliche Stimmengewinne, evtl. sogar den Wahlsieg gebracht hätten) noch wurde die Euro-Rettung abgelehnt. Insofern geht Deine Forderung nach Widerspruch fehl, weil die Parteien, die dieser Politik widersprechen, sofort vom veröffentlichten main-stream in die rechte Ecke gestellt werden. Da muß ich Dich doch nur an Deine eigenen Beiträge erinnern.
Ich habe schon bei meinem obigen posting gefragt, warum entsprechende Parteien in F, GB, NL, FIN oder IT akzeptiert werden, während die Parteien mit den gleichen oder ähnlichen Forderungen hier so verteufelt werden, daß man sich sogar - selbst wenn sie demokratisch gewählt würden - auf das Widerstandsrecht gem. Art. 20 IV GG glaubt berufen zu müssen....
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