Luther-Biografie von Prof. Schilling

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San Marco
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Luther-Biografie von Prof. Schilling

Beitrag von San Marco »

Thema wurde aus Warum werden wir nicht katholisch? abgetrennt asder
Ich lese gerade die aktuelle Luther-Biografie von Prof. Schilling. Was den Alkoholkonsum anging lag Martin Luder eher im Normbereich der damaligen Zeit.

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Florianklaus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Florianklaus »

San Marco hat geschrieben: Ich lese gerade die aktuelle Luther-Biografie von Prof. Schilling. Was den Alkoholkonsum anging lag Martin Luder eher im Normbereich der damaligen Zeit.
Wie ist das Buch denn so? Ich habe von Schilling schon Bücher mit großem Gewinn gelesen.

Stephen Dedalus
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Re: Warum werden wir nicht katholisch?

Beitrag von Stephen Dedalus »

Florianklaus hat geschrieben:Wie ist das Buch denn so? Ich habe von Schilling schon Bücher mit großem Gewinn gelesen.
Ich habe bisher den ersten Teil gelesen.

Mein Eindruck bislang ist insgesamt gut. Schilling stellt recht gut dar, wie Luther historisch einzuordnen ist, in welcher Umbruchzeit er geboren wurde und wie viele der späteren Grundlinien seines Denkens bereits vor Luther existierten und von ihm nur aufgenommen wurden. Das finde ich bislang ganz gelungen. Recht gut gefällt mir auch, dass Schilling darlegt, wie sehr die frühreformatorische Theologie ein Ergebnis der Interaktion mehrerer Theologen (heute würde man vielleicht sagen eines 'think-tanks') an der Wittenberger Universität war, und nicht das Produkt eines einsamen Genius.

Einige Anfragen habe ich im theologisch-geistesgeschichtlichen Bereich. Der Streit zwischen Nominalisten und Realisten in der ma. Theologie und Philosophie wird zwar erwähnt, aber nicht erklärt, was angesichts von Luthers klarer Haltung in dieser Frage und dem Einfluß, den das auf seine Theologie hat, doch bedeutsam wäre. Zudem spricht Schilling häufiger vom mittelalterlichen 'Leistungsglauben', unter dem Luther gelitten hat. Nun ist das doch sehr stark die protestantische, nachreformatorische Sicht. Hier wäre doch zu problematisieren, ob es diesen 'Leistungsglauben' wirklich so gegeben hat, resp. ob der Begriff korrekt abbildet, wie die mittelalterliche Theologie und Glaubenspraxis die Heilsaneignung verstanden hat.

Kleinere sachliche Fragen kommen hinzu. So schreibt Schilling, in Anlehung an Luthers Bericht, er habe als Schüler um sein Brot singen müssen, Luther habe "gebettelt". Mir scheint aber viel wahrscheinlicher, dass Luther hier auf die alte Praxis des Kurrendesingens hinweist, mit der vor allem bedürftige Schüler etwas Geld verdienen konnten. Die Kurrenden zogen von Haus zu Haus, sangen aber auch bei Festlichkeiten und gegen Bestellung. Dafür wäre der Begriff 'Bettelei' dann doch nicht angemessen.
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