Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

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Vir Probatus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Vir Probatus »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Nun, man wird doch den eigenen Leuten nicht den Austritt aus der Kirche empfehlen?
Was anderes ist die abgegebene Empfehlung ja nicht mehr.
Ich halte es für abenteuerlich, einem weltlichen Gericht die Definitionshoheit darüber zubilligen zu wollen, wer Mitglied der Kirche ist und wer nicht, oder was meinst du hier? :hmm:
Ich rede von diesem gutgemeinten Ratschlag:
http://pius.info/archiv-news/717-aktuel ... u-bezahlen
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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lifestylekatholik
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von lifestylekatholik »

Vir Probatus hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
Vir Probatus hat geschrieben:Nun, man wird doch den eigenen Leuten nicht den Austritt aus der Kirche empfehlen?
Was anderes ist die abgegebene Empfehlung ja nicht mehr.
Ich halte es für abenteuerlich, einem weltlichen Gericht die Definitionshoheit darüber zubilligen zu wollen, wer Mitglied der Kirche ist und wer nicht, oder was meinst du hier? :hmm:
Ich rede von diesem gutgemeinten Ratschlag:
http://pius.info/archiv-news/717-aktuel ... u-bezahlen
Ähm, hast du die ganze Diskussion dazu verschlafen? :hmm:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Herr v. Liliencron
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Das Gericht tut das nicht. Es sagt nur, dass staatskirchenrechtlich gesehen, die Religionsgemeinschaft "Katholische Kirche in Deutschland" mit der Körperschaft des öffentlichen Rechtes "Katholische Kirche in Deutschland" identisch ist. Kirchenrechtlich und theologisch ist die Sache damit noch gar nicht entschieden. Das Leipziger Urteil ist gerade kein Sieg der deutschen Bischöfe. Aber das haben sie noch nicht kapiert oder wollen, dass keiner es merkt.

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

@ lifestyle

Ich weiß nicht, welche Diskussion Du meinst, aber die entsprechenden Ausführungen im Mitteilungsblatt (http://pius.info/images/stories/pdf/mb_ ... stritt.pdf) erwecken an zahlreichen Stellen den Eindruck, als gäbe es einen Unterschied zwischen der katholischen Kirche und einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts "Katholische Kirche"". Das BVerwG hat festgestellt, dass dem nicht so ist.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

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lifestylekatholik
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von lifestylekatholik »

iustus hat geschrieben:@ lifestyle

Ich weiß nicht, welche Diskussion Du meinst, aber die entsprechenden Ausführungen im Mitteilungsblatt (http://pius.info/images/stories/pdf/mb_ ... stritt.pdf) erwecken an zahlreichen Stellen den Eindruck, als gäbe es einen Unterschied zwischen der katholischen Kirche und einer "Körperschaft des öffentlichen Rechts "Katholische Kirche"". Das BVerwG hat festgestellt, dass dem nicht so ist.
Ja, genau. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist aber hierfür nicht maßgeblich.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Wofür?
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overkott
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von overkott »

Niemand weiß, warum die Kirche mit einem ihrer Theologen mal wieder selbst einen Konflikt hochgepuscht hat. Die Klage vor dem Verwaltungsgericht war überflüssig. Die kirchenrechtliche Dimension hätte auch schon vorher abgeklärt werden können.

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lifestylekatholik
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von lifestylekatholik »

iustus hat geschrieben:Wofür?
Dafür, wer Mitglied der einen und sichtbaren Kirche ist. Das hat nicht das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, sondern die Kirche.

(Laut EB Müller sind das eh alle Getauften.)
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

lifestylekatholik hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:Wofür?
Dafür, wer Mitglied der einen und sichtbaren Kirche ist. Das hat nicht das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, sondern die Kirche.
Naja. Das BVerwG hat immerhin entschieden: Wer das tut, was im Mitteilungsblatt als Möglichkeit für traditionstreue Katholiken genannt wird, d.h. beim Standesamt den Austritt aus der Kirche erklärt, "und zwar aus der Kirche als einer Körperschaft öffentlichen Rechts", der erklärt damit seinen Austritt aus der Kirche selbst.
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lifestylekatholik
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von lifestylekatholik »

iustus hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
iustus hat geschrieben:Wofür?
Dafür, wer Mitglied der einen und sichtbaren Kirche ist. Das hat nicht das Bundesverwaltungsgericht zu entscheiden, sondern die Kirche.
Naja. Das BVerwG hat immerhin entschieden: Wer das tut, was im Mitteilungsblatt als Möglichkeit für traditionstreue Katholiken genannt wird, d.h. beim Standesamt den Austritt aus der Kirche erklärt, "und zwar aus der Kirche als einer Körperschaft öffentlichen Rechts", der erklärt damit seinen Austritt aus der Kirche selbst.
:troll: *plonk*
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iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

-
Zuletzt geändert von iustus am Donnerstag 27. September 2012, 22:22, insgesamt 1-mal geändert.
„Was den Gegenstand des Glaubens betrifft, hat sich das Konzil nichts Neues ausgedacht, noch hat es Altes ersetzen wollen." (Papst Benedikt XVI.)

iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

http://www.bverwg.de/enid/5af22676c52ea ... ng_9d.html
Danach muss sich die Erklärung des Austrittswilligen auf seine Mitgliedschaft in der Religionsgemeinschaft beziehen und die Aufgabe der Zugehörigkeit zu ihr zum Gegenstand haben. Unzulässig ist eine Erklärung, die selbst oder durch Zusätze den Willen zum Ausdruck bringt, nur die mit der Mitgliedschaft verbundenen Wirkungen im staatlichen Bereich zu beseitigen, also aus der Religionsgemeinschaft in ihrer rechtlichen Gestalt einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auszutreten, in der Glaubensgemeinschaft selbst aber zu verbleiben.

Abweichend von der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs hat das Bundesverwaltungsgericht aber entschieden, dass es in dem formalisierten staatlichen Austrittsverfahren nur auf die Erklärung ankommt, die der Austrittswillige vor der zuständigen staatlichen Stelle, in Baden-Württemberg dem Standesbeamten, abgegeben hat. Hingegen dürfen nicht weitere äußere, sie begleitende Umstände herangezogen werden, namentlich nicht andere Äußerungen, die der Austrittswillige im zeitlichen Umfeld seines Austritts gegenüber Dritten, der Öffentlichkeit oder seiner Religionsgemeinschaft über die Motive und Vorstellungen gemacht hat, die er mit seiner Erklärung verbindet.

Hiervon ausgehend ist das Bundesverwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass der Beigeladene mit seiner Erklärung gegenüber dem Standesbeamten seinen Austritt aus der römisch-katholischen Kirche erklärt und sich auf diese Erklärung beschränkt hat. Die Worte "Körperschaft des öffentlichen Rechts" in der Erklärung des Beigeladenen sind ein zwar nicht notwendiger, aber auch nicht schädlicher Teil der Bezeichnung für die Religionsgemeinschaft, aus der der Beigeladene ausgetreten ist. Die Erklärung bezieht sich nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt nicht auf eine von der Glaubensgemeinschaft getrennte Körperschaft des öffentlichen Rechts, sondern auf die Glaubensgemeinschaft der römisch-katholischen Kirche in der Form, wie sie im Geltungsbereich des Kirchensteuergesetzes besteht.
Vor diesem Hintergrund sind die diesbezüglichen Ausführungen im Mitteilungsblatt nicht mehr haltbar.
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iustus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von iustus »

Am Vordruck wird ganz klar, was nicht möglich ist:
Mein Austritt aus der Kirche beschränkt sich einzig und allein auf die Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechtes gemäß den Gesetzesnormen der Bundesrepublik Deutschland.
(...)
Ich erkläre weiterhin, dass ich der katholische Kirche als der von Gott gestifteten Glaubensgemeinschaft mit festem Willen anhange, (...).
Ein Widerspruch in sich.

Freilich bleibt es der Kirche überlassen, wie sie eine solch nichtssagende Erklärung wertet. Dazu hat der Vorsitzende Richter ja gesagt, wie die Kirche jetzt mit Zapp umgehe, ob sie ihn vielleicht doch weiter als Mitglied akzeptiere, sei nicht Sache staatlicher Stellen: "Im Grunde bedeutet das Urteil, dass wir den Ball zurückgespielt haben zu einer kirchenrechtlichen Auseinandersetzung".

Die Bischofskonferenz hat offenbar das gleiche Verständnis wie das BVerwG, und wertet die Erklärung, dass jemand aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts austritt als Erklärung, dass er aus der von Gott gestifteten Glaubensgemeinschaft austritt.
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Maurus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Maurus »

Das BVerwG sagt mE nur, dass es keine zwei Entitäten à la "katholische Kirche in Deutschland" und "Katholische Kirche Deutschlands KdÖR" gibt. Die Körperschaft ist nur der rechtliche Status der Kirche, aufgrunddessen der Staat mit der Kirche kommuniziert. Ergo schließt das Gericht, das jemand nicht zur selben Zeit dazugehören und nicht dazugehören kann. Die Regeln der Kirche beurteilt das Gericht an keiner Stelle, denn nach diesen Regeln kann man gar nicht "austreten".

Zapps Argumentation wäre sinnig, wenn die Diözesen jeweils einen Förderverein unterhielten, in den alle einkommensteuerpflichtigen Katholiken einzutreten und ihren Obulus zu leisten hätten. Dann könnte er erklären, bloß aus diesem Verein auszutreten, in der Kirche aber bleiben zu wollen. Das wären dann zwei paar Schuh. Aber so will Zapp nicht aus einer Körperschaft (das wäre die Kirche) sondern aus der Rechtsform austreten. Das ist begrifflich offensichtlich nicht möglich.

Kirchenjahr
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Kirchenjahr »

iustus hat geschrieben:Die Bischofskonferenz hat offenbar das gleiche Verständnis wie das BVerwG, und wertet die Erklärung, dass jemand aus der Körperschaft des öffentlichen Rechts austritt als Erklärung, dass er aus der von Gott gestifteten Glaubensgemeinschaft austritt.
Die Bischofskonferenz hatte definitiv nicht das gleiche Verständnis wie das BVerwG, denn der Ordinarius von Freiburg zugleich in Personalunion der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat Zapps Erklärung nicht als Austritt anerkannt, nur deshalb kam es überhaupt zu einer Entscheidung durch das Gericht. Da können sich jetzt die Gelddgeier winden wie Aale und kringeln wie Regenwürmer; ohne das aus dem Hut gezauberte Dekret aus Rom, wäre der Untergang des Kirchensteuersystem eingeläutet gewesen.

Man denke auch an die Rechtsache Janker, der nach seinem "modifizierten" Austritt zunächst seinen Taufbuchvermerk bekommen hatte (Exkommunikation) und nach nicht näher bekannten Rekurs (ohne jede Entscheidung) nach Rom plötzlich wieder Katholik war (in den Augen von Bischof Müller) um dann den staatlichen Rechtsweg zu bestreiten. Das Verfahren ruhte bis zur Entscheidung des BVerwG. Nun wird es wieder aufgenommen und auch Janker wird dort gewinnen, um dann womöglich unter den Folgen des Dekretes zu leiden (oder auch klamm heimlich und leise dispensiert zu werden, damit er klaglos gestellt wird und der Druck auf die übrigen Gläubigen erhalten bleibt).

Die Bischöfe haben auf Zeit gespielt und durch das neue Dekret gewonnen. Es bleibt einzig die Frage, ob der Papst (wie von der DBK behauptet) hinter diesem Dekret steht, oder ob das Dekret bei einem Rechtsmittel in Rom kassiert wird. Und: Der Papst ist alt! Ein Nachfolger aus Afrika, Amerika oder Indien dürfte für die Geldgier und Ineffizienz der Kirche hierzualnde weniger Verständnis aufbringen. Wahrscheinlich beten die Bischöfe in Deutschland neuerdings für ein langes Leben von Papst Benedikt.

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Maurus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Maurus »

Kirchenjahr hat geschrieben:Ein Nachfolger aus Afrika, Amerika oder Indien dürfte für die Geldgier und Ineffizienz der Kirche hierzualnde weniger Verständnis aufbringen.
Aber die Kirchensteuermittel aus Deutschland hat er möglicherweise gern genommen.

Kirchenjahr
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Kirchenjahr »

Maurus hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Ein Nachfolger aus Afrika, Amerika oder Indien dürfte für die Geldgier und Ineffizienz der Kirche hierzualnde weniger Verständnis aufbringen.
Aber die Kirchensteuermittel aus Deutschland hat er möglicherweise gern genommen.
Kirchensteuermittel? Mehr als der Peterspfennig in Form einer mickrigen Kollekte wird da von Deutschland nicht abgedrückt. Kirchensteuermittel werden für nichts sagende Bedürfnispastoral und Selbstverwirklichungsagenda vorbehalten. Luthers Zeiten sind vorbei, als Päpste wie Fürsten lebten.

Und was das Bundesverwaltungsgericht angeht: Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Nur eines ist sicher: "Die Revision ist begründet.... Sie führt zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils." So wurde das ganze in etwa verkündet. Eindeutiger geht nicht, lieber Maurus. Zapp wollte nie einen modifizierten Kirchenaustritt. Er wollte, gegenüber dem Staat seinen Austritt erkären, aber der Kirche gegenüber seine Treue bekunden. Der Staat, insbesondere das Bundesverwaltungsgericht hat im Rahmen des der Revision vorhergehenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren klar gemacht, dass der Staat nur zu entscheiden hat, ob durch verfassungskonforme Auslegung aus staatlicher Sicht der Kirchenaustritt Zapps eindeutig war. Das Bistum Freiburg protestierte, weil Zapp aus staatlicher Sicht ausgetreten wäre und dieser Austritt allerdings ohne das neue Dekret für das Kirchenrecht völlig belanglos gewesen wäre. Die Kirchenrechtslage war sehr eindeutig: Wer nur vor einer staatlichen Stelle den Austritt erklärt, aber nicht vor dem Pfarrer seinen Abfall bekundigt, wird nicht exkommuniziert und hat nichts zu befürchten, und zwar umso weniger, als der vor dem Staat austretende auch noch öffentlich und den Behörden seine Zugehörigkeit zur Kirche weiter aufrecht erhalten will. Den Zusatz hat Zapp nur gemacht, um für den späteren Fall eines Kirchenrechtsweges ein weiteres, eindeutiges Indiz seiner Treue zur Kirche vorbringen zu können.

Das Bundesverwaltungsgericht kann urteilen was es will: Für den staatlichen Bereich (Kirchensteuer) ist das Urteil bindend. Wenn Papst Benedikt morgen das Dekret zum Kirchenaustritt in Deutschland kassiert und urteilt, dass jeder alle Sakramente empfangen darf, dann gilt das. Und darauf hat auch das BVerwG hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht ist kirchenrechtlich ohne jeden Belang.

Zollitsch hat nicht durch das Urteil seinen Willen bekommen, sondern durch das Dekret. Ohne Dekret hätte jeder Katholik vor dem Staat seinen Austritt erkären können und seine Rechte gegenüber den geldgierigen Ordinarien auf dem Kirchenrechtsweg einklagen können.

Zusammengefasst:

Staat: Für den Staat gibt es nur einen einzigen Kirchenaustritt. Wenn man dem Standesamt sagt, man tritt aus, ist man draußen... Egal was man dem Ordinarius, dem Bischof, dem Bundesanzeiger oder sonst wem sagt.

Neues Dekret: Für die DBK gibt es nur einen einzigen Kirchenaustritt. Wenn man dem Standesamt sagt, man tritt aus, ist man draußen... Egal was man dem Ordinarius, dem Bischof, dem Bundesanzeiger oder sonst wem sagt. Ganz draußen ist man nicht... Man darf noch kirchlich heiraten, weil das der Formpflicht entspricht... So ein Mist aber auch, das der Papst da vor einigen Jahren was geändert hat. Keine Kohle und trotzdem darf man heiraten.

Vor dem neuen Dekret (Rom): Aus der Kirche kann man nicht austreten, das geht überhaupt nicht. Erklärt jemand vor einer staatlichen Stelle den Austritt, dann ist das für die Kirche ohne Belang. Wo käme man hin, wenn Heiden über Apostasie entscheiden würden..

Vor dem neuen Dekret (DBK): Austritt = Exkommunikation

Der Thread enthält alle erforderlichen Quellen!

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Pelikan hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aus Sicht des Staats ist Zapp nun auf keine Weise mehr Glied der Kirche. So weit, so richtig. Nun liegt es aber keineswegs in staatlicher Kompetenz, diese Frage zu entscheiden. Das liegt bei der Kirche. Im Ernstfall - wenn der Staat Zicken macht - wäre sogar auch eine klandestine Kirchengliedschaft möglich.

Nun werden allerdings die Bischöfe Zapp draußen sehen wollen. Der wird dann an Rom appellieren.
Nur was nutzt das seinem eigentlichen Anliegen, der Debatte um die Kirchensteuer? Auch wenn ihm die klandestine Mitgliedschaft ermöglicht werden muß, tangiert das nicht das Recht seines Diözesanbischofs, ihn zu besteuern und für Ungehorsam zu bestrafen.
Nun, eben das wird vermutlich in Rom entschieden werden müssen, jedenfalls wenn die Erzdiözese im nun die Sakramente verweigert.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Johaennschen
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Johaennschen »

Kirchenjahr hat geschrieben:Vor dem neuen Dekret (Rom): Aus der Kirche kann man nicht austreten, das geht überhaupt nicht. Erklärt jemand vor einer staatlichen Stelle den Austritt, dann ist das für die Kirche ohne Belang. Wo käme man hin, wenn Heiden über Apostasie entscheiden würden..
Der springende Punkt ist doch, daß durch den Austritt sozusagen öffentlich gemacht wird, daß man nicht mehr Mitglied der Kirche sein möchte. Wenn ich öffentlich bekunde, abgefallen zu sein, dann bin ich – (spätestens) durch diese Bekundung – abgefallen, auch wenn es nur Heiden gehört haben. Oder nicht? :hmm:
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

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Peregrin
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Peregrin »

Johaennschen hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Vor dem neuen Dekret (Rom): Aus der Kirche kann man nicht austreten, das geht überhaupt nicht. Erklärt jemand vor einer staatlichen Stelle den Austritt, dann ist das für die Kirche ohne Belang. Wo käme man hin, wenn Heiden über Apostasie entscheiden würden..
Der springende Punkt ist doch, daß durch den Austritt sozusagen öffentlich gemacht wird, daß man nicht mehr Mitglied der Kirche sein möchte. Wenn ich öffentlich bekunde, abgefallen zu sein, dann bin ich – (spätestens) durch diese Bekundung – abgefallen, auch wenn es nur Heiden gehört haben. Oder nicht? :hmm:
Zapp bekundet doch jedem, der's hören will, daß er nicht abgefallen sei.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Johaennschen
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Johaennschen »

Ja, er sagt April, April!
Eigentlich nicht ganz. Er zwinkert schon beim Austritt so doll, daß man gleich merkt: der meints gar nicht so!
Aber ein "richtiger" Austritt (ohne zwinkernden KöR-Zusatz) wäre doch prinzipiell kirchlicherseits bindend. Da kann man doch nicht einfach so sagen, der Kirche könne das egal sein, das könne sie ruhig ignorieren. So einfach ist die Sache nicht!
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
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Kirchenjahr
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Kirchenjahr »

Johaennschen hat geschrieben:Ja, er sagt April, April!
Eigentlich nicht ganz. Er zwinkert schon beim Austritt so doll, daß man gleich merkt: der meints gar nicht so!
Aber ein "richtiger" Austritt (ohne zwinkernden KöR-Zusatz) wäre doch prinzipiell kirchlicherseits bindend. Da kann man doch nicht einfach so sagen, der Kirche könne das egal sein, das könne sie ruhig ignorieren. So einfach ist die Sache nicht!
Ich teile Deine Meinung nicht, sehe aber, dass hier der springende Punkt ist.

Darf man gegenüber dem Staat aus der Kirche austreten bzw. welche Folgen hat das? Bis zum neuen Dekeret hieß es in Deutschland: Exkommunikation, eine weltweit einmalige Rechtsfolge. Da diese Rechtsfolge von allen Ortskirchen der Erde nicht geteilt wurde und in Deutschland Dampf auf dem Kessel war, wurde eben das Dekret gezaubert. Auch diese Folgen sind in Deutschland einmalig: Es werden keine Strafen verhängt, aber man hat kirchenrechtlich keinen Anspruch auf Sakramente (mit Ausnahme der Ehe). Auch diese Folgen sind nur in Deutschland anzutreffen. Ein Blick in die Schweiz oder nach Österreich, und dort wird nicht so gehandelt.

Jetzt gilt es abzuwägen, warum in anderen Ländern nicht die Keule ausgepackt wird, wenngleich der staatliche Austritt problematisch ist. Die Frage ist, ob ein "heimlicher" Austritt beim Staat (nur das Standesamt und das Ordinariat erfahren davon) gerechtfertigt sein kann, wenn man nach außen offen für den Glauben eintritt und verhindern möchte, dass die Bischöfe Tötungslizenzen (seinerseit bei der Abtreibung), Schundschriften (Weltbildverlag) oder anderen Müll verbreiten.

Und: Ganz [Punkt] Über diese Fragen hat die Kirche selbst zu entscheiden! Nur haben und hatten die Geldgeier aus Deutschland so viel Angst vor der Entscheidung der Kirche, dass der Herr Zapp vor ein weltliches Gericht gezerrt wurde - ein erbärmliches Bild. Es hätte weniger Schaden angerichtet, wenn seinerzeit Herr Zapp zum Gespräch ins Ordinariat berufen worden wäre und unter Hinweis der Rechtsauffassung des Ordinarius zur Herstellung endgültiger Recchtssicherheit der Fall nach Rom getragen worden wäre, am besten zum Papst selbst.

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Gamaliel
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Gamaliel »

Kommentar von Matussek: Es reicht!

Daraus:
Die reiche deutsche Amtskirche, die reichste der Erde, verwaltet ein Riesenheer an religiösen Karteileichen. Sie ist außen prächtig, innen aber leer. Jedes Jahr kehren ihr weit über 100.000 den Rücken.
[...]
Laut einer neuen Allensbach-Studie glauben nur noch 47 Prozent der Katholiken an die Dreifaltigkeit. Nicht einmal die Hälfte also ist noch in der Lage, das "Credo" zu beten.

Das ist der Skandal, der den Heiligen Vater beunruhigt, und alle anderen Gläubigen beunruhigen sollte, und nicht etwa die Tatsache, dass der Zeitgeist Anstoß am Zölibat nimmt. Doch die deutsche Amtskirche paktiert lieber mit jenen 90 Prozent eingetragener Mitglieder, die der Kirche fernbleiben. Sie nennt es Reformweg. Sie hält den Widerspruch zum Zeitgeist nicht aus und möchte sich hinter den Mantelschößen des Staates verstecken.

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Maurus
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Maurus »

Kirchenjahr hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:
Kirchenjahr hat geschrieben:Ein Nachfolger aus Afrika, Amerika oder Indien dürfte für die Geldgier und Ineffizienz der Kirche hierzualnde weniger Verständnis aufbringen.
Aber die Kirchensteuermittel aus Deutschland hat er möglicherweise gern genommen.
Kirchensteuermittel? Mehr als der Peterspfennig in Form einer mickrigen Kollekte wird da von Deutschland nicht abgedrückt. Kirchensteuermittel werden für nichts sagende Bedürfnispastoral und Selbstverwirklichungsagenda vorbehalten. Luthers Zeiten sind vorbei, als Päpste wie Fürsten lebten.
Ich meine nicht ihn als Papst, sondern als vormaligen Gläubigen einer afrikanischen Diözese. Da landet eine Menge Geld aus der deutschen Kirche. Eine Diözese wie Mainz führt 9% der Erträge für weltkirchliche Aufgaben ab.
Kirchenjahr hat geschrieben:Und was das Bundesverwaltungsgericht angeht: Die Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Nur eines ist sicher: "Die Revision ist begründet.... Sie führt zur Wiederherstellung des die Klage abweisenden Urteils." So wurde das ganze in etwa verkündet. Eindeutiger geht nicht, lieber Maurus.
Lies doch die Presse-Erklärung, das genügt doch einstweilen. Für das BVerwG hat Zapp seinen "Austritt aus der römisch-katholischen Kirche" erklärt. Den von Zapp postulierten Unterschied zwischen Kirche und KdÖR macht sich das Gericht an keiner Stelle zu eigen, es verwirft ihn sogar.

Kirchenjahr hat geschrieben:Zapp wollte nie einen modifizierten Kirchenaustritt.
Doch, natürlich. Er hat einen Zusatz zur Austrittserklärung formuliert, das ist per se eine Modifikation. Daran kann man nicht rütteln.
Kirchenjahr hat geschrieben:Er wollte, gegenüber dem Staat seinen Austritt erkären, aber der Kirche gegenüber seine Treue bekunden.
Ja, das wissen wir. Nur wird dieses Prozedere von der Kirche, der er seine Treue bekunden will, nicht akzeptiert. Um diese Frage kümmert sich das weltliche Gericht auch nicht.
Kirchenjahr hat geschrieben:Die Kirchenrechtslage war sehr eindeutig: Wer nur vor einer staatlichen Stelle den Austritt erklärt, aber nicht vor dem Pfarrer seinen Abfall bekundigt, wird nicht exkommuniziert und hat nichts zu befürchten, und zwar umso weniger, als der vor dem Staat austretende auch noch öffentlich und den Behörden seine Zugehörigkeit zur Kirche weiter aufrecht erhalten will. Den Zusatz hat Zapp nur gemacht, um für den späteren Fall eines Kirchenrechtsweges ein weiteres, eindeutiges Indiz seiner Treue zur Kirche vorbringen zu können.
Ja, nach "Omnium in mentem" wäre das so gewesen. Nur hat die Kirche in Deutschland dieses Schreiben bislang nicht umgesetzt und wird das nach dem neuen Dekret auch nicht mehr tun. Sie hätte Zapp also zu jeder Zeit on den Sakramenten ausgeschlossen. Die Entscheidung des BVerwG ist da belanglos.
Kirchenjahr hat geschrieben:Das Bundesverwaltungsgericht kann urteilen was es will: Für den staatlichen Bereich (Kirchensteuer) ist das Urteil bindend. Wenn Papst Benedikt morgen das Dekret zum Kirchenaustritt in Deutschland kassiert und urteilt, dass jeder alle Sakramente empfangen darf, dann gilt das. Und darauf hat auch das BVerwG hingewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht ist kirchenrechtlich ohne jeden Belang.
Das bestreitet sicher niemand. Nur ist das ja nun rein hypothetisch. Es ist gerade erst ein anderslautendes Dekret ergangen.

Kirchenjahr hat geschrieben:Vor dem neuen Dekret (Rom): Aus der Kirche kann man nicht austreten, das geht überhaupt nicht. Erklärt jemand vor einer staatlichen Stelle den Austritt, dann ist das für die Kirche ohne Belang. Wo käme man hin, wenn Heiden über Apostasie entscheiden würden..
Wieso Heiden? Die Kirche in Deutschland machte an der Austrittserklärung die Exkommunikation fest. Den Staat brauchte das nicht zu interessieren. Die Kirche macht ja auch an einer Zweitheirat vor dem Standesamt Rechtsfolgen fest. Da behauptet ja auch keiner, dass Heiden nun über kirchliche Recht entscheiden. Und bei allem Respekt: Die römische Politik vor dem Dekret mag inhaltlich korrekt gewesen sein, aber praktisch nicht durchführbar. Wer die Kirche durch Austritt verlässt, weil er "nix mit ihr am Hut hat", der geht anschließend nicht noch zu irgendeinem Pfarrer (falls er den überhaupt kennt) und sagt ihm, dass er kein Katholik mehr sein will. Er tritt einfach aus und fertig. Die Fälle, dass jemand nur keine Lust hat, mit seinem Geld irgendwelche glaubenswidrigen Projekte zu unterstützen und deshalb austritt, dürften bei den 100.000 Kirchenaustritt pro Jahr eine verschwindende Größe sein. Die allermeisten treten aus, weil sie als Berufseinsteiger nun Geld verdienen und dann eine Kirche mitfinanzieren sollen, die sie zuletzt an ihrer Erstkommunion gesehen haben.

Ich hätte daher eine Regelung favorisiert, wonach jeder, der austritt, auch formal als abgefallen gilt, es sei enn, er geht zum Pfarrer und erklärt, dass dies nicht so ist. Für Ausgetretene à la Zapp wäre das die praktikabelste Lösung gewesen, und die Kirche hätte nicht Millionen Getauften, die sich längst abgewandt haben, wieder als Vollmitglieder führen müssen, die dann munter als Taufpaten, Trauzeugen etc auftauchen und den Priestern in der Liturgie irgendetwas vorlügen, sie würden auf die religiöse Erziehung des Kindes achten etc. pp.

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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von overkott »

Am Fall Zapp wird ein zentrales Thema des Evangeliums deutlich: Die Auseinandersetzung um das Gesetz. Gottes Sohn stellt Gottes Herrschaft wieder her und verschafft dem Gesetz des Anfangs Geltung. Das Gesetz gilt im Sinne der Rechtsgleichheit für jeden ( ohne Ansehen der Person ). Ziel des Gesetzes ist Gottes Ehre in der Höhe ( erstes Gebot ) und Friede auf Erden ( zweites Gebot ). Gerechtigkeit erweist sich im Ausgleich. Jesus vertritt damit die Verhältnismäßigkeit ( Rationalität ). Dabei fordert er ein materielles Gesetzesverständnis ( gutes Herz ) gegenüber einem bloß formalen ( sauberer Becher ). Bei Rechtsstreitigkeiten folgt Jesus dem Prinzip der Subsidiarität. Er setzt primär auf außergerichtliche Einigung, also auf innerkirchliche Einigung in einem gestuften Verfahren.

Im Fall Zapp stellt sich die Frage: Hat der Fall Gott Ehre gebracht? Haben sich die Streitparteien friedlich geeinigt? Waren die Mittel verhältnismäßig? Hatten die Streitparteien eine gute Absicht oder ging es ihnen bloß um Geld? Haben sie das Subsidiaritätsprinzip beachtet? Haben die kirchlich höheren Instanzen beide Seiten gehört? Oder gab es eine Lex Sonderrecht? Ging es dabei um Recht oder um Macht?

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Moser
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Moser »

Die reiche deutsche Amtskirche, die reichste der Erde, verwaltet ein Riesenheer an religiösen Karteileichen.
Meine einfache Frage hierzu lautet:

Na und?

Was ist denn da so wahnsinnig schlimm dran? Natürlich wäre es am besten, wenn mehr Mitglieder auch praktizieren würden. Aber wollen wir jetzt wirklich jemand, der nicht oder nur selten in die Kirche geht, rausdrängen? Was ist denn dagegen einzuwenden, wenn er nicht austritt, sondern einfach drinbleibt? Vielleicht wird ihm ja zu einem späteren Zeitpunkt in seinem Leben, wenn er etwas mit Tod oder Krankheit konfrontiert wird, der Glaube wieder wichtiger. Und dann ist die Hemmschwelle, sich den Angeboten der Kirche wieder anzunähern, bestimmt niedriger wenn er noch Kirchenmitglied ist als wenn er ausgetreten wäre.

Aber diese Auffassung entspricht durchaus der durchaus gängigen Auffassung hier im Forum: Kirchenglied sollen nur die 100%ig Gläubigen sein. Sakramente nur für die Vorbildlichen. etc.
Warum immer diese Exklusivität? Warum wollt ihr unbedingt ein kleines Häuflein von Aufrechten sein?

In der Kirche sollte Platz für viele sein. Auch Platz für Zweifelnde und für Kritische.
Und wenn einer der Meinung ist, partout nicht an die Dreifaltigkeit oder die Jungfrauengeburt glauben zu können, selbst wenn man es ihm erklärt hat - darf er dann nicht trotzdem Mitglied der Kirche sein, wenn er es möchte? Ja, warum denn nicht?

Wie schon gesagt: Es geht hier im Grunde gar nicht um die Kirchensteuer, sondern um die Frage: Volkskirche oder "heiliger Rest"?

Herr v. Liliencron
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Eine dritte Äußerung von Oldendorf zum Thema Kirchensteuer und Kirchenaustritt in D. Jetzt unter Bezugnahme auf die Leipziger Entscheidung:

http://www.kathnews.de/bundesverwaltung ... ll-zurueck

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Niels
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Niels »

Frage: Was passiert, wenn ein Katholik aus dem Ausland Urlaub in Deutschland macht oder sich aus beruflichen Gründen kurze Zeit hier aufhält? Muss er künftig etwas in der Art erwerben und sichtbar auf die Stirn kleben, um irgendwo kommunizieren zu dürfen:

Bild

:narr:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Herr v. Liliencron
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Herr v. Liliencron »

Dieses Kommunion-Pickerl sollte die Abbildung einer Monstranz zeigen, in der statt einer Hostie ein Euro von der Lunula gehalten wird: Adoremus in aeternum Sanctissimum Mammon!

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Niels
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Niels »

Herr v. Liliencron hat geschrieben:Dieses Kommunion-Pickerl sollte die Abbildung einer Monstranz zeigen, in der statt einer Hostie ein Euro von der Lunula gehalten wird: Adoremus in aeternum Sanctissimum Mammon!
:D :daumen-rauf:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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taddeo
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von taddeo »

Niels hat geschrieben:Frage: Was passiert, wenn ein Katholik aus dem Ausland Urlaub in Deutschland macht oder sich aus beruflichen Gründen kurze Zeit hier aufhält?
Niels, ich gehe davon aus, daß Du diese Frage ohnehin ironisch meinst.
Aber dennoch illustriert sie sehr gut, wie abstrus manche Gedankengänge zu diesem Thema sein können.

Kirchensteuerpflichtig ist hierzulande ausschließlich der, der auch hier zivil steuerpflichtig ist, und auch das nur oberhalb bestimmter Einkommensgrenzen. Zwei Drittel der offiziell gemeldeten Katholiken in Deutschland zahlen überhaupt keine Kirchensteuer, weil sie die Kriterien dafür gar nicht erfüllen! Das muß auch mal gesagt werden.

Und ich wette, auch von denen treten etliche aus der Kirche aus. Was ist dann mit denen? Da können es ja keine finanziellen Gründe sein, die jetzt zu diesem neuen Dekret geführt haben. Also bleiben eigentlich nur Glaubens(ablehnungs)gründe, nicht wahr? Will heißen Apostasie, Schisma oder Häresie. Denke ich diesen Gedanken logisch zu Ende, kommt folgendes raus:

Wenn ein "armer", nicht kirchensteuerpflichtiger Katholik aus der Kirche austritt, müßte er sich zwangsläufig die Exkommunikation als Tatstrafe zuziehen. Wenn hingegen ein kirchensteuerpflichtiger Katholik aus der Kirche austritt, dann müßte man zuerst prüfen, ob er es aus Glaubensgründen tut (Folge: Exkommunikation latae sententiae) oder aus finanziellen Gründen (dann greifen "nur" die Sanktionen des DBK-Dekretes, aber keine Exkommunikation). Anders gesagt: Die Kleinen hängt man, die Großen läßt man laufen. Na super.

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirchenaustritt und Glaubensabfall (Omnium in mentem)

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das ist Blödsinn. (Auch der „Arme“ ist ja kirchensteuerpflichtig, ob er nun
zahlt oder wegen zu geringen Einkommens nicht zahlen muß. Auch Nicht-
zahler sind Steuerpflichtige.)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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