Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

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Melanchthon
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Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Habe die Ehre!

Angeregt durch ChrisCross, diesen Strang zu eröffnen mit dem Thema, warum ich denn nun ausgerechnet evangelischer statt katholischer Pfarrer werden möchte, hier mein Standpunkt:

Zunächst einmal möchte ich dazu sagen, dass mein "Background" nicht ganz so katholisch ist, wie es vielleicht den Anschein haben mag. Mütterlicherseits ist meine Familie seit dem 18. Jahrhundert, wenn nicht sogar noch früher, evangelisch. Die Familie meiner Mutter stammt aus Hessen, daher die evangelische Religionszugehörigkeit. Ihre Familie hat außerdem einige evangelische Pfarrer hervorgebracht, unter anderem auch meinen Onkel. Dieser hat, im Gegensatz zu meinen Eltern, Vater ist übrigens katholisch, zu meiner Bildung in Sachen Religion beigetragen.

Das zu meinem "Background".

Nun stelle ich mir, der aus einer, ich nenne es mal wie Nikolaus Schneider in einem Interview, "konfessionsverbindenden" Familie kommt, die Frage, welche Lehren nun richtig sind. Nach langer Überlegung (insgesamt drei Jahre) und anhand mehreren Gesprächen mit meinem Onkel und meiner katholischen Großmutter, bin ich zu dem Entschluss gekommen, evangelischer statt katholischer Pfarrer zu werden, aus folgenden Gründen:

1. Kirchenverständnis:

Confessio Augustana, Artikel 7: "Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden."

Deren Meinung bin ich ebenfalls, weshalb ich die katholische Position vehement abweise. Um Kirche zu sein, genügt Obiges. Mehr nicht. Sorry, aber das ist wie gesagt nur meine Meinung.

2. Amtsverständnis:

Es stimmt, die apostolische Sukzession ist in der evangelischen Kirche teilweise verloren gegangen, jedoch ist es meiner Meinung nach nicht zwingend notwendig, eine zu haben. Das Priestertum aller Gläubigen lehne ich insofern ab, als das es die Laien nicht über oder unter die Priester stellt. Eine besondere Bedeutung sollte den Pfarrern dennoch zugestanden werden, in Form einer presbyterialen Sukzession. Wie gesagt, muss aber nicht sein. Die Lehrmeinung der EKD ("Priestertum aller Gläubigen") akzeptiere ich durchaus, auch wenn ich der Meinung bin, es könnte eine presbyteriale Sukzession eingeführt werden. Es ist eben nur "nice to have".

3. Zölibat:

Erstens weiß ich, dass ich die Anforderungen des Zölibats nicht durchstehen werde. Zweitens, und da werden viele gegen mich sein, finde ich ihn teilweise diskriminierend, sowohl gegenüber dem Mann als auch der Frau. Gegenüber der Frau, da sie als nicht würdig gilt, einen Priester zu heiraten, und gegenüber dem Mann, dem es nicht zugestanden wird, die Liebe seines Lebens heiraten zu dürfen.
Außerdem finde ich die "begründenden" Bibelstellen für das Zölibat als unzureichend.

4. Freiheit des Christenmenschen:
ekiba.de hat geschrieben:"Ein Grundzug lutherischen Denkens ist die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. Die Forderung und die Verheißung Gottes, die beiden Weisen des Wortes Gottes, dürfen nicht miteinander vermischt werden. Sonst wäre nicht mehr die unverdiente Gnade Gottes der eine und einzige Weg zum Heil, sondern irgendein moralisches oder weltanschauliches System, dessen Bedingungen wir zu erfüllen hätten. Unter der Hand wäre das Evangelium in ein letztlich unerfüllbares Gesetz verwandelt. Wir lebten dann in inneren Zwängen und nicht in der „Freiheit eines Christenmenschen“."
Meine Meinung.

So. Nun erst mal dazu. Zufrieden ChrisCross? :D

Bitte stellt mir Fragen, falls etwas unklar sein sollte. Wenn ich provoziert habe, tut es mir leid. In diesem Forum muss man ja, so wie ich es bisher mitbekommen habe, als evangelischer Christ aufpassen, was man schreibt. :|
Zuletzt geändert von Melanchthon am Dienstag 11. September 2012, 23:53, insgesamt 2-mal geändert.

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cantus planus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von cantus planus »

Melanchthon hat geschrieben:Bitte stellt mir Fragen, falls etwas unklar sein sollte. Wenn ich provoziert habe, tut es mir leid. In diesem Forum muss man ja, so wie ich es bisher mitbekommen habe, als evangelischer Christ aufpassen, was man schreibt. :|
Dafür gibt es ja die Klausnerei. :ja:
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ChrisCross
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von ChrisCross »

Schön, dass wir jetzt die einigen Gründe kennen. Im Moment fehlt mir die Zeit und Aufmerksamkeit, das ganze ausführlicher zu kommentieren. In den nächsten tagen, wird sich aber bestimmt die Gelegenheit dazu ergeben. Danke dir aber schonmal für die Informationen.

Als Protestant musst du hier übrigens fast nur ernsthaft aufpassen, wenn du meinst mit relativistischer Grundhaltung anderen vorschreiben zu müssen, was wahr ist...
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

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lifestylekatholik
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von lifestylekatholik »

cantus planus hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:Bitte stellt mir Fragen, falls etwas unklar sein sollte. Wenn ich provoziert habe, tut es mir leid. In diesem Forum muss man ja, so wie ich es bisher mitbekommen habe, als evangelischer Christ aufpassen, was man schreibt. :|
Dafür gibt es ja die Klausnerei. :ja:
Wobei ich schlicht nicht verstehe, was das in einem Internetforum, das sich als »katholisch« und als »Der katholische Treffpunkt im Internet« bezeichnet, soll. Als Protti würde ich mir doch nicht ausgerechnet ein katholisches Internetforum aussuchen.
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»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Melanchthon
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

lifestylekatholik hat geschrieben:
cantus planus hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:Bitte stellt mir Fragen, falls etwas unklar sein sollte. Wenn ich provoziert habe, tut es mir leid. In diesem Forum muss man ja, so wie ich es bisher mitbekommen habe, als evangelischer Christ aufpassen, was man schreibt. :|
Dafür gibt es ja die Klausnerei. :ja:
Wobei ich schlicht nicht verstehe, was das in einem Internetforum, das sich als »katholisch« und als »Der katholische Treffpunkt im Internet« bezeichnet, soll. Als Protti würde ich mir doch nicht ausgerechnet ein katholisches Internetforum aussuchen.
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Dann nenne mir mal ein evangelisches Forum. Das Forum der SELK ist ja bekanntlich geschlossen. Ich hab kein anderes gefunden. :nein:

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lifestylekatholik
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von lifestylekatholik »

Melanchthon hat geschrieben:Dann nenne mir mal ein evangelisches Forum. Das Forum der SELK ist ja bekanntlich geschlossen. Ich hab kein anderes gefunden. :nein:
So schlecht steht’s um die Prottis schon? :glubsch:
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Melody
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melody »

Als Protestant war ich früher auf "Jesus.de". Gibt es das nicht mehr?
Ewa Kopacz: «Für mich ist Demokratie die Herrschaft der Mehrheit bei Achtung der Minderheitenrechte, aber nicht die Diktatur der Minderheit»

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Linus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Linus »

oder die wahnsinnigenKatholiken, die dauernd protestantische Thesen vertraten, auf theologieforum.de (?) Gell Joseph? :pfeif: (Good old Times of oikomenismo)
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Clemens
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Clemens »

Salve, Melanchthon!

Ich nehme mich mal deiner Argumente an:

"1. Kirchenverständnis:
Confessio Augustana, Artikel 7: "Es wird auch gelehrt, dass allezeit eine heilige, christliche Kirche sein und bleiben muss, die die Versammlung aller Gläubigen ist, bei denen das Evangelium rein gepredigt und die heiligen Sakramente laut dem Evangelium gereicht werden."
Deren Meinung bin ich ebenfalls, weshalb ich die katholische Position vehement abweise. Um Kirche zu sein, genügt Obiges. Mehr nicht. Sorry, aber das ist wie gesagt nur meine Meinung."
Mein Vorfahr Melanchthon war der Meinung, dass er mit seiner Auffassung im Konsens sei mit der der Kirchenväter. Daher sein Selbstbewusstsein bei der Abfassung solcher Sätze. CA 7 ist im reinen Wortsinn natürlich richtig. Aber es hat nicht viel mit Protestantismus zu tun. Denn da wird - anders als im Katholizismus - das Evangelium nur verkürzt gepredigt und außer der Taufe keines der 7 Sakramente gereicht.
Wenn "sola scriptura" bedeutet, dass dir wurscht ist, was die Theologen und Gläubigen der Urkirche tatsächlich glaubten, wird dich das nicht weiters jucken. Wenn es dir nicht wurscht ist, dann solltest du akzeptieren, dass die reformatorische Position zu dem, was Kirche sei, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch ist.

"2. Amtsverständnis:
Es stimmt, die apostolische Sukzession ist in der evangelischen Kirche teilweise verloren gegangen, jedoch ist es meiner Meinung nach nicht zwingend notwendig, eine zu haben. Das Priestertum aller Gläubigen lehne ich insofern ab, als das es die Laien nicht über oder unter die Priester stellt. Eine besondere Bedeutung sollte den Pfarrern dennoch zugestanden werden, in Form einer presbyterialen Sukzession. Wie gesagt, muss aber nicht sein. Die Lehrmeinung der EKD ("Priestertum aller Gläubigen") akzeptiere ich durchaus, auch wenn ich der Meinung bin, es könnte eine presbyteriale Sukzession eingeführt werden. Es ist eben nur "nice to have"."
Die Ap.Sukz. ist in allen reformator.Kirchen ganz, nicht nur teilweise, verloren gegangen. Die evangelsiche Interpretation des Priestertums aller Gläubigen beruht ebenfalls nachweisbar auf grober Fehlexegese. Das ist auch weithin bekannt, kann aber natürlich nicht zugegeben werden.
Auch hier gilt:
Wenn "sola scriptura" bedeutet, dass dir wurscht ist, was die Theologen und Gläubigen der Urkirche tatsächlich glaubten, wird dich auch das nicht weiters jucken. Wenn es dir nicht wurscht ist, dann solltest du akzeptieren, dass die reformatorische Position zur Apost.Sukz. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit falsch ist.

"3. Zölibat:
Erstens weiß ich, dass ich die Anforderungen des Zölibats nicht durchstehen werde. Zweitens, und da werden viele gegen mich sein, finde ich ihn teilweise diskriminierend, sowohl gegenüber dem Mann als auch der Frau. Gegenüber der Frau, da sie als nicht würdig gilt, einen Priester zu heiraten, und gegenüber dem Mann, dem es nicht zugestanden wird, die Liebe seines Lebens heiraten zu dürfen.
Außerdem finde ich die "begründenden" Bibelstellen für das Zölibat als unzureichend."
Hier handelt es sich sozusagen um Ausführungsbestimmungen. Über die kann man diskutieren. Die könnte man auch ändern, will man aber aus verschiedenen Gründen derzeit nicht. Es ist aber keine Frage, die geeignet ist, die Wahrheit oder Falschheit von kathol., bzw.evangelischer Kirche zu beweisen.

"4. Freiheit des Christenmenschen:
ekiba.de hat geschrieben:"Ein Grundzug lutherischen Denkens ist die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium. Die Forderung und die Verheißung Gottes, die beiden Weisen des Wortes Gottes, dürfen nicht miteinander vermischt werden. Sonst wäre nicht mehr die unverdiente Gnade Gottes der eine und einzige Weg zum Heil, sondern irgendein moralisches oder weltanschauliches System, dessen Bedingungen wir zu erfüllen hätten. Unter der Hand wäre das Evangelium in ein letztlich unerfüllbares Gesetz verwandelt. Wir lebten dann in inneren Zwängen und nicht in der „Freiheit eines Christenmenschen“."
"
Sagt wer? Luther oder Paulus?
Paulus im Zusammenhang gelesen lässt sich m.E. nicht so leicht vor den Karren des Protestantismus sparren.

Melanchthon
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Hallo Clemens!
Clemens hat geschrieben:Denn da wird - anders als im Katholizismus - das Evangelium nur verkürzt gepredigt und außer der Taufe keines der 7 Sakramente gereicht.
Wiederum glaube ich, dass es nur drei gültige Sakramente gibt: Taufe, Abendmahl und Beichte. Deshalb kann es mir als evangelischer Christ egal sein, ob die anderen vier Sakramente, von denen ich ausgehe, dass sie keine sind, gespendet werden oder nicht. Und da dies auf die evangelische Kirche zutrifft, ist sie Kirche nach evangelischem Verständnis.

Was meinst du mit "verkürzt gepredigt"?
Clemens hat geschrieben:Die Ap.Sukz. ist in allen reformator.Kirchen ganz, nicht nur teilweise, verloren gegangen. Die evangelsiche Interpretation des Priestertums aller Gläubigen beruht ebenfalls nachweisbar auf grober Fehlexegese. Das ist auch weithin bekannt, kann aber natürlich nicht zugegeben werden.


Aber wieso gehen dann die skandinavischen Kirchen davon aus, sie besäßen sie? Dass die apostolische Sukzession innerhalb der EKD verloren gegangen ist, bestreite ich nicht.
Martin Luther hat geschrieben:„Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes, und ist unter ihnen kein Unterschied dann des Amts halben allein. ... Demnach so werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht. ... Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht jedem ziemt, dieses Amt auch auszuüben.“
Wie kommt Martin Luther denn darauf, wenn er sich nicht auf die Bibel bezieht?

Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Melanchthon hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Die Ap.Sukz. ist in allen reformator.Kirchen ganz, nicht nur teilweise, verloren gegangen. Die evangelsiche Interpretation des Priestertums aller Gläubigen beruht ebenfalls nachweisbar auf grober Fehlexegese. Das ist auch weithin bekannt, kann aber natürlich nicht zugegeben werden.


Aber wieso gehen dann die skandinavischen Kirchen davon aus, sie besäßen sie? Dass die apostolische Sukzession innerhalb der EKD verloren gegangen ist, bestreite ich nicht.
Hallo Melanchthon,

Die apostolische Sukzession besteht aus zwei Elementen: der Weitergabe der Botschaft (successio verbi) und der Kette der Amtsträger (successio ministrorum). Das weiß auch die katholische Kirche, von Papst Benedikt gibt es noch aus seiner vorpäpstlichen Zeit gute Aussagen. Wer die Ap. Sukzession so einseitig auf die Kette der Handauflegungen reduziert, wie Clemens das tut, fällt auf der falschen Seite vom Pferd herunter. Es ist Teil einer Verbildung durch sog. 'hochkirchliches Gedankengut', das leider häufig an ein magisches Verständnis der Sukzessionsweitergabe erinnert.

In der Tat ist es so, dass die dt. ev. Landeskirchentümer im Verlauf der Reformation das äußere Zeichen der ap. Sukzession (nämlich die personale Weitergabe des Amtes durch Bischöfe) verloren haben. Nicht verloren haben sie allerdings ihr Verbleiben in der Lehre des Evangeliums (und damit in der Lehre der Apostel). Eine Lehrsukzession besteht durchaus - und vor allem in diesem Sinne haben die Kirchen der Reformation die Sukzession vornehmlich verstanden. Im Bereich der personalen Amtsweitergabe haben sich die Reformatoren auf das Vorhandensein einer presbyteralen Sukzession berufen (das ist aber nach wie vor umstritten).

Es ist mithin falsch zu behaupten, den evangelischen Kirche fehle die ap. Sukzession vollständig. Sie fehlt nur zum Teil, im wesentlichen durch den Verlust des äußeren Zeichens.

Zum Gedanken des Priestertums aller Gläubigen nur so viel: Die evangelischen Kirchen kennen allesamt diesen Gedanken als grundlegende Berufung aller Getauften, allerdings kennen sie auch alle die besonderen Ämter, die durch Ordinationen und Beauftragungen 'ordentlich berufen' werden ('rite vocatus' im Sinne der CA). Es ist ja keineswegs so, dass in der ev. Kirche jeder alles tun darf - ganz im Gegenteil. Dass die römisch-katholische Kirche evangelische Ordinationen und Berufungen nicht anerkennt, steht auf einem anderen Blatt. Daraus ist aber nicht abzuleiten, dass bei den Evangelischen Christen jeder alles tut und tun dürfte, weil das Prinzip des 'allgemeinden Priestertums' gelte. Das ist eine Fehldarstellung.

MFG
SD
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Clemens
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Clemens »

Hallo Kevin,
du schreibst: "Wiederum glaube ich, dass es nur drei gültige Sakramente gibt: Taufe, Abendmahl und Beichte. Deshalb kann es mir als evangelischer Christ egal sein, ob die anderen vier Sakramente, von denen ich ausgehe, dass sie keine sind, gespendet werden oder nicht. Und da dies auf die evangelische Kirche zutrifft, ist sie Kirche nach evangelischem Verständnis.
Was meinst du mit "verkürzt gepredigt"?"
Dass es nur 3 Sakramente gäbe, wird aus dem "Sola-Scriptura-Dogma" (SSD) abgeleitet. Weder dieses, noch die Ignorierung der anderen 4 deckt sich aber mit Bibel und Tradition der Urgemeinde. Im übrigen werden gerne die Bibelstellen, die den protestantischen Dogmen widersprechen, ignoriert und so das Evangelium verkürzt. Beispiele könnte ich mehrere anführen.

Außerdem:
"Aber wieso gehen dann die skandinavischen Kirchen davon aus, sie besäßen sie?"
Weil in der Ref-zeit katholische Bischöfe in Schweden übergetreten sind. Sie haben allerdings allem Anschein nach nicht die Bischofsweihe weitergegeben, sondern nur eine Art (protest.) Ordination. Eine Bischofsweihe ohne die Absicht, einen Bischof zu weihen (was sich durch die entsprechenden Geebete ausdrückt), ist aber keine.

"
Martin Luther hat geschrieben:„Alle Christen sind wahrhaft geistlichen Standes, und ist unter ihnen kein Unterschied dann des Amts halben allein. ... Demnach so werden wir allesamt durch die Taufe zu Priestern geweiht. ... Was aus der Taufe gekrochen ist, das mag sich rühmen, dass es schon Priester, Bischof und Papst geweiht sei, obwohl es nicht jedem ziemt, dieses Amt auch auszuüben.“
Wie kommt Martin Luther denn darauf, wenn er sich nicht auf die Bibel bezieht?"
Er bezieht sich zwar auf die Bibel, deutet sie aber falsch. Dieser Satz von Luther ist *sorry* biblisch und theologisch einfach Schmarrn.
NIemand in der Alten Kirche hätte solchen Blödsinn verteten. Auf sowas kommt man nur, wenn man die Bibel gemäß dem SSD von ihrem historischen Hintergrund löst und zum Orakelbuch macht, aus dem man dann frei vom Kontext einzelne Sätze so biegen kann, dass sie scheinbar die eigene Meinung stützen.

San Marco
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von San Marco »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Wer die Ap. Sukzession so einseitig auf die Kette der Handauflegungen reduziert, wie Clemens das tut, fällt auf der falschen Seite vom Pferd herunter. Es ist Teil einer Verbildung durch sog. 'hochkirchliches Gedankengut', das leider häufig an ein magisches Verständnis der Sukzessionsweitergabe erinnert.
Sehr treffend gesagt. Ich habe das Büchlein von "Clemens" gelesen. Er ist geradezu fixiert auf genau diese eindimensionale Idee.

Melanchthon
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Clemens hat geschrieben:Dass es nur 3 Sakramente gäbe, wird aus dem "Sola-Scriptura-Dogma" (SSD) abgeleitet. Weder dieses, noch die Ignorierung der anderen 4 deckt sich aber mit Bibel und Tradition der Urgemeinde. Im übrigen werden gerne die Bibelstellen, die den protestantischen Dogmen widersprechen, ignoriert und so das Evangelium verkürzt. Beispiele könnte ich mehrere anführen
Du argumentierst nach katholischen Maßstäben, was natürlich vollkommen in Ordnung ist. Ich argumentiere nach evangelischen Maßstäben. Das heißt, wenn du mir sagst, die evangelische Kirche ist nicht Kirche, dann ist sie nicht Kirche nach katholischen Maßstäben. Nach evangelischen jedoch sehr wohl. Und das genügt uns evangelischen Kirchen.

Wenn du sagst, die Ignoranz der anderen vier Sakramente deckt sich nicht mit der Bibel und der Tradition, dann mag dies vielleicht nach katholischen Maßstäben stimmen. Nach evangelischen Maßstäben aber ist dies vollkommen in Ordnung aufgrund von sola scriptura.

Und das Bibelstellen jeweils ignoriert werden, um im Einklang mit der Kirche zu stehen, ist glaube ich auch teilweise in der katholischen Kirche der Fall.
Clemens hat geschrieben:NIemand in der Alten Kirche hätte solchen Blödsinn verteten. Auf sowas kommt man nur, wenn man die Bibel gemäß dem SSD von ihrem historischen Hintergrund löst und zum Orakelbuch macht, aus dem man dann frei vom Kontext einzelne Sätze so biegen kann, dass sie scheinbar die eigene Meinung stützen.
Und was veranlasst dich zu dieser Aussage?
Zuletzt geändert von Melanchthon am Mittwoch 12. September 2012, 11:27, insgesamt 1-mal geändert.

Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben:Dass es nur 3 Sakramente gäbe, wird aus dem "Sola-Scriptura-Dogma" (SSD) abgeleitet. Weder dieses, noch die Ignorierung der anderen 4 deckt sich aber mit Bibel und Tradition der Urgemeinde. Im übrigen werden gerne die Bibelstellen, die den protestantischen Dogmen widersprechen, ignoriert und so das Evangelium verkürzt. Beispiele könnte ich mehrere anführen.
Es gibt kein 'Sola-Scriptura-Dogma', wie es überhaupt in der evangelischen Glaubenslehre keine 'Dogmen' gibt.

Die Kirchen der evangelischen Tradition erkennen die Sakramente als wichtig und zentral an, die vom Herrn selbst eingesetzt wurden. Die anderen kirchlichen Riten, die von der katholischen Tradition als Sakramente gespendet werden, werden in der evangelischen Kirche ebenfalls gebraucht, aber nicht als Sakramente im katholischen Sinn angesehen.

Deine Einlassungen hier zeigen im übrigen, dass Deine Suspendierung vom Amt eines ev. Pfarrers durch die württembergische Kirchenleitung mehr als gerechtfertigt war. Abgesehen von Deiner 'katholischen' Überzeugung lassen sie nur noch eine vollständige Verzerrung des evangelischen Verständnisses von Kirche und Sakramenten erkennen. Das ist schade.
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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

San Marco hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Wer die Ap. Sukzession so einseitig auf die Kette der Handauflegungen reduziert, wie Clemens das tut, fällt auf der falschen Seite vom Pferd herunter. Es ist Teil einer Verbildung durch sog. 'hochkirchliches Gedankengut', das leider häufig an ein magisches Verständnis der Sukzessionsweitergabe erinnert.
Sehr treffend gesagt. Ich habe das Büchlein von "Clemens" gelesen. Er ist geradezu fixiert auf genau diese eindimensionale Idee.
Ja ne, is klar, wenn man Euch auf ein gravierendes Defizit hinweist, ist man darauf "fixiert".

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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Es gibt kein 'Sola-Scriptura-Dogma', wie es überhaupt in der evangelischen Glaubenslehre keine 'Dogmen' gibt.

Die Kirchen der evangelischen Tradition erkennen die Sakramente als wichtig und zentral an, die vom Herrn selbst eingesetzt wurden. Die anderen kirchlichen Riten, die von der katholischen Tradition als Sakramente gespendet werden, werden in der evangelischen Kirche ebenfalls gebraucht, aber nicht als Sakramente im katholischen Sinn angesehen.
Genauso ist es. Und danke Stephen für deinen Beitrag über die apostolische Sukzession. Also hatte ich doch nicht ganz unrecht. :D

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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Florianklaus hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: Wer die Ap. Sukzession so einseitig auf die Kette der Handauflegungen reduziert, wie Clemens das tut, fällt auf der falschen Seite vom Pferd herunter. Es ist Teil einer Verbildung durch sog. 'hochkirchliches Gedankengut', das leider häufig an ein magisches Verständnis der Sukzessionsweitergabe erinnert.
Sehr treffend gesagt. Ich habe das Büchlein von "Clemens" gelesen. Er ist geradezu fixiert auf genau diese eindimensionale Idee.
Ja ne, is klar, wenn man Euch auf ein gravierendes Defizit hinweist, ist man darauf "fixiert".
Defizit? Für die Evangelische Kirche ist es kein Defizit, ihr Katholiken meint nur, es sei eines.

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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

Stephen Dedalus hat geschrieben: wie es überhaupt in der evangelischen Glaubenslehre keine 'Dogmen' gibt.
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?

Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Florianklaus hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: wie es überhaupt in der evangelischen Glaubenslehre keine 'Dogmen' gibt.
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
'Dogmatik' ist nicht unbekannt im Sinne von systematisch aufbereiteter Glaubenslehre. Dogmen im Sinne der katholischen Lehre, also durch das unfehlbare Lehramt unumstößlich formulierte Glaubenssätze, kennt die ev. Tradition nicht. Die evangelische Tradition spricht eher von Grundbekenntnissen und bekenntnishaften Formulierungen.
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San Marco
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von San Marco »

Florianklaus hat geschrieben:
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/

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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

San Marco hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/
Und Dir empfehle ich:

http://www.amazon.de/Grundriss-Dogmatik ... 3936741255

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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben: wie es überhaupt in der evangelischen Glaubenslehre keine 'Dogmen' gibt.
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
'Dogmatik' ist nicht unbekannt im Sinne von systematisch aufbereiteter Glaubenslehre. Dogmen im Sinne der katholischen Lehre, also durch das unfehlbare Lehramt unumstößlich formulierte Glaubenssätze, kennt die ev. Tradition nicht. Die evangelische Tradition spricht eher von Grundbekenntnissen und bekenntnishaften Formulierungen.
Und ich Naivling dachte immer, uns würde wenigestens das Nizänum verbinden. Aber wenn es sich dabei für Euch nicht um unumstößlich formulierte Glaubenssätze sondern nur um bekenntnishafte Formulierungen handelt........................

Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Florianklaus hat geschrieben:Und ich Naivling dachte immer, uns würde wenigestens das Nizänum verbinden. Aber wenn es sich dabei für Euch nicht um unumstößlich formulierte Glaubenssätze sondern nur um bekenntnishafte Formulierungen handelt........................
Das Nizänum ist für uns kein Dogma im Sinne des katholischen Verständnisses wie o. g. (also ein durch das unfehlbare Lehramt unumstößlich formulierter Glaubenssatz). Ein unfehlbares Lehramt gibt es nach ev. Verständnis nicht, auch Konzile können unserer Auffassung nach irren. Das heißt nicht, dass ein Grundbekenntnis wie das Nizänum aus unserer Sicht verhandelbar oder umstößlich wäre.
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Clemens
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Clemens »

Das "Sola Scriptura" ist sehr wohl ein protestantisches Dogma, es ist sogar ein unhinterfragbares Axiom, das sich durch nichts begründen lässt, außer durch sich selbst. Merkt man ja grade wieder sehr schön, wenn "Melanchthon" sagt, aufgrund von Sola Scr. stünde fest, dass bestimmte Dinge eben so seien, wie der Protestantismus es sehen will: q.e.d.

Das für mich erschütterndste an den Ereignissen der letzten Woche ist: es wird auf prot. Seite fast nirgends nach der Wahrheit gefragt. Ich habe Unrecht zu haben, weil ich dem SDD widerspreche. So einfach ist es anscheinend. Die Mühe macht sich aber keiner, zu begründen, warum das SDD trotzdem wahr sein soll, obwohl es erst im Mittelalter erfunden wurde.

(Sorry, ich muss jetzt ein paar Tage nach Augsburg und kann deshalb hier nicht weiter diskutieren.)

Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

San Marco hat geschrieben: Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/
Florianklaus hat geschrieben: Und Dir empfehle ich:

http://www.amazon.de/Grundriss-Dogmatik ... 3936741255
Prinzip: Je oller, je doller? :D :D
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Stephen Dedalus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Stephen Dedalus »

Clemens hat geschrieben: Das für mich erschütterndste an den Ereignissen der letzten Woche ist: es wird auf prot. Seite fast nirgends nach der Wahrheit gefragt. Ich habe Unrecht zu haben, weil ich dem SDD widerspreche. So einfach ist es anscheinend. Die Mühe macht sich aber keiner, zu begründen, warum das SDD trotzdem wahr sein soll, obwohl es erst im Mittelalter erfunden wurde.
Mich wundert das nicht. Du kämpfst gegen ein 'Dogma', das es nicht gibt. Das evangelische und reformatorische Verständnis von sola scriptura, i.e. der Bedeutung der Hl. Schrift als Norm und letzter Richterin in Glaubensfragen neben (sic!) der Tradition, ist weitaus differenzierter, als Du glauben machen willst. Dass man mit Dir nicht über ein Konzept diskutieren mag, das vor allem in Deiner Vorstellungskraft exisitiert, verwundert mich nicht.

Und Sätze wie dieser machen mich vollends ratlos:
warum das SDD trotzdem wahr sein soll, obwohl es erst im Mittelalter erfunden wurde.
Aber es bringt nichts. Gute Reise!
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Christiane
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Christiane »

Melanchthon hat geschrieben:
3. Zölibat:

Erstens weiß ich, dass ich die Anforderungen des Zölibats nicht durchstehen werde. Zweitens, und da werden viele gegen mich sein, finde ich ihn teilweise diskriminierend, sowohl gegenüber dem Mann als auch der Frau. Gegenüber der Frau, da sie als nicht würdig gilt, einen Priester zu heiraten, und gegenüber dem Mann, dem es nicht zugestanden wird, die Liebe seines Lebens heiraten zu dürfen.
Außerdem finde ich die "begründenden" Bibelstellen für das Zölibat als unzureichend.
Da muss ich jetzt mal nachhaken. Warum möchtest du denn Pfarrer werden? Um Gott und den Menschen zu dienen oder um dich selbst zu verwirklichen? Sorry, ich weiß, das ist provokativ, aber mir kommt das irgendwie so vor als ob du dir einfach in den Kopf gesetzt hast, dass du Pfarrer werden möchtest. Sowas hat aber nichts mit Wollen sondern mit Berufung zu tun. Eine Berufung zum katholischen Priester scheinst du schon mal nicht zu haben (oder zumindest hat sich noch keine solche bei dir bemerkbar gemacht). Ist ja auch nicht weiter schlimm. Aber was treibt dich jetzt? Dein eigener (Berufs)wunsch oder ein (vermeintlicher) Ruf von oben?

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San Marco
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von San Marco »

Florianklaus hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/
Und Dir empfehle ich:

http://www.amazon.de/Grundriss-Dogmatik ... 3936741255
Danke für den wichtigen Hinweis. Wenn du meine Vorstellung liest, weisst du, dass ich die Lehre Luthers ablehne.

Findest du die Dogmatik von Ott oder die von Müller besser ?

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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben: Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/
Florianklaus hat geschrieben: Und Dir empfehle ich:

http://www.amazon.de/Grundriss-Dogmatik ... 3936741255
Prinzip: Je oller, je doller? :D :D

Gegenüber Boehl ist der "Ott" doch geradezu brandaktuell.

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Florianklaus
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Florianklaus »

San Marco hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
San Marco hat geschrieben:
Florianklaus hat geschrieben:
Ach was? Wieso gibt es denn dann Lehrbücher zur Dogmatik von evangelischen Theologen? Und wie würdest Du die Aussage: "Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch" qualifizieren?
Du könntest z.B. mal das durcharbeiten:

http://www.cbuch.de/Boehl-Dogmatik-p259/
Und Dir empfehle ich:

http://www.amazon.de/Grundriss-Dogmatik ... 3936741255
Danke für den wichtigen Hinweis. Wenn du meine Vorstellung liest, weisst du, dass ich die Lehre Luthers ablehne.

Findest du die Dogmatik von Ott oder die von Müller besser ?
Es kommt auf den Zweck und die Erwartungen an, ich würde sagen der "Ott" ist deutlich präziser und eher zum Nachschlagen geeignet.

Melanchthon
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Re: Warum ich evangelischer Pfarrer werden möchte

Beitrag von Melanchthon »

Christiane hat geschrieben:
Melanchthon hat geschrieben:
3. Zölibat:

Erstens weiß ich, dass ich die Anforderungen des Zölibats nicht durchstehen werde. Zweitens, und da werden viele gegen mich sein, finde ich ihn teilweise diskriminierend, sowohl gegenüber dem Mann als auch der Frau. Gegenüber der Frau, da sie als nicht würdig gilt, einen Priester zu heiraten, und gegenüber dem Mann, dem es nicht zugestanden wird, die Liebe seines Lebens heiraten zu dürfen.
Außerdem finde ich die "begründenden" Bibelstellen für das Zölibat als unzureichend.
Da muss ich jetzt mal nachhaken. Warum möchtest du denn Pfarrer werden? Um Gott und den Menschen zu dienen oder um dich selbst zu verwirklichen? Sorry, ich weiß, das ist provokativ, aber mir kommt das irgendwie so vor als ob du dir einfach in den Kopf gesetzt hast, dass du Pfarrer werden möchtest. Sowas hat aber nichts mit Wollen sondern mit Berufung zu tun. Eine Berufung zum katholischen Priester scheinst du schon mal nicht zu haben (oder zumindest hat sich noch keine solche bei dir bemerkbar gemacht). Ist ja auch nicht weiter schlimm. Aber was treibt dich jetzt? Dein eigener (Berufs)wunsch oder ein (vermeintlicher) Ruf von oben?

Christiane
Hallo Christiane!

Ich fühle mich von Gott berufen, ein Pfarramt auszuüben. Ich fühle mich aber nicht berufen, dies unter dem Zwang des Zölibats zu tun. Aber der Zölibat ist in meinem Fall nur das kleinere Übel von vielen, warum ich nicht katholischer Pfarrer werden möchte. Und unter Berufung verstehe ich auch einen konkreten Berufswunsch. Andere fühlen sich ja auch berufen, Menschen als Arzt zu helfen. Natürlich ist dieses Beispiel nur bedingt vergleichbar mit einem kirchlichen Amt, aber es zeigt sehr wohl, wie Berufswunsch und Berufung miteinander eine Synthese eingehen.

Um Selbstverwirklichung geht es hier nicht, sonst könnte ich ja auch behaupten, gerade deswegen katholischer Pfarrer zu werden, da das Amt des Priesters in der katholischen Kirche eine große Bedeutung hat. Damit behaupte ich aber nicht, dass das evangelische Amtsverständnis weniger bedeutend ist, sondern lediglich anders.

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