Über die "allzeit Jungfräulichkeit" Mariens

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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platon
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Über die "allzeit Jungfräulichkeit" Mariens

Beitrag von platon »

Hallo Leute,

einige hier im Forum werden mich wohl aus einem anderen Forum her kennen. Dort habe ich diese meine Frage gestellt, aber es kamen wohl nicht befriedigende Antworten. Vielleicht weiß da einer hier besser bescheid.

In bezug auf die "allzeit Jungfräulichkeit" Mariens wird viel gesprochen. Ist das wirklich ein Dogma? Wenn ja, welcher Papst oder Konzil hat das festgelegt. Wie ist das Dogma entstanden? Welche geschichtliche und geistige Zusammenhänge haben dabei eine Rolle gespielt?

Bekannterweise steht in Mt. 1,25 über Joseph: "er erkannte sie nicht, bis sie ihren Sohn gebar." Wenn man die Betonung auf das Wort "bis" legt, so könnte das so gelesen werden, daß Joseph seine Frau nach der Geburt Jesu erkannte.

Die Betonung des Schriftstellers, worum es geht, liegt eindeutig darin, daß bis zur Geburt Jesu seine Mutter Maria Jungfrau geblieben ist, d.h. daß dort das geschehen ist, was der Mensch für unmöglich hält. Was danach passiert ist, ist von zweitrangiger Bedeutung. Wenn das aber so ist, ist dann die "allzeit Jungfräulichkeit" eine menschliche Erfindung? Letzteres wäre in der Tat schlimm.

Grüße, Carlos

Dr. Dirk
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Beitrag von Dr. Dirk »

Hallo Platon!

Für mich ist die "allzeit Jungfräulichkeit" besonders verständlich aus der Analogie zwischen der Bundeslade und Maria. "Lade des neuen Bundes" ist z.B. ein Titel für die Gottesmutter, der sich biblisch sehr schön begründen lässt.
Ein Beispiel ist die Analogie zwischen dem, was die Bundeslade getragen hat, und was Maria getragen hat: Die Bundeslade trug die Zehn Gebote, also das Wort Gottes, den Hohepriesterstab des Aaron und ein Gefäß mit Manna.
Maria trug Jesus, der das Wort Gottes ist, der Hohepriester des neuen Bundes und das Brot, das vom Himmel kommt (vgl. Joh 6) des neuen Bundes. Andere Analogien sind der Tanz Davids vor der Bundeslade (2 Sam) und die Freude des Johannes beim Besuch Mariens bei Elisabeth (hier werden teilweise analoge Verse benutzt) und das "Ersetzen" (das Wort passt nicht ganz) der Bundeslade im Himmel durch die Frau mit den 12 Sternen, die die Kirche auch als Maria interpretiert in der Offenbarung. Hier ist die Kapitelgrenze zw. 11. und 12. Kapitel etwas unglücklich gewählt, sonst würde das deutlicher werden.

Jedenfalls: Wenn Maria die Lade des neuen Bundes ist, dann finde ich es genauso unwahrscheinlich, dass Maria noch andere Kinder ausgetragen hat, wie es unwahrscheinlich ist, dass Gott es zugelassen hätte, dass noch andere Steintafeln in der Bundeslade getragen würden, als die mit seinem Wort. Die Bundeslade wurde geschaffen, um das Wort Gottes zu tragen und nichts anderes. Ebenso Maria. Das - so finde ich - folgt aus der biblischen Analogie.

Ein weiterer Grund für die ewige Jungfräulichkeit ist die Berufung Mariens als Mutter aller Menschen. Jesus hat stellvertretend für die ganze Menschheit Johannes am Kreuz seine Mutter geschenkt. Durch die ganzen Evangelien hindurch wird Maria von Jesus auf diese Berufung hingeführt. Immer wenn Jesus mit Maria zusammentrifft, versucht er, sie von ihrer menschlichen Berufung als Mutter zu lösen (vgl. die Aussagen Jesu bei dem Auffinden im Tempel, bei der Hochzeit zu Kana, etc - all das klingt menschlich gesehen ziemlich rüde, dient aber dem Zweck, Maria von ihrer menschlichen Berufung zu ihrer geistlichen Berufung hinzuführen). Die Berufung als Mutter aller Menschen war erst am Kreuz möglich und - wie ich finde - auch nur möglich, als Maria völlig frei von menschlichen Bindungen war.

Ich hoffe, ich habe mich nicht zu verwirrt ausgedrückt.

Gottes Segen,
Dirk

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Ein Dogma von der immerwährenden jungfräulichkeit Mariens ist nie feierlich formuliert worden.

Aber der Sachverhalt als solcher wird in lehramtlich Texten immer wie ein Dogma angesehen.

Interessant ist, daß es wenn Aussagen über die Jungfräulichkeit gemacht werden, es immer um Aussagen über Christus geht

Synode im Lateran (649)

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Cicero hat geschrieben:Interessant ist, daß es wenn Aussagen über die Jungfräulichkeit gemacht werden, es immer um Aussagen über Christus geht
Ja,
schon die Aussage/Bezeichnung als "Gottesgebärerin" ist in erste Linie eine christologische Aussage.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Petra
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Beitrag von Petra »

Über die Jungfräulichkeit Marias gibt es hier in Theologisches schon ein Thema, wenn auch mit anderer Akzentsetzung.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die wichtigste Quelle für die Geschichte Mariens – einschließlich ihrer immerwährenden Jungfräulichkeit – ist das sogenannte Protevangelium Jacobi, das mit Sicherheit nicht später entstanden ist als in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts, wahrscheinlich eher, und nicht einmal, wie heute meist angenommen wird, pseudepigraph zu sein braucht: Ich sehe jedenfalls keinen triftigen Grund, der eine Verfasserschaft des Herrenbruders Jacobus grundsätzlich ausschlösse. Zumindest kommt das Buch aus dieser palästinischen Tradition der Familie Jesu.

Das gläubige Volk hat die Berichte dieser Schrift stets für wahr gehalten, und das Lehramt ist dem Glaubenssinn des Volks gefolgt. ‚Protevangelium‘ ist übrigens eine neuzeitlich-wissenschaftliche Bezeichnung. Nach den meisten Handschriften lautet der Titel: ›Die Geburt Mariens‹, wozu mit wechselndem Wortlaut der Herrenbruder Jacobus als Verfasser angegeben wird. Ich empfehle, das mal zu lesen: Die Geschichte von Joachim und Anna, die Geburts Mariens, ihre Darstellung im Tempel, die Verlobung mit Joseph, die Geburt Jesu und das Martyrium des Zacharias.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lieber Carlos, zu deinen speziellen Fragen noch einen Nachtrag. Was das Evangelium betrifft, so kannst du aus der Formulierung »καὶ οὐκ ἐγίνωσκεν αὐτὴν ἕως οὗ ἔτεκεν υἱόν« (Mt 1,25) redlicherweise nicht den Umkehrschluß ziehen, Joseph habe nach der Geburt Jesu mit Maria ehelich verkehrt. Davon redet der Evangelist hier überhaupt nicht.

Die Kirche hat aber von Anfang an Maria als Jungfrau verehrt (virgo, παρϑένος), wie wir insbesondere aus den ältesten Taufsymbolen wissen. Solche Verehrung der Jungfrau wäre widersinnig, wenn die Jungfräulichkeit keine immerwährende gewesen wäre.

Das erste ausdrückliche Zeugnis stammt aus der Ἀπολογία des Aristides (um 140 n. Chr.): »… ἄϕϑορον τὴν παρϑενίαν τῆς Τεκούσης καὶ μετὰ τὸν τόκον ϕυλάξας« (ap. VII; im selben Kapitel formuliert Aristides übrigens auch bereits sehr klar die Lehre von der hypostatischen Union der beiden Naturen in Christo).

Seit etwa der Mitte des vierten Jht.s erscheint in den östlichen Taufsymbolen der Begriff der ἀειπαρϑένος, der „Immerjungfrau“. Dann häufen sich auch die ausdrücklichen Erwähnungen in der Väterlitteratur (wie sich ja überhaupt erst dann die kirchlichen Quellen häufen: vorher haben wir nicht viel, was überliefert wäre).

So redet Ephræm der Syrer die Gottesmutter in mehreren hymnischen Gebeten an als »παρϑένος μετὰ τόκον«. Epiphanius von Salamis äußert sich im selben Sinne, Hieronymus hat ein ganzes Buch »de perpetua virginitate beatæ Mariæ« geschrieben (383). Ebenso spricht Gregor von Nyssa in einer Weihnachtshomilie von 386 über Maria: »ἡ μετὰ τόκον παρϑένος«. Ambrosius schreibt in seinem Brief 92 (von 389) ausführlich darüber und kommt zu dem klaren Schluß: »virgo permanet«. Drei Jahre später schreibt auch Ambrosius ein Buch »de institutione virginis et s. Mariæ virginitate perpetua« (und noch oft ähnlich, nicht zuletzt in seinen Hymnen).

Auch Augustin spricht selbstverständlich in mehreren Weihnachtspredigten von der virgo perpetua (und öfter ähnlich). Ausdrücklich lehrt er die virginitas post partum auch in seiner Musterkatechese für Taufbewerber »de catechizandis rudibus«, woraus – ebenso wie aus dem oben erwähnten Begriff der ἀειπαρϑένος in den Taufsymbolen – erhellt, daß die Kirche diese Lehre als festen Bestandteil des depositum fidei an die Katechumenen übergab.

Ich könnte dafür endlos weitere Zitate anführen: Cyrill von Alexandrien, Zeno von Verona, Ambrosiaster, Didymus Alexandrinus und viele andere. Das Ergebnis ist klar: Es handelt sich um den Glauben der Kirche.
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Niels
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Re: Über die "allzeit Jungfräulichkeit" Mariens

Beitrag von Niels »

platon hat geschrieben:Hallo Leute,
Bekannterweise steht in Mt. 1,25 über Joseph: "er erkannte sie nicht, bis sie ihren Sohn gebar." Wenn man die Betonung auf das Wort "bis" legt, so könnte das so gelesen werden, daß Joseph seine Frau nach der Geburt Jesu erkannte.
Diese Folgerung ist keineswegs so zwingend, wie sie auf den ersten Blick erscheinen mag. M.E. handelt es sich hier um Hebraismen.
Hier einige Beispiele:
"Und Samuel sah Saul fortan nicht mehr bis an den Tag seines Todes." (1 Sam 15,35)
"Der Herr sprach zu meinem Herrn: Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache" (Ps 110, 1)
"Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt" (Mt 28,20)
"Dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht wie Adam durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten." (Röm 5,14)
Diese Stellen (bestimmt lassen sich noch weitere finden) zeigen, daß lediglich Aussagen über einen bestimmten Zeitabschnitt gemacht werden und Umkehrschlüsse keinen sinn ergeben.
In diesen Kontext fügt sich Mt 1,25 gut ein, zumal sich bei Mt auffallend viele Hebraismen finden.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Nun ja, der Überlieferung zufolge war ja Mt ursprünglich in Hebräisch verfasst, wenn auch diese "Version" verloren ging.

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Niels
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Beitrag von Niels »

Die älteste überlieferte Nachricht findet sich bei Bischof Papias von Hierapolis(gest. ca. 130). Seine Bücher, die eine Sammlung von Herrenworten (Logien) sowie deren Auslegung erhielten, sind leider verloren. Erhalten ist ein Zitat bei Eusebius von Caesarea: "Matthäus hat die Logien also in hebräischer Sprache zusammengestellt; es übersetzte sie ein jeder aber, so gut er es vermochte." (Eus. hist.eccl. III, 39, 16)

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platon
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Zusammengefaßt also...

Beitrag von platon »

Hallo Leute,

erstmals ein herzlicher Dank für die ausführlichen Antworten.

Zusammengefaßt ließe sich also sagen, daß der Glaube an die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens aus dem Protevangelium Jacobi entstamm.

Lies man Mt. 1,25, muß man zunächst wissen, daß der Jude unter "Erkennen" die ganzheitliche Hingabe von Mann und Frau verstand, d.h. die Heimholung einschließlich dem Geschlechtsakt war damit gemeint. Beim Alten Testament heißt es deshalb: "Adam erkannte seine Frau Eva und sie gebar einen Sohn". Damit ist umrissen, worüber wir reden.

Solche Hebraismen, von denen oben die Rede war, ließen nun die Frage offen, ob Josef seine Frau Maria nach der Geburt Jesu erkannt hat oder nicht, mag dies eine unsinnige Frage sein. Der Kern der Aussage war, zu betonen, daß Jesus aufgrund eines Wunders auf die Welt gekommen ist, daß dort das geschehen ist, was für den Mensch unmöglich ist. Nichts mehr, nichts weniger an dieser Stelle.

Die Frage stellt sich nun mal dann für mich, inwiefern sich etwa das Protevangelium Jacobi als "Zeugnis" von religiösen Erfahrungen oder von Lebenserfahrungen verstehen läßt. Wenn jemand also irgendwie Gott erfahren hat, so muß er zuerst Zeugnis geben. Erst danach kann man dies Zeugnis weitergeben. Diesen Stellenwert würde man die Gattung der Schrift berücksichtigend von den kanonisierten Schriften erwarten, daß sie oft literarisch formulierte Lebenserfahrung ist. Dies würde man von der Schöpfungsgeschichte nicht behaupten, aber schon, daß Gott Mensch geworden auch Wunder getan, Tote auferweckt hat.

Inwiefern läßt sich also das Protevangelium Jacobi als Überlieferung von Lebenserfahrung verstehen? Naja, ich muß da auch selbst reinlesen, um mir einen Eindruck über den literarischen Stil zu verschaffen. Wichtig wäre nur, daß wenn viele Kirchenväter die immerwährende Jungfräulichkeit verehren, daß sie diesen Begriff nicht aus heiterem Himmel her erfinden, sondern vielmehr aufgrund von Lebensberichten früherer Christen.

Gegen die immerwährende Jungfräulichkeit könnte sprechen, daß - so habe ich gehört - für den Juden eine Ehe nur gültig war, wenn die Heimholung, d.h. die Erkenntnis erfolgt war. Wenn wir also den Heiligen Josef als wahrer Bräutigam der Jungfrau Maria verehren, dann muß er normalerweise auch ganze Sache gemacht haben. Es würde ja doch dem Ehesakrament völlig widersprechen, wenn man behaupten würde, sogenannte "platonische" Ehen, die nicht aufgrund einer bekannten Impotenz von mindestens einem Partner geschlossen wurden, gültig wären. Dann könnte man heute getrost übers Internet heiraten, Leuten die man nicht kennt, hauptsache ein Notar bestätigt das. Das wäre die logische Konsequenz, wenn man sich von diesen Traditionen löst. Oder die Ehe hat sehr viel in gewisserweise Anlehnung an das jüdische Denken mit der ganzheitlichen Erkenntnis zu tun, einschließlich der fleischlichen. Dann aber muß Josef seine Frau erkannt haben, wenn seine Ehe gültig gewesen sein soll.

Geglaubt wird die immerwährende Jungfräulichkeit also, wegen dem Protevangelium Jacobi, und dies hat schon immer zur Volksfrömmigkeit der Kirche einschließlich zur Volksfrömmigkeit der Lehrer gehört. (Ich selbst weiß auch nicht so genau, inwiefern mein eigener Glaube "volksfromm" ist. Ohne diese Frömmigkeit würde mein eigener Glaube an Lebendigkeit verlieren, so sellte selbst ein Hegel fest.) Ein explizites Dogma, in dem aber die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens für verbindlich erklärt worden wäre, das gibt es nicht. Wollte man diesen Glauben für verbindlich erklären, so müßte man zumindest das Protevangelium Jacobi kanonisieren.

Sehe ich das alles richtig? Was meint ihr?

Grüße, Carlos
Fides quaerens intellectum
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Niels
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Re: Zusammengefaßt also...

Beitrag von Niels »

platon hat geschrieben: Ein explizites Dogma, in dem aber die immerwährende Jungfräulichkeit Mariens für verbindlich erklärt worden wäre, das gibt es nicht.
Im letzten Mariendogma (Pius XII., Apost. Konstitution "Munificentissimus Deus" vom 1.Nov. 1950) ist die immerwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter bestätigt:
"Deshalb ... verkünden wir, erklären und definieren wir, daß es ein von Gott geoffenbartes Dogma ist: Die unbefleckte Gottesgebärerin und immerwährende Jungfrau Maria (immaculatam Deiparam semper Virginem Mariam) wurde nach Vollendung ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen.
Deshalb, wenn jemand, was Gott abwende, dies entweder zu leugnen, oder freiwillig in Zweifel zu ziehen wagt, was von Uns definiert wurde, so soll er wissen, daß er vom göttlichen und katholischen Glauben ganz und gar abgefallen ist" (DH 3903).
Zuletzt geändert von Niels am Mittwoch 19. November 2003, 09:45, insgesamt 1-mal geändert.

Ralf

Beitrag von Ralf »

Desweiteren ist es seltsamer Dogmatismus, nur das als verbindlich anzusehen, was offiziell zum Dogma erhoben wurde.

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platon
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Re: Zusammengefaßt also...

Beitrag von platon »

Niels hat geschrieben:Im letzten Mariendogma (Pius XII., Apost. Konstitution "Munificentissimus Deus" vom 1.Nov. 1950) ist die immerwährende Jungfräulichkeit der Gottesmutter bestätigt:
"Deshalb ... verkünden wir, erklären und definieren wir, daß es ein von Gott geoffenbartes Dogma ist: Die unbefleckte Gottesgebärerin und immerwährende Jungfrau Maria (immaculatam Deiparam semper Virginem Mariam) wurde nach Vollendung ihres irdischen Lebens mit Leib und Seele zur himmlischen Herrlichkeit aufgenommen.
Hallo Niels,

genau dies ist ein Teil dessen, was ich schon mal in einem anderen Forum als Antwort bekommen habe. Die Intension der Erklärung liegt eindeutig darin, die Aufnahme in Leib und Seele für Verbindlich zu erklären. Aus der zitierten Formulierung wird man aber nicht schlau, ob die Bezeichnung der Jungfrau als immerwährende Jungfrau nur eine Bezeichnung war, die der Frömmigkeit des Pius XII entsprach oder nicht, ohne dies an dieser Stelle für verbindlich zu erklären. So gesehen stiftet diese Formulierung nur Verwirrung.

Bei fast allen Konzilien haben Kirchenväter es so gehandhabt, daß sie lange über die Formulierung der Texte gestritten haben, ehe sie dazu übergegangen sind, über sie abzustimmen. In den Glaubensbekenntnissen aus Nikaia und Chalkedon wird die Christologie quasi erläutert: "wahrer Mensch", "wahrer Gott", "eines Wesens mit dem Vater", "gestorben", "auferstanden". Das Dogma über die Aufnahme Mariens in den Himmel spricht einerseits ein Dogma über die Jungfrau, und andererseits ein eschatologisches Dogma, d.h. ein Dogma über uns, nicht nur die Seele sondern auch der Leib ist zur Erlösung bestimmt. Die christologischen Dogmen legen aus. Das Dogma über die Aufnahme in Leib und Seele bedarf der Auslegung, denn wie sieht denn der Himmel aus, daß dort auch der Leib Platz finden würde? Und hat der Heilige Paulus nicht geschrieben, daß wir mit himmlischen verklärten Leibern auferstehen werden?

Kleiner Exkurs Eschatologie:
Kerngedanke bei der Leibhaftigkeit der Auferstehung ist einmal, daß wir mit unseren Leibern nicht alles tuen dürfen, was wir wollten, sondern auch dies vor Gott getragen wird. Andererseits, daß die Auferstehung eine ziemlich konkrete wenn auch dem Verstand übersteigende Wirklichkeit sein soll. Ein Versprechen auf "Heimat" und auf "Liebesgemeinschaft" im himmlischen Hochzeitsmahl, das nur "ideell" und nicht auch "wirklich" erfüllt wird, ist ein leeres Versprechen. Nicht gemeint ist ein Ort des Nichts, wo die Seele im luftleeren Raum in ewiger Langeweile verschwindet, sondern ein Ort, wo alle meine Sehnsucht nach Liebe, nach Unendlichkeit und nach Gott gestillt wird, ein Ort den kein Auge je gesehen und kein Ohr gehört hat. Wenn Himmel Himmel sein soll, so muß es die Fülle schlechthin bedeuten, die Erfüllung in dem, der die Liebe ist, letztlich der Ort, wo wir Gott von Angesicht zu Angesicht sehen. Nur ist Gott kein Wegwerfgott, sondern ein Recycling-Spezialist. Der Leib wird nicht weggeschmissen, sondern wird auferweckt werden, und uns wird das neue himmlische Jerusalem vorbereitet werden. Bilder also der Fülle.

Vom Himmel reden ist also eschatologisches Reden, von daher ist das marianische Dogma über die Aufnahme Mariens ein eschatologisches Dogma. Und Eschatologie ist immer metaphorisches und wirkliches Reden zugleich. Eschatologische Dogmen erklären nur etwas, wenn sie erklärt werden.

Warum also hat Pius XII nicht geschrieben?: "Es ist von Gott geoffenbarte Glaubenslehre, daß die unbefleckte Gottesgebärerin Maria immerwährende Jungfrau blieb und nach Vollendung des irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde."

Soviel zu Pius XII.

Und dann schriebt mir jemand, daß Pius XII die "allzeit Jungfräulichkeit" nicht dogmatisieren wollte und konnte, weil diese schon längst dogmatisiert worden war. Wann und von welchem Konzil oder Papst hat man mir noch nicht verraten können.

Grüße, Carlos
Fides quaerens intellectum
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Niels
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Beitrag von Niels »

Hallo Carlos,

Zweites Konstantinopolitanisches Konzil (553):
Can.6: "Si quis abusive et non vere Dei genitricem dicit sanctam gloriosam semper virginem (aeiparthenon) Mariam..."

Mehr dazu später,
Gruß
Niels

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platon
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Beitrag von platon »

Niels hat geschrieben:Hallo Carlos,

Zweites Konstantinopolitanisches Konzil (553):
Can.6: "Si quis abusive et non vere Dei genitricem dicit sanctam gloriosam semper virginem (aeiparthenon) Mariam..."

Mehr dazu später,
Gruß
Niels
Hallo Niels,

ich wage mal mit meinem schlechtem Latein eine Übersetzung:

"wer mißbräuchlich über die immerwährende Jungfrau Maria sagt, daß sie nicht wahrhafte Gottesgebärerin sei..."

Stimmt das so? Wenn ja, dann wäre die Satzkonstruktion die gleiche wie bei Pius XII. Die Intension der Verlautbarung wäre zu sagen, daß sie Gottesgebärerin ist. Gleichzeitig wäre Zeugnis abgelegt, daß dies schon immer Tradition der Kirche war, sie als immerwährende Jungfrau zu verehren. Das Dilemma, von dem wir ausgegangen sind, wäre so nicht gelöst. Was meinen die Lateinexperte?

Einige wichtige Gedanken:
Nebenbei tritt die Überlegung, wie weiter oben beschrieben, daß die Tatsache, daß irgendein Konzil dies für verbindlich erklärt, uns heute nicht von der Wahrheitspflicht entbindet, herauszufinden, was das Glaubenszeugnis der ersten Christen war.

Um es sallopp zu formulieren und einen Vergleich zu machen: Die Tatsache, daß ein Wunder, das in Lourdes passiert ist, nicht kirchlich anerkannt wurde, heißt noch lange nicht, daß es unwahr ist. Dies würde nur bedeuten, daß man nicht hinreichende (religiöse) Beweise für die Echtheit des Wunders hat, mehr nicht. Dann bliebe es der Frömmigkeit des Einzelnen überlassen, daran zu glauben oder nicht. Anders ist es, wenn die Kirche sich eindeutig gegen die Echtheit des Wunders ausspricht; dann deshalb, weil man fest daran glaubt, daß es unecht ist.

Festzustellen ist also, ob es 1. einen solchen Konziltext gibt, der eindeutig die Intension hatte, die immerwährende Jungfräulichkeit für verbindlich zu erklären, und 2. worauf sich dieser Beschluß stützt, ob es ein Protevangelium war, oder wassonst.

Das Protevangelium Jacobi muß nicht deswegen nicht kannonisiert worden sein, weil es falsches Zeugnis enthielte. Es werden wohl andere Gründe gewesen sein. Ich weiß es nicht. (Darüber können die Experten hier besser Auskunft geben. Ich bin nichts weiter als ein bescheidener Philosophiestudent, der in der Theologiegeschichte nur ganz wenig Ahnung hat.) Vielleicht gibt es dort einige Passagen, die theologisch schwer verdaulich weil mißverständlich sind, vielleicht war man bloß der Meinung, daß die anderen Schriften völlig ausreichten, vielleicht weiß der Kuckuck was..... Dann hat man das nicht kannonisiert. Wenn man die immerwährende Jungfräulichkeit für verbindlich erklären will, so muß man sich irgendwie auf das Zeugnis der ersten Christen berufen. Dazu braucht man einen Befund. Ohne einen solchen Befund wäre ein solches Dogma nichts weiter als die Dogmatisierung eines "Verdachts".

Über den angekündigten Folgebeitrag von Dir freue ich mich, wenn er da ist.

Grüße, Carlos
Fides quaerens intellectum
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Carlos hat geschrieben:»Warum also hat Pius XII nicht geschrieben?: "Es ist von Gott geoffenbarte Glaubenslehre, daß die unbefleckte Gottesgebärerin Maria immerwährende Jungfrau blieb und nach Vollendung des irdischen Lebenslaufes mit Leib und Seele in die himmlische Herrlichkeit aufgenommen wurde."«
Weil man nicht mehr „dogmatisieren“ kann, was längst als Teil der apostolischen Tradition der Kirche zum Kernbestand des depositum fidei gehört, Carlos. So gebrauchen auch die oben zitierten Ökumenischen Konzilien und Päpste den Marientitel der immerwährenden Jungfrau ganz selbstverständlich, während sie anderes, damals noch nicht endgültig Geklärtes, feierlich zum Glaubensgut proklamieren.

Taucht im Laufe der Jahrtausende doch irgendwann einmal Zweifel an solchen Teilen des depositum fidei auf, so äußert sich klärend nur das ordentliche Lehramt – wie etwa hinsichtlich des Weihesakraments in Ordinatio sacerdotalis geschehen.
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Niels
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Beitrag von Niels »

Hier ein Artikel eines befreundeten, leider vor einigen Jahren verstorbenen Pfarrers:

Brüder und Schwestern Jesu?

"Im heutigen Evangelium haben wir eine von jenen vier Stellen aus dem Evangelium vor uns, wo von „Brüdern“ Jesu die Rede ist (Mk. 3,31-35; 6,3 - die einzige Stelle, wo auch von „Schwestern“ Jesu gesprochen wird -, Joh. 2,12;. 7,3 ff). Nun wird im sogenannten „Oekumenischen Dialog“, von Mitgliedern anderer Glaubensgemeinschaften gern die Forderung erhoben, angesichts dieser „Beweise“ für weitere „Kinder der Maria“ die Lehre von der immerwährenden Jungfräulichkeit der heiligen Gottesmutter aufzugeben. Was ist dazu zu sagen?

I. Das heutige Evangelium nennt (Mk.6,3) vier „Brüder“ Jesu namentlich. Was sagt die Schrift noch über sie? -
1. Nirgends findet sich ein Hinweis, daß Maria außer Jesus weitere Kinder geboren hätte.
2. Nach jüdischer Ordnung hätte Jesus vor seinem Tode die eigene Mutter nicht der Obhut eines Nichtverwandten anvertrauen dürfen, wenn noch andere Söhne existiert hätten; diese würden dergleichen auch nicht zugelassen haben.
3. Schon im Alten Testament nennt die griechische Übersetzung (ca.250 v. Chr.) Verwandte „Brüder“' die keine leiblichen Brüder sind, z.B. Lev., 10,4; 2 Kö. 10,13; 1.Chr. 23,22. - So weist auch Luther mit Recht darauf hin, daß es „der Juden Weise“ ist, alle nahestehenden Menschen, auch sogar Nichtverwandte, als „Brüder“ zu bezeichnen (das Neue Testament bietet dafür viele Beispiele, z B. Mt. 5,22; 7,3; 18,35,- 23,8; 25,40; 28,10; Lk. 22,32; Apg. 9,77; Rm. 8,29; 9,3; 14,10; 1.Kor.5,71; 8,11; 15,6) und sagt, die „Herrenbrüder“ heißen so, „...weil sie seiner Muhme (=weibliche Verwandte der Mutter) Kinder sind“.
4. Gern wird auch darauf hingewiesen, daß Lukas Jesus den „Erstge-borenen“ nennt, was deutlich beweise, daß danach weitere Kinder geboren seien; doch berichtet die Schrift von solchen Geburten nichts, und zudem hieß in Israel der erste Sohn immer der „Erstgeborene“, auch wenn keine weiteren geboren oder gar nicht erwartet wurden, vgl. Ex.73,2; Num.3,72.
5. Ebenso wird gern behauptet, aus dem Wort des Matthäus, daß Joseph Maria nicht erkannte, „bis“ Jesus geboren war (1,25), ginge klar hervor, daß hernach von beiden die Ehe leiblich vollzogen worden sei; das bedeutet es aber im semitischen Sprachgebrauch durchaus nicht, wie das AT beweist (Gen. 28,15; 2.Sam. 6,23; 1.Makk.5,54 etc.). Luther bemerkt hierzu, daß Christus, wenn er uns verspricht, bei uns zu bleiben „bis“ zum Ende der Welt, er gewiß nicht damit sagen wollte, daß er danach nicht mehr bei uns sei.

ll. Noch heute unterschreibt jeder lutherische Pfarrer bei Dienstantritt Bekenntnisschriften, in denen Maria z.B. als „pura, sancta, semper Virgo (= reine, heilige, allezeit Jungfrau) bezeichnet wird. Luther, Calvin, Zwingli, - sonst sehr verschiedener Meinung -, waren sich hier völlig einig. Sie haben also in der Heiligen Schrift, die sie kannten wie kaum einer, nichts gefunden, was sie genötigt hätte, leibliche Geschwister Jesu anzunehmen. - Wer aber sind dann die „Brüder“ Jesu?

III. Jakobus und Joses (=Joseph), die bei Markus als „Brüder“ Jesu bezeichnet werden, hatten eine andere Mutter als Jesus. Sie hieß ebenfalls Maria (ein damals häufiger Name) und wird von Markus als „Mutter des Jakobus und Joses“ neben der Mutter des Herrn. unter dem Kreuz stehend erwähnt (Mk. 15,40). Sie wird auch anderswo genannt (z.B. Mk.16,1; Luk. 24,10) Diese „Brüder“ Jesu sind also keine leiblichen Brüder Jesu ebenso wenig wie Judas und Simon, die Söhne des Klopas, des „Bruders“ des Joseph. Das wissen wir aus außerbiblischen Quellen. So nennt z.B. Hegesippos (um 160) den Simon einen Sohn des Klopas und nennt ihn mit Blick auf Jakobus einen „zweiten Vetter des Herrn“, wodurch er Jakobus als ersten Vetter bezeichnet. Auch nennt er Judas und Simon „Nachkommen Davids“ und so „mit Jesus verwandt“. - Auch hier ließe sich noch manches anführen; der Raummangel versagt es. -

IV. Sagt es meinen Brüdern...“ Mit diesen Worten sendet Jesus die Frauen vom Grabe - und sie gehen zu keinem der oben erwähnten „Brüdern“ Jesus, sondern zu den Aposteln. Vor und nach seiner Auferstehung gebraucht Jesus den Brudernamen für mancherlei Menschen - und die Kirche folgt ihm darin bis auf den heutigen Tag. Angesichts all dieser gemachten Beobachtungen (und noch anderer, hier unerwähnter) bekennt die Kirche des Westens und des Ostens (und eben auch Luther, Zwingli und Calvin!) Maria als allezeit jungfräulich. Von Anfang an gilt, was wir in der heiligen Messe beten: „Wir ehren vor allem Maria, die glorreiche, allezeit jungfräuliche Mutter unseres Herrn und Gottes Jesus Christus.“ Und nichts sollte uns daran hindern, in ihr auch unsere Mutter zu erkennen; sind doch auch wir Brüder und Schwestern des Herrn."

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Niels
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Beitrag von Niels »

platon hat geschrieben:Wenn ja, dann wäre die Satzkonstruktion die gleiche wie bei Pius XII. Die Intension der Verlautbarung wäre zu sagen, daß sie Gottesgebärerin ist. Gleichzeitig wäre Zeugnis abgelegt, daß dies schon immer Tradition der Kirche war, sie als immerwährende Jungfrau zu verehren. Das Dilemma, von dem wir ausgegangen sind, wäre so nicht gelöst.
Doch, Carlos. Denn, wie Robert dargelegt hat, kann man nicht mehr „dogmatisieren“ , was schon längst "als Teil der apostolischen Tradition der Kirche zum Kernbestand des depositum fidei gehört."
So benutzen auch die bereits zitierten Ökumenischen Konzilien - die Lateransynode von 649 auch - sowie der Römische Kanon ("Communicantes, et memoriam venerantes, in primis gloriosae semper Virginis Mariae, genitricis Dei et Domini nostri Iesu Christi"), die Bezeichnung der "immerwährenden Jungfrau" ganz selbstverständlich.

Übrigens wurde diese Glaubensüberzeugung im 2.-4. Jahrhundert niemals wirklich ernsthaft bestritten. Hierzu Gerhard Ludwig Müller (G.L. Müller: Was heißt: Geboren von der Jungfrau Maria. Eine theologische Deutung (QD 119, Freiburg-Basel-Wien 1991) : "Zu nennen sind der Arianer Eunomius und die Antidikomarianiten, sodann Jovianus und der Bischof von Naissus, Bonosus von Sardika. Eine Synode von Capua im Jahr 391 verurteilt, wohl unter Mitwirkung des hl.Ambrosius von Mailand, im auftrag des Papstes siricius I., den Bonosus wegen dieser Lehre. (...) Gegen die Leugnung der virginitas post partum durch Helvidius hat Hieronymus 381 eine scharfe Polemik verfaßt..."

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Erich_D
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Beitrag von Erich_D »

Doch, Carlos. Denn, wie Robert dargelegt hat, kann man nicht mehr „dogmatisieren“ , was schon längst "als Teil der apostolischen Tradition der Kirche zum Kernbestand des depositum fidei gehört."]
Hm, und ich dachte immer, dass man gerade nur das "dogmatisieren" kann, was als Teil der apostolischen Tradition zum Kernbestand des depositum fidei gehört.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern sing nicht ihre Lieder. Geh doch in die Oberstadt mach´s wie deine Brüder", so sprach die Mutter, sprach der Vater, lehrte der Pastor."

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platon
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Beitrag von platon »

Niels hat geschrieben:Doch, Carlos. Denn, wie Robert dargelegt hat, kann man nicht mehr „dogmatisieren“ , was schon längst "als Teil der apostolischen Tradition der Kirche zum Kernbestand des depositum fidei gehört."
Lieber Niels,

ich wollte nur wissen, ob ich oben richtig übersetzt habe.

Man verwechsle nicht. Nur, weil etwas zur Tradition gehört, die Jungfrau schon immer als immerwährende Jungfrau verehrt wurde, deswegen muß dies nicht unbedingt zum Depositum Fidei gehören.

Für die Heilstheologie und das rechte Verständnis Jesu als wahrer Mensch und wahrer Gott hat die Jungfräulichkeit post partum keinerlei Auswirkung. Zum Depositum Fidei gehören neben den dogmatisierten christologischen Sätze z.B. auch die Eucharistie und Beichtpraxis in der Kirche. Dieses beide dürfte auf dem Trienter Konzil seine Bestätigung nochmal erreicht haben. Zum Depositum Fidei gehören auch die Gaben und die Charismen, so wie Paulus sie lebendig erfahren hat, obwohl die Charismatiker als Verrückte hin und wieder dargestellt werden, der Glaube, daß es der Heilige Geist ist, der die Erkenntnis der Sünden schenkt. Und wie ist es mit den Ämtern in der Kirche, mit den Diakonen und Bischöfen. Das ist auch Depositum. Nun für dieses alle kann man unmöglich abertausende Dogmen erlassen. Und was selbstverständlich ist, wird nicht nochmal dogmatisiert.

Die Frage stellt sich nur, wenn die virginitatis post natum zum Niedergelegten im Glauben gehört, woher dieser Glaubenssatz kommt. Mal schauen, vielleicht kann ich irgendwo das Protevangelium Jacobi auftreiben. Die These muß "mündlich" und dann schriftlich wiedergegebenes "Zeugnis" sein, oder es handelt sich um eine reine "Erfindung" bzw. "Verwechslung" bar jeglicher Grundlage.

Grüße, Carlos
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Ralf

Beitrag von Ralf »

platon hat geschrieben: Nur, weil etwas zur Tradition gehört, die Jungfrau schon immer als immerwährende Jungfrau verehrt wurde, deswegen muß dies nicht unbedingt zum Depositum Fidei gehören.

Grüße, Carlos

Doch, natürlich. Genau deswegen. Das ist ja die Definition des Depositum.

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Niels
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Beitrag von Niels »

platon hat geschrieben:
Mal schauen, vielleicht kann ich irgendwo das Protevangelium Jacobi auftreiben.
Hallo Carlos,

http://www-user.uni-bremen.de/~wie/text ... dtsch.html

Gruß, Niels

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platon
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Beitrag von platon »

Ralf hat geschrieben:
platon hat geschrieben: Nur, weil etwas zur Tradition gehört, die Jungfrau schon immer als immerwährende Jungfrau verehrt wurde, deswegen muß dies nicht unbedingt zum Depositum Fidei gehören.
Doch, natürlich. Genau deswegen. Das ist ja die Definition des Depositum.
Lieber Ralf,

aus dem Protevangelium Jacobi, aus dem Link den mir Niels oben angeboten hat, entnimmt man, daß Joseph eigentlich nicht der Ehemann von Maria war. Joseph soll ein alter Mann gewesen sein, der bereits Söhne hatte, das Mädchen Maria nur zur Obhut bekam, und entsetzt war, als diese Schwanger wurde. Ganz im Gegensatz steht im Matthäusevangelium drin, daß Maria seine Frau war.

Dies, finde ich, ist eine grobe Unstimmigkeit, weshalb das Jacobi Protevangelium in den Verdacht gerät, echte christliche Botschaft und Tradition unter Beimischung von eigenem religiösen Eifer und falschen Geschichten verbreiten zu wollen. Daß es damals und heute immer wieder Leute gab, die sowas taten, ist doch kein Geheimnis. Es ist sicher ganz alte katholische Tradition, daß Joseph wahrer Bräutigam Mariens war, von daher ist das ganze hier mehr als nur widersprüchlich.

Ein Wort zu den vermeintlichen Geschwistern Jesu. Der Katechismus spricht davon, daß es eine andere Maria gegeben haben soll, die man mit der Mutter Gottes verwechselt hat. Das ist für mich akzeptiert, also brauche ich darüber keine Worte zu verlieren.

Grüße, Carlos

Korrektur: Ich hatte vorhin Markusevangelium geschrieben, wollte aber auf Mt 1,25 Bezug nehmen! Autsch!
Zuletzt geändert von platon am Sonntag 23. November 2003, 01:08, insgesamt 1-mal geändert.
Fides quaerens intellectum
(Anselm von Canterbury)

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platon
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Beitrag von platon »

Lieber Niels,

danke für den Link.

Carlos
Fides quaerens intellectum
(Anselm von Canterbury)

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Niels
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Beitrag von Niels »

platon hat geschrieben:Lieber Niels,

danke für den Link.

Carlos
Gern geschehen.


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