Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:Die Kirche hat die römischen Katakombenheiligen von jeher pauschal als "Märtyrer" eingestuft, zunächst vermutlich in der (freilich nicht ganz richtigen) Annahme, daß die meisten von ihnen tatsächlich gewaltsam für ihren Glauben zu Tode gebracht wurden
Nee, die Annahme stimmt in der Tat überhaupt nicht. Die Katakomben waren ganz normale Begräbnisstätten.
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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:Mir geht es hier nicht darum, zu beweisen daß das alles so gelaufen ist. Mir geht es darum zu zeigen, daß es nicht sicher ist, also Schwachsinn sein muss, wie hier die ganze Zeit behauptet wird, sondern daß es gut möglich ist und daß es kein Fehler ist das zu glauben.
Die hl. Philomena zu verehren, ist keineswegs Schwachsinn. Die angebliche Erscheinung der Maria Luisa di Gesù schon.
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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

@Robert Ketelhohn

Ich kann grundsätzlich Deine Herangehensweise nicht verstehen, alles an den begrenzten Möglichkeiten der historischen Wissenschaft zu messen, die eine Art Detektivarbeit ist, deren Erfolgsmöglichkeiten sehr stark von Umfang und Qualität der gesicherten Spuren abhängen und deren Ergebnisse immer mit einer kleineren oder größeren Unsicherheit behaftet sind.

Meine Herangehensweise ist die folgende: Ich bekenne überhaupt nur den Glauben der Kirche, weil ich den Heiligen und Lehrern der Kirche im Wichtigen und Wesentlichen vertraue. Wenn nun zur Debatte steht, ob irgendein weniger wichtiges Detail überhaupt glaubhaft ist, dann gehe ich auch in dieser weniger wichtigen Sache zunächst von diesem meinem Vertrauen aus, das erst dann in bezug auf dieses Detail möglicherweise erschüttert würde, wenn die historische Wissenschaft hochgradig sichere entgegenstehende Erkenntnisse liefern könnte. Das Ergebnis der mit Unsicherheit behafteten Datierung der Schrift etwa wird durch kein einziges weiteres Indiz unterstützt. Damit mag die gefundene Datierung dem Historiker die wahrscheinlichste Annahme sein, dennoch handelt es sich deswegen noch lange nicht um eine hochgradig sichere Erkenntnis.

Gruß
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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Die Kirche hat die römischen Katakombenheiligen von jeher pauschal als "Märtyrer" eingestuft, zunächst vermutlich in der (freilich nicht ganz richtigen) Annahme, daß die meisten von ihnen tatsächlich gewaltsam für ihren Glauben zu Tode gebracht wurden
Nee, die Annahme stimmt in der Tat überhaupt nicht. Die Katakomben waren ganz normale Begräbnisstätten.
Ja, die bloße Tatsache, dort begraben zu sein, besagt so gut wie gar nichts. Ohne die Wunder im 19. Jahrhundert und die Offenbarungen wüsste man nicht, dass Philomena als heilige Jungfrau und Märtyrerin zu verehren ist, und dass sie das Martyrium unter Diokletian erlitt.

Die heilige Philomena erschien auch einem Priester der nichts Unglaubhaftes oder Widersprüchliches berichtet. Philomena spricht mit ihm, ohne dass er sie erkennt, fragt ihn, was er über Philomena weiß, und informiert ihn, dass Philomena dem Diokletian ihre Hand verweigerte, weil sie ein Jungfrauengelübde abgelegt hatte. Der Priester fragt nach der Quelle der Information und Philomena gibt sich als Philomena zu erkennen.

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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

taddeo hat geschrieben:auch ein Missale kann - sachlich betrachtet - eine objektive Falschaussage enthalten.
Ja, so ist es. Aber derjenige, der das dreist behauptet, der mag bitteschön seine Behauptung beweisen.

Es ist falsch, die Beweislast umzukehren. Die Kirche ist kein wissenschaftliches Institut, von dem Beweise zu verlangen sind. Ein Glied der Kirche mag Kritik üben, muss dabei aber die Beweislast tragen.

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lifestylekatholik
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von lifestylekatholik »

Sempre hat geschrieben:Wenn nun zur Debatte steht, ob irgendein weniger wichtiges Detail überhaupt glaubhaft ist, dann gehe ich auch in dieser weniger wichtigen Sache zunächst von diesem meinem Vertrauen aus,
Nein. Nur, wenn es überliefert ist. Da die »Überlieferung« zu Filumena aber anscheinend erst im 19. Jahrhundert einsetzt, keine belastbaren Quellen kennt und in sehr deutlichem Widerspruch zu belastbaren Quellen aus der Zeit der Filumena steht: Größte Skepsis.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lieber Sempre, der ganze Glaube der Kirche beruht auf historischen Fakten.
Das erst einmal als Fundament. Ohne Geschichte keine Kirche und kein Heil.
Und zwar ohne wahre Geschichte. Sonst landen wir beim „Christus des Glau-
bens“, bei einer Gnosis à la Kasper & Lehman Brothers.

Zum konkreten Fall, obgleich ich mir wohl vergebens den Mund fusselig re-
de: Es gibt keine lehramtliche Beglaubigung des Inhalts jener angeblichen Pri-
vatoffenbarungen über die hl. Philomena. Du brauchst dir diesbezüglich also
keine Sorgen zu machen. (Gäbe es eine lehramtliche Beglaubigung, dürftest
du dir Sorgen machen; denn sie wäre falsch. Aber trotz deiner Sorgen bliebe
sie eben falsch.)

Die Kirche verteidigt die falsche Philomenenvita also gar nicht, sondern bloß
du mit Marion. Über die Frage der Beweislast brauchen wir dennoch nicht
zu streiten, ich habe die Beweise geliefert. Du gehst ja nicht darauf ein. (Kann
man auch nicht.)

Grundsätzlich hat die Kirche übrigens gleichwohl die Beweislast. Denn der
Glaube der Kirche ist vollendet vernünftig und muß darum plausibel vorge-
legt werden können. Für historische Tatbestände bedeutet das auch den histo-
rischen Nachweis nach den Möglichkeiten der Geschichtswissenschaft. Genau
darum mühe ich mich hier und anderswo seit vielen Jahren schon immer wie-
der, im Widerspruch zu den herrschenden (ideologischen) Strömungen insbe-
sondere der universitären Theologie. Ein Beispiel zur Illustration: die Authenti-
zität des paulinischen Briefkorpus. Das kann ich mit guten philologischen und
historischen Argumenten begründen. (Auch das Autoritätsargument gehört
selbstverständlich dazu. Aber nur im Einklang mit den wissenschaftlichen Ar-
gumenten und nicht gegen sie. Ja, das Autoritätsargument ist eigentlich selbst
ein historisches.) Würde ich jetzt parallel das alberne Ammenmärchen der Ma-
ria Luisa di Gesù verteidigen, machte ich mich lächerlich und entwertete im
Auge des Lesers alles, was ich an Fundiertem in anderer Sache beigetragen
habe.

Ähnlich ist alles, was z. B. ein Herr Hesemann heute an Gutem publiziert, von
seinen UFO-Aktivitäten belastet und überschattet. Tapst ihr doch bitte nicht
in diese Falle.

Ich habe oben geschrieben, der Glaube der Kirche sei vollendet vernünftig,
und ihre Geschichte wahr. – Glaubst du das eigentlich?

Noch einmal zum Thema. Von Medjugorje und Amsterdam habe ich gelernt,
wieviel kriminelle Energie bei den Propagandisten bestimmter Erscheinungen
und Kulte im Spiel sein kann. Der Fall „Philomenenoffenbarung“ (ich rede
nicht von der hl. Philomena selbst, um ’s noch einmal klarzustellen) riecht
verdächtig ähnlich. Ordentlich dokumentiert ist gar nichts, es wird mit Behaup-
tungen und viel heißer Luft gearbeitet. Mindestens den Herrn Pfarrer France-
sco Di Lucia ordne ich in dieselbe Kategorie ein wie die Franziskaner von Me-
djugorje oder Paul Sigl, den Einbläser des holländischen Grachtendämons.
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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Wenn nun zur Debatte steht, ob irgendein weniger wichtiges Detail überhaupt glaubhaft ist, dann gehe ich auch in dieser weniger wichtigen Sache zunächst von diesem meinem Vertrauen aus,
Nein.
Doch, das tu ich tatsächlich. :ja: :blinker:
lifestylekatholik hat geschrieben:Nein. Nur, wenn es überliefert ist.
Es ist doch überliefert, sonst könnten wir ja hier jetzt nicht darüber reden.

lifestylekatholik hat geschrieben:Da die »Überlieferung« zu Filumena aber anscheinend erst im 19. Jahrhundert einsetzt
Ja und?

lifestylekatholik hat geschrieben:keine belastbaren Quellen kennt und in sehr deutlichem Widerspruch zu belastbaren Quellen aus der Zeit der Filumena steht: Größte Skepsis.
Quellen? Es gibt ein einziges Indiz! Das Indiz spricht dagegen, dass Philomena unter Diokletian ermordet wurde. Es weist zwar mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen den Anfang des 4. Jahrhunderts, seine Bedeutung ist aber als gering einzustufen, denn es steht ganz alleine auf weiter Flur und wird von sonst keinem anderen Hinweis bestätigt.

Gegen dieses eine kleine Indiz, das wenig Gewicht hat, stehen Gebetserhörungen, Wunder, Anerkennung durch einige Päpste, Erwähnung in der Liturgie der Kirche u.a.m.

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich habe oben geschrieben, der Glaube der Kirche sei vollendet vernünftig,
und ihre Geschichte wahr. – Glaubst du das eigentlich?
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Nassos
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Nassos »

Sempre hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:Wenn nun zur Debatte steht, ob irgendein weniger wichtiges Detail überhaupt glaubhaft ist, dann gehe ich auch in dieser weniger wichtigen Sache zunächst von diesem meinem Vertrauen aus,
Nein.
Doch, das tu ich tatsächlich. :ja: :blinker:
lifestylekatholik, Du warst in 14H. Du weißt, was Du hierauf antworten musst!
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Lieber Sempre, der ganze Glaube der Kirche beruht auf historischen Fakten. Das erst einmal als Fundament. Ohne Geschichte keine Kirche und kein Heil. Und zwar ohne wahre Geschichte. Sonst landen wir beim „Christus des Glaubens“, bei einer Gnosis à la Kasper & Lehman Brothers.
Ja richtig. Dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Es ist aber zu unterscheiden zwischen wahrer Geschichte, d.h. zwischen dem, was sich tatsächlich ereignet hat, und bloßen Einschätzungen dazu, was sich tatsächlich ereignet habe, die mittels der Methoden der historischen Wissenschaft gewonnen wurden.

Die historische Wissenschaft ist keine exakte Wissenschaft. Ihre Ergebnisse sind mit einer Unsicherheit behaftet. Dem Historiker stehen sowohl Werkzeuge zur Verfügung, die Unsicherheit seiner Erkenntnisse abzuschätzen, als auch das Gewicht seiner Erkenntnisse einzuschätzen. Da gibt es sicherere und weniger sichere Erkenntnisse darüber, was sich tatsächlich ereignet haben mag. Sowie auch umstößlichere und weniger umstößliche Erkenntnisse.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Zum konkreten Fall, obgleich ich mir wohl vergebens den Mund fusselig rede: Es gibt keine lehramtliche Beglaubigung des Inhalts jener angeblichen Privatoffenbarungen über die hl. Philomena.
Doch, Robert, die gibt es. Du verwechselst mal wieder `lehramtlich' mit `unfehlbar' oder `fest zu glauben'. Das Missale ist wohl eine Äußerung des Lehramtes. Des höchsten sogar. Und die Information `Jungfrau' stammt aus mindestens einer der Privatoffenbarungen.


Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Kirche verteidigt die falsche Philomenenvita also gar nicht, sondern bloß du mit Marion.
Das Missale vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammt nicht von mir. Das Missale nennt Philomena eine Jungfrau, was nur aus den Privatoffenbarungen bekannt ist.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Über die Frage der Beweislast brauchen wir dennoch nicht zu streiten, ich habe die Beweise geliefert. Du gehst ja nicht darauf ein. (Kann man auch nicht.)
Du hast nichts bewiesen, Du hast ein Indiz genannt, was ich mehrfach ausführlich kommentiert habe.

Logisch, dass ein gottlosen Historiker, der der Kirche misstraut, und nichts anderes hat als dieses eine kleine dünne Indiz, sich daran festhalten wird, und folgern wird, dass die Sache mit Diokletian aller Wahrscheinlichkeit nach nicht stimmt. Für mich als Glied der Kirche ist dieses Indiz aber nur ein Aspekt der Angelegenheit, der nicht allein entscheidend ist.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Grundsätzlich hat die Kirche übrigens gleichwohl die Beweislast. Denn der Glaube der Kirche ist vollendet vernünftig und muß darum plausibel vorgelegt werden können. Für historische Tatbestände bedeutet das auch den historischen Nachweis nach den Möglichkeiten der Geschichtswissenschaft.
Die historische Wissenschaft findet heraus, dass die Indizen nicht dagegensprechen, dass der Herr möglicherweise auferstanden ist. Die historische Wissenschaft ist aber nicht in der Lage, zu beurteilen, ob es hochplausibel sei, dass der Herr auferstanden ist. Im Fall der Philomena hat die historische Wissenschaft demgegenüber so gut wie kein Material, keine Spurensicherung, keine Zeugenaussagen, fast kein gar nichts, was sie beurteilen kann. Mit einem einzigen winzigen Hinweis muss sie sich begnügen. Eine Prüfung auf Widersprüche mit anderen Hinweisen ist nicht möglich, da es keine gibt. Alles hängt an einem dünnen Haar.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Genau darum mühe ich mich hier und anderswo seit vielen Jahren schon immer wieder, im Widerspruch zu den herrschenden (ideologischen) Strömungen insbesondere der universitären Theologie. Ein Beispiel zur Illustration: die Authentizität des paulinischen Briefkorpus. Das kann ich mit guten philologischen und
historischen Argumenten begründen. (Auch das Autoritätsargument gehört selbstverständlich dazu. Aber nur im Einklang mit den wissenschaftlichen Argumenten und nicht gegen sie. Ja, das Autoritätsargument ist eigentlich selbst ein historisches.)
In diesem Falle hast Du auch reichlich Material zur Verfügung, um den Sachverhalt zu beurteilen.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Würde ich jetzt parallel das alberne Ammenmärchen der Maria Luisa di Gesù verteidigen, machte ich mich lächerlich und entwertete im Auge des Lesers alles, was ich an Fundiertem in anderer Sache beigetragen habe.
Das Lehramt hat nicht angeordnet, dieser oder jener Offenbarung oder angeblicher Offenbarung glauben zu schenken. Es hat angeordnet, St. Philomena im Rahmen der Liturgie als Märtyrerin und Jungfrau zu verehren. Außer dem, was Maria Luisa di Gesù berichtet, gibt es weitere Offenbarungen. Welche davon oder was auch immer das Lehramt dazu bewegt haben mag, die Verehrung als Märtyrerin und Jungfrau anzuordnen, weiß ich nicht. Beispielweise die Offenbarung des Priesters, die ich kurz zusammengefasst hatte, halte ich für sehr glaubwürdig.

Ich gebe auch zu bedenken: Die Apokryphen machen die Evangelien nicht unglaubwürdig. Im Gegenteil. Es gibt keinen Grund, sich so sehr am Ammenmärchen-Thema aufzuhalten. Niemand muss die Offenbarung für wahr halten. Sie wurde kirchlich geprüft, und für gut befunden. Sie habe alle Kennzeichen einer wahren Offenbarung. Aber auch das muss keiner glauben.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ähnlich ist alles, was z. B. ein Herr Hesemann heute an Gutem publiziert, von seinen UFO-Aktivitäten belastet und überschattet. Tapst ihr doch bitte nicht in diese Falle.
Ich halte meine Ausführungen für vernünftig, und habe hier in diesem Strang kein einziges Argument gelesen, das meinen Standpunkt als unvernünftig entlarvte.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich habe oben geschrieben, der Glaube der Kirche sei vollendet vernünftig, und ihre Geschichte wahr. – Glaubst du das eigentlich?
Ich bin Realist und glaube alles, was die Kirche verpflichtend zu glauben vorlegt. Darüberhinaus glaube ich, dass alle Geschichte wahr ist. Nicht aber, dass ausnahmslos alle Darstellungen der Geschichte, die die historische Wissenschaft erarbeitet, die wahre Geschichte korrekt beschreiben.

Gruß
Sempre
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ad_hoc
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von ad_hoc »

Im Zusammenhang mit der Hl. Philomena interessieren mich die vorgeblichen Forschungen und Nachprüfungen irgendwelcher Historiker vielleicht gerade mal am Rande (Irgendwann wird einigen Menschen aufgehen, wie oft und wie erfolgreich Geschichte manipuliert und verändert worden ist, und wie haarsträubend manche geschichtlichen Annahmen begründet werden, weil keine ausreichenden Fakten da sind, die ein fantasiereiches Konstrukt glaubwürdig absichern könnten. Genau so schlimm auch, wenn etwas bestritten wird, weil bislang keine Hinweise darauf gefunden worden sind).

Aber die der Hl. Philomena zugesprochenen Gebetserhörungen, Heilungen und weitere Wunder, aber auch die Tatsache, dass der Hw. Pfarrer von Ars selbst von einer Erscheinung der von ihm sehr verehrten Hl. Philomena gesprochen hat, das beeindruckt mich viel mehr als alles andere.
Und deshalb bin ich von dieser Heiligen überzeugt und ich verehre sie.

Mögen andere darüber denken wie sie wollen; es interessiert mich nicht.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

ad_hoc hat geschrieben:Mögen andere darüber denken wie sie wollen; es interessiert mich nicht.
Mich interessiert das schon :)
Es beeindruckt mich nur ziemlich wenig, wenn die Argumente arg dünne sind und die Gegengeschichte zur Unvernunft mutiert.

Das dickste und meist geäußerteste Argument bisher war, das es schädlich für die Kirche ist weil man als bekloppt gilt und somit zum unglaubwürdigen Zeuge für das "Wichtige" wird.

Das ist aber kein wirkliches Argument zur Überzeugung, da man es ja dann schweigend glauben könnte. Also einfach nur ein Mundtöter. Zur Sache sagt das aber rein gar nichts, ob das denn nun geschehen ist oder auch nicht. Wenn man auch nur einmal auf dieses Argument reinfällt gewöhnt man sich dran und kann dann bald wohl gar nichts mehr sagen. Wie man gerade in einem anderen Strang sieht hält einer einen für bekloppt, wenn er sagt daß er denkt daß früher die Menschen mehrere hundert Jahre alt wurden. Dieses Mundtöterargument funktioniert nur, wenn man den Sprecher als wahre Autorität anerkennt.

Ein anderes Argument das ähnlich aufgebaut ist aber hier nun nur einmal in diesem Strang fiel ist, daß zu wenig meinen daß es wahr ist. Also ein Hinweis dazu, daß man demokratisch abgestimmt hat was denn nun wirklich vor 1700 Jahren geschehen ist. Es gibt wohl Leute die sich davon beeindrucken lassen und kein Außenseiter sein wollen.

Ein sachliches Argument kam auch. Daß die Historiker festgestellt haben, daß die Schrift des Grabsteines 100 Jahre früher benutzt wurde. Das glaube ich ohne es selber nachzuprüfen, was mir auch nicht möglich ist! Allerdings glaube ich nicht, daß es unmöglich ist, daß diese Schrift auch 100 Jahre später von keinem mehr benutzt wurde. Man sieht es ja auch heute noch, daß vereinzelt alte Schriften von Liebhabern für Kunstgegenstände benutzt werden (vor allem auf [Punkt]). Selbst wenn dieses Argument heute so stark ist, daß ein Richter mit diesem Argument jemand zum Mörder richten kann, hat das nichts damit zutun ob der Mann ein Mörder ist. Es ist ein trauriges Zeichen, wenn mit solchen schwachen (leicht widerlegbaren) Indizien solcherlei geschehen darf, sonst nichts.

Interessant und auch wahrhaft nicht überzeugend finde ich die Argumentation gegen die Fakten die dafürsprechen, daß die Hl. Philomena erschien und ihr Leben offenbarte.

Im Missale kann auch Blödsinn stehen. (Stimmt! Aber muss man etwa davon ausgehen? Ist das nicht eher unwahrscheinlich, stimmt das meiste darin nicht doch eher?)
Päpste können irren. (Stimmt! - Es können aber auch Forenschreiber irren, und zwar öfter)
9 Päpste und der Hl. Pfarrer von Ars sind völlig bekloppt weil man, wenn man die eine Offenbarung liest ja sofort sieht, daß alles phantasiert wurde. Das wurde zwar so nicht geschrieben geht aber nicht ohne dieses zu folgern.

Alle 3 denen die Hl. Philomena erschien sind wohl Betrüger - aber irgendwie doch mit einem Wunder behaftet, da sie unabhängig voneinander ohne sich jemals begegnet zu sein dieselben Phantasien (von den Historikern als gut mögliche falsche Fakten entlarvt) von sich gaben.

Dieses unvernünftige Durcheinander glaub ich nicht. Ihr habt mich hier in meinem Glauben an die Erscheinungen von der hl. Philomena bestärkt. Vorher dachte ich nur, das kann schon wahr sein und es ist einfach wunderbar, daß der Herr die verstorbenen Heiligen so offensichtlich wirken lässt bevor er wieder kommt.
Es ist mir übrigens auch unverständlich woher so eine Wucht, so ein Engagement herkommt um gegen etwas zu reden was die Kirche als unschädlich qualifiziert hat und von niemandem verurteilt wurde.
Christus vincit - Christus regnat - Christus imperat

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von taddeo »

Marion hat geschrieben:Es ist mir übrigens auch unverständlich woher so eine Wucht, so ein Engagement herkommt um gegen etwas zu reden was die Kirche als unschädlich qualifiziert hat und von niemandem verurteilt wurde.
Das habt wohl ihr Piusbruderschaftsfreunde uns gelernt, Marion.
Ihr redet ständig mit Wucht und unverständlichem Engagement gegen Dinge, die die Kirche nicht nur höchstoffiziell als unschädlich qualifiziert und nicht verurteilt, sondern sogar ausdrücklich empfohlen und angeordnet hat.

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

taddeo hat geschrieben:Das habt wohl ihr Piusbruderschaftsfreunde uns gelernt, Marion.
Ihr redet ständig mit Wucht und unverständlichem Engagement gegen Dinge, die die Kirche nicht nur höchstoffiziell als unschädlich qualifiziert und nicht verurteilt, sondern sogar ausdrücklich empfohlen und angeordnet hat.
Das stimmt nicht! Aber lass uns doch diesen Strang nun nicht auch noch mit Piusbruderthemen zumüllen. Du weißt doch, daß das die Moderation das nicht gern sieht.
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lifestylekatholik
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von lifestylekatholik »

Nassos hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
lifestylekatholik hat geschrieben: Nein.
Doch,
lifestylekatholik, Du warst in 14H. Du weißt, was Du hierauf antworten musst!
Angesichts der Resolution einiger hier, unbedingt das vernünftige Denken abzustellen, wenn’s um Religion geht: Oh!
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Lieber Sempre, der ganze Glaube der Kirche beruht auf historischen Fakten. Das erst einmal als Fundament. Ohne Geschichte keine Kirche und kein Heil. Und zwar ohne wahre Geschichte. Sonst landen wir beim „Christus des Glaubens“, bei einer Gnosis à la Kasper & Lehman Brothers.
Ja richtig. Dem stimme ich uneingeschränkt zu.

Es ist aber zu unterscheiden zwischen wahrer Geschichte, d.h. zwischen dem, was sich tatsächlich ereignet hat, und bloßen Einschätzungen dazu, was sich tatsächlich ereignet habe, die mittels der Methoden der historischen Wissenschaft gewonnen wurden.

Die historische Wissenschaft ist keine exakte Wissenschaft. Ihre Ergebnisse sind mit einer Unsicherheit behaftet. Dem Historiker stehen sowohl Werkzeuge zur Verfügung, die Unsicherheit seiner Erkenntnisse abzuschätzen, als auch das Gewicht seiner Erkenntnisse einzuschätzen. Da gibt es sicherere und weniger sichere Erkenntnisse darüber, was sich tatsächlich ereignet haben mag. Sowie auch umstößlichere und weniger umstößliche Erkenntnisse.
Falsch. Es gibt Sicheres und Unsicheres. Sicher ist beispielsweise die Existenz Karls des Großen mit den hauptsächlichen Eckdaten seines Lebens. Manche Einzelheiten sind unsicher oder ganz unbekannt. Bei andern Details kommt es darauf an, welches Vertrauen man den Zeugen schenkt. Mißtraue ich etwa Einhard? Oder den annalibus regni Francorum? Wenn nicht, warum nicht? Kann ich einem, der dennoch mißtraut, Rechenschaft über meine Entscheidung geben?

Wenn ich in Abwägung all dessen zu einem historiographischen Faktenurteil gelange, dann habe ich in dieser Sache Gewißheit, ganz ähnlich wie der Richter beim Gerichtsurteil. Weder beim Historiker noch beim Richter sind damit Fehlurteile ausgeschlossen. (Auch beim Naturwissenschaftler und Techniker übrigens nicht. Es gibt immer irgendwelche unberücksichtigten Fehlerquellen, wie ich gerade vor zwei Wochen erst wieder einmal erfahren durfte, als ich mich mangels anderer (finanzierbarer) Möglichkeit auf Auslegungsdaten zweier Bestandswärmetauscher hatte verlassen müssen und bei der Inbetriebnahme des von mir geplanten neu zwischengeschalteten Kühlkreislaufs, der diese beiden Dinger kühlen sollte, plötzlich im Rücklauf bis zu 60 °C hatte statt der erwarteten 30 °C, bei entsprechend geringerem Volumenstrom.)

Ungeachtet der generellen menschlichen Irrtumsmöglichkeit geht es bei historiographischen Fragestellungen also um die Frage, ob und inwieweit ich zu einem sicheren Urteil gelangen kann. Das hängt zunächst wesentlich von den zur Verfügung stehenden Zeugnissen ab. Sogenannte „Privatoffenbarungen“ taugen dabei generell und a priori nicht als historische Quellen, außer für die Zeitumstände einer solchen Offenbarung selbst und ihres Empfängers. Ich hatte das unter Hinweis auf Anna Catharina Emmerich und Therese von Konnersreuth bereits veranschaulicht. Wir können daraus keine verläßliche Faktenkenntnis gewinnen. Dies gilt für jegliche Privatoffenbarung, erst recht natürlich für solche, die in sich widersprüchlich und unglaubwürdig sind.

Im vorliegenden Fall haben wir wenig Verläßliches. Dies wenige immerhin besitzen wir aber, und dazu gehört die Datierung des Grabes auf etwa ein halbes Jahrhundert. Natürlich kann man dies zu bestreiten versuchen. Man kann die Unsicherheit der Datierung behaupten. Mich überzeugt das nicht, zumal ich keinerlei Argumente dafür gehört habe, außer der Berufung auf eine Privatoffenbarung, was, wie gesagt, methodisch verfehlt ist. Man kann sogar statt der bekannten Datierung eine neue versuchen, muß aber auch dafür Gründe vorbringen können, wenn man das ernsthaft diskutiert sehen will. Solche Gründe wurden nicht vorgelegt, wieder außer jener Privatoffenbarung, was keinerlei Erkenntnisgewinn bedeuten kann.
Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Zum konkreten Fall, obgleich ich mir wohl vergebens den Mund fusselig rede: Es gibt keine lehramtliche Beglaubigung des Inhalts jener angeblichen Privatoffenbarungen über die hl. Philomena.
Doch, Robert, die gibt es. Du verwechselst mal wieder `lehramtlich' mit `unfehlbar' oder `fest zu glauben'. Das Missale ist wohl eine Äußerung des Lehramtes. Des höchsten sogar. Und die Information `Jungfrau' stammt aus mindestens einer der Privatoffenbarungen.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die Kirche verteidigt die falsche Philomenenvita also gar nicht, sondern bloß du mit Marion.
Das Missale vom Anfang des 20. Jahrhunderts stammt nicht von mir. Das Missale nennt Philomena eine Jungfrau, was nur aus den Privatoffenbarungen bekannt ist.
Nun, dann hat wohl dasselbe „Lehramt“ Philomena wieder aus dem Missale gestrichen und damit den eigenen Irrtum eingestanden, nicht wahr? Und mindestens einen noch größeren begangen, indem es Origenes im Stundenbuch als „Märtyrer“ vorstellt, oder? Was nun, angesichts eines sich widersprechenden „Lehramts“? (Ich halte die Streichung der hl. Philomena aus dem Kalender übrigens für einen Fehler. Die Einstufung als „Jungfrau“ und „Märtyrerin“ war allerdings auch einer, weil es diesbezüglich eben keine – nicht nur keine sicheren, sondern keine – historischen Zeugnisse gibt. Es schien damals einfach plausibel und passend, weil fast alle weiblichen Heiligen dieser Frühzeit der Kirche Jungfrauen und Märtyrerinnen sind und weil man irrtümlich die Grabbeigabe einer Glasampulle als Hinweis aufs Martyrium gedeutet hatte.)
Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Über die Frage der Beweislast brauchen wir dennoch nicht zu streiten, ich habe die Beweise geliefert. Du gehst ja nicht darauf ein. (Kann man auch nicht.)
Du hast nichts bewiesen, Du hast ein Indiz genannt, was ich mehrfach ausführlich kommentiert habe.
Wozu habe ich ausführlich über die absurden Namensoffenbarungen der angeblichen Erscheinung geredet, wenn du das gar nicht liest?
Sempre hat geschrieben:Logisch, dass ein gottloser Historiker, der der Kirche misstraut und nichts anderes hat als dieses eine kleine dünne Indiz, sich daran festhalten wird, und folgern wird, dass die Sache mit Diokletian aller Wahrscheinlichkeit nach nicht stimmt. Für mich als Glied der Kirche ist dieses Indiz aber nur ein Aspekt der Angelegenheit, der nicht allein entscheidend ist.
Die paläographische Einordnung der Inschrift ist keineswegs ein „kleines, dünnes Indiz“, sondern eines der ganz wenigen „belastbaren“ Urteile anhand der Quellenlage.
Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Grundsätzlich hat die Kirche übrigens gleichwohl die Beweislast. Denn der Glaube der Kirche ist vollendet vernünftig und muß darum plausibel vorgelegt werden können. Für historische Tatbestände bedeutet das auch den historischen Nachweis nach den Möglichkeiten der Geschichtswissenschaft.
Die historische Wissenschaft findet heraus, dass die Indizen nicht dagegensprechen, dass der Herr möglicherweise auferstanden ist. Die historische Wissenschaft ist aber nicht in der Lage, zu beurteilen, ob es hochplausibel sei, dass der Herr auferstanden ist.
Doch.
Sempre hat geschrieben:Im Fall der Philomena hat die historische Wissenschaft demgegenüber so gut wie kein Material, keine Spurensicherung, keine Zeugenaussagen, fast rein gar nichts, was sie beurteilen kann. Mit einem einzigen winzigen Hinweis muss sie sich begnügen. Eine Prüfung auf Widersprüche mit anderen Hinweisen ist nicht möglich, da es keine gibt. Alles hängt an einem dünnen Haar.
Nun, es sind doch einige Aussagen mehr möglich; wie ich schon schrieb:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die hl. Philomena war ein christliches Mädchen, eine gläubige Tochter der Kirche, die irgendwann um 170 oder 180, allerhöchstens zwei Jahrzehnte früher oder später, im römischen Reich lebte, in noch jugendlichem Alter aus unbekanntem Grund in Rom starb und ebenda in den Priscilla-Katakomben beigesetzt wurde.
Diese Aussagen hängen an recht festen Tauen, nicht an dünnen Haaren. Richtig ist aber der Hinweis auf das Fehlen einer ordentlichen Spurensicherung. Zumindest ist mir nichts von einer Untersuchung der Gebeine und des sonstigen Grabinhalts bekannt. Zur Zeit der Auffindung war auch kaum mehr möglich, inzwischen aber doch, eine sorgfältige Aufbewahrung ohne Beschädigung oder Kontamination vorausgesetzt. Organische Substanzen könnten zwecks Datierungüberprüfung nach der C14-Methode analysiert werden (obgleich die Paläographie eher von größerer Exaktheit ist), der Ampulleninhalt chemisch, die Gebeine medizinisch-pathologisch, z. B. auf Hinweise auf Krankheiten, Gebrechen und insbesondere die Todesart. All dies scheint nicht erfolgt zu sein, soweit mit bekannt ist, wäre aber zu wünschen. Zumindest darf man aber wohl e silentio schließen, daß die Gebeine keinen für den Laien leicht erkennbaren Hinweis auf einen gewaltsamen Tod gibt (wie etwa ein abgetrenntes Haupt).
Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Genau darum mühe ich mich hier und anderswo seit vielen Jahren schon immer wieder, im Widerspruch zu den herrschenden (ideologischen) Strömungen insbesondere der universitären Theologie. Ein Beispiel zur Illustration: die Authentizität des paulinischen Briefkorpus. Das kann ich mit guten philologischen undhistorischen Argumenten begründen. (Auch das Autoritätsargument gehört selbstverständlich dazu. Aber nur im Einklang mit den wissenschaftlichen Argumenten und nicht gegen sie. Ja, das Autoritätsargument ist eigentlich selbst ein historisches.)
In diesem Falle hast Du auch reichlich Material zur Verfügung, um den Sachverhalt zu beurteilen.
In andern auch. Denn ich urteile da nicht mehr, als die Zeugnisse hergeben. Du bist es, der ohne Quellen lange Geschichten für glaubhaft erklären will.
Sempre hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Würde ich jetzt parallel das alberne Ammenmärchen der Maria Luisa di Gesù verteidigen, machte ich mich lächerlich und entwertete im Auge des Lesers alles, was ich an Fundiertem in anderer Sache beigetragen habe.
Das Lehramt hat nicht angeordnet, dieser oder jener Offenbarung oder angeblicher Offenbarung glauben zu schenken. Es hat angeordnet, St. Philomena im Rahmen der Liturgie als Märtyrerin und Jungfrau zu verehren.
Und hat das wieder zurückgenommen.
Sempre hat geschrieben:Außer dem, was Maria Luisa di Gesù berichtet, gibt es weitere Offenbarungen. Welche davon oder was auch immer das Lehramt dazu bewegt haben mag, die Verehrung als Märtyrerin und Jungfrau anzuordnen, weiß ich nicht. Beispielweise die Offenbarung des Priesters, die ich kurz zusammengefasst hatte, halte ich für sehr glaubwürdig.
Ich nicht, weil sie in Sachen Datierung den historischen Zeugnissen widerspricht und hinsichtlich der Rolle Diocletians – über dessen Verfolgung es reichlich zeitgenössisches Material gibt – auch daran krankt, daß anderweitig des Falls, der kaum verborgen geblieben sein kann, absolut nichts berichtet wird. Der Plot ist von Märtyrerinnen wie Agatha oder Agnes genommen, aber daß hier der Kaiser selber die Rolle des lüsternen Verfolgers spielen muß, nähme der Geschichte bloß die Glaubwürdigkeit, wäre denn noch welche übrig.

Im übrigen gib es offenbar keinerlei ordentliche Dokumentation jener vorgeblichen Erscheinungen, keine Untersuchung, keine Akten, sondern bloß die Erzählungen des Don Francesco Di Lucia, der sich auch der Gebeine der Katakombenheiligen bemächtigt hatte. Bei ihm laufen alle Fäden zusammen. Die auffällige Parallele zu den Franziskanern von Medjugorje hatte ich bereits erwähnt. Ich halte den Mann für einen Betrüger.
Sempre hat geschrieben:Ich gebe auch zu bedenken: Die Apokryphen machen die Evangelien nicht unglaubwürdig. Im Gegenteil. Es gibt keinen Grund, sich so sehr am Ammenmärchen-Thema aufzuhalten.
Ich vermute, du willst hier sagen, selbst wenn die Nonne spinnen sollte, sei zumindest der Priester glaubwürdig. Daruf habe ich oben bereits erwidert.
Sempre hat geschrieben:Sie wurde kirchlich geprüft …
Nein.
Sempre hat geschrieben:… und für gut befunden.
Nein. Oder kannst du mir die Prozeßakten zeigen?
Sempre hat geschrieben:Sie habe alle Kennzeichen einer wahren Offenbarung.
Nein. (Oder wo sind die Prozeßakten? Und welche Kennzeichen sind da genannt?)
Sempre hat geschrieben:Aber auch das muss keiner glauben.
Gott sei Dank.
Sempre hat geschrieben:Ich halte meine Ausführungen für vernünftig
Schade.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ungeachtet der generellen menschlichen Irrtumsmöglichkeit geht es bei historiographischen Fragestellungen also um die Frage, ob und inwieweit ich zu einem sicheren Urteil gelangen kann.
Genau. Und in diesem Fall geht es um die Frage der Datierung der Schrift auf den Platten. Fände man morgen das Grab eines anderen Märtyrers, über den einiges aus anderen Quellen bekannt ist und der zur Zeit des Diokletian sein Martyrium erlitt, und dessen Grab dieselbe Art von Schrift trägt, dann gäbe es ganz plötzlich gar kein historisches Argument mehr dagegen, dass auch Philomena unter Diokletian ihr Martyrium erlitt.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Im vorliegenden Fall haben wir wenig Verläßliches.
Genau. Und deswegen liegt kein starkes historisches Argument vor, sondern ein sehr schwaches und dünnes.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Mich überzeugt das nicht, zumal ich keinerlei Argumente dafür gehört habe, außer der Berufung auf eine Privatoffenbarung, was, wie gesagt, methodisch verfehlt ist.
Mir ist durchaus klar, dass der Inhalt einer Privatoffenbarung in der historischen Wissenschaft nicht als Beleg akzeptiert wird. Dass Du mir hier solcherlei unterstellst, liegt wohl an dem Unterschied in der grundsätzlichen Herangehensweise zwischen uns beiden. Du setzt die historische Wissenschaft als Maßstab für Deine Urteile. Ich hingegen vertraue den Heiligen und Lehrern der Kirche, solange die historische Wissenschaft nicht in hochplausibler Weise Gegenteiliges nachweist. Erst dann sehe ich einen Grund, genauer hinzuschauen.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nun, dann hat wohl dasselbe „Lehramt“ Philomena wieder aus dem Missale gestrichen und damit den eigenen Irrtum eingestanden, nicht wahr? Und mindestens einen noch größeren begangen, indem es Origenes im Stundenbuch als „Märtyrer“ vorstellt, oder? Was nun, angesichts eines sich widersprechenden „Lehramts“?
Ich sehe keinen Widerspruch. Das Streichen aus dem Missale bedeutet nicht, dass die Kirche Philomena nun nicht mehr als Märtyrerin und Jungfrau verehre. Ich sehe auch kein Problem darin, Origenes als Märtyrer zu verehren. Von Märtyrern wird keine Irrtumsfreiheit verlangt, und zu Lebzeiten ist Origenes nicht wegen Irrtümern zur Rede gestellt worden und dann etwa verstockt geblieben.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wozu habe ich ausführlich über die absurden Namensoffenbarungen der angeblichen Erscheinung geredet, wenn du das gar nicht liest?
Ich habe diese Offenbarung nicht verteidigt. Ich vertraue der Kirche, die, seitdem Philomena bekannt ist, unter neun Päpsten Philomena als Märtyrerin und Jungfrau verehrt. Wie genau die Verantwortlichen zu ihrem Urteil gelangt sind, ist mir nicht bekannt. Ich war durchaus auf Deine Ausführungen eingegangen: Die apokryphen Evangelien machen die kanonisierten Evangelien nicht unglaubwürdig.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die paläographische Einordnung der Inschrift ist keineswegs ein „kleines, dünnes Indiz“, sondern eines der ganz wenigen „belastbaren“ Urteile anhand der Quellenlage.
Hier kommt wieder der Unterschied in Deiner und meiner Herangehensweise zutage. Wenn Du Dich allein auf die historische Wissenschaft stützt, dann zwingt Dich das, Dein Urteil auf Basis eines kleinen Hinweises zu fällen, wenn eben nur ein kleiner Hinweis vorliegt. Dieser Hinweis erhält dann großes, alles entscheidendes Gewicht, weil er alles ist, was Du hast. Ich hingegen pflege mein Vertrauen, das von einem kleinen Hinweis nicht erschüttert wird, das Gewicht des Hinweises bleibt so klein, wie es sich gehört.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Doch.
Oh.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nun, es sind doch einige Aussagen mehr möglich; wie ich schon schrieb:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Die hl. Philomena war ein christliches Mädchen, eine gläubige Tochter der Kirche, die irgendwann um 170 oder 180, allerhöchstens zwei Jahrzehnte früher oder später, im römischen Reich lebte, in noch jugendlichem Alter aus unbekanntem Grund in Rom starb und ebenda in den Priscilla-Katakomben beigesetzt wurde.
Diese Aussagen hängen an recht festen Tauen, nicht an dünnen Haaren.
Die weiteren Aussagen tragen nichts zur Frage der Datierung bei. Die Datierung hängt an einem einzigen Haar.

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Du bist es, der ohne Quellen lange Geschichten für glaubhaft erklären will.
Das ist nicht wahr. Ich wehre mich bloß dagegen, dass Du mittels eines einzigen kleinen unsicheren Hinweises eine amtlich bestätigte mehr als hundertjährige Tradition der Kirche als falsch und schädlich bekämpfst. Ich habe niemanden gedrängt, irgendetwas dazu zu glauben, ich verteidige lediglich diese Tradition gegen Dein schlecht begründetes Urteil.


Wir werden uns hier wohl kaum einig werden, weil wir unterschiedliche Prämissen haben. Du stellst alles zuerst auf die Waage der historischen Wissenschaft, ganz egal wie greifbar oder ungreifbar die Angelegenheit mit deren Mitteln ist. Ich vertraue zuerst der Kirche. Wegen dieser unterschiedlichen Prämissen gewichten wir die Einschätzungen der historischen Wissenschaft unterschiedlich und kommen zu einem jeweils anderen Urteil.

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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