Während meiner Quellensuche zu einem anderen Thema habe ich eine explosive Aussage wiederentdeckt, welche die tätige Teilnahme am Erlösungswerk Jesu Christi sehr interessant begründet. Somit ist das Werk eines jeden Gläubigen die tätige Miterlösung, die entschiedene Anteilnahme am Erlösungswerk Christi für sich und andere. Um wie viel mehr gilt dann das Werk der tätigen Miterlösung Marias, der jungfräulichen Gottesmutter!
Im Übrigen ist die Idee „Maria Miterlöserin“ keine neue. Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jhrhts. gründete Emilie d’Outremont, Gräfin von Hoogworst, das Institut Maria Miterlöserin.
Unsere Anteilnahme am Erlösungswerk näher betrachtet
Man kennt den geheimnisvollen kleinen Satz des Hl. Paulus: „Ich ergänze, vollende durch mein eigenes Leiden, was dem Leiden Christi abgeht.“ Wir brauchen hier nicht an den wissenschaftlichen Lehrsatz zu erinnern, müssen aber, unserem Plan entsprechend, eine Tatsache feststellen. Nach dem Hl. Paulus und mehreren anderen aus den ersten Kirchenvätern, die den mystischen Leib Christi sowie unsere erlösenden Möglichkeiten betonen, scheint es - absichtlich wählen wir dies Wort, das alle Korrekturen erlaubt - dass die Lehre unserer pflichtmäßigen Mitarbeit am Opfer des Erlösers aus der Tatsache unserer engen Verbindung mit seiner Person irgendwie im Sande untergegangen ist……
General de Sonis schreibt: „….Wenn man versucht, für seinen eigenen Teil die letzten Gedanken des sterbenden Meisters zu durchleben und durch Räume und Zeiten der herzzerreißenden Richtung des letzten dieser Blicke zu folgen, dann ist es einem, als sagte er zu sich selbst: ‚In 1900 Jahren wird die Welt so und so weit gekommen sein. Auf ein und ein halb Milliarden Lebender wird noch eine Milliarde von Heiden kommen. Von den 500 Millionen, die meinen Namen kennen, wird die Hälfte dem Irrtum oder dem Schisma verfallen sein. Nur die andere Hälfte wird katholisch sein und wird wesentlichen Nutzen aus meinem Opfer ziehen. Und wieder wird unter diesen 272 Millionen von Katholiken, wie wenige können sich wirklich Gläubige nennen!... Ich armer Sohn Gottes! Welcher Lohn liegt in dieser Behandlung seitens der Menschen. An meinem Opfer fehlt doch nichts. Aber wie vielen werden durch die Jahrhunderte die geistlichen Früchte meines Opfers fehlen.‘
Ohne Zweifel kann man gerettet werden ohne sichtlich Christus anzugehören. Wer kann somit in diesen 2 Milliarden von ihm Getrennten die umwandelnden Wirkungen guten Willens, Glaubens und heimlichen Verlangens herausfinden? Dennoch, welche Ziffern und welch mittelmäßigen Resultate. In Wahrheit armer Christus! Woher die Niederlage? Woher die, freilich relative, aber doch vollständige Nutzlosigkeit des Blutes Christi? Die geringste Handlung Christi genügt für sich allein, die Welt zu erkaufen. Woher kommt es, dass sein ungeheures Opfer nicht wirksam ist?
Der Mangel liegt nicht auf seiner Seite. Er liegt auf der unseren. Christus, daran dürfen wir nicht unwissend vorbei, ist ganz allein nicht der ganze Er. Er ist nicht vollständig Er. Natürlich fehlt es nicht an der Vollständigkeit seines physischen Körpers als Kind des Vaters und Sohn der Jungfrau, sondern an der Vollständigkeit des mystischen Körpers. Er ist nur dann vollständig Er, wenn wir, seine Glieder, es auf uns nehmen, mit ihm zusammen zu arbeiten. Durch die Teilnahme am selben Hl. Geist, eins mit seiner Person, sind wir mit einem Schlag gleichzeitig und aus dem gleichen Grund eng mit seinem Werk verbunden. Sein Werk ist die Erlösung. Wir können die Erlösungsaufgabe nicht umgehen. Fügen wir bei: Christi Werk ist ein Erlösungswerk durch das Opfer. Somit können wir den Beruf des Verzichtenden nicht umgehen. Und so wird das christliche Opfer nicht nur eine Sache der Vorsicht – da man sich abtöten muss, um seine rebellischen Sinne zu unterjochen – auch nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, indem ich, nachdem ich gesündigt habe, zur Sühne verpflichtet bin – sondern auch eine Frage der Liebe, nicht nur der Liebe für Christus, sondern auch der Liebe zu den Seelen…….
Uns zeitlich näher ist der Verfasser des wohlbekannten Werkes: Das Apostolat des Leidens“ (Neuausgabe Toulouse, Apostolat de la Priére). Einer von jenen, die am meisten dieses große Lehre durchgearbeitet, Pater Lyonard, der selbst die heroisch erlösende Hinopferung übte, wie der Biograph an der Spitze dieses Buches bezeugt. Er stellt das Prinzip der Vergottung des Christen durch Jesus Christus auf und durch die Vergottung durch Jesus Christus die des christlichen Leidens. Der Text des Hl. Paulus: „Ich erfülle in mir, was der Passion Jesu Christi fehlt“, ist reichlich erklärt. Dann sind mit den Bedingungen der erlösenden Wirksamkeit unserer Leiden die verschiedenen Kategorien von Seelen bezeichnet, die berufen sind, dieses leuchtende Apostolat auszuüben. Als es sich um Mitfühlen und um Ersatzleisten handelte, dachte man wohl an die Seelen, aber vielmehr um sie zu schmähen, ihnen ihre Verbrechen vorzuhalten, als durch Liebe den Forderungen der Liebe Christi zu genügen. Hier hört man auf, die Schergen zu schmähen, man versteht, dass sie gerettet werden müssen. Ganz allein wird Jesus nicht genügen. Er würdigt sich, nicht zu genügen, um unsere Dienste auszunützen. An uns ist es, ihm die Unterstützung unseres demütigen Opfers die Mitarbeit unserer Ergänzung beizubringen. Ich will: würdigt sich Christus nicht, sich machtlos zu zeigen? Er braucht zu seinem Beistand den Cyrenäer und Veronika. Ich muss: Ohne meine Dazwischenkunft bleiben Seelen der erlösenden Möglichkeit beraubt, die ihre Heiligung oder ihr Heil gesichert hätte. So sehe ich nicht nur den leidenden Jesus, nicht nur den geschmähten Jesus, ich sehe den nutzlosen Jesus. Nutzlos, relativ und freiwillig wohlverstanden und sich würdigend, mich zu berufen, mit ihm und wie er zu arbeiten. Es ist ein ‚Mangel‘ da. An mir ist es, ihn auszufüllen. Es fehlt ein Leidenselement. An unserer Großmut liegt es, diesen erlösenden Beitrag zu leisten. Wir haben Recht zu sagen: Mitfühlen, Ersetzen und an dritter Stelle: Ergänzen.
aus: „Die Torheit des Kreuzes“, P. Raoul Plus S J., übersetzt von M. Maria Paula vom Kostbaren Blut O.S.U., Verlag Missionsbuchhandlung St. Gabriel, Mödling/Wien, 1931.
Es lohnt sich, wenn überhaupt noch möglich, dieses Buch zu erwerben.
Sehr zu bedauern ist, dass die Katholische Mystik bereits seit Jahrzehnten in der theologischen Ausbildung zum Priester, wenn überhaupt, nur sehr stiefmütterlich behandelt wird.
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)