Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Ostkirchliche Themen.
Mary
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Mary »

Nassos hat geschrieben:
Aber erlaubt sei mir eine Frage: ist es wirklich Zorn Gottes? Ich bin kein AT-Leser :tuete: , hatte aber den Eindruck ( :tuete: :tuete: ), dass Gott Vater den Menschen voll Traurigkeit aber konsequent des Paradieses verlies.
Aber wahrscheinlich denke ich zu sehr beschränkt, als Menschlein.

Was mir sonst noch durch den Kopf geht: beim Durchlesen der Soteriologie bekommt man stets den Eindruck, bei Gott Vater und Sohn handelt es sich um zwei Wesen, nicht um eins...

Danke und Gruß,
Nassos
Bitte Nassos, nimm deine Tüten mal ab.
Ich glaube es auch so, dass bei Gott - wenn man ihm überhaupt Gefühle zuschreiben kann und darf - nicht Zorn herrschte, sondern Trauer. Trauer über verschmähte Liebe und mangelndes Vertrauen, oder mehr noch, Trauer im Wissen darum, wie schwer es sich die Menschen selbstverschuldet machten und was ihnen alles bevorsteht. Und doch hatte Gott den Menschen zur Gemeinschaft geschaffen.

Das was Du spürst, dass Gott Vater und Sohn in der (westlichen) Soteriologie mehr als getrennt gesehen werden, habe ich auch immer so empfunden.

Lg Maria
Who is so great a God as our God? You are the God who does wonders!

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Monergist
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Lieber Evagrios,

ich möchte nun nicht kategorisch verkennen, dass man sich annähern kann. Aber: Für mich bleibt Dein Ansatz irgendwee ein wenig "halb und halb" und auch etwas zu verkopft, d. h. nicht so ganz einfach nachzuvollziehen. Und - ohne jede Gehässigkeit gemeint - ich finde immer, dass es umso logischer klingt, je weniger lutherisch es ist.

Bei mir jedenfalls war früher die Furcht auch ausgeprägt, die objektive Rechtfertigung des Sünders ohne sein Zutun aufzugeben, weil ich dachte, man würde irgendwie Gott die angemessene Ehre rauben. Nur gibt es diese objektive Rechtfertigung auch in der orthodoxen Sichtweise: Sie ist nämlich darin zu sehen, dass Gott den in der Sünde verstrickten Menschen eben nicht in seiner ausweglosen Situation belässt, sondern ihm alle Möglichkeiten einräumt, wieder in Gemeinschaft mit Ihm zu treten, unabhängig von seinem vorherigen Tun und seinen Verfehlungen. Um das zu bewerkstelligen werden also nicht nur unsere Schwächen überdeckt, soindern Gott opfert Seinen Sohn für uns. Sich dies innerhalb der Kirche voöllig bar jedes eigenen Verdienstes anzueignen, ist dann wiederum die subjektive Rechtfertigung. Mehr "allein aus Gnade" kann man doch eigentlich nicht haben wollen, wenn auch der Mensch dieses Geschenk schon noch auspacken muss; Letzteres ist für mich allerdings so erkennbar biblisch, dass es mir schwerfällt, einen Widerspruch nachzuvollziehen. (Diese Wahrheiten waren im Osten immer klar und präsent, hätte Luther dies gewusst, dann hätte er sich meines Erachtens den ganzen Disput über Glauben und Werke mit den Scholastikern sparen können und hätte zu dem Glauben der Kirche zurückkehren können anstatt "sich selbständig zu machen".)

Als orthodoxe Stolpersteine für den Westen bleiben meiner Meinung nach trotzdem wesentliche Punkte:
- Der Tod ist kein Verdammungsurteil Gottes, sondern das Resultat der Trennung des Menschen von Gott, das Verfehlen seiner Bestimmung. Wie auch Nassos angemerkt hat, spricht Gott kein Todesuteil aus, sondern eine Todeswarnung. Obwohl der Mensch sie nicht beachtet, hält Gott an ihm fest (d. h. unsere Taten verfluchen uns und nicht Gott) und gewährt ihm in Anbetracht der Situation noch Schutz und allgemein das Beste; die Vertreibung aus dem Paradies war notwendig, um die Sünde nicht unsterblich werden zu lassen.
- In der Folge setzt Gott aus "pädagogischen Gründen" auch Strafen ein, doch stets mit dem Ziel die Rückkehr des Menschen zu Ihm vorzubereiten. Wenn besonders große Sünder der Tod ereilt, so geschah dies, um Andere zu beschützen und die Welt zu reinigen. Da bis zur Hadesfahrt Christi ohnehin jeder nach dem Tod im Hades gefangen war und danach auch dort das göttliche Licht hineinbrach und alle(!) zum Glauben an Christus gelangen konnten, waren diese aber ohnehin nur sozusagen vorübergehend aus dem Verkehr gezogen.
- Als die Zeit gekommen war und die allheilige Gottesgebärerin stellvertretend für die weiter vorbereitete Menschheit sich dem göttlichen Rettungsplan hingab, kulminierte dieser in der Menschwerdung Christ, Seinem Leben, Seiner Lehre, Seinem Sterben, der Hadesfahrt und der Aufersteung etc. - wie oben beschrieben.
- Von nun an steht es jedem frei, in der Kirche als Raum des Lebens den göttlichen Plan für jeden Menschen umzusetzen und zu seiner Bestimmung zu finden.
- Am Jüngsten Tag richtet allein die Gegenwart Gottes den Menschen.

Aus alldem folgern wir: Gott wollte den Tod des Sünders nicht, Gott zürnt (siehe unten) auch nicht über die Sünder (jede Sünde ist nicht etwa ein Negativeintrag in ein Register des strafenden Gottes, sondern ein willentlicher Eintrag des Menschen in das Buch der Gefolgschaft des Teufels), stattdessen bereitet Er alles für deren Heimholung vor, Er Selbst opferte dafür sogar Seinen Sohn, ohne dass dies auf Seiner Seite eine Sinnesänderung hervorruft, vielmehr ist es der tiefste Ausdruck Seines liebenden Wesens. In einer dramtischen Schlacht wird also all das besiegt, was den Menschen gefangen hielt, Sünde, Tod und Teufel. Der Mensch kann nun vergöttlicht werden (2. Petr 1,4).

Zum Thema Zorn Gottes (jetzt darf ich doch noch endlich was reinkopieren... :) ): Hier müssen wir uns - so die Kirchenväter - von allen anthropomorphen Vorstellungen befreien, wie wir dies auch tun, wenn von anderen Eigenschaften oder Handlungen Gottes die Rede ist. Der "Zorn Gottes" kommt über uns, wenn und insoweit wir von Seinen Gebotem abweichen und uns nicht in Gemeinschaft mit Ihm befinden; dann trennen wir uns von Seinen lebensschaffenen Energien.

Der hl. Isaak der Syrer: "Obwohl "Zorn", "Ärger", "Hass" und Ähnliches über den Schöpfer ausgesagt werden, so sollen wir dennoch nicht meinen, dass der Schöpfer auch wirklich etwas aus Zorn, Äger oder Entrüstung tut. In der Heiligen Schrift werden zahlreiche Ausdrücke auf Gott im übertragenen Sinn angewandt, die von seinem wahren Wesen weit entfernt sind."

Der hl. Johannes Chrysostomos: “It is not He, but we who are hostile, for God never hates.”


Aus "The River of Fire": God is love. If we really believe this truth, we know that God never hates, never punishes, never takes vengeance. As Abba Ammonas says, "Love never hates anyone, never reproves anyone, never condemns anyone, never grieves anyone, never abhors anyone, neither faithful nor infidel nor stranger nor sinner nor fornicator, nor anyone impure, but instead it is precisely sinners, and weak and negligent souls that it loves more, and feels pain for them and grieves and laments, and it feels sympathy for the wicked and sinners, more than for the good, imitating Christ Who called sinners, and ate and drank with them. For this reason, showing what real love is, He taught saying, 'Become good and merciful like your Father in Heaven,' and as He rains on bad and good and makes the sun to rise on just and unjust alike, so also is the one who has real love, and has compassion, and prays for all."

und

Many will say: "Does not Holy Scripture itself often speak about the anger of God? Is it not God Himself who says that He will punish us or that He will pardon us? Is it not written that 'He is a rewarded of them that diligently seek Him' (Heb. 11:6)? Does He not say that vengeance is His and that He will requite the wickedness done to us? Is it not written that it is fearful to fall into the hands of the living God?"

In his discourse entitled That God is not the Cause of Evil, Saint Basil the Great writes the following: "But one may say, if God is not responsible for evil things, why is it said in the book of Esaias, 'I am He that prepared light and Who formed darkness, Who makes peace and Who creates evils' (45:7)." And again, "There came down evils from the Lord upon the gates of Jerusalem" (Mich. 1:12). And, "Shall there be evil in the city which the Lord hath not wrought?" (Amos 3:6). And in the great Ode of Moses, "Behold, I am and there is no god beside Me. I will slay, and I will make to live; I will smite, and I will heal" (Deut. 32:39). But none of these citations, to him who understands the deeper meaning of the Holy Scriptures, casts any blame on God, as if He were the cause of evils and their creator, for He Who said, "I am the One Who makes light and darkness," shows Himself as the Creator of the universe, not that He is the creator of any evil.... "He creates evils," that means, "He fashions them again and brings them to a betterment, so that they leave their evilness, to take on the nature of good."


Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Mary hat geschrieben:Bitte Nassos, nimm deine Tüten mal ab.
Liebe Mary,

ganz kurz: die Tüten sind wegen des Nichtlesens des AT und wegen des Eindrucks (kennst es ja meine Meinung <=> Haltung der Kirche).

Ach ja, die anscheinende Wesenstrennung (in diesem Thread) habe ich nicht nur bei der westlichen Seite empfunden. Aber ich weiß ja, dass sowol bei der orthodoxen Kirche und der römisch-katholischen Kirche die Trinität das Zentrum des Glaubens ist.
Und das ist gut so. :ja:

Christos anesti!

Nassos
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Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Ilija hat geschrieben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben: Vielen Dank für den Hinweis! Dass ich da nicht selber draufgekommen bin! Johannes Chrysostomos' Galaterbriefauslegung habe ich ja auch in meiner Bibliothek. Das muss ich gleich mal ausführlich auf Deutsch nachlesen.
Woher? ISBN??? :) Danke....!
Ich habe mir antiquarisch die alte "Bibliothek der Kirchenväter" gekauft, die zwischen 1911 und 1938 in zwei Reihen (81 Bände) erschienen ist. Leider habe ich gestern Abend festgestellt, dass ich die Galaterauslegung doch nicht habe; sie gehört zur zweiten Reihe, von der mir noch einzelne Bände fehlen... :heul: Aber die Bibliothek ist auch online und zum Download im Internet zugänglich: http://www.unifr.ch/bkv/ Da werde ich mal nachschauen.

Von St. Athanasius' "Von der Menschwerdung des Wortes" gibt es inzwischen eine schöne neue Ausgabe: Athanasius von Alexandrien, Gegen die Heiden. Über die Menschwerdung des Wortes Gottes. Über die Beschlüsse der Synode von Nizäa, aus dem Griechischen übersetzt und herausgegeben von Uta Heil, Insel Verlag Frankfurt, 26 Euro: http://www.suhrkamp.de/buecher/gegen_di ... 715.html Durch seinen ausführlichen Kommentarteil ist der Band besonders lohnend.

EDIT: Leider ist die Galaterauslegung von St. Johannes Chrysostomos noch nicht online verfügbar, wie ich eben feststellte... :heul:

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Monergist hat geschrieben:… In the first volume of the Philokalia there is a magnificent text of Saint Anthony which I must read to you here:

God is good, dispassionate, and immutable... [Chap. 150]…
Lieber Monergist,

vielen Dank für die Texte, die ich allerdings wegen der großen Zahl nicht alle lesen kann. Aber anknüpfen möchte ich gerne an ihnen, besonders an einem, da ich ihn schon kannte und der auf ein Problem hinweisen kann, wo sich offenbar Ostkirche und Westkirche denkerisch unterscheiden und deshalb vielleicht auch in der Gefahr stehen, aneinander vorbeizureden, weil man gar nicht merkt, dass der andere etwas anderes sagt, als man zu hören meint.

Der Text von St. Antonios stammt aus seinen 170 Kapiteln „Über die Sittlichkeit des Menschen und den rechtschaffenen Lebenswandel“. Dass der Text für orthodoxes Denken offenbar sehr zentral ist (weshalb Deine Quelle schreibt: „a magnificent text…“), kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass die 170 Kapitel die umfangreiche Philokalie eröffnen.

Nun ist der Text aus historischer Sicht sehr interessant: Die Herausgeber meiner deutschen Ausgabe schreiben in der Einleitung: „Den Ergebnissen der heutigen Forschung zufolge, stammen die besagten Belehrungen nicht aus der Feder des hl. Antonios, sondern sind das Werk eines Stoikers, welches von christlicher Hand leicht überarbeitet wurde.“ (Philokalie, Bd. 1, S. 14)

Nun lasse ich offen, ob jene Forscher recht haben oder nicht. Das spielt hier eine untergeordnete Rolle. Wichtig ist aber, dass man jene Kapitel offenbar aus stoischer Perspektive, aber auch aus christlicher Perspektive lesen kann. Die Alte Kirche überliefert uns den Text als Werk des großen Antonios. Und weil es ein Text ist, der orthodoxes Denken offenbar „magnificent“ zusammenfasst, hat Nikodemos Hagioreites ihn in die Philokalie aufgenommen.

Dass der Text offenbar stoisch und christlich gelesen werden kann, ist nun für unser Thema sehr bedeutsam. Das von Dir zitierte Kapitel 150 findet sich in meiner Philokalie-Ausgabe auf der Seite 49 des ersten Bandes. Er beginnt mit der Bemerkung: „Gott ist gut, frei von Leidenschaften und unveränderlich.“ Später heißt es dann: „Dazu ist zu sagen, dass Gott sich weder freut noch zürnt, denn Freude und Unwille sind Leidenschaften.“ Und dann: „Vielmehr ist Gott zwar gut und kann nur nützen, schadet aber niemals, da er sich in allen erwähnten Situationen gleich verhält.“ Dann ein sehr zentraler Gedanke, den Du ja ausgeführt hast: „Wir aber verbinden uns mit Gott infolge unserer Ähnlichkeit mit ihm, wenn wir gut bleiben. Sind wir aber böse geworden, entfernen wir uns von Gott aufgrund unserer Unähnlichkeit… Wenn wir jedoch durch Gebet und Wohltätigkeit Befreiung von den Sünden finden, gewinnen wir nicht Gott für uns und ändern ihn, sondern wir heilen unsere Schlechtigkeit durch unsere Taten und die Hinwendung zum Göttlichen und gelangen so wieder zum Genuss der Güte Gottes.“ Interessant dann das abschließende Bild: „Daher ist es das gleiche, wenn man sagt, Gott wende sich von den Bösen ab, wie zu sagen, die Sonne sei jenen verborgen, die des Augenlichts beraubt sind.“ Ich finde den Gedanken deshalb interessant, weil man heute sagen würde: „Daher ist es das gleiche, wenn man sagt, die Sonne geht unter, wie zu sagen, die Erde dreht sich um ihre Achse und dadurch gerät ein Erdteil in den Schatten der Erdkugel.“ Zorn und Gnade sind also ein Beziehungsgeschehen, das je nach „Beobachtungsstandpunkt“ anders beschrieben wird. Denn beide haben ja Recht: Der sagt, dass die Sonne untergeht, wie auch der, der sagt, dass sich die Erde weitergedreht hat. Beide haben Recht: Der, der sagt, dass der Mensch sich von Gott abwendet und deshalb dem Tode verfällt. Und der, der sagt, dass sich der Mensch von Gott abwendet und deshalb unter Gottes Zorn steht.

Nun aber zu meinem eigentlichen Gedanken, der auf die Perspektive des Lesers hinaus will: Der Text kann offenbar von einem Christen wie auch von einem Stoiker gelesen werden. Und das ist sehr wichtig! Denn ein Stoiker wird den Text ganz anders lesen und verstehen als ein Christ.

Der Text redet von der Unveränderlichkeit Gottes als Grundaxiom des Denkens. Der Christ wird sich hier ganz selbstverständlich auf Jakobus 1,17 berufen: „Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.“ Und in der Tat hatte das Diasporajudentum, zu dem Jakobus spricht, sich mit der Gotteslehre der Stoa mit ihrer „in allem wirksamen Weltvernunft“ (A. Schlatter, Der Brief des Jakobus, S. 134) auseinanderzusetzen. Und jeder Stoiker hätte der Aussage des Jakobus voll zugestimmt.

Aber würden beide, Christ und Stoiker, deshalb an denselben Gott glauben? Nein. Denn die Grundaussagen des christlichen Dogmas widersprechen der unveränderlichen Weltvernunft des stoischen Denkens: Gott als der Vater, aus dem der Sohn von Ewigkeit her geboren ist. Und Gott als der Heilige Geist, der aus dem Vater hervorgeht. Beide Aussagen des Dogmas reden in Begriffen, die Veränderung ausdrücken, von dem Gott, der in sich „unveränderlich“ ist, wie St. Antonios es bezeugt. Offenbar beschädigen die Geburt des Sohnes aus dem Vater und der Hervorgang des Geistes aus dem Vater, obwohl es dynamische Begriffe, Begriffe der Veränderung, sind, die Unveränderlichkeit Gottes nicht! Der Stoiker lehnt wegen dieser offenkundigen Paradoxie das christliche Dogma ab. Der Christ eben nicht, sondern preist das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit. (Dasselbe gilt dann ebenfalls von der Menschwerdung: Der Sohn, die zweite Person der Gottheit, entäußert sich, nimmt Knechtsgestalt an etc. und bleibt doch der in Ewigkeit zur Rechten Gottes thronende Sohn.)

Es wäre fatal, wollte man jene Paradoxie auflösen: Etwa in der Weise, dass man sagt, die Geburt des Sohnes aus dem Vater sei nur eine übertragene Redeweise. Sondern in anbetender Beugung müssen wir jene Paradoxie aushalten und als Geheimnis bekennen.

Ähnlich würde ich nun auf das Problem von der Rede vom Zorn Gottes zu sprechen kommen: Gott offenbart sich uns als der Gnädige und als der Zornige, als der Rettende und als der Richtende. Beides sind keine nur übertragenen Redeweisen von Gott. Und hier ist wieder entscheidend: Die Abfolge: Abwendung von Gott – Todesverfallenheit – Zorn Gottes dürfen nicht in ein (zeitliches) Nacheinander aufgelöst werden. Davon habe ich ja schon oben geredet. Sondern dies ist ein Vorgang, wenn auch in einem Kausalitätsverhältnis stehend. (Spekulationsmodus ein: Die Auflösung in ein (zeitliches) Nacheinander, wäre nur möglich, wenn es eine „absolute Zeit“ gäbe. Aber das Phänomen Zeit, wie wir es erleben, ist ja auch eine Folge des Falles. Im Urstand des Paradieses gab es die Zeit in unserem Sinne nicht. Aber jetzt wird’s spekulativ und gefährlich. Deshalb: Spekulationsmodus wieder ausgeschaltet.)

Unter Beachtung dieser Paradoxie meine ich deshalb, es ist richtig zu sagen: „Gott ist gut, frei von Leidenschaften und unveränderlich.“ Denn dann wird dieser Satz aus christlicher Perspektive gelesen. Wird er dagegen aus stoischer Perspektive gelesen, dann würde das Dogma unterminiert.

Deshalb meine abschließende Vermutung: Könnte es nicht sein, dass Ostkirche und Westkirche aneinander vorbeireden, geradeso wie jene beiden Philosophen, die darüber disputieren, ob die Sonne untergegangen ist oder ob die Erde sich weitergedreht hat?
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am Dienstag 13. April 2010, 21:12, insgesamt 1-mal geändert.

Miserere Nobis Domine
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Chrysostomos über den Galaterbrief ist yumindest auf Englisch online:
http://en.wikisource.org/wiki/Nicene_an ... _Galatians
Deshalb meine abschließende Vermutung: Könnte es nicht sein, dass Ostkirche und Westkirche aneinander vorbeireden, geradeso wie jene beiden Philosophen, die darüber disputieren, ob die Sonne untergegangen ist oder ob die Erde sich weitergedreht hat?
Was spricht konkret dafür, dass das so ist? Die Aussagen der beiden Philosophen beschreiben ja dasselbe, nur aus verschiedenen Blickwinkeln. In Anselms Rechtfertigungslehre finden wir aber ein so negatives Gottesbild, dass mir unverständlich ist, wie man dasmit dem orthodoxen Gottesbild auf einen Nenner bringen könnte...

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Chrysostomos über den Galaterbrief ist yumindest auf Englisch online:
http://en.wikisource.org/wiki/Nicene_an ... _Galatians
Deshalb meine abschließende Vermutung: Könnte es nicht sein, dass Ostkirche und Westkirche aneinander vorbeireden, geradeso wie jene beiden Philosophen, die darüber disputieren, ob die Sonne untergegangen ist oder ob die Erde sich weitergedreht hat?
Was spricht konkret dafür, dass das so ist? Die Aussagen der beiden Philosophen beschreiben ja dasselbe, nur aus verschiedenen Blickwinkeln. In Anselms Rechtfertigungslehre finden wir aber ein so negatives Gottesbild, dass mir unverständlich ist, wie man dasmit dem orthodoxen Gottesbild auf einen Nenner bringen könnte...
Anselms Sühnelehre habe ich ja weiter oben ausdrücklich in Frage gestellt. Ich will es in der Weise, wie er es formuiert, ja nicht einfach stehen lassen.

Ich habe eben meinen Beitrag nochmals editiert und einen Satz hervorgehoben:
Evagrios Pontikos hat geschrieben: ... Beide haben Recht: Der, der sagt, dass der Mensch sich von Gott abwendet und deshalb dem Tode verfällt. Und der, der sagt, dass sich der Mensch von Gott abwendet und deshalb unter Gottes Zorn steht. ...
Das eine ist der orthodoxe Blickwinkel, das andere ist der westkirchliche Blickwinkel.

Miserere Nobis Domine
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Die Orthodoxie erkennt "Zorn" ausdrücklich als Metapher. Tasächlich ist nicht Gott yorning, sondern der Mensch hat sich entfernt. "Zorn" wörtlich zu nehmen, scheint mir aus orthodoxer Sicht völlig illegitim. Diese "Ablehnung des Zorns" findet sich übrigens auch im Westen; ich denke da insbesondere an Nikolaus von Kues.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Also, das sind die Hammerbeiträge hier, vielen Dank hierfür! Bitte weitermachen.

Ich habe mir die Posts ausgedruckt und nach der Arbeit bei Sonnenschein und einen Frape nochmal in Ruhe reingezogen. Evagrios hatte schon recht: man muss das in Ruhe meditieren und verdauen. In diesen posts steckt sehr viel Arbeit, Engagement und Zeit.
Nochmals danke.

Evagrios, ich empfehle - wie Du selber gesagt hast - durchaus das Lesen der zitierten Stellen. Jedes Zitat birgt eine Fülle in sich. Und lass es sitzen, denn hier bemerke ich schon einen falschen Vergleich.
Die Metapher mit der Sonne hat nichts, aber auch gar nichts mit Relation zu tun. Der Vergleich mit der Erdumdrehung hinkt, denn es geht darum, dass sich Gott eben nicht von den Bösen abwendet.
Dein Vergleich - so verstehe ich ihn - meint, dass es relativ egal ist, ob sich Gott von den Bösen abwendet oder der Böse sich von Gott.

Zu Euren sehr guten Beiträge habe ich noch ein paar Fragen und Bemerkungen:

Monergist schießt sich wohl zu sehr auf Anselmus ein. Mich würde interessieren, welche andere Kirchenväter des Westens man beachten sollte, die evtl. nicht so gotteszürnig denken wie Anselmus.

Monergist: Du sagst, im Osten ist die Sünde das Problem der Menschen und Gott hat trotz dieses Fehlgehens die Lösung bereitgestellt, während im Westen Gottes Gericht über die Sünde das Problem ist, wobei Er dann allerdings einen Weg anbietet, sich vorIhm selbst in Sicherheit zu bringen.
Meine Frage geht an die "Wessies": ist dies tatsächlich so aus Eurer Sicht? Wie ist Euer Selbstverständnis?

Gestern sagte ich noch, mir fehlt irgendwie das Wesen der Trinität in den Argumenten. Heute - beim aufmerksameren Studium - bin ich auf folgendes gestoßen: "Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht deswegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus "Ökonomie"? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte..."
Meines Verständnisses nach ist diese eigene Kraft die unermessliche und unfassbare Liebe zum Geschöpf. In der Trinität opfert sich Gott selber, denn sonst keiner ist befähigt diesen Akt der Liebe zu zeigen.
Im Zorne - so scheint mir ohne jetzt theologisch bewandert zu sein - würde ein mächtiger Handlanger reichen.

Wichtig ist die gemeinsame Erkenntnis, dass es nicht Gott ist, der sich vom Menschen abwendet (oder zuwendet) sondern es der Mensch ist, der sich von Gott weg oder auf Gott zu bewegt. (Im Endeffekt und um relativistischen Effekten vorzubeugen ist es wurscht. Der Mensch hat den Grad seiner Heiligkeit in seiner Hand).

Ein ziemlich gutes Argument ist Vt. Lazars Aussage: "Wenn Christuts für unsere Sünden bestraft wurde, dann wurde uns NIE vergeben, da die Bestrafung durchgeführt wurde. Bestrafung und Vergebung sind grundsätzlich widersprüchlich. Sie schließen einander aus."
Die vom Menschen wohl nicht zu fassende Unermeßlichkeit der Liebe Gottes kann sich wohl schwer vorstellen, dass Vergebung ohne Bestrafung stattfinden kann, sondern durch Selbstopferung.

Ein weiterer Punkt ist das Zitat des Hl. Athanasios von Alexandria, dass die Kreuzigung "..für uns zuträglich war und dass der Herr dieses Sterben unsertwegen aus gutem Grund auf sich nahm. Denn wenn er gekommen ist, um den über uns ergangenen Fluch zu tragen, wie wäre sonst die Verfluchung Wirklichkeit geworden als ebendadurch, dass er den im Fluch verhängten Tod auf sich nahm? Dieser aber ist das Kreuz. So steht auch geschrieben: 'Verflucht, wer an dem Holz hängt!'".

Diese Aussage kann man sehr wohl aus der Sicht der Orthodoxie betrachten. Ich sehe hier wieder das Liebesopfer. Der Fluch ist der Fluch (die Erbsünde), die der Mensch über sich selber brachte. Leider wird das im Text nicht explizit gesagt, die Frage ist, ob hierzu mehr Text des Hl. Athanasios gebraucht würde, um daraus zu schließen, wie es letztendlich zu verstehen ist.

Ich habe hier also nichts Neues hinzugefügt, sondern einfach mal aus meiner Sicht beleuchtet, wie die Beiträge bei mir angekommen sind. Gut, mein Schwachpunkt mag sein, dass ich wohl die orthodoxe Brille aufhabe.
Da ich aber bei weitem nicht so weit drin bin wie Ihr zwei, entspricht das wohl eher meinem Herzen als meinem Kopf.

Der Herr als Quelle des Lebens und der Liebe ist mir angenehmer als der Herr als gerechter Zorn. Im ersten Fall fühle ich mich so unendlich klein vor so viel Liebe und Güte (die demütigende Selbstopferung ist zu gewaltig um sie wirlich zu verstehen, zu [Punkt]), während der zweite Fall mir eine unheimliche Angst einjagt.
(Und die Einstellung hat nichts mit Wohlfühlreligion zu tun. Aber auch gar nichts.)

Lieber Evagrios, da ich mich hier für Monergist positioniert habe, kann ich Dir zur Besänftigung nur anbieten, bei einer Lokalsynode (in einem Lokal), Dir in Liebe ein Getränk Deines Vorzugs zu spendieren. :blinker: Das mache ich gerne!

Jetzt überlasse ich das Feld wieder den Meistern.

Lieben Gruß,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Tasächlich ist nicht Gott yorning, sondern
Nassos, dem die englische Tastatur oder Tastaturgehabe ganz yorning macht. :breitgrins:
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Miserere Nobis Domine
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Es ist eine spanische Tastatur. Hoffentlich ist dein "Yorn" inzwischen vergangen...

Bei der nächsten Lokalsynode sollte aber ich spendieren, du hast das bereits das letzte Mal getan...

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Die Orthodoxie erkennt "Zorn" ausdrücklich als Metapher. Tasächlich ist nicht Gott yorning, sondern der Mensch hat sich entfernt. "Zorn" wörtlich zu nehmen, scheint mir aus orthodoxer Sicht völlig illegitim. Diese "Ablehnung des Zorns" findet sich übrigens auch im Westen; ich denke da insbesondere an Nikolaus von Kues.
Wenn Du Recht hast, dann ist die Aussage des Credo "Der Sohn ist aus dem Vater geboren vor aller Zeit" und "Der Geist geht aus dem Vater aus", ebenfalls nur eine Metapher. Denn, wie ich schon versucht habe zu zeigen, beides sind dynamische Begriffe, Begriffe, die Veränderung aussagen (geboren werden, hervorgehen), obwohl Gott in der Tat unwandelbar ist und in sich keine "Leidenschaften" hat, um das 150. Kapitel von St. Antonios zu zitieren. Meine Behauptung ist die, dass in einem uns verborgenen Geheimnis Gott tatsächlich unwandelbar und leidenschaftslos ist und sich trotzdem in Gesetz und Evangelium, in Zorn und Gnade offenbart. Im Gesetz spricht Gott das Urteil über den Sünder, im Evangelium nimmt er ihn um Christi willen an. Wichtig ist, dass das Gesetz nach lutherischem Verständnis nicht absolut verstanden wird, sondern funktional: Gott deckt uns durch das Gesetz unsere Sünde auf und bewegt uns so zum Evangelium, dem Wort der Gnade, hin. Die Funktion des Gesetzes ist, uns zum Evangelium, zur Gnade hinzuführen.

Nochmals zum Thema Gesetz als Normenkatalog: Dies wäre völlig unzureichend und nicht westkirchlich. Martin Luther hat meiner Meinung nach einzigartig und genial die Zehn Gebote ausgelegt. Er legt großen Wert darauf, dass alle Gebote vom ersten Gebot herkommen und wieder auf es zurückführen. Er legt das erste Gebot im Kleinen Katechismus so aus: "Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und ihm vertrauen." Mit "Dinge" spielt Luther auf das Geschaffene an. Im Großen Katechismus legt er dementsprechend das erste Gebot so aus: "Woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott."

Luther sieht, und das ist sehr wichtig, in der Verletzung eines Gebotes immer auch eine Verletzung des ersten Gebotes, weshalb er die Auslegung der restlichen neun Gebote immer mit Bezug auf das erste Gebot auslegt; z.B. beim vierten Gebot: "Wir sollen Gott fürchten und lieben [(a) Grunddimension: Bezug zum ersten Gebot], dass wir unsere Eltern und Herren nicht verachten noch erzürnen [(b) Negative Dimension: Abwehr des Bösen als die eine Dimension des Gebotssinnes], sondern sie ihn Ehren halten, ihnen dienen, gehorchen, sie lieb und wert halten [(c) Positive Dimension: die Liebe zum Nächsten als der eigentliche Gebotssinn, der im Blick auf die Eltern entfaltet wird].“

Nehmen wir jetzt den „Reichen Jüngling“, der von sich selber sagte, dass er das ganze Gesetz gehalten hat. In einem rein kasuistischen Sinne (=(b) Negative Dimension) stimmt das. Aber nicht im Sinne des Geistes der Gebote (das sind die beiden Dimensionen (a) Grunddimension und (c) Positive Dimension): Jesus entlarvt den „Reichen Jüngling“ als schuldig am ersten Gebot: Die Aufforderung zur Nachfolge und zum Verlassen seines Besitzes etc. bedeutet ja, dass Jesus dem Mann gegenüber mit dem Anspruch auftritt, selber Gott zu sein. Gott über alle Dinge zu fürchten, zu lieben und zu vertrauen wird darin konkret, dass der Mann sich in völliger Hingabe Jesus anschließt. Und durch den Dienst an den Armen wäre auch die positive Dimension einbezogen, die aber im betreffenden Evangelium nicht im Mittelpunkt steht. So würde eine Auslegung der Geschichte vom reichen Jüngling von Luthers Gebotsverständnis her wohl aussehen.

Ich hoffe, dass ich deutlich machen konnte, dass „Gesetz“ im westlichen Sinne eben nicht einen bloßen Normenkatalog meint, der Gott zu jenem greisgrämigen Nachbarn degradiert, der den lieben langen Tag lang nichts anderes zu tun hat, als diejenigen aufzuschreiben, die unten in der Straße falsch geparkt haben. Sondern es geht bei dem, was Gebot und Gesetz meint, um das, was Gottebenbildlichkeit ist, völliges Hingewandtsein zu Gott als sein Gegenüber, das ihm entspricht: Der Mensch als „Ebenbild“ Gottes ist wieder ganz „Abbild“ seines „Urbildes“, um die geniale ostkirchliche Differenzierung aufzugreifen. In diesem Sinne ist die vollkommene Liebe zu Gott und dem Nächsten (Doppelgebot der Liebe) die Erfüllung des Gesetzes, wie Christus selbst und St. Paulus es bezeugen. Wo aber der Mensch von Gott abgewandt ist (das Ebenbild ist nicht mehr Abbild seines Urbildes), da führt das Gesetz zur Erkenntnis dieser Abgewandtheit, führt zur Erkenntnis der Todesverfallenheit und Verdammnis und „motiviert“ den Menschen, sich Christus zuzuwenden, in seinen Machtbereich zu kommen, weil in Christus die Erlösung vollbracht ist.

Und hier greift dann das, was ich oben zu forensischer und effektiver Rechtfertigung gesagt habe: Wer in den Machtbereich Christi kommt, der ist forensisch gerechtfertigt. Weil er aber in diesem Machtbereich lebt, widerfährt ihm, mit aktiver Beteiligung, der Prozess der Vergottung, der in der Auferstehung abgeschlossen sein wird. Und als auferstandener Mensch, der wieder Ebenbild und Abbild Gottes ist, ist er auch effektiv gerecht, wird also im Jüngsten Gericht von Gottnicht nur als gerecht angesehen (forensische Rechtfertigung), sondern ist es auch (effektive Rechtfertigung).

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Monergist
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Hallo Nassos,

bekanntlich ist die Demut aus orthodoxer Warte ja besonders erstrebenswert und selbst der äußerst demütige hl. Silouan flehte fortwährend, diese zu erlangen, aber auch hier gilt: Alles in Maßen... :) Soll heißen: Du hast Dich jetzt ja auch so intensiv in die Sache hereingearbeitet, dass Du Wesentliches zu der Diskussion beiträgst, also bitte nicht zu bescheiden und bitte weitermachen...

Zu dem Aspekt, dass ich mich zu Unrecht auf Anselmus fokussiert hätte, muss ich sagen, dass ich ja auch die späteren Scholastiker und Luther "mit ins Boot geholt" hatte. Die Orthodoxie konzentrieren sich in der Regel grundsätzlich auf Anselmus, weil er der formale Urheber des Satisfaktionsgedankens ist und weil die feinen Variationen hiervon eigentlich keine Rolle spielen, da man mit dem Konzept von vornherein nicht konform geht (der Protestantismus erscheint den Meisten ohnehin als zu sonderbar, um es im Detail zu besprechen, ein Ami formulierte einmal, dies sei eine "heresy that is not one, but two steps away from the truth").

Letztlich ist es so, dass es nach den tradierten römischen Ansätzen, die auf Anselmus fußen und meines Wissens auch im Tridentinum bestätigt wurden - wenn das nicht stimmen sollte, so bitte ich die Damen und Herren Lateiner doch einmal hierzu Stellung zu nehmen -, die Sünde der Menschen als Bruch des göttlichen Gesetzes die Ehre Gottes verletzt hatte, die Todesstrafe und den Zorn Gottes nach sich zog und ihnen auch die zur Rettung erforderliche Gnade Gottes nahm. Da Gott "gerecht" ist, blieb für alle nur noch Strafe übrig. Vergebung und die Wiedererlangung der Gnade Gottes konnte nur dadurch vollzogen werden, dass Jesus stellvertretend für die Menschen ein (Sühn-)Opfer bringt, dass die begangene Ehrverletzung wieder repariert und es Gott ermöglicht, statt zu strafen zu vergeben und sich wieder mit Seiner (geschaffenen) Gnade der Menschheit zuzuwenden. Wenn diese die Gnade ergreifen, können sie nun wieder gerettet werden. Hier öffnet das Opfer also einen alternativen Weg zu dem der "Gerechtigkeit". Für mich eine blasphemische Vorstellung.

Im klassischen Luthertum ist der Akzent anders gesetzt. Zwar entbrannte aufgrund des Sündenfalls auch hier der Zorn Gottes, dem von nun alle Menschen - die bar jeder Gerechtigkeit sind - unterfallen sind auch hier stillte das Opfer den Zorn Gottes, doch war damit jede vergangene und zukünftige Sünde gesühnt, der göttlichen "Gerechtigkeit" vollumfänglich Genüge getan und die ganze Menschheit frei gesprochen. Wer diese Tatsache nun im Glauben ergreift, macht sich den Freispruch zu Eigen und kann mit der Gerechtigkeit Christi bekleidet im göttlichen Gericht bestehen. Jeder, der das nicht tut, bleibt unter dem Zorn Gottes. Hier wird anders als bei Anselm die Vergebung also nicht durch das Opfer zu einem zulässigen alternativen Weg, sondern Gott hält an Seiner Gerechtigkeit fest, vollzieht diese aber sozusagen an Sich Selbst. Von Vergebung - wie der Erzbsichof richtig angemerkt hat - also keine Spur. Die Schuldigen erlangen sogar aufgrund des Ergehens des Zornes Gottes über den Unschuldigen und ihrere forensischen Rechtfertigung quasi einen Anspruch auf Errettung.

Hierzu aus der CA:

ARTIKEL 2: VON DER ERBSÜNDE
Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, daß sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner daß auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden.
Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi.

ARTIKEL 3: VOM SOHN GOTTES
Ebenso wird gelehrt, daß Gott, der Sohn, Mensch geworden ist, geboren aus der reinen Jungfrau Maria, und daß die zwei Naturen, die göttliche und die menschliche, also in einer Person untrennbar vereinigt, ein Christus sind, der wahrer Gott und wahrer Mensch ist, wahrhaftig geboren, gelitten, gekreuzigt, gestorben und begraben, daß er ein Opfer nicht allein für die Erbsünde, sondern auch für alle anderen Sünden war und Gottes Zorn versöhnte, ebenso daß dieser Christus hinabgestiegen ist zur Hölle (Unterwelt), am dritten Tage wahrhaftig auferstanden ist von den Toten und aufgefahren ist in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, daß er ewig über alle Geschöpfe herrsche und regiere; daß er alle, die an ihn glauben, durch den Heiligen Geist heilige, reinige, stärke und tröste, ihnen auch Leben und allerlei Gaben und Güter austeile und sie schütze und beschimme gegen den Teufel und die Sünde; daß dieser Herr Christus am Ende öffentlich kommen wird, zu richten die Lebenden und die Toten usw. laut dem Apostolischen Glaubensbekenntnis.

ARTIKEL 4: VON DER RECHTFERTIGUNG
Weiter wird gelehrt, daß wir Vergebung der Sünde und Gerechtigkeit vor Gott nicht durch unser Verdienst, Werk und Genugtuung erlangen können, sondern daß wir Vergebung der Sünde bekommen und vor Gott gerecht werden aus Gnade um Christi willen durch den Glauben, nämlich wenn wir glauben, daß Christus für uns gelitten hat und daß uns um seinetwillen die Sünde vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben geschenkt wird. Denn diesen Glauben will Gott als Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, ansehen und zurechnen, wie der Hl. Paulus zu den Römern im 3. und 4. Kapitel sagt.


Entscheidend bei diesen Sichtweisen ist für mich aber nicht die Herausarbeitung der einzelnen Differenzen, da es im Ergebnis jeweils so ist, dass "unser Problem ist, dass Gott ein Problem mit uns hat", da wir der göttlichen Gerechtigkeit nicht genügen. Und weiter, dass Gott, der Vater aus dem Opfer Gottes, des Sohnes etwas herauszieht, dass wir nicht haben und so unsere Rettung ermöglicht. Letztlich erscheint Gott als zerrissen, gegängelt von Ihn beherrschenden Gerechtigkeitsvorstellungen, diese und sich selbst indes mit einem Trick veralbernd, um uns doch vergeben zu können. Nun kann man mit vielen warmen Worten versuchen, darzustellen, dass das doch alles nicht so gemeint ist oder aber darauf hören, was die Väter lehren, dass nämlich ein ganz anderes Verständnis der Erlösung angezeigt ist. Mir erscheint letzterer Weg weit vorzugswürdig. Dort findet man eine Perspektive, die auf eine "Evangelisierung durch Bedrohung" verzichten kann, ohne an Ernsthaftigkeit einzubüßen.

Und man darf auch nicht übersehen, dass der "westliche Weg" letztlich in einem Legalismus mündet, der den der Juden weit überbietet (der eigentlich überwunden werden sollte) und bestimmten Gruppen quasi automatisch den Himmel zuerkennt. Seien es die Getauften, die nicht im Stande der Todsünde sind oder denen, die "glauben". Die "Gerechtigkeit" kommt dabei stets aus der Gesetzeserfüllung (Christi), wo doch die Bibel uns sagt, dass durch das Gesetz niemand gerecht wird.

Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Wäre Gott Vater zornig und gerechtigkeitsfordernd und würde die Hinrichtung des Sohnes Ihn befriedigen, statt die echten Schuldigen hinzurichten, was wäre der Grund für diese Akzeptanz?
Selbst diese Einstellung führt zu dem Element zurück, welches von der Ostkirche betont wird.

(Außer Gott kommt es nur darauf an, ein boolean auf TRUE zu setzen, egal von wem).

Werde mir morgen Eure Beiträge in Ruhe und außerhalb des Forums durchlesen.

Monergist, gib mir noch eines mit: was ist CA?

Gruß,
Nassos
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Monergist
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Hallo Nassos,

CA ist die Kurzform für "Confessio Augustana", das "Augsburger Bekenntnis" von 1530 als erste zusammenhängende/systematische Darstellung der lutherischen Positionen.

Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Merci!
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Kirchenjahr
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Kirchenjahr »

Nassos hat geschrieben: "Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht deswegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus "Ökonomie"? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte..."
Ok, das Zitat stammt dem Sinn her nicht von Nassos, sondern vom hl. Gregor.

Wie schon vor längerer Zeit angemerkt. Die griechischen Begriffe sind für uns Lateiner oftmals fremd. "Oikonomia", "Ökonomie", oder was auch immer müssten zum Verständnis für uns erstmal übersetzt werden. Ist schon eine haarige Angelegenheit, wenn man nicht mal die Grundbegriffe verständlich definiert bekommt. Habe heute dank Herrn Google herausbekommen, dass es über den Begriff "oikonomia" ein ganzes Buch gibt (Der Gebrauch des Wortes Oikonomia im Neuen Testament, bei den Kirchenvätern und in der theologischen Literatur bis ins 20. Jahrhundert - Gerhard Richter). Was verstehen die Orthodoxen unter dem Begriff?

Auf mich wirken seit der ersten Begegnung mit thomistischer Moraltheologie Anselmus Argumentationen eher befremdlich. Andererseit sind Anselmus Ausführen zumindest folgerichtig umgesetzt, was dazu führt, dass mich im konkreten Fall interessiert, was mit "oikonimia" gemeint ist. Der springende Punkt der Argumentation der Orthodoxen (nämlich "oikonomia") bleibt mir leider verborgen.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Hallo Kirchenjahr,

das war schon zweimal nicht ich (ich habe mich gerade gewundert, dass ich so etwas hochgeistiges eigenständig verfasst hatte, wurde dann aber schnell von der Realität eingeholt) - ich habe ja nur Monergist zitiert, der selber zitierte...

Vielleicht ganz schnell zu Oikonomia:

Menschenliebendes (philanthropes) Prinzip, das die Kirche anwendet in der Auseinandersetzung der Verfehlungen und Sünden der Gläubigen (Menschen). Das Prinzip basiert auf das Verständnis der Kirche für die Schwäche der entfremdeten nacherbsündlichen Natur der Menschen, sowie dass sie an die Gnade und Menschenliebe Gottes glaubt.

Desweiteren kann dieses Prinzip als "weiche" Anwendung verstanden werden, wo besondere und erschwerliche Umstände für einen Gläubigen auftreten, wo das genaue Anwenden (Akribeia) Leid verursachen könnte anstatt dem Prinzip der Liebe platz zu machen (z.B. wäre es nach Akribeia nicht möglich, heterodoxe Hochzeiten durchzuführen).

Es geht also in Richtung der liebevollen Gnade.

Darauf hoffend, dies richtig wiedergegeben zu haben,
Nassos
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Monergist
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Hallo Kirchenjahr,

Nassos hat das richtig erklärt.

In der von Dir angegebenen Stelle geht es letzlich aber nicht um Oikonomia im eigentlichen, theologischen Sinn. Dort soll mit dem Begriff nur deutlich gemacht werden, dass der Opfertod Christi allein der "Notwendigkeit" geschuldet war (und nicht juridisch-merkantil aufzufassen ist), Gottes Willen nach Rettung der Menschen umzusetzen. Das "Lösegeld" wurde daher nicht Gott, dem Vater entrichtet, sondern war denklogisch notwendig, um das Böse zu besiegen und um aufzuerstehen, um also die Voraussetzungen für unseren Wiedereintritt in Kommunion mit Gott zu schaffen.

Viele Grüße
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Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Kirchenjahr hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben: "Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht deswegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus "Ökonomie"? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte..."
Ok, das Zitat stammt dem Sinn her nicht von Nassos, sondern vom hl. Gregor.

Wie schon vor längerer Zeit angemerkt. Die griechischen Begriffe sind für uns Lateiner oftmals fremd. "Oikonomia", "Ökonomie", oder was auch immer müssten zum Verständnis für uns erstmal übersetzt werden. Ist schon eine haarige Angelegenheit, wenn man nicht mal die Grundbegriffe verständlich definiert bekommt. Habe heute dank Herrn Google herausbekommen, dass es über den Begriff "oikonomia" ein ganzes Buch gibt (Der Gebrauch des Wortes Oikonomia im Neuen Testament, bei den Kirchenvätern und in der theologischen Literatur bis ins 20. Jahrhundert - Gerhard Richter). Was verstehen die Orthodoxen unter dem Begriff?

Auf mich wirken seit der ersten Begegnung mit thomistischer Moraltheologie Anselmus Argumentationen eher befremdlich. Andererseit sind Anselmus Ausführen zumindest folgerichtig umgesetzt, was dazu führt, dass mich im konkreten Fall interessiert, was mit "oikonimia" gemeint ist. Der springende Punkt der Argumentation der Orthodoxen (nämlich "oikonomia") bleibt mir leider verborgen.
Das, was orthodoxes Denken mit "Oikonomia" meint, fließt im lutherischen Denken in jene Beschreibung des "Gesetzes" ein, die ich gestern versuchte, differenzierend darzustellen: Das Gesetz hat primär die Funktion, zum Evangelium hinzuführen.

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Lutheraner
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Lutheraner »

Hallo Nassos,
Nassos hat geschrieben:Wichtig ist die gemeinsame Erkenntnis, dass es nicht Gott ist, der sich vom Menschen abwendet (oder zuwendet) sondern es der Mensch ist, der sich von Gott weg oder auf Gott zu bewegt. (Im Endeffekt und um relativistischen Effekten vorzubeugen ist es wurscht. Der Mensch hat den Grad seiner Heiligkeit in seiner Hand).
Das ist aber keine "gemeinsame Erkenntnis" von Lutheranern und "Orthodoxen". Wir könnten diese Aussage so nicht unterschreiben, bei uns steht viel mehr die Gnade Gottes im Vordergrund. Wir könnten niemals behaupten, dass der Mensch sich auf Gott zubewegt (wie Du es ausdrückst), sondern Gott kommt allen Menschen Nahe. Der Mensch kann sich dieser Gnade öffnen oder er kann sie zurückweisen, aber er kann sie nicht aktiv annehmen. Sonst könnte man behaupten, dass der Mensch am Erlösungswerk in irgendeiner Form mitwirken könnte und das wäre eine Schmälerung der Ehre des Herrn.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Lutheraner »

Monergist hat geschrieben: Und man darf auch nicht übersehen, dass der "westliche Weg" letztlich in einem Legalismus mündet, der den der Juden weit überbietet (der eigentlich überwunden werden sollte) und bestimmten Gruppen quasi automatisch den Himmel zuerkennt. Seien es die Getauften, die nicht im Stande der Todsünde sind oder denen, die "glauben". Die "Gerechtigkeit" kommt dabei stets aus der Gesetzeserfüllung (Christi), wo doch die Bibel uns sagt, dass durch das Gesetz niemand gerecht wird.
Deine Interpretation ist mal wieder völlig daneben.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Ich möchte nochmals auf meine Behauptung zurückkommen, dass westliches und östliches Denken auch ganz wesentlich einen unterschiedlichen Ansatz bei der Perspektive hat. Was ich genauer meine, kann man anschaulich am Bild der Sonne und ihres Lichtes deutlich machen.

Das orthodoxe Denken beschreibt Sünde als Abwendung vom Licht, vom Leben. Wer sich abwendet, wendet sich dementsprechend in Finsternis und Tod. Dementsprechend bedeutet Erlösung, dass Gott in Christus die von ihm abgewendete Schöpfung in sich aufnimmt (Inkarnation) und diese Abwendung, die Sünde und Tod bedeutet, überwindet (Kreuz und Auferstehung). Durch diesen so beschriebenen Vorgang der Erlösung ist einerseits die Leidenschaftslosigkeit und Unveränderlichkeit Gottes (immanente Trinität) festgehalten und andererseits der Vorgang der Heilsgeschichte (ökonomische Trinität) erklärt.

Nun behaupte ich, dass hier eben unterschiedliche Perspektiven möglich sind, eine ostkirchliche und eine westkirchliche, und – das ist mir besonders wichtig! – dass diese Perspektivität noch nicht kirchentrennend ist, da sie schon im ersten Jahrtausend vorhanden war. Ein theologisches Denken, das sich deshalb in ein kämpferisches Entweder-Oder aufspaltet, versündigt sich deshalb an der einen Kirche, die ihre Einheit in dieser Spannung ein ganzes Jahrtausend lang dargestellt und ausgehalten hat. Ich weiß: Es gibt Protestanten und Orthodoxe (und Katholiken?), die das anders sehen. Aber sie müssen dann entweder in extrem-protestantischer Weise behaupten, dass die Kirche ja sowieso schon sehr bald nach der apostolischen Zeit von der Wahrheit abgefallen sei und erst der glorreiche Martin Luther die Wahrheit wieder entdeckt habe. Oder sie müssen in extrem-orthodoxer Weise die Einheit des ersten Jahrtausends als eine Täuschung interpretieren, weil ja die Westkirche innerlich schon lange degeneriert gewesen sei und diese Degeneration dann vollends im Jahr 1054 zutage getreten sei. Beide Positionen werden auch hier im Forum vertreten. Ich halte sie für grotesk und für eine Versündigung am ersten und vierten Gebot! Und das meine ich todernst, denn die Kirche ist unsere Mutter und Gott unser Vater.

Aber nun zurück zum Thema Perspektivität:

Die orthodoxe Position sagt: Es ist nicht die „Schuld“ Gottes, dass der Sünder stirbt, sondern die des Sünders. Der Begriff „Schuld“ wird hierbei polemisch gegen den Westen verwendet in der Kritik des dortigen Sühnedenkens.

Die westliche Position sagt: Natürlich ist es nicht Gottes Schuld, dass der Sünder stirbt. Aber es ist Folge von Gottes Zorn.

Nochmals zurück zum Bild der Sonne und des von ihr ausgehenden Lichtes: Der Sünder wendet sich von Gott, der lebenspendenden Sonne, ab. Das ist sein Tod, für den er alleine die Verantwortung trägt. Dem stimme ich zu. Aber gleichzeitig muss man auch sagen: Dass die Todesverfallenheit des Sünders so todesverfallen ist, dass seine Finsternis so finster ist, ist Folge dessen, dass Gott als die Sonne so licht ist, dass er als das Leben so voller Leben ist. Die Todesverfallenheit und Dunkelheit auf der einen, der menschlichen Seite ist unlösbar verbunden, und zwar als Folge, mit der Lebendigkeit und Helligkeit auf der anderen, der göttlichen Seite. Oder nochmals anders ausgedrückt: Wenn die orthodoxe Seite der westlichen Seite im Sühnegedanken ein grausames Gottesbild unterstellt, dann ist Voraussetzung dieser Unterstellung , dass quasi beide Seiten, menschliche und göttliche, gedanklich zuerst getrennt werden und die Strafe, der Zorn Gottes als etwas sekundär nachfolgendes betrachtet wird, während zunächst der Mensch, in einem primären Schritt, losgetrennt von Gott gedacht wird. Erst durch diese denkerische Trennung von Gott und Mensch stellt sich die Frage nach dem grausamen Gott.

Ich meine, dass es hilfreich ist, jenseits von Zorn und Gnade als zwei Begriffen von einem Begriff auszugehen, der beide in sich schließt, umgreift: dem der Heiligkeit Gottes. Gott ist heilig, und diese Heiligkeit ist das von ihm ausgehende Licht. In seiner Heiligkeit ist Gott wie die Sonne: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth; alle Lande sind seiner Ehre (hebr. Kabod, grie. Doxa) voll.“ (Jes 6) Gottes Heiligkeit erfüllt in seiner Doxa die Schöpfung, so wie das Sonnenlicht die Schöpfung durchflutet.

Am von Gott abgewandten Sünder offenbart sich diese Heiligkeit als Zorn im Gericht: Die Sonne in ihrer alles überstrahlenden Helligkeit ist „schuld“ an der alles schluckenden Finsternis des Erdschattens, also der von der Sonne abgewandten Seite der Erde.

Und umgekehrt: Am Gott zugewandten Heiligen offenbart sich dieselbe Heiligkeit Gottes als Gnade in der Vergöttlichung. Der Heilige ist ganz und gar vom göttlichen Taborlicht durchdrungen: Die Sonne in ihrer alles überstrahlenden Heiligkeit ist wiederum „schuld“ am alles durchflutenden Glanz, der das Antlitz der Erde etwa an einem strahlenden Maitag aufstrahlen lässt.

Monergist sagt, dass der westliche Weg in einen Legalismus mündet. In meinem Denkmodell nicht. Gleichzeitig frage ich an, ob der östliche Weg nicht in Gefahr steht, in einem Larvenspiel zu enden, dass Gott nämlich immanent ganz anders ist, als er sich ökonomisch zeigt? Mir ist es wichtig, dass die Ökonomie nicht zu einem Larvenspiel Gottes verkommt: als ob Gott etwas nur im übertragenen, metaphorischen Sinne tut, er selber aber etwas ganz anderes ist. Dann fallen immanente und ökonomische Trinität auseinander. Nein: „Gott ist so, wie er sich zeigt.“ (Benedikt XVI.)

Ob das wohl verständlich war? Ich bin gespannt auf Eure Diskussion!
Zuletzt geändert von Evagrios Pontikos am Donnerstag 15. April 2010, 18:21, insgesamt 2-mal geändert.

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lutheraner hat geschrieben:
Monergist hat geschrieben: Und man darf auch nicht übersehen, dass der "westliche Weg" letztlich in einem Legalismus mündet, der den der Juden weit überbietet (der eigentlich überwunden werden sollte) und bestimmten Gruppen quasi automatisch den Himmel zuerkennt. Seien es die Getauften, die nicht im Stande der Todsünde sind oder denen, die "glauben". Die "Gerechtigkeit" kommt dabei stets aus der Gesetzeserfüllung (Christi), wo doch die Bibel uns sagt, dass durch das Gesetz niemand gerecht wird.
Deine Interpretation ist mal wieder völlig daneben.
Bitte keine Diffamierungen, sondern ein gemeinsames, brüderliches Ringen um den rechten Lobpreis der Heiligen Dreieinigkeit! Es wäre doch schön, wenn wir es hier im Forum wenigstens ein bisschen lernen, mit den Augen des anderen sehen zu lernen, auch sehen zu lernen, wie er uns sieht. Das gilt für evangelische, katholische und orthodoxe Augen! Darin wären wir ein wirkliches Zeugnis für den Herrn.

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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Hallo Evagrios,

es tut mir Leid, wenn Du mein Posting als diffamierend empfunden hast, das war nicht meine Absicht. Es ist mir klar, dass ich eine unbequeme Aussage getätigt habe, aber ich habe eine Begründung für die Einschätzung geliefert. Und: Wenn etwas richtig ist, dann ist nach meinem Dafürhalten eine abweichende Ansicht falsch und dementsprechend muss man, wenn man von Ersterem überzeugt ist, dies auch äußern können/dürfen. Eine Einheit ohne Einigkeit kann ich nicht akzeptieren, so wünschenswert die Einigkeit auch sein mag.

Deine These, dass West und Ost im 1. Jahrtausend die theologischen Differenzen "ausgehalten" hätten, setzt voraus, dass jetzige westliche Lehre in den hier besprochenen Fragen (welche eigentlich, die römische und protestantische Postionen sind sachgerecht eigentlich nicht auf einen Nenner zu bringen?) so im 1. Jahrtausend bereits vorhanden gewesen ist. Das bestreite ich aber explizit und sage, dass diese erst durch die beginnende Scholastik hervorgebracht wurde und dass der keinesfalls so bedeutende Augustinus nur einen gewissen Grundstock gelegt hat. Trotzdem wird man den Beginn der Trennung aus anderen Gründen sicherlich früher als 1054 datieren müssen. Meine Gegenthese lautet vielmehr: Die Spannungen waren über Jahrhunderte deshalb zum "aushalten", weil es sie anfangs in dieser Form noch nicht gab, da das westliche "Sühnemodell", so wie Ihr es versteht, noch gar nicht existent war.

Ich kann auch der Sache mit den zwei Blickwinkeln nicht so wirklich näher treten, denn die Kirchenväter haben uns eben den richtigen Blickwinkel vorgegeben. Belege für eine andere Sichtweise habe ich hier bisher eigentlich nicht gefunden. Was bringt es, wenn Lateiner hier z. B. erklären, sie würden den hl. Johannes Chrysostomus genauso verehren, beachten aber seine Lehren nicht wirklich?

Offensichtlich fehlt mir auch das theologische Wissen, um Deine Aussagen völlig zu durchdringen. Ich sehe schon, dass Du teilweise von den von mir angegebenen klassischen lutherischen Postionen - die in meinen Augen schlicht unvereinbar mit der Orthodoxie sind - abweichst, aber irgendwie weiß ich immer noch nicht ganz genau, was Du wirklich sagen willst.

Könntest Du bitte einmal mit kurzen, einfachen Worte die Heilsgeschichte nach Deinem Verständnis darlegen, beginnend mit dem Sündenfall und seinen Konsequenzen, über das Werk Christi - unter genauer Berücksichtigung des Aspekts, was dieses bewirkt hat, gerade auch in Bezug auf Gott, den Vater, aber auch im Hinblick auf den Menschen - bis hin zu den Ereignissen am Jüngsten Tag, unter Einschluss der Frage, nach welchen Kriterien wird auf welche Weise gerichtet werden? Dann könnten wir vielleicht eher sehen, ob ein Konsens erzielbar ist.

Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Monergist »

Hallo Lutheraner,

in (guten) Weterforen gilt gemeinhin der Grundsatz: "Wunschwetter-Äußerungen kannst Du für Dich behalten!", d. h. Aussagen wie "Ich hätte es gerne viel wärmer!" bringen den Anderen nichts. Nicht viel anders sehe ich es hier in Bezug auf Aussagen, welches Gottesbild Dir am besten gefällt oder andere Kommentierungen ohne Begründung. Wie soll das Jemanden überzeugen?

Du schreibst, dass die Ehre Gottes geschmälert würde, wenn der Mensch an der Erlösung mitwirkt. Wieso, weshalb, warum, woraus ergibt sich das?

Ich hatte die Gegenthese aufgestellt, dass die Kirche schon immer die konträre Aussage getätigt hat, dass die Ehre Gottes zerstört wird, wenn Erlösung nur von Ihm abhinge. Denn dann wäre Er letztlich der Urheber allen Übels. Für mich ist der Protestantismus daher eine Mogelpackung: Klingt toll, wenn man die Thesen anfangs hört, arbeitet man jedoch die logischen Bedingungen für diese Sichtweise heraus, so verfliegt die Euphorie schnell wieder.

Wohlgemerkt: Der Aufruf zur Kooperation ergeht gemäß dem orthodoxen Verständnis nachdem Christus die Welt durch Sein Opfer erlöst hat. Niemand bestreitet, dass zuvor eine Erlösung nicht möglich war.

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Monergist am Donnerstag 15. April 2010, 15:16, insgesamt 1-mal geändert.
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Monergist hat geschrieben:Hallo Evagrios,

es tut mir Leid, wenn Du mein Posting als diffamierend empfunden hast...
Nicht Deines, sondern das Deines Widerparts, nämlich Dir gegenüber... ;)

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Lutheraner
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Lutheraner »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Monergist hat geschrieben: Und man darf auch nicht übersehen, dass der "westliche Weg" letztlich in einem Legalismus mündet, der den der Juden weit überbietet (der eigentlich überwunden werden sollte) und bestimmten Gruppen quasi automatisch den Himmel zuerkennt. Seien es die Getauften, die nicht im Stande der Todsünde sind oder denen, die "glauben". Die "Gerechtigkeit" kommt dabei stets aus der Gesetzeserfüllung (Christi), wo doch die Bibel uns sagt, dass durch das Gesetz niemand gerecht wird.
Deine Interpretation ist mal wieder völlig daneben.
Bitte keine Diffamierungen, (...)
Das war doch keine Diffamierung. Lies mal, was "Monergist" geschrieben hat. Sei mir nicht böse, aber ich habe leider den Eindruck, dass Ihr Hochkirchler Euch immer zu sehr von Weihrauch und bunten Gewändern einlullen lässt. Wenn vergleichbare Behauptungen von anderer Seite kämen (liberale Protestanten, Baptisten, Reformierte), würdet Ihr doch wahrscheinlich schnell in die Luft gehen. Aber das gehört nicht hierher.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Evagrios Pontikos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Evagrios Pontikos »

Lutheraner hat geschrieben:... ich habe leider den Eindruck, dass Ihr Hochkirchler Euch immer zu sehr von Weihrauch und bunten Gewändern einlullen lässt...
Hast Du's gemerkt: Dein Avatar-Bild hat gerade ganz traurig geguckt... ;)

Spaß beiseite: Richtige Orthodoxe und richtige Lutheraner bemühen sich ernsthaft um das Credo und können es von Herzen bekennen. Die Liberalen dagegen können ja nicht mal die Hälfte von dem, was drin steht, unterschreiben. Aber das gehört tatsächlich nicht direkt hier hin.

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songul
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von songul »

Evagrios Pontikos hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:... ich habe leider den Eindruck, dass Ihr Hochkirchler Euch immer zu sehr von Weihrauch und bunten Gewändern einlullen lässt...
Hast Du's gemerkt: Dein Avatar-Bild hat gerade ganz traurig geguckt... ;)

Spaß beiseite: Richtige Orthodoxe und richtige Lutheraner bemühen sich ernsthaft um das Credo und können es von Herzen bekennen. Die Liberalen dagegen können ja nicht mal die Hälfte von dem, was drin steht, unterschreiben. Aber das gehört tatsächlich nicht direkt hier hin.
Bild
Es gibt halt schon noch einen Unterschied zwischen Hochkirchlern und Niederkirchlern.

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Nassos
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Nassos »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo Nassos,
Nassos hat geschrieben:Wichtig ist die gemeinsame Erkenntnis, dass es nicht Gott ist, der sich vom Menschen abwendet (oder zuwendet) sondern es der Mensch ist, der sich von Gott weg oder auf Gott zu bewegt. (Im Endeffekt und um relativistischen Effekten vorzubeugen ist es wurscht. Der Mensch hat den Grad seiner Heiligkeit in seiner Hand).
Das ist aber keine "gemeinsame Erkenntnis" von Lutheranern und "Orthodoxen". Wir könnten diese Aussage so nicht unterschreiben, bei uns steht viel mehr die Gnade Gottes im Vordergrund. Wir könnten niemals behaupten, dass der Mensch sich auf Gott zubewegt (wie Du es ausdrückst), sondern Gott kommt allen Menschen Nahe. Der Mensch kann sich dieser Gnade öffnen oder er kann sie zurückweisen, aber er kann sie nicht aktiv annehmen. Sonst könnte man behaupten, dass der Mensch am Erlösungswerk in irgendeiner Form mitwirken könnte und das wäre eine Schmälerung der Ehre des Herrn.
Der Gedankengang hat etwas und mir scheint, das Prinzip ist nicht wirklich arg verschieden.
Mit der Bewegung des Menschen auf Gott zu meinte ich die Entscheidung des Menschen für Gott im freien Willen.
Das Angebot Gottes an den Mensche, die Menschwerdung Christi, Seine Kreuzigung und Auferstehung kann man bestimmt als Gottes Bewegung auf den Menschen zu interpretieren.
Somit müsste ich meine von Dir zitierte Aussage dahingehend korrigieren, dass ich "(oder zuwendet)" weglasse: also dass Gott sich nicht vom Menschen abwendet.

Ist das so in Ordnung?

(Eine Schmälerung der Ehre Gottes könnte nur dadurch erfolgen, dass ich kein Theologe bin, mich aber brennend für dieses Thema interessiere und von der Wortgewandtheit her beschränkt bin. Also meine Unfähigkeit schmälert Gottes Ehre :( )

Gruß,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

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Joseph
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Re: Orthodoxes Rechtfertigungsverständnis und Erbsündenlehre

Beitrag von Joseph »

Nassos hat geschrieben:Ist das so in Ordnung?
Nein...!
(Eine Schmälerung der Ehre Gottes könnte nur dadurch erfolgen, dass ich kein Theologe bin, mich aber brennend für dieses Thema interessiere und von der Wortgewandtheit her beschränkt bin. Also meine Unfähigkeit schmälert Gottes Ehre :( )
Gruß,
Nassos
Was ist denn das für ein Gottesbild? Es ist bestimmt nicht Orthodox. Gott ist, soviel ich weiß, nicht Mitglied einer Studentenverbindung und hat daher auch keinen Bedarf zur Satisfaktion seiner entehrten Ehre..... Mann!

Ansonsten hör auf Monergist, was der sagt IST Orthodox...!

Gruß
vom ehrlich entehrten nach Satisfaktion lechzendem
Joseph

PS: Ich habe heute zufällig in der Zeitung gelesen, daß Gott uns freien Willen gegeben hat und damit erwartet, daß wir ihm in seinem Heilswerk entgegenkommen.... Er hätte auch gesagt, daß wenn wir in dieser Angelegenheit wie ein nasser Sack herumsitzen und ihn die ganze Arbeit alleine machen lassen sollten, hätte er andere und wichtigere Projekte denen er seine Aufmerksamkeit zuwenden würde....
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