Florianklaus hat geschrieben:Es mag ja sein, daß der Anteil der Mißbrauchsfälle in der Kirche prozentual niedriger liegt als in weltlichen Einrichtungen, aber die Öffentlichkeit legt an kirchliche Einrichtungen zu Recht einen anderen Maßstab an, als an "weltliche" Schulen und Heime. Das Auseinanderklaffen zwischen Anspruch und Wirklichkeit in den zahlreichen Einzelfällen läßt sich für theologisch gebildete Forumsteilnehmer natürlich plausibel erklären, für "Normalos" aber wohl kaum.
Die Öffentlichkeit, soweit Zeitungsredaktionen beanspruchen, diese Öfentlichkeit darzustellen, hat gegenüber der Kirche da überhaupt kein Recht. Diese "öffentlichkeit" hat jede Form von Sittenverfall in den vergangenen Jahrzehnten gefördert, gefördert, begünstigt, herbeigeredet usw... Die Empörung eines Adolf Muschg, der nun die Welt nicht mehr versteht, daß die Öffentlichkeit (scheinbar) von dem abrückt, was sie gestern noch lobte, ist verständlich.
Wir müssen uns Vorwürfe machen, dieser Öffentlichkeit und ihren Forderungen nicht klar genug entgegengetreten zu sein, ja uns sogar soweit auf sie eingelassen haben, daß wir die Korruption mit verinnerlicht haben. Soweit ich das sehe, war es der Kirche immer bewußt, daß Lehrer und Erzieher, die Kinder gerne haben, auch besonderen Versuchungen ausgesetzt sind, und sie hat darauf in dreierlei Weise reagiert: Sie hat ihre Priester und Lehrer streng ausgesucht, sie hat alles getan, um "Gelegenheiten zu vermeiden", und sie hat, was man heute nicht mehr empfehlen mag, wenn doch etwas vorgekommen ist, mit großer Diskretion gehandelt.
Wenn der jetzige Aufruhr dazu führt, daß die Kirche in Deutschland wieder den Mut findet, klarer zu ihren ethischen Grundüberzeugungen zu stehen, wird ihr das helfen, veerlorenes Vertrauen wiederzugewinnen - freilich nur bei denen, die in solchen Überzeugungen Ausdruck von vorgegebener Wahrheit sehen und nicht material für social engineering oder propagandistische Kampagnen. Mit denen im dauernden Kriegszustand zu leben werden, bei allen Schmerzen, die das bereitet, als Normalfall hinnehmen müssen.