Joseph hat geschrieben:Wie erklärst Du dann die Bilderstürmer der Reformation? Oder waren das nur die Calvinisten?
Auch in der römischen Kirche ist das Siebte Ökumenische Konzil nicht wirklich umgesetzt worden, würde ich behaupten wollen.
Meine ich ja..... es fehlt dort ein equivalent zur Orthodoxen "Theologie der Ikone"...
Die Bilderstürmerei ist zunächst ein Spezifikum der schweizer Reformation unter Ulrich Zwingli. Dieser Bildersturm schwappte 1521/22 nach Wittenberg über, während Luther auf der Wartburg in "Schutzhaft" war. Andreas Karlstadt, ein Mitarbeiter Luthers, ging in seinem Reformeifer zu weit. Er wollte die Laien zum Kelchgenuss zwingen, wollte die Messgewänder abschaffen und entfernte die Bilder. Dies führte zu erheblichen Unruhen in der Gemeinde, worauf Luther eiligst nach Wittenberg zurückkehrte und seine berühmten Invokavitpredigten von 1522 hielt.
In der dritten Predigt, Dienstag nach Invokavit gehalten, geht er auch auf die Bilderfrage ein. Er wendet sich gegen einen Bildersturm. Bilder sind in Gottesdienst und Kirche nach Luther nicht unbedingt nötig. Vor allem dürfen sie wegen des ersten Gebots nicht angebetet werden (was ja auch die Ostkirche strikt ablehnt!). Im übrigen aber hat die Gemeinde die Freiheit, Bilder in der Kirche und im Gottesdienst zu verwenden. Dies unterscheidet das Luthertum wesentlich von der Reformierten Kirche Zwinglis und Calvins.
Trotz allem ist Luthers Bilderverständnis keine wirkliche Umsetzung des Siebten Ökumenischen Konzils. Der Gedanke einer tatsächlichen Relation zwischen Urbild und Abbild, wie es die Theologie der Ostkirche dann in der Nachfolge des Heiligen Johannes von Damaskus ausgeführt hat, kommt bei Luther so nicht vor. Aber dies ist ein allgemeines Defizit der Westkirche, meine ich. Z.B. wird nach offizieller Lehre der römischen Kirche nur das Kruzifix beräuchert, nicht aber andere Abbildungen von Christus oder den Heiligen. Luther sollte deshalb nicht zusätzlich gescholten werden, da er dieses Defizit eben durch seine Herkunft geerbt hat. Hinzu kommt, dass das Luthertum regional unterschiedlich von der reformierten Tradition beeifnlusst worden ist. Dort sind die Kirchen in der Regel schlichter gehalten und die Gemeinde ist dort auch "bilderkritischer" eingestellt. Aber das sind nicht unbedingt theologisch begründete Entwicklungen.
Deshalb meine ich, dass im Rahmen lutherischer Theologie der Freiraum der Verehrung der Bilder im Sinne des Siebten Ökumenischen Konzils erhalten bleibt, wenn zwischen Anbetung und Verehrung unterschieden wird, wie dies ja auch ausdrücklich die Ostkirche lehrt. Insofern hat ein wirkliches Luthertum hier eine große Offenheit und Dialogfähigkeit hin zur Ostkirche, meine ich. Es gibt lutherische Kirchen, in denen z.B. Weihrauch verwendet wird. Ich denke, dass dort auch das Kruzifix beräuchert wird und nicht nur Liturg, Gemeinde, Altar und zu konsekrierende Gaben bei der Eucharistie. Diese Beräucherung auch einer Ikone zukommen zu lassen, wenn z.B. eine Pantokratorikone in der Kirche aufgestellt ist, wäre theologisch kein wirkliches Problem, meine ich. Denn wo Personen beräuchert werden (Gemeinde, Liturg etc.), da wird ja nicht der Mensch an sich "vergöttert", sondern weil im Menschen als Abbild Gott als das Urbild zur Erscheinung kommt, erfolgt die Beräucherung. Ebenso kommt in der Ikone als dem Abbild das Urbild zur Erscheinung, nämlich Gott. Dem Menschen bzw. der Ikone als Abbild des Urbildes wird Verehrung erwiesen. "Denn die Verehrung des Bildes geht über auf das Urbild", wie es, Basilios den Großen zitierend, das Siebte Ökumenische Konzi festgestellt hat. Angebetet aber wird weder Mensch noch Ikone, sondern alleine Gott.