Göttliche Liturgie in der ukrainisch-katholischen Kirche

Ostkirchliche Themen.
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ar26
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Göttliche Liturgie in der ukrainisch-katholischen Kirche

Beitrag von ar26 »

Hallo zusammen,

ich bin heute - um dem NOM zu entfliehen - in der Göttlichen Liturgie der ortsansässigen ukrainisch-katholischen Kirchgemeinde gewesen und habe dort meine Sonntagspflicht erfülllt.

Meine Frage bezieht sich auf die Gestalten der Kommunion in dieser Liturgie. Mir ist bekannt, daß dort die Kommunion in Form eines "Gemisch" vom Leib und Blut des HERRN auf einem Löffel gereicht wird. Dies konnte ich auch beobachten. Es gingen die Kinder und einige Erwachsene in dieser Form zum Altar.

Allerdings bot sich am Ende der Liturgie ein recht seltsames Schauspiel, als der Priester von der Seite einen Teller mit Brotstücken hohlte und diesen unter der Gemeinde recht leger verteilte, beziehungsweise von einem recht jungen Gemeindemitglied (4 bis 5 Jahre alter Knabe) verteilen lies :shock: . Ich hoffe doch mal ganz stark, dass dies nicht der konsekrierte Leib des HERRN war, sondern irgendein anderer Brauch.

Meine Frage ist, kann mir jemand erklären, was da los war?

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Nietenolaf
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Re: Göttliche Liturgie in der ukrainisch-katholischen Kirche

Beitrag von Nietenolaf »

ar26 hat geschrieben:Meine Frage ist, kann mir jemand erklären, was da los war?
Das war ganz offensichtlich das Antidoron (bedeutet wörtlich "anstelle der Gaben"'), das sind die Reste der Prosphora, aus welcher der Leib während der Proskomidie (siehe hier, ist sozusagen der erste, nicht-öffentliche Teil der Liturgie) herausgeschnitten wurde. Es handelt sich dabei um "gesegnetes Brot", keine gewandelten Gaben. Du hast ein Stück gelebter kirchlicher Tradition gesehen. Die Sache mit dem Antidoron war einmal auch in der Westkirche üblich.
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Den priesterlichen Schlusssegen und das Antidoron dürfen alle Christen empfangen, die an der Liturgie teilgenommen haben. Auch wenn sie unwürdig zum Empfang der Kommunion sind oder gar nicht in Kommunionsgemeinschaft stehen. In der Orthodoxen Kirche ist es allerdings üblich, auch dazu nüchtern zur Liturgiefeier zu gehen.
γενηθήτω το θέλημά σου·

John Grantham
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Re: Göttliche Liturgie in der ukrainisch-katholischen Kirche

Beitrag von John Grantham »

Nietenolaf hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Meine Frage ist, kann mir jemand erklären, was da los war?
Das war ganz offensichtlich das Antidoron (bedeutet wörtlich "anstelle der Gaben"'), das sind die Reste der Prosphora, aus welcher der Leib während der Proskomidie (siehe hier, ist sozusagen der erste, nicht-öffentliche Teil der Liturgie) herausgeschnitten wurde. Es handelt sich dabei um "gesegnetes Brot", keine gewandelten Gaben. Du hast ein Stück gelebter kirchlicher Tradition gesehen. Die Sache mit dem Antidoron war einmal auch in der Westkirche üblich.
In unserer alt-katholischen Gemeinde machen wir das ähnlich im Gottesdienst -- unser Pfarrer nennt sie Agape-Brote. Er segnet sie nach der Kommunion und verteilt sie an Nichtgetaufte oder Kinder, die noch keine Erstkommunion gemacht haben.

Ob das durch Kontakt zu Orthodoxen entstanden ist (da gibt es laufende Kontakte), oder ob die Alt-Katholiken das selber beibehalten haben, weiß ich allerdings nicht. Aber ich finde die Tradition sehr schön.

Cheers,

John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Der hl. Augustinus und Tertullian schreiben von diesem Brauch der Verteilung ungewandelter Brotstücke nach der Liturgie, in der Afrikanischen Kirche.

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Ich danke für die Antworten. Frage mich allerdings, warum der Priester das Brot dem kleinen Jungen zum Verteilen gab, sehr vorteilhaft sah das nicht aus. Mehrmals sind Brotstücke runtergefallen.

Anbei habe ich noch eine banal anmutende Frage, ich konnte beobachten, das alle Glaubigen ihre Jacken, Mäntel etc während der Messe ausgezogen hatten, was ich ungewöhnlich fand. Zufall oder liturgischer Hintergrund?

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Deutsches Klima zu warm, hehe
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Chrysostomos
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Antidoron

Beitrag von Chrysostomos »

Lieber ar26, besorge dir doch beim nächsten Mal ein Gebetbuch oder eine Erklärung der Göttlichen Liturgie, dann wirst du darin alle Antworten finden. Die Verteilung durch einen Knaben (Akolythen oder dgl.) ist allerdings ungewöhnlich, ich denke, dass das ein westlicher Einfluss ist! Normalerweise verteilt der Priester das Antidoron und hält das Segenskreuz, das jeder Gläubige küsst, wenn er am Ende der Liturgie nach vorne tritt, um das Antidoron zu empfangen. Das Ausziehen der Mäntel kann man in vielen Kapellen und Kirchen beobachten, die gut geheizt sind. Habe dies selbst auch bei der Vigil am Vorabend von Theophanie in der russisch-orthodoxen Kirche getan, weil die Kapelle stark überheizt war. Also nichts Ungewöhnliches! LG Chrysostomos

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Alexander
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Re: Antidoron

Beitrag von Alexander »

Chrysostomos hat geschrieben:Die Verteilung durch einen Knaben (Akolythen oder dgl.) ist allerdings ungewöhnlich, ich denke, dass das ein westlicher Einfluss ist!
Kommt etwa in der Russischen Orthodoxen Kirche schon durchaus vor. Bei uns in der Gemeinde hält der (erwachsene) Akolyth das Schälchen, die Leute nehmen sich das Brot nach dem Kuß des Kreuzes. In der Lavra von Potschaev legen die Akolythen das Brot in die Hände der Gläubigen, sonst wäre bei dem Sturmmeer Volkes bald das ganze Brot vergriffen und die Hälfte auf dem Boden. Daß diese Aufgabe zu jungen Knaben übergeben wird, sollte in der Tat vermieden werden --- ich habe es bisher aber nie beobachtet.
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Chrysostomos
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Beitrag von Chrysostomos »

Du hast vollkommen recht Alexander, auch am Athos konnte ich Ähnliches beobcahten, wo einfach die Schale mit dem Antidoron auf einem Ständer steht (man kennt da auch aus der griechischen Kirche!). Ich bevorzuge allerdings die Austeilung durch den Priester, der dazu ja "Der Segen Gottes komme über dich" sagt. Ist doch sinnvoller - nicht?

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Vielen Dank für die Antworten. In der von Chrysostomos beschriebenen Art und Weise fand das Antidoron auch an den anderen Sonntagen, wo ich dort zu gegen war, statt.

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Linus
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Beitrag von Linus »

War gestern in der Aschermittwochsmesse im Dom, und mitgefeiert hat ein ukrainisch-katholischer Bischof (weiß leider nimmer wer von wo) Er hatte an seiner rechten Seite einen auf die "Spitze gestellten" reich (zum Gewand passenden)verzierten quadratisch Pappendeckel (man entschuldige die Wortwahl) am Gewand hängen, der irgendwie immer wegstand.(ich glaube quasten waren auch dran) Welche funktion erfüllt dieses Ding, und was ist es?
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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taddeo
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Beitrag von taddeo »

Linus hat geschrieben:War gestern in der Aschermittwochsmesse im Dom, und mitgefeiert hat ein ukrainisch-katholischer Bischof (weiß leider nimmer wer von wo) Er hatte an seiner rechten Seite einen auf die "Spitze gestellten" reich (zum Gewand passenden)verzierten quadratisch Pappendeckel (man entschuldige die Wortwahl) am Gewand hängen, der irgendwie immer wegstand.(ich glaube quasten waren auch dran) Welche funktion erfüllt dieses Ding, und was ist es?
Bei dem "Pappendeckel" handelt es sich um das sogenannte "Epigonation", russisch "Paliza". Es wird manchmal mit dem lateinischen Manipel verglichen, hat aber wohl eine andere Entstehungsgeschichte. Mehr dazu findest Du u. a. unter

http://orthodoxwiki.org/Epigonation

http://en.wikipedia.org/wiki/Epigonation

(leider alles in englisch) oder wenn Du bei Google unter dem Stichwort suchst.

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Linus
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Beitrag von Linus »

So viel Englisch schaff ich grad noch...
genau danke, dass wars
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Daß alle wissen, wie es aussieht... Ein polnischer orthodoxer Bischof im Fastenornat mit einer Epigonation.

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