Herzlichen Dank für die Antwort bzgl. des Kartäuserritus (und für die Angabe der Fotoquelle zum Ambrosianischen Ritus).
Ein Wort zuvor: Ich selbst schätze den sogenannten Tridentinischen Ritus außerordendlich! Er hat ja viele uralte Traditionen bewahren können, die mir teuer sind, und die mir vielfach fehlen bei den neuen Formen in der Liturgie.
Trotzdem gibt es für mich auch Gegenbeispiele, die zeigen, dass der Gottesdienst sich wandeln kann und darf, so meine ich.
Trotz aller Exaktheit, wie Sie betonen, hat der Tridentinische Ritus in einer liturgisch doch wichtigen Frage keine klare Linie beibehalten: das frühkirchliche Verbot der Kniebeugung (an Sonntagen und) in der Osterzeit wird nicht beachtet. Verzeihen Sie mir, wenn ich aus dem Ärmel nicht den entsprechenden Kanon schütteln kann... Er existiert jedoch. Wir finden dieses Verbot noch im 12./13. Jahrhundert in der Ritenfamilie von Lyon z.B.
Ich habe vom Verbot der Kniebeugung noch nie gehört. Und der Papst kann ja solche kirchlichen Vorschriften leicht ändern. Im Name Jesu knien sich Himmel, Erde und Hölle, sagt ja der hl. Paulus, oder? Auch in der Osterliturgie der Ostkirche wird gekniet, und zwar vom Priester, der sich in völliger Hingabe hinkniet und mit dem Kopf zur Erde wirft hinter dem Ikonostasis.
Ebendort hatte man auch am ebenfalls frühen Verbot festgehalten, das Hl. Eucharistische Opfer mehrmals auf einem Altar zu feiern. Für den Tridentinischen Ritus war das auch kein Problem mehr, meine ich zu wissen. Das sind Beispiele für den Wandel in der Befolgung der kirchlichen Canones, die man durchaus als Fehlentwicklung bezeichnen könnte. Es sind sicher nicht die einzigen.
Entschuldigung, aber ich bin wirklich neugierig nach den Kanones, wo das Magisterium ein Knieverbot erlassen hat für Sonntäge und die Osterzeit. Dennoch: der Papst kann solche Sachen ändern. Natürlich hatte das einzige Opfer auf dem Hochaltar eine gewisse Bedeutung. Das war auch der Grund, warum es so viele Seitenaltäre gibt in mittelalterlichen Kirchen. Aber hat der Novus Ordo das gelöst? Werden dort auf dem Tische nicht noch mehr Messen hintereinander gefeiert (nun, heute fehlt oft das Volk das apostatisiert ist - aber sag mal: 1975?).
Hinzu kommt die Schwierigkeit der lateinischen Kirchensprache. Meiner bescheidenen Meinung nach hat die große Kluft zwischen Zelebrant und Volk der Spiritualität und Frömmigkeit nicht gut getan. Cum grano salis gesprochen, dachte ich deshalb schon oft, ob nicht letztendlich dieser fehlende Tiefgang durch das Unverständnis der erhabenen liturgischen Texte zum Zusammenbruch mancher Infrastrukturen in der röm.-lat. Kirche geführt haben mag. Andere Entwicklungen werden dazu beigetragen haben. Die Überzeugung der frühen Kirchen, dass zur Gültigkeit des Weihesakraments die Zustimmung des Volkes gehört, die auch in Rom noch mindestens im Mittelalter vertreten wurde, ist ein Punkt, der sich mit der oben angesprochenen Diskrepanz zwischen "Messe lesendem Liturgen" und de facto "entmündigtem" Volk (s. die spätere Vorschrift, dass alle ursprünglich dem Volk zustehenden Teile vom Priester durch die integrale Rezitation "gültig" gemacht werden mussten!) dann so nicht mehr vereinbaren läßt.
Das interessiert mich überhaupt nicht. Diese Zustimmung war eine irrige Doktrin die nichts mit der Sakramentären Realität zu tun hat. Soll also auch bitte sehr nicht beachtet werden.
Die Lateinische Sprache war den Leuten eher teuer, hat Sie vom sakralen überzeugt. Und spätestens nach dem 19. Jh. mit den Volksmessbüchern auch nicht von der Teilnahme gehindert. Die Teilnahme wurde durch Bet-Sing-Messen, Operette-Messen und das Vergessen der Gregorianik verringert, nicht durch die lateinische Sprache. Im Mittelalter, ich habe es aus profanen Texten, sang man auf dem Felde auswendig etwa das Veni sancte Spiritus und Lauda Sion. Die Leute damals kannten das, da Leben und Lust um die Kirche drehten, manchmal zwar aus naiver Angst, aber dennoch. Die Teilnahme fehlte da wirklich nicht. Und Papst Pius X. hat jede Beschwerde in jener Ansicht weggenommen durch Wiederherstellung der Gregorianik und Forderung des Volksmitsingens und der Instruktion des Volkes im Mitsingen und -Beten der hl. Messe, sowohl im Singen der Antworten wie im inwendigen Mitlesen.
Meiner Meinung nach soll das Hilfmittel des Ritus in der Liturgie, die ja eigentlich schon die Verbindung von irdischem Menschenwerk und dem Werk Gottes ist, uns Menschen u.a. helfen, die Anwesenheit Gottes in seiner Kirche und in der Welt sichtbar zu machen. Deshalb z.B. brauchen wir die Liturgie nicht mehr so zu feiern, wie es die Apostel getan haben, weil die Welt sich stark verändert hat. Doch das Wesen der Liturgie darf nicht angetastet werden.
Nun, da bin ich mit Ihnen nicht einverstanden. (Zum ersten wohl.) Die Römische Liturgie geht in ihrer Essenz zurück auf Apostolische Zeiten (wenigstens Kanongebete, bestimmte Lesungen, Teile des Propriums, sowie Pater noster und andere Sprüche). In 1940 war die tridentinische Liturgie auch schon längst nicht mehr "modern" oder "zeitgemäss" in erster Hinsicht, aber bei tieferem Nachdenken, kam hervor, dass sie zeitlos ist. Nicht umsonst, war 1948 die Zahl der Priesterweihen abnormal hoch. Die Benediktiner von Solemnes haben es vor 1930 vorgetan, wie die Liturgie heute noch so gehört wie sie ist. Zeitlos. Über Zeiten hinweg schauend. Mit den Resten der Apostel, den reichen Gebeten des frühen Mittelalters, den Gewändern der Renaissance- und Barockzeit, den Volksmessbüchern des 18. Jh. Man könnte sie erreichern, aber nicht abschaffen oder unterdrücken. Liturgie ist gegeben, wird nicht gemacht.
Ob das so dem Frieden dienen könnte, der ja manchmal durch Kleinigkeiten arg bedroht ist? Gebe es Gott.
Opus iustitiae pax. Wenn die Liturgeia Werk der Gerechtigkeit ist, wird sie dem Frieden dienen.