Heilige

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
Tatiana
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Heilige

Beitrag von Tatiana »

Das Vorbild, das den Gläubigen Heilige und Selige geben, ist außergewöhnlich wichtig.
„Heilig“ bezeichnet eigentlich zu allererst das Wesen Gottes als des ganz Anderen und Erhabenen. Als Christen sind Menschen durch Christus und den Geist Gottes „geheiligt“ und so gesehen sind alle Getauften heilig. Aus dieser Gabe erwächst zugleich die Aufgabe: „Ihr sollt heilig sein, denn Ich bin heilig, der Herr, euer Gott“ (3. Mose 19, 2). Deshalb nennt das Neue Testament solche Lebensgestaltung „Heiligung“. Dabei gab und gibt es gerechte, gottgefällige Menschen, derer die orthodoxe Kirche besonders gedenkt. Man kann Gott durch Heiligenverehrung loben, denn heilig sind Menschen ja nicht aufgrund ihrer eigenen Bemühungen und Leistungen (Heilige selbst haben sich vor Gott als allersündigste gesehen), sondern weil sie, durch Ihn besonders begnadeten Geschöpfe, berufen und angenommen sind zu Kindern Gottes, in denen Sein Geist wohnt und wirkt.

Tatiana
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Heilige

Beitrag von Tatiana »

Heute, am 2. (15.) Januar, wird in der orthodoxen Kirche Gedächtnistag des heiligen Serafim von Sarov, des Wundertäters (†1833), gefeiert.


http://days.ru/Images/ii1968&6.htm

Tatiana
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Heilige

Beitrag von Tatiana »

Hl. Serafim zählt zu den bekanntesten Heiligen der orthodoxen Kirche.
Serafim von Sarov (Prochor Moschnin) wurde 1759 in Russland in Kursk geboren. Mit 19 Jahren trat er ins Kloster von Sarov ein und nahm den Namen Serafim an. Von 1794 bis 1810 lebte er als Einsiedler im Wald bei Tambov. Zu seinem Tagwerk gehörte das ständige Gebet und die wöchentliche Lektüre aller vier Evangelien, womit er der kontemplativen Tradition des Hesychasmus folgte. Drei Jahre lebte er als Stylit (Säulensteher) in strengster Askese. Seit 1804 stand er in dauerndem Gebet, von 1807 bis 1810 verharrte er in völligem Schweigen. Mehr als 15 Jahre lebte er in absoluter Klausur in seiner Zelle nach seiner Rückkehr ins Kloster im Jahre 1810. Seit 1825 ließ Serafim sich im Kloster Divjejevo bei Sarow nieder, wo er die weibliche Askese in der von ihm begründeten Schwesterngemeinde förderte. Dort empfing er Pilger, wirkte für junge Priester als Lehrer und Beichtvater, erteilte Rat in theologischen Fragen. Berühmt wurde sein Gespräch mit dem Bezirksrichter Nikolaj Alexandrowitsch Motowilow über das Ziel des christlichen Lebens.
Vom Volk wurde Serafim von Sarov bereits zu Lebzeiten verehrt, 1903 wurde er kanonisiert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Nikolaj Alexandrowitsch Motowilow (über sein Gespräch mit dem heiligen Seraphim von Sarow) hat geschrieben:Es war also ein Donnerstag; der Tag war grau, der Erdboden mit einer dicken Schneeschicht bedeckt. Es fielen immer noch große Flocken, als Vater Seraphim in der benachbarten Waldlichtung begann, mir von seiner nahen »Wüste« zu erzählen, am Ufer des Flusses. Er hieß mich auf einem kürzlich abgesägten Baumstamm niedersitzen und kauerte sich mir gegenüber.

»Der Herr hat mich erkennen lassen«, sagte er, »daß du in deiner Kindheit etwas über das Ziel des christlichen Lebens erfahren wolltest und daß du diese Frage sehr oft außerordentlichen Hierarchen gestellt hast.«

Ich muß tatsächlich sagen, daß mich diese Frage seit meinem zwölften Lebensjahr sehr stark beschäftigte. Ich hatte sie oft gestellt, ohne jedoch eine zufriedenstellende Antwort zu erhalten.

»Nun«, fuhr der Vater fort, »niemand sagte dir etwas Genaues. Man riet dir, in die Kirche zu gehen, zu beten, Gutes zu tun und sagte dir, das sei das Ziel des christlichen Lebens. Gewisse Leute sagten dir sogar: Suche nicht das, was deine Kräfte übersteigt! Nun gut, ich, ein schlechter Diener Gottes, werde versuchen, dir zu erklären, was dieses Ziel ist. Das Gebet, das Fasten, die Werke der Barmherzigkeit, all das ist sehr gut, aber sie stellen nur Möglichkeiten dar auf dem Weg, nicht das Ziel des christlichen Lebens. Das wirkliche Ziel ist die Erlangung des Heiligen Geistes.«

»In welcher Bedeutung sprecht Ihr nun von Erlangung«, fragte ich jetzt den Vater, »ich verstehe Euch nicht ganz.«

»Erlangen bedeutet gewinnen«, antwortete er mir. »Du verstehst, was es bedeutet, Geld zu verdienen, nicht wahr? Genauso ist es mit dem Heiligen Geist. Für einige ist das Ziel des Lebens Geld zu verdienen, zu Ehren zu gelangen und Auszeichnungen zu erhalten. Auch der Heilige Geist bedeutet einen Gewinn, jedoch einen ewigen Gewinn. Unser Herr vergleicht unser Leben mit einem Handel und die Werke dieses Lebens mit einem Kauf, und er sagt uns allen: Kauft, bis ich komme, und nutzt die Zeit, denn diese Tage sind böse (vgl. Eph 5, 16). Die einzigen Werte dieser Erde sind die guten Werke, die aus Liebe zu Christus getan werden. Sie sind es, die uns zur Gnade des Heiligen Geistes verhelfen. Kein gutes Werk bringt uns die Früchte des Heiligen Geistes, wenn es nicht aus Liebe zu Christus getan wird. Deshalb sagt der Herr: Wer nicht mit mir sammelt, der zerstreut.

Im Gleichnis der Jungfrauen wurde den törichten Jungfrauen, als sie kein Öl mehr hatten, gesagt: Geht doch zu den Händlern und kauft, was ihr braucht (Mt 25,1-11). Während sie dorthin gingen, wurde die Türe zum Festsaal geschlossen und sie konnten nicht mehr hinein. Man erklärt den Mangel an Öl als einen Mangel an guten Werken, aber dies ist nicht die richtige Erklärung, denn sie haben, obwohl man sie töricht nennt, ihre Jungfräulichkeit bewahrt. Die Jungfräulichkeit ist eine der höchsten Tugenden, ein Zustand, der uns den Engeln gleich macht und der alle Tugenden einschließen könnte.

Trotz meiner Unwürdigkeit wage ich zu denken, daß ihnen die Gnade des Heiligen Geistes fehlte. Denn das Wesentliche ist nicht, das Gute um des Guten willen (als Selbstzweck) zu tun, sondern um den Heiligen Geist zu erwerben, Frucht aller Tugenden, ohne die vom Heil nicht die Rede sein kann. Steht nicht geschrieben, daß jede durch den Heiligen Geist erneuerte Seele an Reinheit zunimmt und vom Mysterium des Dreieinigen Gottes erleuchtet wird?

Dieser Heilige Geist, der Allmächtige, wird uns unter der Bedingung gegeben, daß wir ihn zu erlangen wissen. Dann richtet er sich in uns ein und bereitet in unseren Seelen und in unseren Leibern eine Wohnstatt für den Vater, gemäß den Worten des Propheten: Ich werde in ihnen meine Wohnstätte bereiten und ich werde ihr Gott sein und sie werden mein Volk sein.

Unter den Werken, die um Christi Willen vollbracht werden, verschafft uns das Gebet am leichtesten die Gnade des Heiligen Geistes, weil es immer zu unserer Verfügung steht. Es kann sein, daß du in eine Kirche gehen möchtest, in der Nähe aber gibt es keine, oder aber, du willst einem Armen helfen, du hast jedoch nicht die Mittel dazu, oder du triffst keinen Armen auf deinem Weg, du möchtest gerne die Keuschheit bewahren, aber die Schwachheit der Natur hindert dich daran, den Versuchungen zu widerstehen.

Das Gebet steht für alle zur Verfügung, und jeder kann es ausführen, der Reiche wie der Arme, der Wissende und der Unwissende, der Starke und der Schwache, der Kranke und der Gesunde, der Sünder sowie der Gerechte. Seine Wirkung ist immens; mehr als alles andere läßt es uns die Gnade des Heiligen Geistes gewinnen. Also müssen wir beten, bis der Heilige Geist in uns eindringt, und wir dürfen damit nicht aufhören, nachdem er schon in uns und mit uns ist.«

»Vater«, sagte ich dann zu ihm, »Ihr erzählt mir nur vom Gebet; nennt mir noch andere gute Werke, die im Namen Christi getan werden können.«

»Versuche, die Gnade des Heiligen Geistes mit Hilfe jeglicher Art guter Werke zu erwerben, hauptsächlich aber solcher, die ihn am reichlichsten vermitteln«, antwortete der Starez. »Lege dieses Kapital auf die Bank im Himmel und sieh zu, welche Zinsen dir daraus erwachsen. Verschaffen dir das Gebet und die Nachtwachen mehr göttliche Gnaden? Wache und bete; wenn es das Fasten ist, tue Buße; wenn es die Almosen sind, gib Almosen.

Du weißt, ich komme aus einer Kaufmannsfamilie in Kursk. Nun, als ich noch im weltlichen Leben war, verwalteten mein Bruder und ich unseren Handel, und wir kauften und verkauften immer jene Artikel, die uns den größten Gewinn brachten. Genauso mußt du es auch machen. Unser Ziel als Christen ist es nicht nur, die Anzahl der guten Werke zu vermehren, sondern auch, aus ihnen möglichst viel Nutzen zu ziehen, das heißt, durch sie so viele Gaben des Heiligen Geistes wie möglich zu erwerben.

Sei nun deinerseits bereit, diese Gabe weiterzugeben, so wie eine brennende Kerze, die das Licht an andere Kerzen weitergibt, ohne daß deshalb ihre eigene Flamme erlischt. Wenn es beim irdischen Feuer schon so ist, wie wird dann das Feuer des Heiligen Geistes sein? Die irdischen Güter verflüchtigen sich, wenn sie verteilt werden, während der Reichtum der göttlichen Gnade nicht aufhört, in jenen zu wachsen, die ihn austeilen. Deshalb sagt der Herr zur Samariterin: Jeder, der von diesem Wasser trinkt, wird immer wieder Durst haben, aber derjenige, der von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben werde, wird nie mehr Durst haben und das Wasser, welches ich ihm geben werde, wird in ihm zur sprudelnden Quelle werden, deren Wasser ewiges Leben schenkt (Joh 4,13-14).«

»Vater«, antwortete ich wieder, »Ihr sprecht immer von der Gnade des Heiligen Geistes als einem Ziel des christlichen Lebens, aber wie und wo kann ich eine solche Gnade erkennen? Die guten Werke sind sichtbar, aber kann man den Heiligen Geist sehen? Wie kann ich wissen, ob er mit mir ist oder nicht?«

»Betrachtet man in unserer Zeit die Lauheit unseres Glaubens und die geringe Aufmerksamkeit, die wir dem göttlichen Eingreifen entgegenbringen, so haben wir uns vom Leben in Christus vollkommen entfernt. Deshalb sind uns die Worte der Bibel vollkommen fremd, wie z. B. diese: Adam sah den Herrn, der durch den Garten ging (vgl. Gen 3, 8 ), oder auch, wie uns die Apostelgeschichte berichtet, daß der Heilige Geist den Apostel Paulus nach Mazedonien schickte, nachdem Er ihn daran gehindert hatte, nach Bethanien zu gehen (Apg 16, 7). Viele andere Abschnitte der Heiligen Schrift erzählen uns von diesen Offenbarungen Gottes an die Menschen.

Gewisse Leute sagen, diese Texte seien unverständlich, oder sie leugnen die Möglichkeit, daß der Mensch mit seinen fleischlichen Augen Gott sehen kann. Dieses Unverständnis kommt daher, daß wir die Einfachheit der christlichen Ursprünge verloren haben, und mit unseren sogenannten Erkenntnissen sind wir in solche dunkle Unwissenheit gesunken, daß die Dinge, die die Alten leicht verstanden, uns entgleiten (ich spreche vom Verständnis der Offenbarungen Gottes).

So wird von Abraham und Jakob erzählt, daß sie Gott gesehen und mit ihm gesprochen haben, und daß Jakob sogar mit ihm gekämpft hat. Auch Moses und mit ihm das ganze Volk haben Gott in dieser Wolkensäule erschaut, die nichts anderes war als die Gnade des Heiligen Geistes, der dem Volk Israel in der Wüste als Führer diente. Gott, die Gnade des Heiligen Geistes, sind nicht im Traum oder in Ekstase oder nur in der Einbildung gesehen worden, sondern in der Wirklichkeit, in Wahrheit.

Weil wir unserem Heil gegenüber so gleichgültig geworden sind, welches wir nicht ergreifen, wie es nach der Bedeutung der Worte Gottes sein sollte, suchen wir seine Gnade nicht, und unser Stolz läßt es nicht zu, daß sie sich in unseren Seelen einrichtet. Ebenso haben wir das Licht des Herrn nicht, das er jenen schenkt, die ihn mit Eifer und dem Durst nach Wahrheit erwarten.

Als sich unser Herr Jesus Christus nach seiner Auferstehung würdigte, das Werk unseres Heiles zu vollenden, sandte er den Aposteln den Hauch des Lebens, den Adam verloren hatte, und gab ihnen die Gnade des Geistes zurück. Am Pfingsttag ließ er ihnen die Kraft des Heiligen Geistes zukommen, der sie durchdrang in Form eines starken Windes; unter dem Zeichen der Feuerzungen erfüllte er sie mit der Stärke seiner Gnade.

Den gleichen glühenden Hauch empfangen die Gläubigen am Tag ihrer Taufe. Dies wurde besiegelt durch den Ritus der Chrismation (Salbung zur Firmung) auf die Glieder ihres Leibes, damit er das Gefäß für die Gnade sei. Deshalb begleitet der Priester die Salbung mit Chrisam mit den Worten: Das Siegel der Gabe des Heiligen Geistes. – Diese Gnade ist so groß, so notwendig und so lebendig, daß sie uns niemals entzogen wird; sogar der Abtrünnige wird sie bis zu seinem Tode bewahren. Das ist es, was dich verstehen läßt, daß wir Heilige bleiben würden, wenn wir nach unserer Taufe nicht sündigen würden, befreit von jedem Makel des Leibes und der Seele, wie die Gerechten Gottes.

Das Problem ist, daß wir zwar an Alter zunehmen, jedoch nicht an Gnade und Verstand, sondern im Gegenteil, durch unsere wachsende Verkehrtheit entfernen wir uns von der Gnade des Heiligen Geistes und werden große Sünder.


Aber, o göttliches Wunder, die Weisheit sucht immer unser Heil. Wenn der Mensch, auf ihre dringenden Bitten hin, ihre Stimme hört und sich aus Liebe entschließt, wachsam zu werden, wenn er sich den guten Werken widmet und zur wahren Reue kommt, dann wirkt der Heilige Geist in ihm und errichtet in ihm das Reich Gottes.

Die Gnade des Heiligen Geistes, die im Augenblick der Taufe gegeben wird, im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, leuchtet in unserem Herzen wie ein göttliches Licht, trotz unserer Fälle und der Verfinsterung in unserer Seele. Sie ist es, die in uns nach dem Vater ruft: Abba, Vater! Sie ist es, welche die Seele neu bekleidet mit dem unzerstörbaren Kleid, das für uns vom Heiligen Geist gewebt wurde.

Um dir dieses Thema noch deutlicher zu erklären, Gottesfreund, muß ich dir sagen, daß der Herr das Wirken dieser Gnade oft in jenen kundgetan hat, die er heiligte und erleuchtete. Erinnere dich an Moses nach seinem Gespräch mit Gott auf dem Berge Sinai: Das Volk konnte ihn nicht ansehen wegen des gleißenden Lichtes, das sein Gesicht erhellte, und er konnte sich vor ihnen nur mit einem Schleier bedeckt zeigen.

Erinnere dich auch an die Verklärung unseres Herrn: Sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider strahlten wie Licht, und die Jünger fielen nieder mit dem Gesicht zur Erde, ergriffen von Angst. – Als Moses und Elias von diesem Licht verklärt erschienen, wurde gesagt, daß eine Wolke kam, um sie mit ihrem Schatten zu bedecken, um das Erstrahlen der göttlichen Gnade zu dämpfen, damit sie nicht erblindeten. Nun, durch dieses unaussprechliche Licht zeigt sich die Wirkung der Gnade des Heiligen Geistes all jenen, denen es Gott offenbaren will.'

»Aber wie«, fragte ich noch, »kann ich wissen, daß ich mich in der Gnade des Heiligen Geistes befinde?«

»Das ist sehr einfach, Gottesfreund«, antwortete Vater Seraphim, »denn für diejenigen, welche den Verstand erlangt haben, ist alles einfach. Unser Unglück besteht darin, daß wir die Weisheit, die von Gott kommt, nicht suchen. Die Apostel wußten genau, ob der Geist Gottes auf ihnen ruhte oder nicht. Wenn sie ihn besaßen, bekannten sie, daß ihr Tun Gott heilig und wohlgefällig war. Auf diesem sicheren Fundament versandten sie ihre Briefe als Ausdruck der unabänderlichen Wahrheit, die für alle Gläubigen notwendig sein würde. Du siehst, Gottesfreund, es ist sehr einfach!«

Ich erwiderte dann: »Ich kann dennoch nicht begreifen, wie es möglich ist, absolut sicher zu sein, im Geist Gottes zu leben. Wie bekomme ich den Beweis?«

Der Starez antwortete: »Ich habe dir schon gesagt, Gottesfreund, daß das sehr einfach ist. Ich habe dir erzählt, wie sich manche vom Heiligen Geist erfüllt fanden und sich seiner Gegenwart sicher sein konnten. Was willst du noch mehr?«

»Daß ich es ganz und gar verstehe«, sagte ich. Da ergriff mich Vater Seraphim fest bei den Schultern und sagte: »Mein Freund, wir sind in diesem Augenblick alle beide im Geiste, du und ich! Warum schaust du mich nicht an?«

»Ich kann Euch nicht anschauen, Vater, denn es ist, als ob Strahlen aus Euren Augen sprühen würden, und Euer Gesicht ist strahlender als die Sonne geworden. Ich bin davon ganz geblendet!«

»Habe keine Angst, Gottesfreund, auch du strahlst so wie ich; auch du bist jetzt in der Fülle der Gnade des Heiligen Geistes, denn ohne sie wäre es dir nicht möglich, mich so zu sehen, wie du mich siehst.«

Und, indem er sich zu mir herabbeugte, fügte Vater Seraphim sanft hinzu: »Danke dem Herrn für seine unsägliche Güte! Du konntest bemerken, daß ich nicht einmal ein Kreuzeichen gemacht habe, nur in meinem Herzen habe ich dieses Gebet an den Herrn gerichtet: Herr, gewähre ihm die Gnade, mit den Augen des Fleisches die Ausgießung deines Geistes klar zu sehen, deren du deine Diener für würdig erachtest, wenn du dich würdigst, ihnen im Glanz deiner Herrlichkeit zu erscheinen.

Mein Freund, der Herr hat im selben Augenblick das Gebet des armen Seraphim erhört. Warum ihm nicht Dank sagen für diese Freude, die er uns beiden gewährt? So, wie eine Mutter ihre Kinder tröstet, kommt er, um unser reines Herz zu erfüllen. Komm, mein Freund, warum siehst du mich nicht an? Schau doch, hab keine Angst, der Herr ist mit uns.«

Ich betrachtete dann den Starez und war von Schrecken ergriffen. Stellen Sie sich vor: In der Sonnenscheibe, in der hellsten Klarheit ihrer Strahlen am Mittag, erscheint das Gesicht eines Mannes, der zu Ihnen spricht. Sie sehen die Bewegung seiner Lippen, den Ausdruck seiner Augen, Sie hören seine Stimme, Sie fühlen, wie seine Arme ihren Körper umfangen, aber Sie sehen weder seine Arme noch seinen Körper noch sein Gesicht ... Sie haben das Gefühl für sich selbst verloren, Sie sehen nur das gleißende Licht, das sich in weitem Umkreis um Sie herum ausbreitet, das die Waldlichtung bedeckt, und die feinen Flocken, die als weißer Staub auf uns beide fallen ...

»Was empfindest du?« fragte Vater Seraphim. »Ein außergewöhnliches Wohlgefühl!« antwortete ich. »Aber was ist es ganz genau?« – »Ich fühle eine große Ruhe in meiner Seele, einen Frieden, den ich nicht mit Worten ausdrücken kann.« – »Dieser Frieden, mein Gottesfreund, ist derjenige, den der Herr seinen Jüngern versprach mit den Worten: Den Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch, nicht so, wie die Welt ihn gibt. – Es ist jener Frieden, von dem der Apostel sagt, daß er alle Verstandeskraft übersteigt, er ist es, der jetzt dein Herz erfüllt. Aber was empfindest du noch?« – »Unsägliche Wonne«, antwortete ich.

»Diese Wonne ist die, von der die Heilige Schrift sagt: Sie dürfen sich erlaben an deines Hauses reicher Fülle, aus dem Strom deiner Wonne tränkst du sie. – In der Berührung mit dieser Wonne schmelzen unsere Herzen, und wir beide sind mit Seligkeit erfüllt, wie sie keine Zunge aussprechen kann. Was empfindest du noch?« – »Eine erstaunliche Freude erfüllt mein Herz!«

Vater Seraphim entgegnete darauf: »Wenn der Heilige Geist herabkommt und sich mit der Fülle seiner Gegenwart in die Seele ergießt, empfindet der Mensch diese unsagbare Freude, von der Christus spricht und die nichts auf der Welt wegnehmen kann. Die Freude jedoch, die du in diesem Augenblick in deinem Herzen fühlst, ist nichts, verglichen mit dem, wovon der Apostel Paulus spricht: Was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. – Die Anfänge dieser Freude sind uns schon geschenkt, und wenn unsere Seele erfüllt ist von so viel Süße und Fröhlichkeit, was bleibt zu sagen von dem Glück, das für jene im Himmel vorbereitet ist, die hier auf Erden leiden? Auch du, mein Freund, hast in deinem Leben geweint ... Sieh also, mit welcher Freude der Herr dich schon in dieser Welt tröstet ...

Aber was fühlst du noch, Gottesfreund?« – »Eine außergewöhnliche Wärme«, antwortete ich. »Eine Wärme? Was sagst du, mein Freund? Aber wir sind mitten im Winter im Wald; unter unseren Füßen und auf unseren Kleidern ist Schnee ... Welche Wärme kann es hier geben?« – »Es ist eine Wärme, wie man sie in einem Dampfbad empfindet.« – »Ist auch der Duft der gleiche?« – »Oh nein! Es gibt nichts auf der Welt, das verglichen werden kann mit dem, was ich verspüre: ein Duft, der auf der Erde nichts Vergleichbares hat.«

»Ich weiß«, sagte der Starez lächelnd, »da ich es alles wie du empfinde. Wenn ich dir diese Fragen stelle, ist es um zu wissen, was du empfindest. Es ist wirklich wahr, Gottesfreund, kein Wohlgeruch der Erde läßt sich mit dem vergleichen, der uns in diesem Augenblick umgibt, denn es ist der des Heiligen Geistes. Bedenke, du sagst mir, daß du um uns her eine Wärme wie im Dampfbad fühlst, aber schau, der Schnee bedeckt weder den Boden noch dich oder mich. Ein Beweis dafür, daß die Wärme nicht aus der Luft kommt, sondern in uns selbst ist. Sie ist es, die uns der Heilige Geist vom Herrn erflehen läßt, wenn wir zu ihm rufen: Entzünde mich mit dem Feuer deines Geistes!

Davon erwärmt, fürchteten die Eremiten des Winters Strenge nicht, sie waren geschützt durch das Kleid der Gnade, das der Heilige Geist für sie gewoben hatte. Es muß so sein, denn es ist in unserem Herzen, mitten in uns selbst, wo die göttliche Gnade ihre Bleibe errichtet. Hat der Herr nicht gesagt: Das Reich Gottes ist mitten unter euch! – Dieses Reich ist genaugenommen die Gnade des Heiligen Geistes, die in uns bleibt, die uns erwärmt, uns erleuchtet, uns mit ihrem Duft umgibt, uns entzückt mit ihrer Würze und ihrem Geschmack, unsere Herzen erfreut mit einer unsagbaren Heiterkeit. In diesem Moment gehören wir zu denjenigen, von denen der Herr sagte: Sie haben den Tod nicht verkostet, ohne zuvor das mit Macht gekommene Königreich Gottes gesehen zu haben.

Nun, mein Freund, das bedeutet, in der Fülle des Heiligen Geistes zu sein, wovon Makarius der Große spricht. »Ich war«, sagte er, »vollkommen überwältigt durch die Ausgießung des Heiligen Geistes.« Von ihr sind wir heute überschüttet, trotz unserer Unwürdigkeit. Gottesfreund, ich denke, daß du keine weiteren Fragen mehr darüber stellen wirst, wie man die Gegenwart des Heiligen Geistes im Menschen erkennen kann. Wirst du die Erinnerung an diese Entdeckung bewahren, die dir zuteil wurde durch das unergründliche Wohlwollen Gottes, der dich heute besucht hat?«

»Ich weiß nicht, Vater«, antwortete ich, »ob der Herr mir immer das Gedenken an seine Barmherzigkeit bewahren wird, meine Unwürdigkeit ist so groß.«

»Was mich betrifft«, entgegnete der Vater, »ich bin sicher, daß Gott dir helfen wird, die Erinnerung an diese Augenblicke für immer zu erhalten, sonst hätte seine Güte die demütige Bitte des armen Seraphim nicht so schnell erhört. Darüber hinaus ist diese Offenbarung nicht nur für dich allein bestimmt, sondern durch dich für die ganze Welt, damit ihr euch, gestärkt durch die Kraft der Gnade, in den Dienst am Nächsten stellen könnt.

Was die Tatsache betrifft, daß ich Mönch bin und du Laie; das hat keine Bedeutung. Was vor Gott zählt, ist der wahre Glaube an ihn und an seinen eingeborenen Sohn. Deshalb wurde uns die Gnade des Heiligen Geistes zuteil. Der Herr sucht die für ihn und für den Nächsten von Liebe überströmenden Herzen. Das ist der Thron, auf dem er sitzen und sich in der Fülle seiner Herrlichkeit offenbaren möchte. Er sagt: Mein Sohn, gib mir dein Herz, das Übrige werde ich dir selbst geben. – Es ist im Herzen, wo das Reich Gottes aufgerichtet wird.

Nun also, Gottesfreund, da du die Gunst erkennst, die dir widerfahren ist, erzähle davon allen, die das Heil suchen. Die Ernte ist reichlich, doch es gibt nur wenige Arbeiter. Wir sind in sein Werk gerufen zur Erfüllung dessen, wozu er uns die Gaben seiner Gnaden sendet. Um unseren Brüdern den Eintritt in dieses Reich zu erleichtern, bringen wir die Früchte unserer Ernte zu Gott. Folgen wir dem Beispiel seiner treuen Diener, die dem Meister das Doppelte der Menge, die sie erhalten hatten, brachten.

Der Herr ist all denen nahe, die ihm treu sind und die ihn aus ganzer Seele lieben; er erhört das Gebet eines Mönchs ebenso wie das eines Laien, vorausgesetzt, daß sie im Glauben leben, auch wenn dieser Glaube nicht größer als ein Senfkorn ist. Ja, er befähigt sie, den einen wie den anderen, Berge zu versetzen, denn demjenigen, der glaubt, ist alles möglich.

So wirst du, Gottesfreund, alles erreichen können, was du von Gott erbittest, sei es zu seinem Ruhm oder zum Guten des Nächsten. Übrigens, du weißt es gut: Was du für andere Gutes tust, trägt zu seinem Ruhme bei, wie er selbst gesagt hat: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan (Mt 25, 40).

Jetzt habe ich dir alles gesagt, ich habe dir aufgezeigt, was dir der Herr durch die Vermittlung des unwürdigen Seraphim erklären konnte. Geh nun in Frieden, und der Herr und seine heilige Mutter seien mit dir, jetzt und immer und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.«

In dem Moment, als sich das Antlitz des Vaters Seraphim verklärte, war die Vision noch nicht beendet; der Starez hatte lediglich die gleiche Haltung beibehalten, die er zu Beginn des Gesprächs eingenommen hatte, und dieses unsagbare Licht verklärte ihn noch immer während der weiteren Unterhaltung.

Ich kann einen Eid ablegen hinsichtlich der Wahrheit all dieser Behauptungen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Danke, Robert! :)
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Julius
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Beitrag von Julius »

Hallo Tatiana,

die orthodoxen Heiligen des jeweiligen Tages kann man über dieses orthodoxe Portal im St.Andreasboten erfahren. In der letzten Nummer 12/2005(kann man downloaden) wurde ein Synoxarion zur ersten Jahreshälfte mit Viten usw. angeboten. 800 Seiten für 30 Euro.
http://www.orthodoxfrat.de/index.html
Gruß Julius

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Der von Robert angeführte Text ist die Essenz der othodoxen Spiritualität.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Hallo Julius,

herzlichen Dank für den wertvollen Hinweis! Habe mich echt gefreut, das orthodoxe Tageskalendarium und die Gebetsordnung für den „alten“ Stil in deutscher Sprache zu finden.
Ja, mein Ziel ist aber, hier, im Forum, der orthodoxen Heiligen in Ehren zu gedenken und eventuell auch weitere hilfreiche Hinweise (wie beispielsweise die genannte Seite (http://www.orthodoxfrat.de/index.html) oder das von Robert Ketelhohn angeführte Gespräch des heiligen Serafim von Sarov mit Motowilow in deutscher Übersetzung) zu bekommen. Für letztere bin ich wirklich sehr dankbar!

Liebe Grüße,
Tatiana.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Hl. Prophet, Vorläufer und Täufer Jesu Johannes

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Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
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Tatiana
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Theophan der Klausner

Beitrag von Tatiana »

23.1. Gedenktag des heiligen Theophan des Klausners


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Theophan der Klausner wurde am 22.(10.) Januar 1815 als Sohn eines Priesters im Dorf Tschernawskoje bei Orel (Rußland) geboren. Er erlernte den Priesterberuf, ging dann an die Geistliche Akademie in Kyïv, wurde Mönch, lehrte an der Geistlichen Akademie zu Sankt Petersburg. Von Mitte des Jahres 1847 bis 1855 nahm er an einer geistlichen Gesandtschaft in den Nahen Osten und nach Jerusalem teil. Von Jerusalem aus besuchte Theophan das Sabbas- und das Katharinenkloster wie auch die koptischen Klöster, in denen er sich in die Werke der griechischen Kirchenväter vertiefte. Nach seiner Rückkehr lehrte er an der Sankt Petersburger Geistlichen Akademie. Wegen seiner Verdienste im Nahen Osten wurde er zum Archimandriten ernannt. 1856 wurde er zum Geistlichen an die Kirche der Kaiserlichen Botschaft Rußlands in Konstantinopel berufen. 1857 wurde er zum Rektor der Geistlichen Akademie Sankt Petersburg ernannt und war als Professor für Dogmatik vorgesehen, auf eigenen Wunsch wurde er aber davon entbunden. 1859 wurde zum Bischof der Eparchie Tambov und Schack ernannt, 1863 zum Bischof von Tambow berufen. Er bat aber den Heiligen Synod darum, sich in ein Kloster zurückziehen zu dürfen. Der Heilige Synod entsprach dieser Bitte. Von 1866 bis 1894 hielt er sich im Mariä-Entschlafens-Kloster in Wyschen bei Tambow auf. In den Monaten Juli bis September 1866 war er Igumen dieses Klosters, anschließend verzichtete er auch auf dieses Amt. Von Ostern 1872 bis zu seinem Tode im Jahre 1894 lebte er ganz zurückgezogen. In diesem Zeitabschnitt verfaßte er seine großen theologischen Werke und führte seine umfangreiche Korrespondenz, vor allem mit vielen russischen Intellektuellen. Der Briefwechsel war auch Grundlage für seine Bücher („Weg zur Rettung“, z. B.), die weite Verbreitung fanden. Er starb am 19.(6.) Januar 1894 in seiner Zelle.
1988 wurde Theophan der Klausner kanonisiert.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Da die die Schrift zu klein, poste ich es nochmal:
Tatiana hat geschrieben:Theophan der Klausner wurde am 22.(10.) Januar 1815 als Sohn eines Priesters im Dorf Tschernawskoje bei Orel (Rußland) geboren. Er erlernte den Priesterberuf, ging dann an die Geistliche Akademie in Kyïv, wurde Mönch, lehrte an der Geistlichen Akademie zu Sankt Petersburg. Von Mitte des Jahres 1847 bis 1855 nahm er an einer geistlichen Gesandtschaft in den Nahen Osten und nach Jerusalem teil. Von Jerusalem aus besuchte Theophan das Sabbas- und das Katharinenkloster wie auch die koptischen Klöster, in denen er sich in die Werke der griechischen Kirchenväter vertiefte. Nach seiner Rückkehr lehrte er an der Sankt Petersburger Geistlichen Akademie. Wegen seiner Verdienste im Nahen Osten wurde er zum Archimandriten ernannt. 1856 wurde er zum Geistlichen an die Kirche der Kaiserlichen Botschaft Rußlands in Konstantinopel berufen. 1857 wurde er zum Rektor der Geistlichen Akademie Sankt Petersburg ernannt und war als Professor für Dogmatik vorgesehen, auf eigenen Wunsch wurde er aber davon entbunden. 1859 wurde zum Bischof der Eparchie Tambov und Schack ernannt, 1863 zum Bischof von Tambow berufen. Er bat aber den Heiligen Synod darum, sich in ein Kloster zurückziehen zu dürfen. Der Heilige Synod entsprach dieser Bitte. Von 1866 bis 1894 hielt er sich im Mariä-Entschlafens-Kloster in Wyschen bei Tambow auf. In den Monaten Juli bis September 1866 war er Igumen dieses Klosters, anschließend verzichtete er auch auf dieses Amt. Von Ostern 1872 bis zu seinem Tode im Jahre 1894 lebte er ganz zurückgezogen. In diesem Zeitabschnitt verfaßte er seine großen theologischen Werke und führte seine umfangreiche Korrespondenz, vor allem mit vielen russischen Intellektuellen. Der Briefwechsel war auch Grundlage für seine Bücher („Weg zur Rettung“, z. B.), die weite Verbreitung fanden. Er starb am 19.(6.) Januar 1894 in seiner Zelle.
1988 wurde Theophan der Klausner kanonisiert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Julius
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Beitrag von Julius »

Hallo Tatiana,

hier kann man das bekannteste Buch von Theophan bestellen, -werde ich wohl machen.

http://www.orthlit.de/WegZurRettung.htm

Gruß Peter

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Julius hat geschrieben:Hallo Tatiana,

hier kann man das bekannteste Buch von Theophan bestellen, -werde ich wohl machen.

http://www.orthlit.de/WegZurRettung.htm

Gruß Peter

Dankeschön, Peter!
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Edi
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Beitrag von Edi »

Es gibt auch ein Buch über die Starzen, wo der Text, den Robert zitiert hat, auch vorkommt. Vielleicht ist es dieses

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... 31-0114451


Ich müsste erst bei meinen Büchern nachsehen, aber die hat mir mein Neffe umgeräumt, sodass ich nicht mehr ohne Weiteres an alle herankomme.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Edi hat geschrieben:Es gibt auch ein Buch über die Starzen, wo der Text, den Robert zitiert hat, auch vorkommt. Vielleicht ist es dieses

http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3 ... 31-0114451


Ich müsste erst bei meinen Büchern nachsehen, aber die hat mir mein Neffe umgeräumt, sodass ich nicht mehr ohne Weiteres an alle herankomme.
Herzlichen Dank, Edi! Das Buch habe ich nicht gekannt.
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Tatiana
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Hl. Tatiana

Beitrag von Tatiana »

25. (12.) Januar Gedächtnis der heiligen Märtyrerin Tatiana von Rom

Bild

Heilige Tatiana wurde unter Kaiser Alexander Severus (222–235) in Rom geboren. Sie erlitt das Martyrium zur Zeit des Septimius Severus.
Ihr Vater war drei Mal zum Konsul berufen, sie selbst war Diakonisse der römischen Kirche. Wegen ihres christlichen Bekenntnisses wurde sie vor den Kaiser Septimius Severus gestellt, der christliche Konvertiten streng bestrafte, ohne eine eigentliche Verfolgung anzuordnen. Mit ihm zusammen betrat sie einen heidnischen Tempel und brachte durch ihr Gebet die dort aufgestellten Götzenbilder zum Einsturz. Dann folgten furchtbare Torturen: Man schlug sie grausam ins Gesicht, mit Haken riß man ihr die Augen heraus, man band sie schließlich an einen Pfahl und schnitt ihr die Haut vom Kopf ab. Vergeblich überließ man sie dem Feuer und den wilden Tieren. Schließlich erlitt sie den Tod durch Enthauptung.
Die heilige Tatiana von Rom wurde bereits sehr früh in der russischen, griechischen und lateinischen Kirche als Märtyrerin verehrt. In der Zeit vom 7.–15. Jh. wurde in einer ihr geweihten kleinen Kirche in der vierten "Region" Roms auf dem Quirinal einer besonderen Verehrung gewürdigt.
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Tatiana
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Hl. Sava, der erste Erzbischof von Serbien

Beitrag von Tatiana »

Hl. Sava, der erste Erzbischof von Serbien -- Свети Сава, први Архиепископ српски

Bild

Sava, Sohn des serbischen Königs Stephan I., floh mit siebzehn Jahren auf den Berg Athos, um einer Vermählung zu entgehen. Er wurde Mönch und gründete das Kloster Hilander. 1196 dankte sein Vater als König ab und folgte als Mönch Symeon seinem Sohn auf den Athos.
Symeon starb drei Jahre später, Sava, inzwischen Erzbischof von Serbien, überführte die Gebeine seines Vaters 1208 in die Heimat. Sava schrieb die Geschichte der Regentschaft seines Vaters und einen liturgischen Text für ihn, der die älteste bekannte serbische Hymne in Kirchenslawisch darstellt. Sava überlieferte weltliche Gesetzbücher, erstellte das erste Kirchenrechtsbuch und übersetzte liturgische Bücher ins Serbische.
Der heilige Sava wird in der Ostkirche hochverehrt, in Serbien wird das Fest am 27.01. (14.1.) gefeiert.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
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Tatiana
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Re: Hl. Sava, der erste Erzbischof von Serbien

Beitrag von Tatiana »


СВЕТОСАВСКА ХИМНА

Ускликнимо с љубaвљу
Светитељу Сaви
Српске цркве и школе --
Светитељској глaви.

Тaмо венци, тaмо слaвa,
Где нaш српски пaстир Сaвa
Појте му Срби,
Песму и утројте!

Блaгодaрнa Србијо,
Пунa си љубaви
Премa своме пaстиру
Светитељу Сaви.

Цело српство слaви слaву
Свогa оцa светог Сaву.
Појте му Срби,
Песму и утројте!
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

HeGe
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Re: Hl. Tatiana

Beitrag von HeGe »

Tatiana hat geschrieben:25. (12.) Januar Gedächtnis der heiligen Märtyrerin Tatiana von Rom
Kann man dir dann zum Namenstag gratulieren?

Gibt es so etwas bei euch Orthodoxen überhaupt? :kratz:
- Nutzer nicht regelmäßig aktiv. -

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Ja, das kann man --- habe es zwar schon telefonisch, aber trotzdem: Gott gebe Dir, meine liebe, alle Gaben, die Du verkraften kannst --- auf die Fürbitten der hl. Martyrerin Tatiana.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Re: Hl. Sava, der erste Erzbischof von Serbien

Beitrag von Alexander »

Tatiana hat geschrieben:
СВЕТОСАВСКА ХИМНА
Die Sprache ist Serbisch.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Tatiana
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Re: Hl. Tatiana

Beitrag von Tatiana »

HeGe hat geschrieben:
Kann man dir dann zum Namenstag gratulieren?

Gibt es so etwas bei euch Orthodoxen überhaupt? :kratz:
Dankeschön! :)

Es gibt, es gibt! Und der Namenstag ist für jeden orthodoxen Christen viel, viel wichtiger als der eigene Geburtstag.
Der Herr ist mein Licht und mein Heil,
vor wem soll ich mich fürchten?
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,
vor wem sollte mir grauen?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

27. Januar: Fest des hl. Johannes Chrysostomus,
Bischofs, Bekenners und Kirchenlehrers, † am
14. Sept. 407 in der Verbannung zu Comana im
Pontus.


Bild

Der 27. Januar ist der Tag der Übertragung der Gebeine des Heiligen vom
Sterbeort nach Constantinopel (438). Seinen Todestag wählte man nicht
zu seinem Gedächtnis, weil man an ihm damals ein Märtyrerfest und spä-
ter das Fest der Kreuzeserhöhung beging. Die lateinische Kirche hat das
Fest nach dem Vaticanum II für den neuen Ritus abgeschafft und begeht
den Todestag, jedoch um einen Tag auf den 13. Sept. vorgezogen, um das
Zusammentreffen mit dem Fest der Kreuzeserhöhung zu vermeiden.
[/color]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Tatiana
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Grabstätte von Motowilow

Beitrag von Tatiana »


Die Grabstätte von Nikolaj Alexandrowitsch Motowilow in Diwejewo

(† 27. Januar 1879)


[left]http://www.4udel.nne.ru/pic/b_1138355064.jpg[/left][right]http://www.4udel.nne.ru/pic/b_1138354751.jpg[/right]

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Beitrag von ave_maria »


Tatiana
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Heilige Xenia von Sankt Petersburg

Beitrag von Tatiana »


6. Februar (24. Januar) - Gedenktag der heiligen Xenia von Sankt Petersburg


BildBildBild

Heilige Xenia lebte im 18. Jh. in Sankt Petersburg. Sie hieß Xenia Grigorijewna und war mit dem Obersten und Hofsänger Andrej Fedorowitsch Petrov verheiratet. Als sie 26 alt war, starb ihr Ehemann unerwartet. Es fiel ihr sehr schwer, diesen Verlust zu ertragen, da sie ihn sehr geliebt hatte. Es gab aber noch einen Grund, der den Schmerz der jungen Witwe vertiefte: Am Hof führte ihr Mann das weltliche Leben und starb plötzlich nach einem Hoffest, ohne Beichte und heilige Kommunion. Und Xenia, entflammt durch ihre Liebe, beschloß, das sündhafte Leben ihres Ehemannes und sein plötzliches Sterben ohne würdigen Empfang der heiligen Sakramente abzubeten. Sie verschenkte ihren Besitz und lebte als obdachlose Wandrerin. Als ihre Kleidung zerfiel (und sie trug die Uniform ihres Mannes), kleidete sie sich in Lumpen, in denen sie das ganze Jahr hindurch herumwanderte. Interessant zu bemerken, daß die Kleidung der seligen Xenia immer dieselben Farben hatte: Ein roter Rock und ein grüner Oberteil, oder umgekehrt, ein grüner Rock und ein roter Oberteil. Wahrscheinlich entsprachen diese Farben den Farben der Uniform ihres Mannes, dessen äußere Form sie beibehalten wollte.
Acht Jahre lang lebte sie als Einsiedlerin außerhalb der Stadt. Bei einem Starzen vervollkommnte sie sich im geistigen Leben; der Starez half ihr den schweren Weg der "Närrin in Christo" zu wählen. Dann kehrte sie in ihre Heimatstadt zurück. Sie wanderte durch die armen Viertel der Stadt, schlief wenig, betete unaufhörend, vollbrachte Wunder. Die Sanftmut, Demut und Gutherzigkeit waren ständig an ihrem Gesicht zu sehen. In ihrer Bereitschaft, ihrem Nächsten zu helfen, im unablässigen Gebet und in der Entsagung aller irdischen Güter verging ihr 45-jähriges Leben als „Närrin in Christo“. 1803 starb die selige Xenia und wurde auf dem Smolensk-Friedhof in Sankt Petersburg begraben.
Im Laufe der folgenden Jahre kamen immer mehr die in Leid und schweren Umständen befindlichen Menschen zu ihrem Grab, baten um ihre Fürbitte und fanden dort Hilfe. Die Berichte über die wunderbare Hilfe durch das Gebet der seligen Xenia verbreiteten sich weit in alle Enden Rußlands. Jährlich mußte der Grabhügel erneuert werden, da die Menschen kleine Mengen Erde von ihrer Grabstätte mitnahmen. Später wurde über Xenias Grab eine Kapelle errichtet.

1988 wurde Xenia von Sankt Petersburg heilig gesprochen.

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holzi
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Re: Heilige Xenia von Sankt Petersburg

Beitrag von holzi »

Tatiana hat geschrieben: [...] 1988 wurde Xenia von Sankt Petersburg heilig gesprochen.
Wie läuft denn eine orthodoxe Kanonisationa ab? Ist das auch ein so formalisierter Prozess wie in der römischen Kirche? Gibt es einheitliche Vorgehensweisen in allen orthodoxen Kirchen oder hat da eine jede ihre Eigenarten?

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

[left]http://img148.imageshack.us/img148/7506 ... 2ku.th.jpg[/left]* klick *

Das ist die Kapelle mit dem Grab der Hl. Xenia auf
dem ziemlich gigantischen Smolensker Friedhof.
Hier eine nachträglich bearbeitetete Nachtaufnahme.
Ich war letztens mal dort...

Tatiana
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Re: Heilige Xenia von Sankt Petersburg

Beitrag von Tatiana »

holzi hat geschrieben:
Tatiana hat geschrieben: [...] 1988 wurde Xenia von Sankt Petersburg heilig gesprochen.
Wie läuft denn eine orthodoxe Kanonisationa ab? Ist das auch ein so formalisierter Prozess wie in der römischen Kirche? Gibt es einheitliche Vorgehensweisen in allen orthodoxen Kirchen oder hat da eine jede ihre Eigenarten?
siehe bitte Alexanders Antwort (klick)

Tatiana
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Beitrag von Tatiana »

Nietenolaf hat geschrieben: Das ist die Kapelle mit dem Grab der Hl. Xenia auf
dem ziemlich gigantischen Smolensker Friedhof.
Hier eine nachträglich bearbeitetete Nachtaufnahme.
Ich war letztens mal dort...
Dankeschön, Nietenolaf! :)

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Robert Ketelhohn
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Der hl. Bernhard von Clairvaux

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Heiliger Bernhard von Clairvaux

* 1090 in Fontaines-lès-Dijon als drittes von sieben Kindern des burgundischen Adligen Tescelin, † 20. August 1153 in Clairvaux, bestattet in Cluny (das Grab ist nicht mehr vorhanden, die Hauptesreliquie wird in der Kathedrale von Troyes aufbewahrt). 1115 zum Priester geweiht. Heiliggesprochen 1174 durch Papst Alexander III., Tag: 20. August, im Zisterzienserorden: 14. November. 1830 durch Papst Pius VIII. zum Kirchenlehrer erhoben. Beiname: doctor mellifluus („der honigfließende Lehrer“).

Veranlaßt durch den Tod seiner Mutter Aleth de Montbard (etwa 1106/07) wandte sich Bernhard, wissenschaftlich bereits umfassend gebildet, dem aszetischen Mönchtum zu und trat im Jahre 1112 mit dreißig Gefährten ins 1098 von Robert von Molesme gegründete Reformkloster Cîteaux ein, das Mutterkloster des Zisterzienserordens.

1115 entsandte ihn dessen Abt Stephan Harding mit zwölf weiteren Mönchen, in der Champagne das Tochterkloster Clairvaux zu gründen, dessen Abt Bernhard bis zu seinem Tode blieb. Wegen des großen Zulaufs an Novizen, die sich zum monastischen Leben bekehrten, erfolgten fast jedes Jahr von Clairvaux aus mehrere Tochtergründungen in allen Teilen Europas, insgesamt siebzig direkte Filiationen während Bernhards Zeit als Abt. So prägte er – gleichsam ein „zweiter Gründer“ des Zisterzienserordens, den er formte und geistig leitete – wie wenige andere die künftige Gestalt des Abendlands.

Seine begnadete Persönlichkeit ermöglichte dem Abt von Clairvaux zahlreiche enge und freundschaftliche Kontakte zu den bedeutendsten Männern des kirchlichen und politischen Lebens. Als gesuchter Ratgeber in seelsorglichen ebenso wie in theologischen und kirchenpolitischen Fragen war er zu seiner Zeit eine der einflußreichsten Gestalten Europas.

So erreichte Bernhards Einfluß ebenso die Durchsetzung Papst Innozenzens II. gegen den Gegenpapst Anaklet (1130-1138) wie die Verurteilung einiger heterodoxer Thesen des Petrus Abælardus (1140, Konzil von Sens) und des Gilbertus Porretanus (Gilbert von Porrés; 1148, Konzil von Reims).

Bernhard unterstützte nachdrücklich die Gründung des Templerordens durch Hugo von Payens (Hugo de Paganis; 1120). Selbst aus einer dem zeitgenössischen Ritterideal verbundenen Adelsfamilie stammend, hatte Bernhard sich zwar zum monastischen Leben bekehrt; eine pazifistische Haltung kam für ihn dennoch nicht in Betracht. So war ihm das Gründungscharisma der Templer, das Rittertum mit dem Mönchtum zu verbinden, eine willkommene Möglichkeit, die Weltlichkeit des Ritterwesens zu bändigen und in den Dienst Christi zu stellen und doch den Erfordernissen der Welt gerecht zu werden.

Im Jahr 1129 erreichte Bernhard auf einer Synode in Troyes die kirchliche Anerkennung des Templerordens und den Beschluß einer Ordensregel. Im selben Jahr oder kurz zuvor hatte er in einer kurzen Schrift an Hugo von Payens zugleich mit dem Lob dieser Verbindung von Rittertum und monastischem Leben dessen theologische Begründung geliefert, die im Kern nichts als die alte kirchliche lehre vom gerechten Krieg darstellt:
Bernhard von Clairvaux ([i]liber ad milites templi de laude novæ militiæ III[/i],4) hat geschrieben:At vero Christi milites securi praeliantur praelia Domini sui, nequaquam metuentes aut de hostium caede peccatum, aut de sua nece periculum, quandoquidem mors pro Christo vel ferenda, vel inferenda, et nihil habeat criminis, et plurimum gloriae mereatur. Hinc quippe Christo, inde Christus acquiritur, qui nimirum et libenter accipit hostis mortem pro ultione, et libentius praebet seipsum militi pro consolatione. Miles, inquam, Christi securus interimit, interit securior. Sibi praestat cum interit, Christo cum interimit. «Non enim sine causa gladium portat: Dei enim minister est ad vindictam malefactorum, laudem vero bonorum.»

Sane cum occidit malefactorem, non homicida, sed, ut ita dixerim, malicida, et plane Christi «vindex in» his «qui male agunt», et defensor christianorum reputatur. Cum autem occiditur ipse, non periisse, sed pervenisse cognoscitur. Mors ergo quam irrogat, Christi est lucrum; quam excipit, suum. In morte pagani christianus gloriatur, quia Christus glorificatur; in morte christiani, Regis liberalitas aperitur, cum miles remunerandus educitur. Porro super illo «laetabitur iustus, cum viderit vindictam». De isto «dicet homo: si utique est fructus iusto? Utique est Deus iudicans eos in terra.»

Non quidem vel pagani necandi essent, si quo modo aliter possent a nimia infestatione seu oppressione fidelium cohiberi. Nunc autem melius est ut occidantur, quam certe «relinquatur virga peccatorum super sortem iustorum, ne forte extendant iusti ad iniquitatem manus suas».


Die Streiter Christi aber fechten sicher die Gefechte ihres Herrn, weder Sünde fürchtend, weil sie Feinde erschlagen, noch Gefahr vom eigenen Tod, denn den Tod für Christus zu erleiden oder zuzufügen hat nichts Unrechtes und verdient höchste Ehre. Durch diesen wird ja für Christus, durch jenen wird Christus erworben, der gewiß und gern den Tod des Feindes annimmt zur Vergeltung und noch lieber sich selber dem Streiter zum Troste darbietet. Der Streiter Christi, sage ich, tötet sicher, noch sicherer ist er, wird er getötet. Er zeichnet sich selbst aus, wenn er getötet wird, Christus, wenn er tötet. »Denn nicht ohne Grund trägt er das Schwert: Ist er doch Gottes Diener, zur Vergeltung an den Missetätern, zum Lobe aber den Guten« (Rm 13,4).

Fürwahr, wenn er den Übeltäter tötet, ist er nicht Totschläger, sondern, um es so auszudrücken, Übel-Erschläger, und jedenfalls ist er als »Vergelter« für Christus unter denen anzusehen, »welche Böses tun« (Rm 13,4), und als Verteidiger der Christen. Wenn er aber selbst erschlagen wird, weiß man, daß er nicht untergegangen, sondern angekommen ist. Der Tod also, welchen er auferlegt, ist Christi Gewinn; welchen er auf sich nimmt, eigener Gewinn. Im Tod des Heiden rühmt sich der Christ, weil Christus verherrlicht wird; im Tode des Christen offenbart sich die Freigiebigkeit des Königs, indem der Streiter als Wiederzubeschenkender daraus hervorgeht. Weiter, »es jubelt« über ihn »der Gerechte, wenn er die Vergeltung schaut« (Ps 57,11). Über ihn »wird man sagen: Gibt es denn einen Lohn für den Gerechten? Ja, es ist ein Gott, der richtet auf Erden« (Ps 57,12).

Nicht freilich, als ob die Heiden zu töten seien, solange sie irgend auf andere Weise von allzu starker Bedrängung oder Bedrückung der Gläubigen abgehalten werden können. Nun ist es aber besser, daß sie getötet werden, als daß mit Gewißheit »die Rute der Sünder überm Los der Gerechten bestehen bleibe, auf daß nicht etwa die Gerechten ihre Hände zur Bosheit hin strecken« (Ps 124,3).
Bernhard war dennoch kein Befürworter des Pilgerwesens seiner Zeit. Nicht nur für sich – der er an die stabilitas loci, die benediktinische Ortsfeste – gebunden war, schloß er eine Wallfahrt ins Heilige Land aus, er riet auch andern davon ab, ja schickte sogar Mönche anderer Klöster, die mit Erlaubnis ihres Abts auf Pilgerfahrt nach Jerusalem waren, in ihr Heimatkloster zurück.

Als 1145 ein neuer Kreuzzug in der Luft lag, zeigte sich Bernhard denn auch überaus reserviert. Er hielt ein solches Unternehmen offenbar nicht für den geeigneten Weg, der Probleme im Heiligen Land Herr zu werden. Doch der Papst, Eugen III. aus dem Zisterzienserorden, entschied anders, rief zum Kreuzzug, beauftragte Bernhard mit der Kreuzzugspredigt – und Bernhard nahm die Aufgabe an und machte sie sich zueigen.

Er war nicht nur einer unter verschiedenen Kreuzzugspredigern, er war es, der die Teilnahme vieler Mächtiger tatsächlich erst erreichte, darunter jene des französischen Königs Ludwigs VII. Zugleich mußte er ein Phänomen abwehren, daß sich am Rande der Kreuzzugsvorbereitungen gezeigt hatte: die judenfeindliche Hetze einiger Mönche unter Führung eines gewissen Radolf. An manchen Orten war es bereits zu blutigen Ausschreitungen und Massenmorden an Juden gekommen. Bernhard setzte all seinen Einfluß ein, um weitere Pogrome zu verhindern:
Otto von Freising (Taten Friedrichs) hat geschrieben:Kapitel 37.

Um nun zur Reihenfolge der Erzählung zurückzukehren: Bernhard, der ehrwürdige Abt, mißbraucht nicht die ihm verliehene Vollmacht des apostolischen Stuhles, gürtet sich tapfer mit dem Schwerte des Wortes Gottes, und, nachdem die Gemüter vieler für einen Zug übers Meer begeistert sind, wird endlich ein allgemeiner Hoftag zu Vézelay, einer Stadt Galliens, wo die Gebeine der seligen Maria Magdalena begraben liegen, angesagt, zu dem aus den verschiedenen Provinzen Galliens die großen und erlauchten Männer zusammenberufen worden waren. Dort nahm Ludwig, der König der Franken, aus der Hand des vorgenannten Abtes mit großer Freudigkeit des Herzens das Kreuz und meldete sich zur Heerfahrt übers Meer mit dem Grafen Theoderich von Flandern und Heinrich, Theobalds von Blois Sohne, und andern Baronen und edlen Männern aus seinem Reiche.

Kapitel 38.

Unterdeß durchzieht der Mönch Radolf, ein Mann, der das Mönchsgewand zwar trug und geschickt die Strenge der Klosterzucht nachahmte, aber von der Kenntnis der Wissenschaft nur mäßig berührt war, diejenigen Teile Galliens, welche an den Rhein grenzen, und entflammt viele Tausende vom Volke aus Köln, Mainz, Worms, Speyer, Straßburg und andern benachbarten Städten, Flecken und Dörfern zur Annahme des Kreuzes. In seine Lehre jedoch ließ er ohne gebührende Überlegung einfließen, daß die Juden, die in den Städten und Flecken zerstreut lebten, als Feinde der christlichen Religion getötet werden sollten. Der Same dieser Lehre faßte in vielen Städten und Flecken Galliens und Germaniens so feste Wurzel und sproßte auf, daß, nachdem sehr viele von den Juden in diesem stürmischen Aufstand getötet worden waren, viele schutzsuchend unter die Fittiche des römischen Kaisers flüchteten. Daher geschah es, daß nicht wenige von ihnen, die solcher Wut entflohen, sich zur Rettung ihres Lebens in die kaiserliche Stadt Nürnberg und in andere kaiserliche Städte zurückzogen.

Kapitel 39.

Aber der genannte Abt von Clairvaux lehrte, daß man vor einer derartigen Lehre sich zu hüten habe, und schickte an die Völker Galliens und Germaniens Boten und Briefe, in welchen er aus der Lehre der heiligen Schrift deutlich nachwies, daß die Juden wegen des Übermaßes ihrer Frevel nicht getötet, sondern zerstreut werden sollten. Dabei führte er auch das Zeugnis des Psalmdichters auf, der im 57. Psalm sagt: "Gott hat mir meine Lust gezeigt an meinen Feinden. Erwürge sie nicht;" und ebenso: "Zerstreue sie mit deiner Macht!"

Kapitel 40.

Während nun Unzählige im westlichen Gallien zum Zuge übers Meer sich begeisterten, beschließt Bernhard, das Reich der Ostfranken in Angriff zu nehmen, auf daß er auch dieses mit der Pflugschar der Predigt aufrühre, sowohl um das Herz des Fürsten der Römer durch das Wort heiliger Mahnung zur Annahme des Kreuzes zu erweichen, als auch um Radolf Schweigen aufzuerlegen, welcher der Juden wegen in den Städten häufige Aufstände des Volkes gegen seine Herren erregte. Da der Kaiser dies hörte, sagte er die Feier eines allgemeinen Reichstags bei Speyer auf das Geburtsfest des Herrn an. Dorthin kam genannter Abt und überredete den Kaiser samt Friedrich, dem Sohne seines Bruders und anderen Fürsten und erlauchten Männern, das Kreuz zu nehmen, indem er auf offener Straße wie im Verborgenen sehr viele Wunder tat. Als er auch nach Mainz kam, fand er dort Radolf in höchster Gunst beim Volke. Er ließ ihn kommen und ermahnte ihn, nicht gegen die Mönchsregel durch die Länder schweifend kraft eigner Vollmacht das Wort der Predigt sich anzumaßen, und bewog ihn endlich dazu, daß er ihm Gehorsam gelobte und in sein Kloster zurückkehrte. Darüber zürnte heftig das Volk, ja es wollte auch einen Aufstand erregen, wovon es nur durch die Rücksicht auf Bernhards Heiligkeit sich abhalten ließ.

Unterdeß weilte der hochedle Herzog Friedrich in Gallien von schwerer Krankheit festgehalten, bitteren Zorn im Herzen tragend gegen seinen Herrn und Bruder König Konrad, weil er seinen Sohn Friedrich, den er als seinen erstgebornen und einzigen Sohn seiner hochedlen ersten Gemahlin seiner Gnade empfohlen und mit seinem kleinen Sohne von der zweiten Gemahlin zum Erben seines ganzen Landes gemacht hatte, das Kreuz hatte nehmen lassen. Zu ihm begab sich genannter Abt, ihn zu besuchen, segnete ihn und nahm ihn in seine Gebete auf. Doch vermochte jener die Gewalt des Schmerzes nicht zu ertragen und starb nicht lange nachher . Er liegt in einem Kloster, welches das der heiligen Waltpurga heißt und im Elsaß gelegen ist, begraben. Es folgte ihm aber im Herzogtum sein Sohn Friedrich.

Kapitel 41.

Darauf begab sich der Kaiser nach Baiern, und feierte dort im Monat Februar einen allgemeinen Reichstag, an Stelle des Abtes von Clairvaux Abt Adam von Eberach mit sich führend, einen frommen und ausreichend gelehrten Mann. Dieser feierte nach der Sitte das Meßopfer, bestieg dann, nach Anrufung der Gnade des heiligen Geistes, die Kanzel und beredete nach Verlesung der Briefe des apostolischen Stuhles und des Abtes von Clairvaux und kurzer Ermahnung fast alle Anwesenden, sich zur Teilnahme an genannter Heerfahrt zu melden. Es bedurfte nämlich weder der Worte der Überredung menschlicher Weisheit noch des Umschweifs kunstvoller Rede nach den Lehren der Rhetoren, da alle Anwesenden infolge des vorangehenden Gerüchtes aufgeregt waren und freiwillig zur Annahme des Kreuzes herbeieilten. Es empfingen in derselben Stunde das Kreuz drei Bischöfe, nämlich Heinrich von Regensburg, Otto von Freising, Reginbert von Passau, und der Herzog der Baiern, Heinrich, der Bruder des Königs, und vom Stande der Grafen, Edlen, erlauchten Männer unzählige. Auch eilte, wunderbar ist’s zu sagen, eine so große Menge von Räubern und Wegelagerern herbei, daß jeder mit gesundem Verstande begabte erkannte, daß diese eben so plötzliche als ungewöhnliche Wandelung von der Rechten des Höchsten ausging, und wenn er es erkannte, erschütterten Herzens erstaunte. Auch Welf, der Bruder des früheren Herzogs Heinrich, einer der edelsten Großen des Reichs, hatte in der Nacht der Geburt Christi auf seinem eignen Gute Peiting mit vielen anderen die Heerfahrt gelobt. Aber auch der Herzog der Böhmen, Ladislaus, und der Steirer Markgraf Ottokar und der erlauchte Graf Bernhard von Kärnten nahmen nicht viel später mit großem Gefolge der Ihrigen das Kreuz. Die Sachsen aber lehnten, weil sie einige dem Unflat des Götzendienstes ergebene Völker in ihrer Nachbarschaft haben, es ab, nach dem Orient zu ziehen, doch nahmen sie gleichfalls, um jene Völker mit Krieg zu überziehen, Kreuze, die von den unsrigen nur darin sich unterschieden, daß sie nicht einfach auf die Kleider genäht waren, sondern von einem Kreise aus in die Höhe ragten.

Kapitel 42.

Eine Abschrift aber des Briefes des Abtes von Clairvaux, den er in das östliche Frankenreich sandte, lautet folgendermaßen:

"Den geliebtesten Herren und Vätern, Erzbischöfen, Bischöfen und allem Klerus und Volk des östlichen Frankens und Baierns wünscht Bernhard, genannt Abt von Clairvaux, Überfluß am Geiste der Tapferkeit.

Ich habe zu euch zu reden über die Sache Christi, auf welchem allein euer Heil beruht. Das sage ich, damit die Majestät des Herrn die Unwürdigkeit der sprechenden Person entschuldige, auch damit die Rücksicht auf den eignen Nutzen es entschuldige. Ich bin zwar ein schwacher Mensch, aber nicht schwach ist meine Liebe zu euch um Christi Jesu willen. Das ist für mich jetzt der Grund an euch zu schreiben, das der Anlaß, daß ich an euch alle mit Briefen mich zu wenden wage. Lieber würde ich das mit lebendigem Wort betreiben, wenn das Vermögen ausreichte, wie der Wille nicht fehlt. Seht nun, Brüder, die willkommene Zeit, seht jetzt den Tag der Fülle des Heils. Denn es bewegt sich und erzittert die Erde, weil der Herr des Himmels sein Land zu verlieren beginnt. Sein Land, in dem er erschienen ist, und mehr denn dreißig Jahre als Mensch mit den Menschen verkehrt hat. Sein Land, welches er durch Wunder verherrlicht hat, welches er weihte durch sein eignes Blut, in welchem die ersten Blüten der Auferstehung erschienen sind. Und nun haben um unserer Sündenschuld willen die Feinde des Kreuzes ihr verruchtes Haupt erhoben und verwüsten mit der Schärfe des Schwertes das gebenedeite Land, das Land der Verheißung. Es steht nahe bevor, wenn nicht einer sich findet, der ihnen widerstehe, daß sie in die Stadt des lebendigen Gottes selbst einbrechen, daß sie die Stätten unserer Erlösung umstürzen, daß sie die vom Blute des unbefleckten Lammes geröteten Orte besudeln. Nach dem Heiligtum der christlichen Religion selbst - o Schmerz! - gieren sie mit verruchtem Munde, und sie trachten selbst seine Ruhestätte anzutasten und zu zerstampfen, da unsertwegen unser Leben im Tode entschlief. Was tut ihr, tapfere Männer? was tut ihr, Knechte des Kreuzes? Wollt ihr so das Heilige den Hunden und die Perlen den Säuen preisgeben? Wie viele Sünder haben dort, als sie mit Tränen ihre Sünden beichteten, Vergebung erlangt, nachdem durch die Schwerter der Väter der Unflat der Heiden ausgerottet war? Das sieht der Böse, und er sieht’s mit scheelem Blick; mit den Zähnen knirscht er und vergrämt sich. Er reizt die Gefäße seiner Bosheit und wird kein einziges Zeichen, keine Spur frommen Sinns zurücklassen, wenn er einmal, was Gott verhüte, die Oberhand gewinnen sollte. Aber das ist freilich für alle folgenden Jahrhunderte ein unstillbarer Schmerz, weil es ein unersetzlicher Verlust ist, im besonderen aber bleibt’s für dieses schlechte Geschlecht ein Schandfleck ohne Ende und ein ewiger Schimpf. Doch was glauben wir, Brüder? Ist etwa des Herrn Hand verkürzt oder ist sie ohnmächtig geworden zur Rettung, weil sie zum Schutz und Wiedererwerb ihrer eignen Erbschaft armselige Würmchen aufruft? Kann der Herr nicht mehr als zwölf Legionen Engel senden oder auch nur ein Wort sagen - und das Land wird frei werden? Gewiß wohnt ihm das Können bei, wenn er es wollte. Aber ich sage euch, der Herr euer Gott versucht euch. Er schaut hin auf die Kinder der Menschen, ob einer sei, der es erkenne, und danach forsche und Sein Los beklage. Denn Gott erbarmt sich seines Volkes, und den schwer Gefallenen zeigt er sorglich ein Mittel zur Rettung. Erwägt, welchen Kunstgriff er gebraucht, euch zu erlösen, und erstaunt. Schaut in den Abgrund der Liebe und vertraut ihm, ihr Sünder. Er will nicht euren Tod, sondern daß ihr euch bekehret und lebet, weil er nicht Gelegenheit suchet gegen euch, sondem für euch" usw.

In solchen Ausdrücken und um solchen Stoff bewegt er sich nach der Weise und Regel der Redner. Und daß die Juden nicht getötet werden sollen, beweist er durch Gründe der Vernunft und der Schrift. Darauf bezieht sich jenes Wort: "Selig möchte ich das Geschlecht nennen, welchem die Gelegenheit so reicher Gnade sich bietet, welches dieses Versöhnungs- und wahre Jubeljahr des Herrn am Leben findet. Denn dieser Segen wird ausgegossen in alle Welt, und zum Zeichen des Lebens fliegen alle herbei. Weil also euer Land reich ist an tapferen Männern und, wie bekannt, von einer kräftigen Jugend voll, wie auch euer Lob ist in aller Welt und der Ruhm eurer Tüchtigkeit den Erdkreis erfüllt - so gürtet auch ihr euch mannhaft und ergreift die glücklichen Waffen". Und von den Juden sagt er so: "Gott, sagt die Kirche, läßt mich meine Lust sehen an meinen Feinden, erwürge sie nicht , denn sie sind uns lebendige Zeichen, die uns ohne Unterlaß das Leiden des Herrn vor Augen stellen," und anderes mehr auf diese Art.
Bernhards Werke – Traktate, Predigten und Briefe – sind meist durch konkrete Anlässe bestimmt. Einen wesentlichen Teil machen Themen des geistlichen und Ordenslebens aus, so de gradibus humilitatis et superbiæ (»Über die Stufen der Demut und der Hoffart«, vor 1124), die apologia (»Verteidigung« der zisterziensischen Interpretation der Benediktsregel, 1124/25) und de diligendo Deo (»Über die Gottesliebe«, 1126/41).

Auch die Predigtsammlung super cantica canticorum (86 Predigten »Über das Hohelied«, 1135-1153) bildet in der Summe ein Kompendium der monastisch-zisterziensischen Spiritualität. Überliefert sind ferner etwa dreihundert weitere Predigten. Hinzu kommen Werke wie die vita s. Malachiæ (»Leben des hl. Malachias«, Erzbischofs von Armagh, der sein Leben in Clairvaux beschlossen hatte, um 1150/52) und der Papstspiegel de consideratione (»Über die Betrachtung«, an Eugen III., etwa 1148-53).

Dem Lob Mariens widmen sich vier Predigten in laudibus virginis matris (1124), wie auch noch später weitere Schriften. Die Verehrung der Gottesgebärerin lag Bernhard sehr am Herzen. Bemerkenswert ist, daß er sich zugleich auch deutlich gegen damals aufkommende theologische Lehren von einer unbefleckten Empfängnis Mariens wandte (so in einem Brief von 1136). Hier wie sonst bleibt der Abt von Clairvaux fest in der Tradition verwurzelt. Seine Theologie ruht stets auf vier Säulen: auf der Heiligen Schrift, der Lehre der Kirchenväter, dem monastischen Leben und dem klassischen Bildungskanon. Die theologischen Neuerungen der beginnenden Scholastik nahm er zur Kenntnis, jedoch aus kritischer Distanz, wenn nötig unter heftigem Widerspruch.

Bernhards Nachwirkung kann kaum überschätzt werden. Über Jahrhunderte galt er als einer der wichtigsten Lehrer des Abendlands. Exemplarisch zeigt dies Dante Alighieri in seiner Commedia: Dort übernimmt im 31. Gesang des Paradieses Bernhard von Beatrice die weitere Führung des Dichters. Nur Bernhard kann Maria, die Himmelskönigin, bitten, bei Gott für Dante die Gnade der Theosis zu erwirken, einer Schauung der Dreifaltigkeit.

In der Ikonographie wird Bernhard als Abt im weißen Habit der Zisterzienser dargestellt, auch mit Mitra oder Meßgewand. Häufige Attribute sind ein Buch, ein Kirchenmodell, ein weißer Hund oder ein Bienenkorb.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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