Wieso nicht Abendland?

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Ondrey
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Wieso nicht Abendland?

Beitrag von Ondrey »

Manche behaupten, dass das größte zivilisatorische Verbrechen - der laufende Holocaust der Ungeborenen, Schwachen und Alten - das nicht-symbolische Zeichen für den Verfall des einstigen Abendlandes darstellt, weshalb auch selbiges diese Bezeichnung nicht mehr verdient. Wie ich in diesem Forum mehrmals beobachtet habe, gibt es auch einige Vertreter der katholischen Orthodoxie, welche dieser Fehleinschätzung verfallen sind. Es ist wirklich sehr verlockend. Gewissermaßen trägt es auch dazu bei, dass man seine eigene Position im moralisch dekadenten Alltag besser versteht und sie auch dementsprechend formulieren kann. Nun, man sollte es sich nicht so einfach machen.
Mehr noch sogar: Ich halte es für eine feige Einstellung, welche uns in ein Ghetto einsperrt und dem Wort des Apostels ´Prüft aber alles und das Gute behaltet´ schlicht widerspricht. Das Gespenst der liberalen Demokratie, die Dämonen der Pornographie und frei ausgelebter Freizügigkeit, des willkürlichen Missbrauchs der Meinungsfreiheit und die allgegenwärtigen Irrlehren haben leider viele Gläubige verunsichert und letzten Endes ihre Schwäche zutage befördert, indem diese die Welt aufgegeben haben. Sie vertauschen Mißbrauch der Freiheit und Freiheit selbst und verpassen dabei die große Chance eine wirkliche Mission zu betreiben. Denn es ist ein kleineres Verdienst Arme und Gottsuchende, denn Wohlhabende und Stolze zu taufen. Sie glauben, dass die Wohlstandsgesellschaft Gott deshalb vergessen hat, weil sie im Wohlstand lebt und dadurch das ewige Heil von sich weist. Dabei ist es nur ein unglaubliches Scheitern derer, die nicht mehr imstande sind, sich als geistige Konkurrenten neben den Wohlstand zu stellen, um zu sagen: "Seht, dass ihr auch an Gott glauben könnt!" Die Katholiken haben sich in Zeiten der materiellen Not zu sehr daran gewöhnt, dass die Mission viel glatter läuft, wenn man einem hungernden Elend Gott vor die Augen hält, so dass jener sofort nach diesem wie nach einem Strohhalm greift (was bleibt ihm denn wohl auch übrig). Die noch edlere Mission entfaltet sich aber dort, wo die Menschen glauben, dass sie Gott nicht mehr brauchen. Leider wird dieses eigene Versagen des Katholizismus auf den materiellen Wohlstand selbst hingewälzt und dabei unwillkürlich auch den marxistischen Lehren Vorschub geleistet, so dass jene Marxisten sagen können: "Wir behalten Recht. Kaum kriegt der Mensch zu fressen, vergißt er Gott und wird die verhöhnen, die ihn predigen!" So wäre es tatsächlich eine wahre Mission dieses Vorurteil zu widerlegen, den Wohlstand zu legitimieren, den marxistischen "Aufbau" zum "Unterbau" zu machen. Es wäre eine wahre Mission die Meinungsfreiheit und liberale Ansätze zu legitimieren und die damit verbundene Versuchung angesichts ihrer Lächerlichkeit Lügen zu strafen. Der Boden dafür ist immer noch fruchtbar. Statt dessen verzieht man sich in irgendwelche ghettoähnlichen Foren im Internet, verteufelt die ganze Welt, verheddert sich in endlosen politischen Diskussionen und maßt sich Urteile an, welche in ihrer Primitivität an die Parolen kommunistischer Genossen erinnern (die einen seinerzeit fast haben ersticken lassen). Schade um so viel Energieaufwand. In Christo Ondrey

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phylax
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Re: Wieso nicht Abendland?

Beitrag von phylax »

Kürzer ausgedrückt: Not lehrt Beten.
Das haben die Alten schon gewußt, das hat nichts mit Marxismus zu tun, sondern ist offenbar in der menschlichen Natur begründet.
Es ist der alte Autonomie-Abhängigkeits-Konflikt, der schon im Paradies aufscheint.
Von Gott kommt mir ein Freudenschein,/ wenn Du mich mit den Augen Dein/ gar freundlich tust anblicken

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