Der Glaube ans Geld
Hieraus ein kleines Zitat:
IMHO eine Erklärung der augenblicklichen Zustände .....................Deutschmann ist nun kein Theologe und seine Geld-Religion hat mit Gott nichts zu tun. Sein Religionsbegriff ist ein soziologischer, also an der gesellschaftlichen Funktion ausgerichtet: Nach der Definition Émile Durkheims (1858-1917) ist das Wesen der Religion ihre Funktion zur Stiftung von kollektiver Identität und gesellschaftlichem Zusammenhalt. Wie der Einzelne zur individuellen Selbstvergewisserung die Perspektive der anderen auf sich einnimmt, so schafft sich die Gesellschaft zu diesem Zweck einen Gott als transzendenten Außenstehenden, der auf "sein Volk" blickt. Die Religion hat nach dieser profanen Erklärung vor allem den Sinn einer Selbstvergewisserung der Gesellschaft, also ihr eine Basis zu geben, damit sie als solche überhaupt bestehen kann.
Die Vertreter heutiger Religionen werden sich in diesem Religionsbegriff, der sich nicht um Jenseitiges schert, nicht wiederfinden. Und das ist auch der Einwand gegen Deutschmann: Ist ein solcher nur an der gesellschaftlichen Funktion interessierter Religionsbegriff überhaupt sinnvoll? Wer Deutschmann verstehen will, sollte also nicht die von ihm festgestellte Religion des Geldes mit den heutigen Gemeinschaften und Organisationen vergleichen, die sich selbst Religion nennen.
Mit der Durchsetzung der Religionsfreiheit, also der Degradierung des Religiösen zur Privatangelegenheit, hat das Christentum die Position als Durkheim'sche Einheitsreligion verloren. Es muss sich seither in einem freien Markt gegen konkurrierende Angebote behaupten. Jeder müsse nun seinen eigenen "Dämon" finden, erklärte Max Weber. Eine Religion im Durkheim'schen Sinne ist für den individualisierten Menschen der Moderne sogar unmöglich geworden, so wollte es Weber erkannt haben. "Rationalisierung" ist für ihn die Triebkraft des Kapitalismus und der modernen "entzauberten Welt".