Pakistan

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Robert Ketelhohn
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Pakistan

Beitrag von Robert Ketelhohn »

<img align=right hspace=10 src=http://patdollard.com/wp-content/uploads/abhutto1.jpg>Benazir Bhutto ermordet

Die pakistanische Oppositionspolitikerin und zweifache frühere Ministerpräsidentin Benazir Bhutto ist heute in Rawalpindi im Anschluß an eine Wahlkampfveranstaltung ermordet worden. Als sie in ihr Automobil steigen wollte, feuerte ein Attentäter mehrere Schüsse auf Frau Bhutto ab. Sekunden später detonierte ein Sprengsatz und tötete den Attentäter und mindestens zwanzig umstehende Personen. Frau Bhutto wurde zur Notoperation in ein Krankenhaus gebracht, wo sie wenig später für tot erklärt wurde. In ganz Pakistan kommt es seit dem Bekanntwerden des Anschlags zu Tumulten.

Soweit die Nachrichten. Über den Täter und mutmaßliche Hintermänner ist bislang nichts bekannt. Einiges aber läßt sich sehr sicher feststellen:
• Wer Benazir Bhutto ermordet oder ihre Ermordung veranlaßt hat, wollte, daß Pakistan explodiert.
• Wer wollte, daß Pakistan explodiert, wollte einen Anlaß schaffen, Maßnahmen gegen eine chaotische Lage in Pakistan und dadurch bedingte unkalkulierbare islamistisch-terrioristische Risiken zu setzen.
• Eine chaotische Lage in Pakistan kann hervorragend als Vorwand dienen, die Nato-Besatzungsarmee in Afghanistan aufzustocken und zu perpetuieren, unter Umständen auch in Pakistan selbst direkt militärisch einzugreifen.
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Abgetrennt betrachtet von der Hegelschen List der Vernunft: Vielleicht handelt es sich bei dem Attentat um eine Abstimmung mit anderen Mitteln.

Bezeichnend: Unisono sprechen westlich orientierte Berufspolitiker von einem "feigen" Anschlag.

Es ist eher feige, wenn man z.B. von einem Hubschrauber aus Raketen auf unbewaffnete Palätinenser abfeuert.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Kurt
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Beitrag von Kurt »

RP Online hat geschrieben:Das Terrornetzwerk Al Qaida hat sich nach Angaben eines pakistanischen Fernsehsenders zu dem Attentat auf Oppositionspolitikerin Benazir Bhutto bekannt.

John Grantham
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Re: Pakistan

Beitrag von John Grantham »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Eine chaotische Lage in Pakistan kann hervorragend als Vorwand dienen, die Nato-Besatzungsarmee in Afghanistan aufzustocken und zu perpetuieren, unter Umständen auch in Pakistan selbst direkt militärisch einzugreifen.
Sei doch nicht so absurd. :roll:

NATO (USA inklusive) hat weder die verfügbaren Truppen noch der Willen, um irgendetwas in Afghanistan "aufzustocken", geschweige davon, Pakistan zu besetzen. (Oder wie erklärst Du, warum die USA ihre Nationalgarde -- die eigentlich seit jeher nur für den Heimatschutz gedacht war -- im Irak einsetzen muß, und die eigenen Regelungen für Einsatzperioden immer abschwächt, damit die Soldaten immer mehr im Einsatz sind? Den USA gehen wortwörtlich die Truppen aus und die sonstigen NATO-Länder haben kein Interesse, Bushs Abenteuer mitzumachen -- daher ziehen sie doch aus dem Irak ab!)

Außerdem hatte Bhutto eine Menge Feinde in Pakistan -- von Musharraf über Sharif bis hin zu Islamisten. Es hagelte Morddrohungen gegen sie in letzter Zeit, und das wußte sie. Die USA hatte sich auch mehrmals für Bhutto stark gemacht, da sie dem Westen deutlich freundlicher war als ihr Rivale Sharif. Ein Attentat gegen Bhutto macht also aus der NATO-Perspektive gar keinen Sinn. Und ein destabilisiertes Pakistan macht es umso wahrscheinlicher, daß Atombomben in die Hände von westenfeindlichen Islamisten fallen.

Gleich bei jedem Attentat eine Verschwörung daraus zu machen ist einfach lächerlich, vor allem wenn es eine einfachere Erklärung gibt. William of Ockham läßt grüßen. :roll:

Cheers,

John
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

John Grantham hat geschrieben:Sei doch nicht so absurd.
;D Falls deine Erinnerung schwächelt, kannst du z. B. hier noch mal nachlesen:
http://www.welt.de/politik/article10457 ... Kampf.html

Ferner erinnere ich daran, daß vor ein paar Tagen erst seitens französischer Militärkreise in Afghanistan verlautete, man habe dort Herrn Osama mehrfach sozusagen vor der Flinte gehabt; jedesmal habe das amerikanische Oberkommando befohlen, nicht zu feuern.
[/color]
John Grantham hat geschrieben:Ein Attentat gegen Bhutto macht also aus der NATO-Perspektive gar keinen Sinn.
Du hast die Dialektik des divide et impera nicht verstanden.
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:Sei doch nicht so absurd.
;D Falls deine Erinnerung schwächelt, kannst du z. B. hier noch mal nachlesen:
http://www.welt.de/politik/article10457 ... Kampf.html
Ausgerechnet Du zitierst die "Welt"? :roll:

Außerdem war Bhutto eine Notwendigkeit für die Politik der USA, um Pakistan zu stabilisieren und Musharrafs Regime zu legitimieren oder Musharraf gar zu ersetzen, denn in den USA herrscht panische Angst davor, daß die Atombombe in die falsche Hände fällt. Es ist schlicht unmöglich, daß die USA Pakistan besetzt oder angreift. Die USA hat die Truppen und den Willen nicht, Punkt.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ferner erinnere ich daran, daß vor ein paar Tagen erst seitens französischer Militärkreise in Afghanistan verlautete, man habe dort Herrn Osama mehrfach sozusagen vor der Flinte gehabt; jedesmal habe das amerikanische Oberkommando befohlen, nicht zu feuern.
Ein unbelegbarer Vorwurf, der mit dem Thema nichts zu tun hat.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:Ein Attentat gegen Bhutto macht also aus der NATO-Perspektive gar keinen Sinn.
Du hast die Dialektik des divide et impera nicht verstanden.
Du hast die militärischen und politischen Möglichkeiten der USA wild überschätzt (mal wieder). Man zerreißt doch nicht die eigene Trumpfkarte (Bhutto, eine westenfreundliche populäre Politikerin) kurz bevor sie gespielt wird.

Hätte Bhutto die Wahlen gewonnen -- was bis zu ihrem Tod als sicher galt -- hätten die USA eine westenfreundliche politische Führung und mehr Stabilität in Pakistan. Jetzt gibt es nur noch ein Trümmerhaufen, Musharraf ist geschwächt, die Chancen einer islamistischen Regime mit Atomwaffen in Pakistan ist drastisch gestiegen. Wenn Bhuttos Tod von den USA tatsächlich geplant war, wäre das mit Abstand die dämlichste Politik, die man sich vorstellen kann.*

Was ist die einfachere Erklärung, Robert? Bhuttos echte Feinde -- Islamisten -- haben sie ermordet, weil sie wußten, daß sie Pakistan näher an den Westen bringen würde und die Islamisten in Pakistan schwächen. Es ist logischerweise nicht notwendig, irgendeine Spinnerei von wegen die USA ist mal wieder Schuld auszudenken -- und sagt mehr über Deine Motive aus als die der USA.

Cheers,

John

* - Das ist das tolle an Verschwörungstheorien. Die Teilnehmer werden sowohl unvorstellbar geschickt als auch unglaublich dämlich dargestellt -- ein nicht aufzulösender Widerspruch. Aber was soll's, spinne mal weiter, kann sogar unterhaltsam sein. :P
Zuletzt geändert von John Grantham am Freitag 28. Dezember 2007, 16:17, insgesamt 1-mal geändert.
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overkott
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Beitrag von overkott »

Pakistan ist ein Beispiel dafür, dass eine Demokratie auch eine demokratische Kultur braucht.

Kennzeichen einer solchen Kultur ist die Bereitschaft zum gewaltlosen Machtwechsel.

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

overkott hat geschrieben:Pakistan ist ein Beispiel dafür, dass eine Demokratie auch eine demokratische Kultur braucht.

Kennzeichen einer solchen Kultur ist die Bereitschaft zum gewaltlosen Machtwechsel.
Das Problem in Pakistan ist immer wieder gewesen, daß das dortige Militär sich immer wieder in die Demokratie einmischt. (Öfter mal mit Unterstützung oder zumindest wohlwollendes Zuschauen der USA.) Die Ironie an der jüngsten Geschichte ist, die USA wollte endlich Musharraf dazu bringen, Wahlen zuzulassen und die Demokratie wieder einzuführen -- endlich ein Fall, wo die Bush-Regierung etwas richtig zu machen versucht -- und es geht in die Hose, weil sie alles von einer Person (Bhutto) abhängig gemacht haben.

Jetzt boykottiert Sharif die Wahlen als Reaktion auf Bhuttos Tod und damit ist jede Legitimität der pakistanischen Regierung hin, während die islamistischen Parteien als einzige in den Wahlen mitmachende Opposition deutlich gestärkt sind.

Cheers,

John
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ar26
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Wahrlich ein interessanter Teil der Welt

Beitrag von ar26 »

Ohne mich direkt an den Spekulationen über die Frage, wer die Dame auf dem Gewissen hat, beteiligen zu wollen, hier mal meine paar Groschen.

1. Zwar machte ein Attentat auf Fr. Bhutto seitens der USA keinen großen Sinn, für Musharraf gilt das aber nicht. Die Gefährdung seiner Macht durch Bhutto war glaub ich greifbar. Zudem hat Präsident Bush wohl eher auf Musharraf gesetzt.

2. Die Tatsache, daß irgendjemand vermeldet, Al-Kaida habe die Dame auf dem Gewissen, ist bisher wohl bestenfalls Zeugnis vom Hören-Sagen.

3. John, die Tatsache, daß für diverse militär. Operationen nicht genügend menpower zur Verfügung steht, hat bisher nicht immer von der Intervention abgehalten.

4. Gesetz dem Falle, die Lage in Pakistan würde sich derart verändern, daß tatsächlich die islamischen Extremisten eine Hand an die Macht bekämen - einige etablierte Medien spielen jetzt mit diesem Szenario - würde den USA und diesmal mit ihnen auch allen Verbündeten keine andere Wahl bleiben, als dort einzurücken. Denn im Gegensatz zum Irak, Iran oder Nordkorea befinden sich in Pakistan tatsächlich "weapons of mass destruction" (damit meine ich i.ü. nicht Msgr. Bugnini etc. :D ). Selbst die sonst zurückhaltende dt. Regierung würde in diesem Fall Truppen zur Verfügung stellen müssen, Frankreich, GB etc. ohnehin.

John Grantham
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Re: Wahrlich ein interessanter Teil der Welt

Beitrag von John Grantham »

ar26 hat geschrieben:1. Zwar machte ein Attentat auf Fr. Bhutto seitens der USA keinen großen Sinn, für Musharraf gilt das aber nicht. Die Gefährdung seiner Macht durch Bhutto war glaub ich greifbar. Zudem hat Präsident Bush wohl eher auf Musharraf gesetzt.
Bush hat auf beide gesetzt bzw. die Politik von Bhutto abhängig gemacht. Eine Fortführung des Musharraf-Regimes ohne ausdrückliche demokratische Bestätigung war nicht mehr haltbar.
ar26 hat geschrieben:3. John, die Tatsache, daß für diverse militär. Operationen nicht genügend menpower zur Verfügung steht, hat bisher nicht immer von der Intervention abgehalten.
Doch schon. Daher marschiert man nicht in den Iran, obwohl zwei Nachbarländer bereits besetzt wurden. :P

Im Ernst, die USA hat zwar etwa 1 Million Truppen weltweit, aber etwa die Hälfte sind nicht mal richtige Soldaten, sondern Support-Leute, und die allermeisten sind in div. Ländern wg. staatsvertraglichen Verpflichtungen (z.B. Korea oder Deutschland) oder sind bereits im Irak oder im Afghanistan im Einsatz. Daher müssen Regulär-Soldaten deutlich mehr Zeit im Einsatz verbringen, als die Vorschriften bisher erlaubt haben, und daher sind Nationalgardisten (die normalerweise nur am Wochenende aktiv sein müssen und ihren Heimatbundessstaat nie verlassen) auch im Irak und im Afghanistan im Einsatz.

Die einzige Möglichkeit, Truppen für weitere Aktionen zu finden, wäre die Wehrpflicht wieder einzuführen, was aber in den USA politisch kaum möglich ist, da man so schlechte Erfahrungen während des Vietnam-Krieges gemacht hat.
ar26 hat geschrieben:4. Gesetz dem Falle, die Lage in Pakistan würde sich derart verändern, daß tatsächlich die islamischen Extremisten eine Hand an die Macht bekämen - einige etablierte Medien spielen jetzt mit diesem Szenario - würde den USA und diesmal mit ihnen auch allen Verbündeten keine andere Wahl bleiben, als dort einzurücken. Denn im Gegensatz zum Irak, Iran oder Nordkorea befinden sich in Pakistan tatsächlich "weapons of mass destruction" (damit meine ich i.ü. nicht Msgr. Bugnini etc. :D ). Selbst die sonst zurückhaltende dt. Regierung würde in diesem Fall Truppen zur Verfügung stellen müssen, Frankreich, GB etc. ohnehin.
Das mag zwar sein, aber der Vorwurf, die USA hätte diese Situation vorsätzlich ausgelöst ist daneben. Die USA kann sich im Moment keinen weiteren Krieg leisten -- weder finanziell noch ressourcentechnisch. Einen Einmarsch in Pakistan wäre im Vergleich zum Irak eine völlig andere Dimension -- und im Irak hatte die USA bis zu 250.000 Truppen im Einsatz zum Anfang, jetzt etwa 130.000. Das heißt, man bräuchte weitere 250.000-400.000 ausgebildete und ausgerüstete Truppen, um irgendetwas im Pakistan effektiv zu machen -- Truppen, die es einfach nicht gibt.

Cheers,

John
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Also ich halte auch nichts von Roberts Theorien hier, aber zum Thema Einmarsch sei auf die Reaktion des Präsidentschaftskandidaten Ron Paul hingewiesen:
"Now I'm scared to death that we're gonna be marching in there and have another war."

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Was ihr immer gleich "Einmarsch" denkt... anscheinend versteht ihr die Taktik (sollte es eine solche geben) wirklich nicht. Daher Hilfsfragen: sind die Amerikaner im Oktober 2000 nach Jugoslawien einmarschiert ("Bulldozer-Revolution")? Ende 2003 nach Georgien ("Rosenrevolution")? Oder Ende 2004 in die Ukraine ("orange Revolution")? März 2005 Kirgisien ("Tulpenrevolution")? Haben sie's in Weißrußland ("Jeansrevolution") versucht? :mrgreen:

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Nietenolaf hat geschrieben:Was ihr immer gleich "Einmarsch" denkt... anscheinend versteht ihr die Taktik (sollte es eine solche geben) wirklich nicht. Daher Hilfsfragen: sind die Amerikaner im Oktober 2000 nach Jugoslawien einmarschiert ("Bulldozer-Revolution")? Ende 2003 nach Georgien ("Rosenrevolution")? Oder Ende 2004 in die Ukraine ("orange Revolution")? März 2005 Kirgisien ("Tulpenrevolution")? Haben sie's in Weißrußland ("Jeansrevolution") versucht? :mrgreen:
Sie benutzen dafür ihre HIWIS und ihre Fünften Kolonnen, sie setzen nach Abschluß des Putsches Satrapen ein; damit läßt sich die Herrschaft durch Fremde besser tarnen & "legintimieren". Bei den Sowjets ging das vergleichsweise offener & ehrlicher zu.

Die Angloamerikaner sind mit Abstand das Verlogenste und Infamste, was die Menschheit bislang ausgeschwitzt hat. Das kann man schon wieder zu bewundern.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Ergibt aber hier keinen Sinn, da sowohl Musharraf als auch Bhutto Proamerikanisch sind/waren.

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ar26
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Beitrag von ar26 »

Leguan hat geschrieben:Ergibt aber hier keinen Sinn, da sowohl Musharraf als auch Bhutto Proamerikanisch sind/waren.
Eben, von daher sind Verschwörungstheorien hier fehl am Platz. Mit ein wenig Nachdenken kann man den USA allerdings auch hier Versagen nachweisen ;D .
John Grantham hat geschrieben:m Ernst, die USA hat zwar etwa 1 Million Truppen weltweit, aber etwa die Hälfte sind nicht mal richtige Soldaten, sondern Support-Leute, und die allermeisten sind in div. Ländern wg. staatsvertraglichen Verpflichtungen (z.B. Korea oder Deutschland) oder sind bereits im Irak oder im Afghanistan im Einsatz. Daher müssen Regulär-Soldaten deutlich mehr Zeit im Einsatz verbringen, als die Vorschriften bisher erlaubt haben, und daher sind Nationalgardisten (die normalerweise nur am Wochenende aktiv sein müssen und ihren Heimatbundessstaat nie verlassen) auch im Irak und im Afghanistan im Einsatz.
Du bestätigst, was ich behauptet habe. Die USA waren eigentlich schon nicht in der Lage, die Irak-Invasion zu bewältigen. Das hätte ihnen 2003 auch klar sein müssen, genauso wie ihnen klar war, daß der Irak bestenfalls eine minimale Bedrohung gewesen ist.
Dennoch sind sie einmarschiert. Einer politischen Logik folgend, die Ende des letzten Jahrhunderts entwickelt wurde und nach den Erreignissen des 11.9.2001 mit vollen Kriegskassen in die Wirklichkeit umgesetzt werden konnte.

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Leguan hat geschrieben:Ergibt aber hier keinen Sinn, da sowohl Musharraf als auch Bhutto Proamerikanisch sind/waren.
So ist es. Deshalb ist Musharraf der nächste, sofern Al Quaida die Gelegenheit dazu erhält.

Dann haben die USA ein ernstes Problem!

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Nietenolaf hat geschrieben:Was ihr immer gleich "Einmarsch" denkt... anscheinend versteht ihr die Taktik (sollte es eine solche geben) wirklich nicht. Daher Hilfsfragen: sind die Amerikaner im Oktober 2000 nach Jugoslawien einmarschiert ("Bulldozer-Revolution")? Ende 2003 nach Georgien ("Rosenrevolution")? Oder Ende 2004 in die Ukraine ("orange Revolution")? März 2005 Kirgisien ("Tulpenrevolution")? Haben sie's in Weißrußland ("Jeansrevolution") versucht? :mrgreen:
Warum sollen sie Muscharraf oder Bhutto stürzen, wenn sie bereits proamerikanisch sind? Das macht nicht im Geringsten Sinn.

Sollte es eine solche 'Revolution' in Pakistan geben, wäre das Ergebnis eher islamistisch und antiwestlich. Würde man Musharraf und Bhutto stürzen, wäre tatsächlich ein Einmarsch notwendig, um den Alptraum der USA zu vermeiden -- ein islamistisches Land mit der Atombombe, schlimmer noch, mit engen Verbindungen zu den Taliban und al-Qaeda über Pakistans Geheimdienst ISI.

Eine Bombardierung aus der Luft wie bei Serbien würde kaum etwas bringen -- im Gegenteil, es wäre kontraproduktiv, da Pakistan bereits die Atomwaffe hat.

Daher macht Roberts These der Mitwirkung der USA bei Bhuttos Tod gar keinen Sinn. Die USA ist (neben Pakistan selbst) der größte Verlierer in diesem Fall, denn die Risiken für die USA sind nun enorm gestiegen und die Aussichten düster.

Cheers,

John
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

ar26 hat geschrieben:
Leguan hat geschrieben:Ergibt aber hier keinen Sinn, da sowohl Musharraf als auch Bhutto Proamerikanisch sind/waren.
Eben, von daher sind Verschwörungstheorien hier fehl am Platz. Mit ein wenig Nachdenken kann man den USA allerdings auch hier Versagen nachweisen ;D .
Sage ich ja -- die Bush-Regierung hat alles von einem Abkommen zwischen Bhutto und Musharraf abhängig gemacht, und in den Verhandlungen stand sie eher auf Bhuttos Seite. Jetzt wo Bhutto tot ist, gibt es offensichtlich keinen Plan B, erst recht nicht, wo Sharif die Wahlen boykottiert. Die ganze Politik der USA bzgl. Pakistan ist in einer Sackgasse.
ar26 hat geschrieben:
John Grantham hat geschrieben:m Ernst, die USA hat zwar etwa 1 Million Truppen weltweit, aber etwa die Hälfte sind nicht mal richtige Soldaten, sondern Support-Leute, und die allermeisten sind in div. Ländern wg. staatsvertraglichen Verpflichtungen (z.B. Korea oder Deutschland) oder sind bereits im Irak oder im Afghanistan im Einsatz. Daher müssen Regulär-Soldaten deutlich mehr Zeit im Einsatz verbringen, als die Vorschriften bisher erlaubt haben, und daher sind Nationalgardisten (die normalerweise nur am Wochenende aktiv sein müssen und ihren Heimatbundessstaat nie verlassen) auch im Irak und im Afghanistan im Einsatz.
Du bestätigst, was ich behauptet habe. Die USA waren eigentlich schon nicht in der Lage, die Irak-Invasion zu bewältigen.
Doch schon. Irak in 2003 war nach den vielen Jahren des Embargos kaputt und militärisch eine Null. Ein militärischer Sieg der USA -- mit oder ohne Verbündeten -- war gewiß. Die Frage war nur, was die Bush-Regierung nach dem Anfang der Besatzung macht, und da hat sie von vorne bis hinten alles falsch gemacht, was falsch zu machen war. Die Inkompetenz und das Unwissen der Bush-Regierung ist unglaublich.

Hätte sie vom Anfang an General Petraeus dabei gehabt -- der ist nämlich der absolute Fachmann im US-Militär für Besatzung und Antiguerilla-Aktionen -- wäre alles deutlich anders verlaufen. Hätte sie vom Anfang an mehr Mitwirken von Irakern beim Wiederaufbau zugelassen, anstatt alles an Halliburton & Co. weiterzugeben (und das ohne mehrere Angebote von Konkurrenten einzuholen, ein beispielloser Fall von Korruption und Inkompetenz), hätten die Iraker von vorne herein mehr Interesse daran gehabt. Hätte sie vom Anfang an die "de-Baathification" nicht so streng durchgezogen, hätten sie mehr kompetente Leute in der irakischen Regierung gehabt. Und so weiter und so fort.

Also rein militärisch war ein Krieg gegen Irak durchaus eine leichte Sache, aber die Inkompetenz der Bush-Regierung hat hunderttausenden Irakern und mehreren Tausend US- und alliierten Soldaten das Leben gekostet. Und der Irak ist nun ein Sumpf, aus dem das US-Militär nicht so leicht rauskommen kann.

Daher müssen dort etwa 130.000 Soldaten bleiben, neben den etwa 20.000 in Afghanistan, die weiterhin im Einsatz sind. Wäre die Besatzung im Irak zu Ende, könnten die USA einen weiteren Krieg anfangen, aber so wie die jetzige Situation ist, ist sie schlicht nicht dazu in der Lage, weil das US-Militär nur dafür ausgerichtet ist, zwei Kriege auf einmal zu bewältigen. Ein Angriff auf Pakistan oder den Iran könnte die USA höchstens von der Luft oder vom Meer machen -- aber im Gegensatz zu Serbien sind der Iran und Pakistan große gut ausgerüstete Länder, die einen Luftangriff hinnehmen könnten und zurückschlagen könnten (z.B. der Iran könnte den persischen Golf völlig sperren und mit russischen Shkval-Torpedos und Yakhont- oder Moskit-Raketen die beiden US-Flotten dort vernichten).

Das heißt, die jetzige Situation ist völlig anders als in 2003. Klar war der Irak keine echte Bedrohung für die USA, aber damals gab es auch keine ernsthafte Bedrohung sonstwo in der Welt -- man konnte sich mal eben einen Krieg leisten. Heute hat man Drohungen aus Korea, dem Iran, und nun auch Pakistan, vielleicht sogar Taiwan -- und hat keine Reserven mehr.

Cheers,

John
Zuletzt geändert von John Grantham am Freitag 28. Dezember 2007, 23:42, insgesamt 2-mal geändert.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

John, ich habe in meinem Eröffnungsbeitrag von den USA überhaupt nicht geredet. Die hast du in die Debatte eingeführt. Auf deinen Widerspruch hin habe ich dich lediglich daran erinnert, daß es in den USA sehr wohl Kräfte gibt, die militärische Operationen auf pakistanischem Territorium befürworten.

Daß es nicht im Interesse der USA liegt, wenn Pakistan in die Luft fliegt, darüber sind wir uns völlig einig. Aber nicht jeder, der in der amerikanischen Politik etwas zu melden hat, vertritt die Interessen Amerikas und des amerikanischen Volks.

Es lag und liegt auch nicht im Interesse des amerikanischen Volks, Krieg gegen Afghanistan, Irak, Iran, Serbien oder sonst wen zu führen.

Offensichtlich herrscht in den USA zwischen einer Kriegspartei und eher traditionellen Eliten (die indes auch keine Waisenknaben sind) ein erbittertes Tauziehen um die Frage eines Angriffs auf den Iran. Ich habe darauf seit längerem immer wieder hingewiesen. Die Kriegspartei hat dabei jüngst erneut Federn lassen müssen. Denk an den CIA-Bericht, der „eingestand“, die Perser hätten ihr (angebliches) Atomwaffenprogramm bereits 2003 eingestellt. Natürlich gibt es auch weiterhin keinerlei Belege, daß der Iran jemals ein solches Programm gehabt habe. Aber mit diesem geschickten Schachzug hat man einerseits der Kriegspartei die Begründung für einen Angriff genommen, andererseits aber mit Blick auf eigene frühere Behauptungen das Gesicht gewahrt. Überraschend war für mich, daß hier die CIA plötzlich nicht mehr auf seiten der Kriegspartei stand. Das dürfte auch damit zusammenhängen, daß man von Bush & Co. zu oft im Regen stehen gelassen worden war.

Aber zurück zu Pakistan. Ich kann ohne weiteres Gruppierungen und Personen in den USA und anderswo ausmachen, die an einer eskalierenden Entwicklung in Pakistan interessiert sind, welche die USA zu weiteren Maßnahmen zwänge (oder zu zwingen schiene). Diese Frage nach der Interessenlage aller irgendwie Involvierten stellt sich der Kriminalist in jedem Mordfall, und wenn es um politische Morde und politische Interessen geht, sollte man das erst recht tun.

* * *

Roman, der Hinweis auf Serbien, Georgie etc. ist zwar immer angebracht, jedoch ist die Situation dieser Länder mit jener Pakistans nicht vergleichbar. Dort ging es um Einflußnahme und Umsturz. Hier geht es meines Erachtens um gezieltes Zündeln. Der Zweck ist der Krieg, wie schon vor annähernd einem Menschenalter in Afghanistan. Nein, seit annähernd einem Menschenalter.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

John Grantham hat geschrieben:… die Risiken für die USA sind nun enorm gestiegen und die Aussichten düster.
Düstere Aussichten, jawohl. Es gibt aber Leute, deren Metier das ist. Die tragen darum auch Kampfnamen wie Prince of Darkness.
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Robert Ketelhohn hat geschrieben:John, ich habe in meinem Eröffnungsbeitrag von den USA überhaupt nicht geredet. Die hast du in die Debatte eingeführt. Auf deinen Widerspruch hin habe ich dich lediglich daran erinnert, daß es in den USA sehr wohl Kräfte gibt, die militärische Operationen auf pakistanischem Territorium befürworten.
Du hast von NATO gesprochen, und das Land, das NATO führt, ist die USA. Der klare Vorwurf war, daß es in NATOs Interesse sei, wenn Bhutto ermordet wird. Denn Du sagtest:
Robert Ketelhohn hat geschrieben: Eine chaotische Lage in Pakistan kann hervorragend als Vorwand dienen, die Nato-Besatzungsarmee in Afghanistan aufzustocken und zu perpetuieren, unter Umständen auch in Pakistan selbst direkt militärisch einzugreifen.
"Vorwand" hört sich schwer nach "Vorsatz" an. Und daß NATO nun die Situation irgendwie auszunutzen vermag, halte ich weiterhin für absurd. Es gibt nichts nützliches für NATO oder die USA von Bhuttos Tod und die Politik der Bush-Regierung in Pakistan ist beinahe getilgt worden -- ein Totalversagen. Ein GAU.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Daß es nicht im Interesse der USA liegt, wenn Pakistan in die Luft fliegt, darüber sind wir uns völlig einig. Aber nicht jeder, der in der amerikanischen Politik etwas zu melden hat, vertritt die Interessen Amerikas und des amerikanischen Volks.

Es lag und liegt auch nicht im Interesse des amerikanischen Volks, Krieg gegen Afghanistan, Irak, Iran, Serbien oder sonst wen zu führen.
Ob diese Personen tatsächlich im Interesse der Amerikaner handeln, ist eine Sache. Daß sie meinen, in diesem Interesse zu handeln, darüber läßt sich streiten -- aber die meisten denken, sie tun genau das. (Der amerikanische Idealismus wird von Europäern so gut wie nie verstanden oder wahrgenommen. Ihr seid dazu einfach zu zynisch.) Das ist das, was sie eigentlich so gefährlich macht -- sie sind von ihrem Idealismus so verblendet, daß sie sich anderen aufzwingen wollen. Utopia at the point of a gun.

Daß die Situation von bösartigen Gestalten und Profiteuren auch ausgenutzt wird, ist mir klar -- aber die melsten s.g. Neokonservativen sind (leider!) Idealisten und Träumer, die meinen, Demokratie und Freiheit könne man durch Krieg realisieren.

Andererseits muß man sagen, es kann u.U. tatsächlich im Interesse Amerikas sein, Krieg gegen z.B. den Iran zu führen, wenn der Iran wirklich vor hätte, Atomwaffen zu bauen und gegen z.B. Israel, Europa oder die USA selbst anzuwenden (was leider nicht ausgeschloßen werden kann). Es war auch im Interesse Amerikas, die Taliban zu stürzen und bin Laden zu finden. Soll nicht heißen, daß ich Krieg befürworte (um Himmels Willen) aber manchmal muß ein Land sich wehren.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Offensichtlich herrscht in den USA zwischen einer Kriegspartei und eher traditionellen Eliten (die indes auch keine Waisenknaben sind) ein erbittertes Tauziehen um die Frage eines Angriffs auf den Iran. Ich habe darauf seit längerem immer wieder hingewiesen. Die Kriegspartei hat dabei jüngst erneut Federn lassen müssen. Denk an den CIA-Bericht, der „eingestand“, die Perser hätten ihr (angebliches) Atomwaffenprogramm bereits 2003 eingestellt. Natürlich gibt es auch weiterhin keinerlei Belege, daß der Iran jemals ein solches Programm gehabt habe. Aber mit diesem geschickten Schachzug hat man einerseits der Kriegspartei die Begründung für einen Angriff genommen, andererseits aber mit Blick auf eigene frühere Behauptungen das Gesicht gewahrt. Überraschend war für mich, daß hier die CIA plötzlich nicht mehr auf seiten der Kriegspartei stand. Das dürfte auch damit zusammenhängen, daß man von Bush & Co. zu oft im Regen stehen gelassen worden war.
Die CIA war nie auf Bushs Seite. George Tenet, der damalige Direktor der CIA, war von der CIA selbst nie besonders beliebt, und Tenet hat Bush nur erzählt, was er hören wollte -- die CIA war nicht gerade begeistert. In so fern überrascht mich der Bericht nicht so sehr. Was mich allerdings überrascht, ist daß der Bericht von ALLEN Geheimdiensten gemeinsam verfaßt und unterschrieben wurde (die CIA ist nur eins von vielen Geheimdiensten in den USA).

Der Pentagon war auch nicht unbedingt auf Bushs Seite. Das US-Militär ist alles andere als kriegsgeil -- man denke an Powell, der eigentlich lieber Diplomatie versuchen wollte (und Vietnam durchgemacht hat). Man hat sich die Finger genug verbrannt, daß man Kriege lieber vermeiden will -- oder wenn man Krieg führt, dann mit einem so massiven Einsatz, daß der Sieg rasant schnell und endgültig ist (bevor das amerikanische Volk den Mut verliert, wie in Vietnam und fast in Korea). Rumsfeld aber hatte andere Ideen und hat den Kommandeuren absichtlich so wenig Truppen und Material gegeben, wie möglich -- als Experiment sozusagen. Der Preis: Ein Guerillakrieg und Terrorkampagne, wo beides hätte vermieden werden können.

Im Falle Irans kommt die weitere Dimension der russischen Rüstung hinzu, denn der Iran hat hochentwickelte Anti-Schiff-Raketen von Rußland gekauft, vor denen die US-Marine wehrlos ist. (Die Russen damals konnten beim Wettrüsten der Flotten nicht mithalten, also entwickelten sie Rakete, die auf dem Gipfel der technologischen Entwicklung sind. Dazu zählen die Shkval- und Moskit-Reihen.) Die US-Kriegsmarine hat keine Lust, zwei, vielleicht drei Flotten zu verlieren -- sie wissen ganz genau, daß das passiert, wenn der Iran anfängt, ihre Flugzeugträger als Zielscheibe zu verwenden. Die US-Armee steckt im Irak und Afghanistan fest. Und das amerikanische Volk ist kriegsmüde.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber zurück zu Pakistan. Ich kann ohne weiteres Gruppierungen und Personen in den USA und anderswo ausmachen, die an einer eskalierenden Entwicklung in Pakistan interessiert sind, welche die USA zu weiteren Maßnahmen zwänge (oder zu zwingen schiene). Diese Frage nach der Interessenlage aller irgendwie Involvierten stellt sich der Kriminalist in jedem Mordfall, und wenn es um politische Morde und politische Interessen geht, sollte man das erst recht tun.
Was solche Personen wollen und was sie können sind völlig unterschiedlich. Die Neokonservativen sind völlig diskreditiert und am Rückzug. Der Pentagon will keinen weiteren Krieg. Die CIA auch nicht. Die einzigen mir bekannten Figuren, die einen Krieg im Pakistan auslösen, würden das eher aus Naïveté machen als Vorsatz -- wie Barack Obama, der vor ein paar Monaten von einem Militärschlag im Pakistan sprach, um bin Laden zu finden. Offensichtlich hat er die Konsequenzen eines solchen Anschlags nicht durchdacht (wie Hillary Clinton in der Debatte gnadenlos klarstellte).

Cheers,

John
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Esperanto
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Beitrag von Esperanto »

Eben weil die CIA jetzt in Sachen persischer Atombombe Entwarnung gegeben hat, braucht Bush einen anderen Kriegsgrund in der Region. Und ein islamistisches Pakistan im Besitz der Atombombe ist doch ein sogar noch viel besseres Persien mit Atombombe!

John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Esperanto hat geschrieben:Eben weil die CIA jetzt in Sachen persischer Atombombe Entwarnung gegeben hat, braucht Bush einen anderen Kriegsgrund in der Region.
Unsinn.

Zu welchem Zweck? Mit welchen Mitteln? Was soll es der Bush-Regierung überhaupt bringen?

Das US-Militär ist überspannt und ermüdet, auch ein wenig demoralisiert. Die US-Bevölkerung ist kriegsmüde und hat keinen Bock auf einen weiteren Krieg (Umfragen zufolge wollen die meisten Amerikaner sofort aus dem Irak zurückziehen). Beide Kammer des Kongresses sind in der Hand der oppositionellen Demokraten, die wiederum einen Rückzug aus dem Irak fordern. Der Pentagon ist immer noch sauer wegen der "Reformversuche" Rumsfelds, die völlig nach hinten losgingen, und mittlerweile ist Gates Verteidigungsminister -- und er gilt als gemässigt und vorsichtig. Und die NATO-Verbündeten schaffen es nicht mal, Afghanistan zu befriedigen, da sie die dafür ausgelegten Truppen und Rüstung nicht haben (NATOs Militäre sind immer noch hauptsächlich für einen Verteidigungskrieg in Europa ausgelegt, nicht für mobile Einsätze in fernen Ländern).

Und außerdem haben die NATO-Länder ebenfalls keinen Bock auf einen neuen Krieg -- sogar Polen und Großbritannien, Amerikas engste Verbündete in Europa, ziehen sich aus dem Irak zurück und betrachten die Bush-Regierung skeptisch.

Ich wiederhole: Die USA und die sonstigen NATO-Länder haben weder die Mittel noch den Willen, um einen Krieg in Pakistan oder im Iran anzufangen. Daher sind die Iraner auch gar nicht eingeschüchtert und machen mit der Urananreicherung weiter, obwohl zwei ihrer Nachbarländer von den USA und NATO besetzt worden sind. Sie wissen ganz genau, daß sie nichts zu befürchten haben.

Cheers,

John
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

John Grantham hat geschrieben:Das Problem mit Ron Paul ist, für jede interessante Position er nimmt, hat er eine Position, die völlig verrückt ist. Er will z.B. "letters of marque" wieder verwenden -- das heißt, Privatarmeen im Namen der USA beauftragen, die u.a. mit der Beute ihrer Militäroperationen belohnt werden. Von wegen er ist gegen Gewalt -- letters of marque machen Krieg ohne Kriegserklärung juristisch möglich!
Ron Paul hat jeden Krieg, den die Vereinigten Staaten seit dem zweiten Weltkrieg geführt haben, abgelehnt, weil es keine Kriegserklärung durch den Kongress gegeben hat.
Wenn er darauf hinweist, daß die einzigen Möglichkeiten, die die Verfassung vorsieht entweder eine Kriegserklärung durch den Kongreß oder die Ausstellung eines letters of marque ist, heißt das nicht, daß er Krieg ohne Kriegserklärung möglich machen will.
Vor allem in diesem Forum dürfte das hier für Zündstoff sorgen -- er will es homosexuellen Partnerschaften gestatten, Kinder zu adoptieren.
Hast Du irgendeine Quelle dafür? Hört sich für mich stark nach Propaganda an.
Auf allen Schwulenseiten wird als böse dargestellt, da er angeblich in DC dafür gestimmt hat, Homosexuellen Adoptionen zu verbieten.
Bei näherem hinsehen, hat er für ein Gesetz gestimmt, das jegliche finanziellen Hilfe bei Adoptionen bei Nichtverheirateten und Nichtverwandten verbietet.
Ansonsten konnte ich zu dem Thema nichts finden.
Beim näheren Hinschauen haben seine Positionen andere Wiedersprüche -- er will angeblich Menschenrechte enorm stärken, befürwortet aber Strafen für Leute, die die US-Flagge verbrennen (er ist nur dagegen, daß solches auf Bundesebene bestraft wird, befürwortet es auf Bundesstaatsebene).
Er hat nirgends gesagt, daß er es auf Staatenebene befürwortet. Er ist lediglich dagegen, es den Staaten auf Bundesebene zu verbieten, solche Gesetze zu erlassen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Welt (29. Dezember 2007) hat geschrieben:[right]http://www.welt.de/multimedia/archive/0 ... 71069g.jpg[/right]
Benazir Bhuttos Tod wird immer mysteriöser

Starb Benazir Bhutto durch eine Schussverletzung? Oder an einer Kopfwunde infolge der Explosion? Steckt al-Qaida hinter dem Mord? Oder jemand ganz anderes? Die Hintergründe und der Hergang der Tat werden immer unklarer. Vor allem die pakistanische Regierung verstrickt sich in Widersprüche.

Von Philipp Neumann

Für Hamid Nawaz ist die Sache klar: „Wir haben Beweise, dass al-Qaida und die Taliban hinter dem Selbstmordanschlag auf Benazir Bhutto stecken.“ Damit ist für den pakistanischen Innenminister „das ganze Geheimnis“ hinter dem Attentat aufgeklärt. Sein Ministerium veröffentlicht passend dazu ein Protokoll eines abgehörten Telefonats. Darin gratuliert der mutmaßliche Chef von al-Qaida in Pakistan zum gelungenen Attentat.

Das war am Freitagabend. Einen Tag später ist nichts mehr klar. Der al-Qaida-Chef dementiert jede Beteiligung an Bhuttos Tod. Augenzeugen berichten, die pakistanische Oppositionspolitikerin sei erschossen worden. Die Regierung dagegen teilt mit, sie sei an den Folgen eines Schädelbruchs gestorben. Es gibt Anschuldigungen und Verdächtigungen. Fakten gibt es kaum. Bhuttos Tod entwickelt sich zum Politkrimi. Vor allem aber heizt er die Proteste in Pakistan an. Die Lage im Innern der Atommacht wird immer explosiver.

Der Beweis, auf den sich Innenminister Nawaz vor allem stützt, besteht aus zwei Sätzen: „Das war eine eindrucksvolle Arbeit. Es waren sehr mutige Jungs, die sie getötet haben.“ Die Sätze stehen in einem Protokoll, das die pakistanische Polizei von einem abgefangenen Telefonat angefertigt haben will. „Sie“, das ist nach Meinung der Regierung das Opfer Bhutto. Und der Anrufer soll Baitullah Mehsud sein, der angebliche Anführer von al-Qaida in Pakistan.

„Bei dem Telefonat handelt es sich um ein Hörspiel“, widerspricht Mohammed Omar am Samstag. […] Auch Bhuttos Anhänger zweifeln an der Täterschaft von Taliban und al-Qaida. „Diese Geschichte erscheint fingiert und nicht zutreffend“, sagt ein Sprecher ihrer Pakistanischen Volkspartei PPP. […]

So mysteriös wie die Hintergründe des Attentats erscheint inzwischen sein tatsächlicher Hergang. Der britische Fotograf John Moore war einer der Augenzeugen, die Bhuttos Wahlkampfauftritt in Rawalpindi, einer Stadt im Norden des Landes verfolgt haben. […] „In dem Moment, als das Auto an mir vorbeifährt, sehe ich, dass Bhutto sich duckt. Ich höre mindestens zwei Schüsse.“ Im nächsten Moment geht wenige Meter entfernt eine Bombe hoch. […] Die offizielle Version des Innenministeriums liest sich anders. Danach stirbt Bhutto, weil sie sich schnell geduckt hat und ihr Kopf dabei auf einen Hebel des Schiebedachs ihres Wagens geprallt ist. […] Sherry Rehman, eine enge Mitarbeiterin der Politikerin nennt diese Darstellung „lächerlich“ und „gefährlichen Unsinn“. Auch sie sagt: „Es verschleiert, was wirklich geschehen ist.“ […] Sie wisse genau, was geschehen ist. Schließlich habe sie zum Zeitpunkt des Anschlags in Bhuttos Auto gesessen: „Die Kugel traf ihren Hinterkopf und trat auf der anderen Seite wieder aus.“ Vor der Beerdigung habe sie auch an der Waschung des Leichnams teilgenommen und erneut die Schusswunde im Kopf der Toten gesehen. […]

Von Schüssen und Kugeln aber ist in den jüngsten Stellungnahmen der Regierung keine Rede mehr. Im Gegenteil: Man habe keine Geschossteile finden können, berichtet das Innenministerium am Freitagabend. Todesursache sei die Schädelverletzung nach dem Stoß. Das Problem an dieser Darstellung ist: Sie steht im Widerspruch zu der Erklärung, die die Regierung unmittelbar nach dem Attentat am Donnerstag abgab. Damals war durchaus von Schussverletzungen die Rede. Die Regierung veröffentlichte sogar Röntgenbilder, auf denen ein runder Gegenstand in Bhuttos Kopf zu sehen ist. [weiter]
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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