Peregrin hat geschrieben:
Die nenne ich auch nicht "rechtsliberal", sondern "neocon". "Neoliberal-kapitalistisch" halte ich übrigens für eine linke Kampfvokabel, deren Definition mit völlig unklar ist; ich vermute, es gibt auch gar keine. Unter "rechtsliberal" verstehe ich die zarten Pflänzchen, die zB auf
wertewirtschaft.org oder teilweise im
ef-Magazin sprießen.
Hm. Also eigentlich würde ich die Begrifflichkeit genau umkehren.
Neokonsevativ, das wäre etwa Ronald Reagan, Bush II., jedenfalls eine Vorstellung von Politik, in der sich der Staat
wirtschaftspolitisch weitgehend zurückhält, um aber
gesellschaftspolitisch umso stärker für christlich-konservative Werte einzutreten. Neokonservativ wäre also das Gegenteil von dem, was sich manche unter dem Linksliberalismus so vorstellen. (Staat greift in die Wirtschaft ein, hält sich gesellschaftspolitisch aber zurück.)
Unter Rechtsliberalismus verstehe ich (auch/vorallem), daß der Staat zwar offensiver für "seine Werte" streitet, "Null Toleranz!" usw., aber die Werte, die eben kämpferisch und nicht so läppisch-gutmenschlich vertreten werden sollen, im Grunde "liberale" sind; emanzipatorische, säkulare usf.
Gemeinsamkeiten bestehen noch hinsichtlich der Außenpolitik, wo idealistische Ziele (Demokratisierung der Welt etc.) "realpolitisch" (also auch mittels Krieg) erreicht werden sollen.
eigentümlich frei wiederum hat ursprünglich versucht, eine Koalition von anarchokapitalistischen Bänkern und anarchistischen "Freidenkern" zu erreichen. Früher bestand das Logo im Editorial der Zeitschrift ja auch aus einem Irokesen-Punker, der nebem dem Abziehbild des fetten und Zigarre-rauchenden Bänkers steht. Aus verschiedenen Gründen hat man sich von dieser Strategie nun verabschiedet und versucht, eine Querfront zwischen libertären Anarchokapitalisten und Ultra-Reaktionär-Nationalistischen Christen zu schmieden. Großes Vorbild: Hans-Hermann Hoppe, dessen wichtigste These lautet, daß "dekadente" Menschen quasi ausgemendelt würden, wenn man den Sozialstaat nur abschaffte. Eine fragwürdige Hoffnung!
Andere ef-Autoren lehnen zwar diese "fragwürdige Hoffnung" ab, aber auch dort stellt sich wieder die Frage, wie das Christliche mit dem Libertarismus versöhnt werden soll. Christen sollten doch ein Interesse daran haben, daß z.B. die Gotteslästerung verboten oder wenigstens eingeschränkt wird. Mit ihr folglich auch die Redefreiheit. Warum sollten Libertäre daran ein Interesse haben, gerade wenn sich damit doch Geld verdienen ließe? Die gleiche Frage könnte man auch hinsichtlich der Prostitution, der Pornographie u.Ä. stellen. In ef wurde auch Partei für den "Kannibalen von Rothenburg" ergriffen, seine Tat zum "merkwürdigen Hobby" verklärt.
Trotzdem ist mir ef wesentlich -
wesentlich! - sympathischer als P.I.; ganz einfach deshalb, weil durch diesen konsequenten Libertarismus auch die Möglichkeit für Christen bestünde, sich zu entfalten, und sie sich über mehr definieren könnten, als nur darüber, gegen den Islam zu sein.
Die Inkorrekten hingegen sind nicht besser als die Korrekten. Sie sind nur die andere Seite der gleichen Medaille, die man aber getrost komplett im Gulli entsorgen könnte.
Insofern verzichtet ef auch auf einen emanzipatorisch-säkularen Antiislamismus. Ihr Ziel ist nicht, mit Alice Schwarzer auch die Muslime zu braven 68ern zu machen; sondern ihr Ziel ist, in Ruhe gelassen zu werden. Arne Hoffmann z.B., der in ef auch die Kolume "Feminismus oder Freiheit" schreibt, hat mehrmals Broder und Co. kritisiert. Mit einer eigentümlichen Freiheit könnte ich jedenfalls noch eher leben, weil es zumindest die Möglichkeit gebe, "in den eigenen Reihen" christlich zu sein.
Übrigens finde ich aber auch nicht, daß sich Christen jetzt unbedingt mit Muslimen solidarisieren sollten, um gegen den Feminismus, Schwule usw. zu streiten. Im Grunde denke ich immer öfter daran, was Robert Mäder einst gefordert hat: Wir bauen allein!
P.S.: Was "Neoliberalismus" ist, das ist natürlich umstritten. Ich persönlich verwende das Wort i.d.R. nur, um z.B. Hayek und Friedman gegenüber Adam Smith abzugrenzen. Als "linke Kampfvokabel" wird er i.d.R. benutzt, um den Liberalismus ggü. Hoppe z.B. abzugrenzen, bei dem ja die Vorstellung der "unsichtbaren Hand", die alles oder wenigstens das meiste zum Guten wende, durch die Idee des "Ausschuss", der "ins Ghetto" führe, ersetzt wurde. Aber das ist wieder ein weites Feld.
Edit: Nein, eigentlich wird er ja noch viel häufiger benutzt, aber ich habe jetzt erstmal genug geschrieben.
Orabo spiritu, orabo et mente; psallam spiritu, psallam et mente.