Xenokratie und Verfassungspatriotismus - Ursprünge

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Stephen Dedalus
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Xenokratie und Verfassungspatriotismus - Ursprünge

Beitrag von Stephen Dedalus »

Das ist eine Absplittung aus "Saddam Hussein - Todesurteil und Hinrichtung". - der Mod.
Ewald Mrnka hat geschrieben: Die Demütigung gehört für die Alliierten dazu. Das ist aber typisch für rabiate Menschenrechtsexporteure und anglo-amerikanische Demokraten. Das hat man nach 1945 hierzulande auch erlebt; da haben sie sich im Namen der "Gerechtigkeit" das Mütchen gekühlt.
Vor 1945 war es allerdings schlimmer. Während Briten und Amerikaner nach gewissen ethischen Regeln die Prozesse geführt haben, hat sich vor 1945 von den deutschen Machthabern niemand um diese Regeln geschert. Das Erschütternde am Aufstieg des Dritten Reiches war ja, daß eine scheinbar 'ziviliserte' Nation über den Zeitraum weniger Monate hinweg in eine Volksbarbarei verfallen konnte, ohne daß ein nennenswerter Prozentsatz der Bevölkerung dem entgegengetreten wäre. Die Entrechtung ganzer Bevölkerungsteile wurde widerstandslos hingenommen. Während die Synagogen brannten, stand die Feuerwehr und sah zu. Die Polizei war nur noch ein Verein von tatenlosen Uniformträgern.

Das Verhalten der Alliierten nach 1945 ist an vielen Stellen zu tadeln. Aber Einäugigkeiten sind hier fehl am Platze. Genau wie beiSaddam jetzt. Ich bin gegen dieses Todesurteil. Aber Eure Aussagen dazu sind abstoßend.
Saddam Hussein ist gefaßt und würdig gestorben.
Würdiger als er gelebt hat.

Ihr seid mit Euren 'subito santo'-Rufen ja fast schneller als die Pilger auf dem Petersplatz. :nein:
If only closed minds came with closed mouths.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Erschütternde am Aufstieg des Dritten Reiches war ja, daß eine scheinbar 'ziviliserte' Nation über den Zeitraum weniger Monate hinweg in eine Volksbarbarei verfallen konnte, ohne daß ein nennenswerter Prozentsatz der Bevölkerung dem entgegengetreten wäre. Die Entrechtung ganzer Bevölkerungsteile wurde widerstandslos hingenommen. Während die Synagogen brannten, stand die Feuerwehr und sah zu. Die Polizei war nur noch ein Verein von tatenlosen Uniformträgern.


Das ist so nicht ganz wahr. In Berlin und sogar Frankfurt haben Feuerwehrleute sich den Barbaren entgegengestellt und Feuer gelöscht. Ich bin kein Deutscher, aber nicht alle Deutsche waren 1938 Antisemiten und einige haben ihre eigene Familien und gesellschaftliche Position gefährdet um auch nur die jüdischen Gebäuden zu schützen (damals wurden noch nicht wirklich massiv Juden getötet, sicherlich nicht auf offener Straße). Es gab damals noch gewissenhafte Polizisten und Feuerwehrleute, wenn auch eine Minderheit. Als im Aachener Raum US-Soldaten Ende 1944 (wenn auch weniger als in Februar 1945 seitens der Sowjets in Pommern und Schlesien) sich Vergewaltigungen übergaben, standen die MPs auch dazu und lachten. Von den SS-Männer und Wehrmachtssoldaten kann man nicht einmal in Osteuropa sagen, daß sie sich an Russischen Frauen vergriffen haben wie die Russen und Engländer später an Deutschen Frauen. Die SS hat geplündert und systematisch Dörfer ausgerottet, aber nicht vergewaltigt (das verstieß gegen die Befehle, Befehl blieb Befehl).

Eine britische Version der Kristallnacht, die ein Verbrechen war, ist nicht immer die Realität gewesen in állen deutschen Städten. Und die Juden durften damals noch monatelang danach nach Madagaskar, Zypern und Palästina auswandern. Mit Schiffen wie "Tel Aviv" der Zionistensiedlungsorganisationen - unter Hakenkreuzfahne segelnd übrigens.
Das Verhalten der Alliierten nach 1945 ist an vielen Stellen zu tadeln. Aber Einäugigkeiten sind hier fehl am Platze. Genau wie beiSaddam jetzt. Ich bin gegen dieses Todesurteil. Aber Eure Aussagen dazu sind abstoßend.
Die Erschießungen bis 1946 hinein (wie die Vergewaltigungen von Frauen, auch in westlichen Sektoren) von willkürlichen SS-Leuten, vor allem denen die östlich der Oder-Neiße heimisch waren und denen keine Rückkehrmöglichkeit gegeben war, durch US-Amerikaner ist bekannt. Auch die Torturen, die sinnlosen Torturen von jungen Männern von 18 bis 20 Jahren, die ideologisch nichts zu verantworten hatten als ihre Pflicht für ihr Vaterland getan zu haben. (Dies ist keine Sympathie-Erklärung für das NS-Regime, wohl aber für die Verteidigung gegen die heranrückenden Sowjets.)
Ihr seid mit Euren 'subito santo'-Rufen ja fast schneller als die Pilger auf dem Petersplatz. :nein:
Ich glaube es ist eher Erbitterung über das "imperialistische" Verhalten Großbritanniens und vor allem der USA, als Sympathie für Saddam Hussein und die Ba'ath.

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Du hast gut und treffend gesprochen, lieber Athanasius. Ich bewundere Deine Fairness, mit der Du uns arme Deutsche behandelst.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Du hast gut und treffend gesprochen, lieber Athanasius. Ich bewundere Deine Fairness, mit der Du uns arme Deutsche behandelst.
Arm eigentlich wohl nur im moralischen oder historischen Sinne....Oder?

Westdeutschland war vor 1991 wirklich Finanzier großer Teile der nicht-kommunistischen, sogar der arabischen, Welt, direkt Nr. 2 nach den USA. Solche Wiedergutmacher können wohl nicht arm sein. :mrgreen:

Das ("arme" Deutsche) kriegen wir Holländer, wir passen ja auf unsere Pfennige und auch gerne auf die der anderen, nicht in unsere Kehlen runter. ;)

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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Athanasius2 hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Du hast gut und treffend gesprochen, lieber Athanasius. Ich bewundere Deine Fairness, mit der Du uns arme Deutsche behandelst.
Arm eigentlich wohl nur im moralischen oder historischen Sinne....Oder?

Westdeutschland war vor 1991 wirklich Finanzier großer Teile der nicht-kommunistischen, sogar der arabischen, Welt, direkt Nr. 2 nach den USA. Solche Wiedergutmacher können wohl nicht arm sein. :mrgreen:

Das ("arme" Deutsche) kriegen wir Holländer, wir passen ja auf unsere Pfennige und auch gerne auf die der anderen, nicht in unsere Kehlen runter. ;)
Ja, sicher im moralisch-historischen Sinne. Wirtschaftlich ging es den Deutschen bislang ja recht gut, aber nicht weil sie "reich" sind, sondern weil sie intelligent und fleißig waren; daher spielte und spielen sie den Zahlmeister für Viele. Aber damit wird bald Schluß sein.

Die Spezies verabsachiedet sich nämlich derzeit freiwillig aus der Geschichte (kein Wunder nach dem Streß zweier verlorener Kriege und der Xenokratie nach 45´) und außerdem ist die Bundesrepublik derart überschuldet, daß der Zusammenbruch nicht mehr zu verhindern ist.

Dann werden die Rest-Deutschen zusätzlich auch noch materiell-wirtschaftlich arm sein.

Mal sehen, was dann noch den Laden zusammenhält, wenn das Klingeln der Registrierkassen verstummt sein wird.

An die identitätsschaffende Kraft des "Verfassungspatriotismus" glaube ich nämlich nicht; ich vermute, es wird fürchterlich.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Athanasius2 hat geschrieben: Das ist so nicht ganz wahr. In Berlin und sogar Frankfurt haben Feuerwehrleute sich den Barbaren entgegengestellt und Feuer gelöscht. Ich bin kein Deutscher, aber nicht alle Deutsche waren 1938 Antisemiten und einige haben ihre eigene Familien und gesellschaftliche Position gefährdet um auch nur die jüdischen Gebäuden zu schützen (damals wurden noch nicht wirklich massiv Juden getötet, sicherlich nicht auf offener Straße).
Das ist so leider nur zu wahr. Ich habe nicht gesagt, daß die Deutschen alle Antisemiten waren. Sie waren es vor 1933 nicht und nach 1933 auch längst nicht alle. Der Antisemitismus war in anderen Ländern in der Bevölkerung wesentlich stärker verbreitet als in Deutschland, etwa in Frankreich oder Polen. Das macht die Sache aber eigentlich nur noch schlimmer. Hätten die Deutschen sich aus Überzeugung an den Pogromen beteiligt, könnte man ihnen wenigsten die Verblendung als mildernden Umstand anrechnen. Natürlich gab es auch Ausnahmen, wie Du sie oben ansprichst. Jedoch hatten solche Feuerwehrleute dann mit Sanktionen seitens ihrer Vorgesetzten zu rechnen...

Der Zusammenbruch nicht nur der Rechtsordnung, sondern auch des Rechtsgefühls nach Januar 1933 war total. Er war vorbereitet durch eine zunehmende Radikalisierung und Gewaltbereitschaft aller politischen Gruppen vor 1933, er war sozusagen nur deren Fortsetzung, jedoch nun gezielter und mit größerer Konsequenz. Die ersten Opfer waren ja auch keineswegs die Juden, sondern Kommunisten, Sozialdemokraten und andere politische Gegner.

Niemand leugnet, daß es zu Vergewaltigungen durch amerikanische und britische Soldaten gekommen ist, ebenso durch deutsche Soldaten. Aber das waren aufs Ganze gerechnet seltenere Fälle. Vergewaltigung als Massenphänomen ist eine Sache der Roten Armee gewesen.
Eine britische Version der Kristallnacht, die ein Verbrechen war, ist nicht immer die Realität gewesen in állen deutschen Städten. Und die Juden durften damals noch monatelang danach nach Madagaskar, Zypern und Palästina auswandern.
Ein mehr als unglücklicher Euphemismus. Sie durften also noch auswandern. Und wer zu blöd war, die Zeichen der Zeit richtig zu deuten, tja, der landete eben in Auschwitz.
Auch die Torturen, die sinnlosen Torturen von jungen Männern von 18 bis 20 Jahren, die ideologisch nichts zu verantworten hatten als ihre Pflicht für ihr Vaterland getan zu haben.
Vor dem Terror durch die Sowjets und die Alliierten kam allerdings der Terror durch die lokalen NSDAP- und SS-Schergen, die diese jungen Männer in den militärischen Dienst gezwungen haben und sie beim leisesten Anzeichen von Widerstand oder Aufgabebereitschaft abgeknallt haben. Von einer Pflicht für das Vaterland kann ich da leider nichts erkennen. Statt der erwarteten "Befreiung" kam dann die Bestrafung durch die Siegermächte - die weitaus schlimmer hätte ausfallen können, da ist man sich wohl einig.
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Ewald Mrnka
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Beitrag von Ewald Mrnka »

Ja, ja, wenn man erst einmal vergleich, aufrechnet und bilanziert, dann kommen schon interessante Details ans grelle Licht der Sonne.

In den Tagen meiner goldenen Jugend, da waren die Dinge wundervoll einfach und übersichtlich:

Es gab nur die bösen Deutschen und alles, was nicht Deutsch war, das war ausschließlich gut und unschuldig. Die Deutschen waren die Alleinschuldigen.

Das hätte man doch so stehen lassen können, es vereinfachte die Dinge so schön und man konnte sich wenigsten als Schuldweltmeister fühlen. So eine Schuldkultur hat ja durchaus auch ihren Reiz - in gewisser Hinsicht entlastet sie sogar.

Aber glücklicherweise haben wir ja unsere Nomenklatura, die diese Fiktion zu verewigen sucht und ihre praktische Politik daran orientiert. Schultikulti.
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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Die ersten Opfer waren ja auch keineswegs die Juden, sondern Kommunisten, Sozialdemokraten und andere politische Gegner.
Darunter also auch Mitglieder der Zentrumspartei, sogar der Deutschnationalen. Ich denke nur an die ermordeten (meist katholischen und preußisch-konservativen) Mitarbeiter Von Papens 1934.

Die Kommunisten und Sozialdemokraten haben zwar nach 1945 in der DDR bzw. der Bundesrepublik einen Opferkult rund um die eigenen ermordeten Genossen geschaffen, waren aber nur Opfer in der Reihe von vielen, inkl. Konservativen und sonstigen (z.B. Liberalen und vor Christdemokraten, ja sogar Stahlhelm und "links"-NSDAP'ler, die Brüder Straßer kommt da ins Gedächtnis, die nicht weniger antisemitisch als Himmler waren, dafür aber eine Zwangskollektivisierung wollten und nicht bloß Staatskontrolle über Großkapital privaten Eigentums).
Niemand leugnet, daß es zu Vergewaltigungen durch amerikanische und britische Soldaten gekommen ist, ebenso durch deutsche Soldaten. Aber das waren aufs Ganze gerechnet seltenere Fälle. Vergewaltigung als Massenphänomen ist eine Sache der Roten Armee gewesen.
Zum letzten stimme ich Dir zu. Aber deutsche Soldaten haben fast nirgendwo - obwohl sie Dörfer und ganze Regionen ausgerottet haben - vergewaltigt. Zwar Prostituierte angestellt und benutzt, aber nicht vergewaltigt. Die Amerikaner und Engländer aber schon - das habe ich direkt von einem deutschen Zeugen erfahren, dessen Vater dem NS-Regime zum Opfer fiel. Die SS hat gemordet, die Amerikaner aber vergewaltigt (und fast nicht gemordet und weniger geplündert, ausser in den Militärlagern).

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