Psychotherapie und Christentum

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Miranda
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Psychotherapie und Christentum

Beitrag von Miranda »

Ich möchte folgende Frage zur Diskussion stellen:

Ein Psychotherapeuth (keine Uni, sondern kleine Pfüfung Heilpraktiker, also keine Kassenzulassung; ansonsten von Beruf Krankenpfleger), Christ, hat eine Privatpraxis. Seine Stundensätze sind für alle Leute gleich: 45 Euro pro Stunde/Sitzung.
Wohlhabenden Patienten zahlen alles aus eigener Tasche; Leute mit weniger Geld oder ganz Arme können einen Antrag bei einer christlichen Organisation stellen, die entscheidet, ob sie die Kosten übernimmt. Sein Geld bekommt er also auf jeden Fall.
Nun ist es so, dass er trotzdem verlangt, dass absolut jeder - auch Leute, die so arm sind, dass sie in karitativen Einrichtungen essen gehen - einen zusätzlichen Eigenbeitrag bezahlt. Bei Studenten 5 Euro mindestens - von ganz Armen will er (bekommt er natürlich nicht, wenn sie schon in karitative Einrichtungen zum essen gehen) mindestens 2 Euro pro Sitzung.
Wenn man das für ein Quartal ausrechnet, ist das dreimal so teuer wie bei einem von der Kasse bezahlten Psychologen - und da muss man nur einmal pro Quartal 10 Euro Praxisgebühr beim Arzt zahlen, der den Patienten dann überweist.
Frage: ist dieses Bestehen auf einer Zuzahlung selbst von den Ärmsten christlich? (Ich denke da an das Gleichnis vom barmherzigen Samariter...). Er bekommt ja seine 45 Euro sowieso.
Also wozu der zusätzliche Druck?

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asderrix
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Beitrag von asderrix »

Da kann ich nur eine Vermutung anstellen, wenn du das 100% ig beantwortet haben willst, frag ihn selbst.

Meiner Meinung ist sein Motiv, das Menschen bei Sachen in die sie selbst investiert haben, nicht so schnell abspringen, wie bei dem was ihnen vollkommen geschenkt wird.

Gerade in dieser Arbeit, ist es aber immer so, das Situationen kommen, wo es so sehr an die Psyche geht, dass der Klient versucht ist alles hin zuschmeißen.

LG
asder

Miranda
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Beitrag von Miranda »

Da das pro Sitzung gezahlt werden muss und man die Sitzung ja jederzeit abbrechen kann, hat der Hilfesuchende ohnehin die Möglichkeit, alles jederzeit hinzuschmeißen. Für die Wohlhabenden ist das egal - und Arme können dann eben überhaupt nicht erst hingehen.
Was mir nicht gefällt, ist, dass solche Hilfesuchenden dorthin gehen wollen, die eine Therapie auf christlicher Grundlage haben wollen - ansonsten könnten sie ja zu allen möglichen anderen Therapeuten auch, die dann die Kasse zahlt (bis auf die leidige Praxisgebühr).
Wie verträgt sich diese Geldforderung mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter? Wenn jemand nicht zahlen kann und trotzdem eine Therapie auf christlicher Basis sucht?
Nun, er wird dort ohnehin nicht richtig untergebracht sein, denn ich kann diesem Verhalten nichts Christliches erkennen. Ich finde es den Armen gegenüber einfach erbarmungslos. Wenn jemand nichts übrig hat, sodass er schon bei karitativen Einrichtungen essen geht, dann hat er eben nichts übrig. Und ihn dann von der Schwelle zu weisen... Also, ich würde diesen Therapeuten nicht empfehlen, sondern sagen: es kommt nicht auf das christliche (???)Reden an, sondern auf das christliche Handeln.

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asderrix
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Beitrag von asderrix »

Wie ich schon schrieb, wenn es einen konkreten Fall gibt, geh auf diesen Therapeuten zu und frage ihn gezielt nach seiner Einstellung in dieser Situation, das schafft Klärung.

Sehr oft ist die Information die man aus zweiter und dritter Hand bekommt, nichtmehr identisch mit dem tatsächlich geschehenen.

LG
asder

Miranda
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Zuzahlung für jeden

Beitrag von Miranda »

Ich habe ihn diesbezüglich gefragt, die Situation genau geschildert - er besteht auf einer Zuzahlung. Wahrscheinlich kann er sich die Situation armer Menschen nicht vorstellen, denn er ist nicht arm. Und wahrscheinlich ging es ihm auch noch nie richtig schlecht.

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asderrix
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Re: Zuzahlung für jeden

Beitrag von asderrix »

Hallo Miranda,

dann kann ich auch nur sagen, traurig.

LG
asder

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Linus
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Re: Zuzahlung für jeden

Beitrag von Linus »

Miranda hat geschrieben:Ich habe ihn diesbezüglich gefragt, die Situation genau geschildert - er besteht auf einer Zuzahlung. Wahrscheinlich kann er sich die Situation armer Menschen nicht vorstellen, denn er ist nicht arm. Und wahrscheinlich ging es ihm auch noch nie richtig schlecht.
Haste ihn auch gefragt warum er auf zuzahlung besteht?

PS. Was ist das für ne ganz kleine Prüfung, bei uns (in Ö) sind Psychotherapeuten ein geschützter Beruf/Bezeichnung. Nur wer in einer von mW 13 staatlich anerkannten Therapiearten (Freud, Roger,Jung,...) Propaedeutikum und Fachspezifikum abgelegt hat, darf auch als Psychotherapeut firmieren. und die Ausbildung dauert min 2 Jahre und ist unter € 7.000(das doppelte ist mMn "normal") nicht zu haben.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Miranda
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"Christlicher" Therapeuth

Beitrag von Miranda »

Die kleine Heilpraktikerprüfung ist ein kleiner spezieller Teilbereich der allgemeinen, die man in Deutschland ablegen muss, um als Heilpraktiker praktizieren zu dürfen. Psychotherapeuth darf sich jeder nennen, der die kleine Prüfung bestanden hat - ohne Uni oder sonstige analytische Ausbildung.
Ich habe auch gefragt, wozu dieser zusätzliche Beitrag sein soll, aber der Therapeut hat nur gesagt: "Damit jeder auch noch einen eigenen Beitrag je nach seinem Vermögen leistet." Keine weitere Begründung. Er bleibt auch stur bei seinem Standpunkt, von Leuten diese Zuzahlung zu fordern, die bei karitativen Organisationen essen (und die dann natürlich dort keine Therapie machen).
Ich weiß jedenfalls nach wie vor nicht, was an dieser Haltung christlich sein soll und wie das mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter in Einklang zu bringen sein soll. - Vielleicht eher mit dem Gleichnis davon, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr geht als dass ein Reicher ins Himmelreich kommt?
Was mir vor allem an dieser Sache nicht passt, ist der Druck, den der Therapeuth durch sein Verhalten ausübt.

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