Soziallehre: Papst ermahnt Neoliberale und deren Helferlinge

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Cicero
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Beitrag von Cicero »

Erich_D hat geschrieben: "3 Milliarden Ewigkeiten Fegefeuer! Der nächste zum Gericht, bitte!"
So wird es wohl kommen.
Aber wie erkläre ich das einem Topmanager, den die Scheuklappen des Shareholder Value davon abhalten, den Blick auf diese Wirklichkeit zu weiten.
Wenn ich so etwas nur ganz vorsichtig äußere, werde ich im günstigsten Fall belächelt, in der weiteren Diskussion nimmt mich allerdings garantiert keiner mehr ernst.
Heiner Geißler hat geschrieben:Warum wird tabuisiert und totgeschwiegen, dass es eine Alternative gibt zum jetzigen Wirtschaftssystem: eine internationale sozial-ökologische Marktwirtschaft mit geordnetem Wettbewerb?
Das hört man bei jedem wirtschaftspolitischen Seminar der Konrad- Adenauer- Stiftung. Totgeschwiegen wird das nicht, aber wer will das denn schon hören, daß es eine Alternative zum "Goldenen Kalb" gibt. Die wird erst gesucht, wenn ein Mose im Auftrag Gottes das derzeitige "Goldene Kalb" in Stücke haut. Dann fliegen uns aber die Fetzen um die Ohren.
Heiner Geißler hat geschrieben:die eine Welt der Anarchie ist – ohne Regeln, ohne Gesetze, ohne soziale Übereinkünfte, eine Welt, in der Unternehmen, Großbanken und der ganze »private Sektor« unreguliert agieren können.
Keine resp. nur eine minimale Rahmenordnung [sic!]

Heiner Geißler bringt das Beispiel der Fa. Kadus, es gibt unzählige mehr. Der Schutz kleiner und mittlerer Unternehmen, d.h. die Förderung selbständig unternehmerisch tätiger Personen in unserer Volkswirtschaft ist derzeit politisch nicht gewollt. Unsere gegenwärtige Regierung (sorry, hier kann ich eine parteipolitische Äußerung nicht vermeiden) hat es sich zum erklärten Ziel gemacht, so hat sich Schröder auch einmal geäußert, den Unternehmen zu nützen, aber nicht den Unternehmern!
Eine solche Politik produziert geradezu Raubtierkapitalismus, weil sie den (globalen) Konzernen dient, die die kleinen und mittleren Unternehmen und damit deren Arbeitsplätze fressen.
Das ist erklärte sozialdemokratische Politik.

Cicero
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Beitrag von Cicero »

Ohne Wertung nur als Feststellung:
otto hat geschrieben:Aufschrei der Verantwortlichen in Kirche
die haben gerade eigene Probleme...mit Geld und so,
wenn die jetzt schreien, fliegen ihnen ihre eigenen Kündigungen um die Ohren.
otto hat geschrieben:und Staat
die profitieren doch im Augenblick davon.
otto hat geschrieben:um die Intellektuellen
haben ihre Glaubwürdigkeit verloren
otto hat geschrieben:und um die Intelligenz
hat sich schon lange ins Ausland verabschiedet.
otto hat geschrieben:, der Aufschrei der Betroffenen verhallt wie der Ruf in der Wüste in den Wind der Bedeutungslosigkeit.
aber wie lange noch?
Und was ist wenn sie sich doch Gehör verschaffen.

Bernie Ecclestone, den ich persönlich nicht mag, muß ich ja auch nicht, aber ich bewundere seinen "Riecher", zieht sich mit der Formel 1 mehr und mehr aus Europa zurück. Begründung: Wenn es so weiter geht hat Europa in zehn Jahren nur noch die Wirtschaftskraft eines Drittweltlandes.

Der Bursche hat wie gesagt einen guten Riecher - mir wird dabei etwas plümerant...

Gast

Beitrag von Gast »

Zuletzt geändert von Gast am Freitag 4. Februar 2005, 12:22, insgesamt 1-mal geändert.

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otto
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Beitrag von otto »

1-Euro-Jobs – wie die Regierung durch Hartz IV reguläre Arbeitsplätze vernichtet

Kontraste Sendung vom 09. Dezember 2004, Autor: Adamek und Axel Svehla

Hartz IV tritt erst am 1. Januar in Kraft. Aber schon jetzt haben sich viele Arbeitslose für die 1-Euro-Jobs gemeldet. Endlich wieder jeden Tag arbeiten gehen! Das genau war doch die rot-grüne Absicht. Jetzt also fegen ehemalige Buchbinder Laub in öffentlichen Parks und Fachverkäuferinnen lesen alten Menschen in Heimen Weihnachtsgeschichten vor. Eine Erfolgs-geschichte der Bundesregierung? Sascha Adamek und Axel Svehla haben sich den 1-Euro-Markt genauer angesehen. Und gefunden: Gute Wünsche, ehrliche Absichten – wenn da nur die Wirklichkeit nicht stören würde!


Weiter geht es hier

Warum sehen wir im TV nur freudestrahlende 1 € Jobber, währenddessen sich im WEB Initiativ - Gruppen gegen diese 1 € Jobs bilden?

Ist die zur Schau gestellte 1 € Job Begeisterung die Angst vor Repressalien?

Sollte uns das zu denken geben?
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Lucia

Beitrag von Lucia »

otto hat geschrieben:Lucia warum wirfst Du allgemeine Dienstpflicht und Zwangsarbeit durcheinander.
Nicht ich - du! Du hast Zwangsarbeit als "Arbeitsdienst" bezeichnet. Das ist sachlich falsch. Darauf hatte ich dich hingewiesen.
Deine flapsigen Bemerkungen über "Arbeitsdienst-Maiden" (die nie Thema waren) sind völlig unangebracht.
Unsinn. Wenn du Begiffe falsch verwendest, wird man ja wohl noch darauf hinweisen dürfen.
Lucia ich fürchte Du hast den Ernst der Lage noch nicht realisiert, weder vom Umfang noch vom Ausmaß.
Nein, du hast meinen sachlichen Hinweis nicht verstanden und irgendeinen Müll hineininterpretiert.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Edith hat geschrieben:»Aber... es wollen ja alle die Marktwirtschaft..... oder?«
Was ist denn eigentlich „die Marktwirtschaft“?
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Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Edith hat geschrieben:»Aber... es wollen ja alle die Marktwirtschaft..... oder?«
Was ist denn eigentlich „die Marktwirtschaft“?
Preisbildung für die knappen Güter über Angebot und Nachfrage am Markt (sic!), soweit die Theorie! :|

Über die Praxis könnte man so viele Bücher schreiben, daß selbst die schon Bibliotheken füllende Steuerrechtsliteratur Deutschlands in den Schatten gestellt werden würde ........

GsJC
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Dabei fällt mir gerade auf, daß der Markt beachtliche Ähnlichkeit mit der Evolution hat. Beide gibt es, doch wehe, wenn sie losgelassen! Denn allein zerstören sie. Sie bedürfen der lenkenden Hand, des äußeren Eingriffs.

Marktes unsichtbare Hand dagegen greift allzumeist bloß in Volkes Taschen.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Dabei fällt mir gerade auf, daß der Markt beachtliche Ähnlichkeit mit der Evolution hat. Beide gibt es, doch wehe, wenn sie losgelassen! Denn allein zerstören sie. Sie bedürfen der lenkenden Hand, des äußeren Eingriffs.

Marktes unsichtbare Hand dagegen greift allzumeist bloß in Volkes Taschen.
Nein, das ist Unfug. Der Markt macht überhaupt nichts, die Menschen sind es. Und wie sich ein Markt entwickelt hängt einzig vom Verhalten der Menschen ab. Sie sind böse und ohne Gott entwickelt sich ein Markt böser Menschen zum bösen Markt.

(Das ist so eine ähnliche Diskussion wie: Dieses Forum ist katholisch. Foren können nicht katholisch sein, nur seine Teilnehmer und das was sie schreiben).

Märkte aber, um darauf zurückzukommen, entwickeln sich von alleine. Wer meint, Märkte könne man lenken, macht sich etwas vor; die Gesetze der Natur funktionieren auch im reglementierten Markt - mit ihren eigenen Gesetzen.

Anstatt die Märkte zu regulieren sollten die Menschen katholisch werden. Das ist die bessere Lösung. 8)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan hat geschrieben:»Nein, das ist Unfug. Der Markt macht überhaupt nichts, die Menschen sind es.«
Liebster Stefan, was ist eine Metapher? Und was ist Ironie? ;)
Stefan hat geschrieben:»Und wie sich ein Markt entwickelt hängt einzig vom Verhalten der Menschen ab.«
Das sah Adam Smith allerdings anders.
Stefan hat geschrieben:»Sie sind böse, und ohne Gott entwickelt sich ein Markt böser Menschen zum bösen Markt.«
Gott sei Dank, du hast’s gemerkt! :) Denk aber daran, daß der ersterwählte Heilige des allmächtigen Vaters Markt, Sankt Adam der Schmied, genau das Gegenteil behauptete …
Stefan hat geschrieben:»Wer meint, Märkte könne man lenken, macht sich etwas vor; die Gesetze der Natur funktionieren auch im reglementierten Markt - mit ihren eigenen Gesetzen.«
Weniger die Märkte sind zu lenken, als vielmehr die (Volks-)Wirtschaft, die um einiges umfassender ist als das Märktlein. Dazu gehört die Nachkommenschaft, gehört deren Bildung, dazu gehören auch Verkehr und öffentliche Sicherheit – ich sag’ mal: der Landfriede –, Energie- und Wasserversorgung und dergleichen mehr.
Stefan hat geschrieben:»Anstatt die Märkte zu regulieren sollten die Menschen katholisch werden. Das ist die bessere Lösung.«
Nö. Im Gegenteil. Da die Katholiken keine besseren Menschen sind, brächte das wirtschaftspolitisch gar nichts. Es müßten schon alle Engel werden. (Aber dann bräuchten sie keine Wirtschaft mehr …)
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Wer ist Adam Smith? :roll:

Um genauer zu sein: Smith hat den Markt nicht erfunden, höchstens ihn beschrieben und ihm eine exponierte Stellung zugeschrieben.

Die Marktgesetze sind aber so alt wie die Menschheit.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Robert Ketelhohn
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Dabei fällt mir gerade auf, daß der Markt beachtliche Ähnlichkeit mit der Evolution hat. Beide gibt es, doch wehe, wenn sie losgelassen! Denn allein zerstören sie. Sie bedürfen der lenkenden Hand, des äußeren Eingriffs.

Marktes unsichtbare Hand dagegen greift allzumeist bloß in Volkes Taschen.
Die unsichtbare Hand kann man IMHO aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen in der Vergangenheit als ein entlarvtes theoretisches Konstrukt ansehen.

Viel entscheidender für das Funktionieren der Marktwirtschaft ist der Schleier des Unwissens, der über den wirtschaftlichen Vorgängen liegt. Die allermeisten Beteiligten haben auch ein eminent hohes eigenes Interesse daran, daß dieser Schleier nicht allzusehr angehoben wird. :hmm:
Die dem theoretischen Ideal der völligen Transparenz noch am nächsten kommenden Marktplätze sind die Börsen dieser Welt. Und hier stellt sich heraus, daß auch diese durch große Spieler in ihren Bann gezogen werden; neudeutsch: Global Players.

Diese Global Players versuchen aus meiner Sicht eine Verschiebung des an sich anzustrebendenen Gleichgewichtes zwischen realwirtschaftlichem und finanzwirtschaftlichem Markt zugunsten des finanzwirtschaftlichen Marktes. Damit bleibt jedoch der Mensch mit seinen natürlichen Bedürfnissen auf der Strecke und die Maxime der Bedürfnisbefriedigung*, welche absolut oberstes Gebot der Marktwirtschaft sein sollte, tritt in den Hintergrund.

GsJC
Raphael

P.S. Der Begriff Bedürfnisbefriedigung ist aus meiner Sicht eng auszulegen. Damit ist nicht jedes Hirngespinst gemeint, was sich irgendein Durchgeknallter ausgedacht hat, sondern die Befriedigung von Nahrung, Ausbildung und schöpferischem Vermögen des Menschen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Die Welt (26. Februar 2005) hat geschrieben:[right]http://www.welt.de/media/pic/000/222/22271v1.jpg[/right]Seehofer verlangt von der Union Abkehr vom "neoliberalen Irrweg"

CSU-Vize: Soziale Einschnitte schaffen keine Jobs

Von Dorothea Siems

Berlin - Der stellvertretende Parteichef der CSU, Horst Seehofer, fordert die Union zum radikalen Kurswechsel auf. Mit Einschnitten ins soziale Netz und dem Abbau von Arbeitnehmerrechten lasse sich die Beschäftigungsmisere nicht bekämpfen. Mit dem Sozialexperten sprach Dorothea Siems.

DIE WELT: Demnächst übernehmen Sie einen Chefposten beim Sozialverband VdK. Kollidiert das nicht mir Ihrer Funktion als stellvertretender CSU-Vorsitzender? [weiter]
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Und ich fordere von allen Parteien die Abkehr von der Entmündigung der Bürger durch eine als sozial getarnte Versorgungsmentalität hin zu einer unternehmerfreundlichen, lebensbejahenden und verantwortungsvollen Gesellschaft, in der der Staat Gründer und Arbeitgeber nicht erstickt, sondern nach Kräften fördert.

Soziale Einschnitte schaffen natürlich keine Jobs, es sind die ausnahmeslos Unternehmer, die welche schaffen könnten.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stefan, zeigt mir heute mal die Wirtschaftsbosse, die einen Unternehmergeist haben wie die Gründerväter vor hundertundzwanzig oder hundertundvierzig Jahren. Herrhausen haben sie erschossen. Und seitdem? Bestenfalls Buchhalter, sonst Croupiers und Zocker.
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Stefan

Beitrag von Stefan »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Stefan, zeigt mir heute mal die Wirtschaftsbosse, die einen Unternehmergeist haben wie die Gründerväter vor hundertundzwanzig oder hundertundvierzig Jahren. Herrhausen haben sie erschossen. Und seitdem? Bestenfalls Buchhalter, sonst Croupiers und Zocker.
Das ist das herrschende Bild. Natürlich gibt es Ausnahmen, von denen kann ich Dir auch erzählen, aber bestimmt nicht hier.
Es ändert aber nichts daran, daß die Lösung in einem Wandel zur unternehmerfreundlichen Gesellschaft liegt und nicht in prähistorischen Klassenkampfmodellen. Sie bringen kurzfristige Lösungen, die aber langfristig Not und Elend über die Menschen bringen.

Raphael

Beitrag von Raphael »

Die Seehofers, Blüms und Geißlers in der CDU zerstören mit ihrem Herz-Jesu-Sozialismus die natürlich gewachsenen Bande innerhalb einer Gesellschaft und arbeiten damit dem ideologischen Gegner sogar noch in die Hände. :nein:

Die Strukturreformen in der Wirtschaft müssen tatsächlich in die Richtung Deregulierung, Selbstverantwortung und Bürokratieabbau gehen. Der Staat kann und soll die natürlich gewachsenen Bande lediglich unterstützen, jedoch nicht ersetzen wie dies bspw. in der Pflegeversicherung getan worden ist.

GsJC
Raphael

Stefan

Beitrag von Stefan »

Das wiederum reicht nicht aus, Raphael. Das sind die ersten Schritte, aber weitaus wichtiger ist die Wiederbelebung unternehmerischer Natürlichkeit. Das fängt bei den Kindern, Jugendlichen und jungen Familien an! Dies verbunden mit einer Abkehr von Gier und Materialismus sind die Rezepte, die und fehlen.

Aber nach 100 Jahren ideologischer Indokrination ist das nicht von heut' auf morgen zu bewerkstelligen.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Stefan
Stefan hat geschrieben:Das wiederum reicht nicht aus, Raphael.
Es lag auch nicht in meiner Absicht, hier ein komplettes Wirtschaftsprogramm für Deutschland zu veröffentlichen! ;)
Stefan hat geschrieben:Das sind die ersten Schritte, aber weitaus wichtiger ist die Wiederbelebung unternehmerischer Natürlichkeit. Das fängt bei den Kindern, Jugendlichen und jungen Familien an! Dies verbunden mit einer Abkehr von Gier und Materialismus sind die Rezepte, die und fehlen.
Warst Du nicht derjenige gewesen, der von bösen Menschen sprach, die dann auch quasi zwangsläufig eine böse Wirtschaft hervorbringen?

Ich versuche, in dieser Hinsicht etwas nüchterner zu sein. Ich glaube bspw. nicht, daß sich der Mensch als Gattungswesen grundsätzlich ändert. Es werden immer einzelne sein, die das tun und dann bestensfalls andere mitreißen.
Stefan hat geschrieben:Aber nach 100 Jahren ideologischer Indokrination ist das nicht von heut' auf morgen zu bewerkstelligen.
Den Staat als Rechtsstaat halte ich für eine gute Idee, jedoch ist zwischen Recht und Gerechtigkeit zu unterscheiden. Augustinus sprach einst von Staaten als organisierten Räuberbanden, wenn es an der Gerechtigkeit fehlt.
Zur Zeit bildet sich der Staat ein, er müßte viel zu viel gesetzlich regeln. Er richtet damit mehr Chaos und Unübersichtlichkeit an, als es dem Bürger und Kunden lieb sein kann. In der Steuerrechtspolitik bin ich z.B. ausgemachter Fan der "Bierdeckelsteuererklärung" von F. Merz. Dies müßte die Marschrichtung sein.
Bei der Sozialgesetzgebung sollte wie schon oben gesagt, die Familie mehr in die Verpflichtung genommen und gleichzeitig finanziell deutlich stärker unterstützt werden. Familienwahlrecht ist auch eine gute Sache für die Zukunftsorientierung und Nachhaltigkeit (waoh ein Modewort! :shock: ) der Politik.

GsJC
Raphael

Stefan

Beitrag von Stefan »

Raphael hat geschrieben:Wirtschaftsprogramm für Deutschland zu veröffentlichen! ;)
Schade ;D
Stefan hat geschrieben:Warst Du nicht derjenige gewesen, der von bösen Menschen sprach, die dann auch quasi zwangsläufig eine böse Wirtschaft hervorbringen?
Ja, aber ich sprach nicht davon, daß alle Menschen böse sind und deswegen Märkte zwangsläufig böse werden. Die Menschen müssen gut werden, dann werden auch die Märkte gut. Zur Zeit aber herrschen die Gutmenschen, das sind die, die sich selbst für gut halten. Das ist allerdings auch nicht gut.
Es werden immer einzelne sein, die das tun und dann bestensfalls andere mitreißen.
Mit hinreichend fatalen Folgen. Die Richtung, in die die Lemminge marschieren, ist entscheidend.
In der Steuerrechtspolitik bin ich z.B. ausgemachter Fan der "Bierdeckelsteuererklärung" von F. Merz. Dies müßte die Marschrichtung sein.
Das ist Blendwerk. Vereinfachung ja, aber die Komplexität ist ein Resultat rechtsstaatlichen Entscheidungsstrebens; der Merz-Vorschlag ist momentan einfach, läßt aber viele viele Detailfragen offen, die dann erst wieder vom BFH oder VerfG entschieden werden müssen. Man sollte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern nach pragmatischen Vereinfachungen suchen. Eigenheimzulage ganz streichen ist eine Vereinfachung. Nur zu einem Prozentsatz vereinfacht nix! Aber das ist nun ein Ergebnis (ebenso unethischer) Parteientaktik.

Es fehlt der Wille zur Konstruktivität in der Ganzen Gesellschaft.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Stefan
Stefan hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:In der Steuerrechtspolitik bin ich z.B. ausgemachter Fan der "Bierdeckelsteuererklärung" von F. Merz. Dies müßte die Marschrichtung sein.
Das ist Blendwerk. Vereinfachung ja, aber die Komplexität ist ein Resultat rechtsstaatlichen Entscheidungsstrebens; der Merz-Vorschlag ist momentan einfach, läßt aber viele viele Detailfragen offen, die dann erst wieder vom BFH oder VerfG entschieden werden müssen.
Die "Bierdeckelsteuererklärung" ist ja gar nicht alleine auf Merzens Mist gewachsen. Im Hintergrund gibt es noch den komplett ausformulierten Gesetzentwurf des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof für die Einkommen- und Körperschaftssteuer, bei gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbesteuer.
Dabei sollte es nicht gegen Paul Kirchhof sprechen, daß er katholisch ist. ;D
Stefan hat geschrieben:Man sollte nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern nach pragmatischen Vereinfachungen suchen. Eigenheimzulage ganz streichen ist eine Vereinfachung. Nur zu einem Prozentsatz vereinfacht nix! Aber das ist nun ein Ergebnis (ebenso unethischer) Parteientaktik.
Die Eigenheimzulage könnte man kinderfreundlicher ausgestalten, damit sie noch stärker den vielen kinderreichen Familien zugute kommen kann. Selbstgenutzter Immobilienbesitz ist eine inflationssichere Vermögensanlage mit gleichzeitiger Absicherung fürs Alter.
Stefan hat geschrieben:Es fehlt der Wille zur Konstruktivität in der Ganzen Gesellschaft.
Wer soll diesen heranbilden?

GsJC
Raphael

Stefan

Beitrag von Stefan »

Raphael hat geschrieben:Im Hintergrund gibt es noch den komplett ausformulierten Gesetzentwurf des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof für die Einkommen- und Körperschaftssteuer, bei gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbesteuer.
Ich habe den Gesetzestext von Kirchof gelesen. Er ist gewiß schlank, aber das Problem ist nicht, ob ich 7 oder 2 Einkunftsarten habe (erinnert mich an die Sakramentendiskussion bei den Reformatoren), sondern wie ich überhaupt Einkünfte ermittele. Als Ausgangspunkt kann man den Kirchhofentwurf durchaus nehmen; aber wenn ich alleine das Jahresabschlußchaos zwischen deutscher Gewinnermittlung nach HGB, nach europäischem Recht (IAS) und nach dem Steuerrecht sehe, dann nützt er mit nichts, wenn man nur am Ende etwas zusammenfaßt.
Die Eigenheimzulage könnte man kinderfreundlicher ausgestalten, damit sie noch stärker den vielen kinderreichen Familien zugute kommen kann. Selbstgenutzter Immobilienbesitz ist eine inflationssichere Vermögensanlage mit gleichzeitiger Absicherung fürs Alter.
Schon, aber wozu diese ganzen Einzelsubventionen? Meinetwegen pro Kind nochmal das Kindergeld erhöhen, und das wars dann. Weg mit Baukindergeld, mit Günstigerrechung von Kinderfreibeträgen für Besserverdienende, mit dies und jenem. Was der Einzelne aus der Kohle macht, sollte den Staat nichts angehen; die Leute bauen auch so.
Oder kann mit mal einer erklären, wozu es heute noch diesen Schwachsinn mit den vermögenswirksamen Leistungen gibt? Die Kohle wird abgezogen und ein neuer Vertrag abgeschlossen, damit man nix verpasst. Weg damit, senkt die Steuern und los gehts.

Raphael hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:Es fehlt der Wille zur Konstruktivität in der Ganzen Gesellschaft.
Wer soll diesen heranbilden?
Die Gesellschaft - wer sonst?

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Stefan
Stefan hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:Im Hintergrund gibt es noch den komplett ausformulierten Gesetzentwurf des ehemaligen Verfassungsrichters Paul Kirchhof für die Einkommen- und Körperschaftssteuer, bei gleichzeitiger Abschaffung der Gewerbesteuer.
Ich habe den Gesetzestext von Kirchof gelesen. Er ist gewiß schlank, aber das Problem ist nicht, ob ich 7 oder 2 Einkunftsarten habe (erinnert mich an die Sakramentendiskussion bei den Reformatoren), sondern wie ich überhaupt Einkünfte ermittele. Als Ausgangspunkt kann man den Kirchhofentwurf durchaus nehmen; aber wenn ich alleine das Jahresabschlußchaos zwischen deutscher Gewinnermittlung nach HGB, nach europäischem Recht (IAS) und nach dem Steuerrecht sehe, dann nützt er mit nichts, wenn man nur am Ende etwas zusammenfaßt.
Diese Art zu diskutieren erinnert mich stark an die germanosklerotischen Politikerdiskussionen: Man kann/darf an dieser Schraube nicht drehen, weil die andere Schraube klemmt! :nein:

Die Steuergesetzgebung selber ist aus meiner Sicht unabhängig von den Vorschriften zur Einkommensermittlung gem. HGB, IAS, US-GAAP oder wie es demnächst heißen wird IFRS. Einer internationalen Standardisierung wird man sich wohl nicht verschließen können, zumindest nicht auf europäischer Ebene.

Das Ziel beim Steuerrecht muß sein: einfach, übersichtlich nachvollziehbar! Der Kirchhof-Entwurf beweist, daß dies möglich ist. Über die Bemessungsgrundlagen kann man sich immer noch unterhalten. IMHO ist auch hier eine Ausweitung angesagt, um die Verteilungsgerechtgikeit zu erhöhen.
Raphael hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:Die Eigenheimzulage könnte man kinderfreundlicher ausgestalten, damit sie noch stärker den vielen kinderreichen Familien zugute kommen kann. Selbstgenutzter Immobilienbesitz ist eine inflationssichere Vermögensanlage mit gleichzeitiger Absicherung fürs Alter.
Schon, aber wozu diese ganzen Einzelsubventionen? Meinetwegen pro Kind nochmal das Kindergeld erhöhen, und das wars dann. Weg mit Baukindergeld, mit Günstigerrechung von Kinderfreibeträgen für Besserverdienende, mit dies und jenem. Was der Einzelne aus der Kohle macht, sollte den Staat nichts angehen; die Leute bauen auch so.
Oder kann mit mal einer erklären, wozu es heute noch diesen Schwachsinn mit den vermögenswirksamen Leistungen gibt? Die Kohle wird abgezogen und ein neuer Vertrag abgeschlossen, damit man nix verpasst. Weg damit, senkt die Steuern und los gehts.
Grundsätzlich hast Du sicherlich mit der Abschaffung des Wildwuchses an Sondersubventionen Recht.
Im Rahmen einer Neukonzeption des Einkommensbesteuerung würde ich die Eigenheimzulage, VL-Subventionierung und Bausparförderung auch zur Disposition stellen, insbesondere weil die Kinderfreibeträge gem. dem Kirchhof-Entwurf auf 8.000 € erhöht werden.
Bei Freibeträgen ergibt sich nur das Problem, daß sie bei kleineren Einkommen und vielen Kindern tlw. gar nicht ausgenutzt werden können. Auch dies muß berücksichtigt werden!
Stefan hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Stefan hat geschrieben:Es fehlt der Wille zur Konstruktivität in der Ganzen Gesellschaft.
Wer soll diesen heranbilden?
Die Gesellschaft - wer sonst?
Der "Gesellschaft" traue ich alles mögliche zu, aber keine Willensbildung, die über Partikularinteressen hinwegsieht und das große Ganze in den Blick nimmt. :hmm:

GsJC
Raphael

Stefan

Beitrag von Stefan »

Mach Du den Bundeskanzler, ich werde Finanzminister, dann klappt das auch :mrgreen:

Im Ernst: Die Möglichkeiten, ein Land nur mit Gesetzen zu regieren sind m.E. schon lange erschöpft. Ich weiß nicht, wie man die Gesellschaft zur Vernunft bringt. Aber es wird mit Sicherheit nicht mit Gesetzen und auch nicht mit einer Regierung gehen.
Partikularinteressen sind durchaus nicht schädlich, aber ich bezweifle stark, daß eine Gesellschaft keinen Konsens über Werte erlangen kann; zumindest eine maßgebliche Mehrheit sollte dazu in der Lage sein.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich vermute, daß sich durch eine Zurücknahme des Staates mit all seinen drei Gewalten erst wieder ein zartes Pflänzlein bilden kann, welches sich Wertegemeinschaft nennt. Heute gibt es jedoch eine Tendent zum Delegieren der Werte: Was erlaubt ist und was nicht, regelt der Staat. Was nicht verboten ist ist erlaubt, auch wenn es wert(e)los ist.

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Stefan
Stefan hat geschrieben:Mach Du den Bundeskanzler, ich werde Finanzminister, dann klappt das auch :mrgreen:
Das ist eine gute Idee. Es gereicht dem Land zum Vorteil und uns nicht zum Nachteil! ;D

Außerdem können wir dann die Ermahnungen des Papstes in die Tat umsetzen, selbst wenn wir mangels Neoliberalität nicht ermahnt worden sind! :D :D :D

GsJC
Raphael

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otto
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Beitrag von otto »

Ich möchte eine Frage zur Überlegung und zur Diskussion in das Forum einstellen.

Warum wirkt das neoliberale Wirtschaftsdenken in die katholische-christliche Lehre, und nicht die katholische-christliche Lehre in das neoliberale Wirtschaftsdenken der Menschen?

Beispiel: Seit kurzen gibt es bei *Armenspeisungen* mancher Orts Bedürftigkeitsüberprüfungen, indem viele Ausgabestellen von Armenessen den *Andrang* der von der *Hartz IV* Reform ausgelöst wurde, nicht im vollem Umfang bewältigen können.

Was soll mit Menschen geschehen die als nicht bedürftig eingestuft werden, die sich aber gegen Ende des Monats kein Essen leisten können?

Müssen jene hungern?

Ich hoffe das bei katholisch -christlichen *Armenspeisungen* diese Bedürftigkeitsüberprüfungen entfallen, zumindest dann wenn ein Hartz IV Bescheid vorliegt, und nicht berechnet wird, ab wann eine Hartz IV Empfänger /Familie - bedürftig für *Armenspeisungen* ist.

Wie wird das bei euch vor Ort gehändelt?
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

Stefan

Beitrag von Stefan »

Hallo otto,

Deine Frage ist interessant, gleichwohl ist sie nicht neu. Deswegen würde ich die Begriffe "neoliberal" und "kath. Soziallehre" nicht verwenden, da diese zeitlich bedingte Begriffe sind, die nicht auf den Kern gehen.

Letztlich geht es um die Frage, inwiefern die durch die Evangelien bezeugte Verpflichtung zur Nächstenliebe, die auch materielle Hilfe den Bedürftigen gegenüber bedeutet, von diesen auch mißbraucht werden könnte. Schwierig an diesem Problem sind eigentlich die Verallgemeinerungen: Die einen meinen, daß jeder, der sich bedürftig nennt, auch bedürftig ist. Die anderen wittern hinter jeder Bedürftigkeit Betrug und Schlitzohrigkeit.

Ein guter Hinweis, daß auch schon die frühen Christengemeinden mit diesem Problem zu kämpfen hatten, bezeugt die Didache, die Zwölf-Apostellehre, die zu Beginn des 2. Jahrhunderts entstanden sein soll und daher wohl noch mündliche Überlieferungen der zeitgenössischen Apostel Christi enthält.
Ich zitiere einmal aus dem Kapitel 12:
Didache hat geschrieben: Kapitel 12
12. Wer aber im Geist sagt: "Gib mir Geld oder irgendetwas anderes", auf den sollt ihr nicht hören; wenn er aber sagt, man soll für andere Bedürftige geben, so soll niemand ihn richten.
12,1. Jeder aber, der kommt im Namen des Herrn, soll aufgenommen werden; dann aber werdet ihr (ihn) durch kritische Beurteilung erkennen; denn ihr habt Einsicht nach rechts und nach links (= richtig und falsch).
2. Wenn der Ankömmling ein Durchreisender ist, helft ihm, so viel ihr könnt; er soll aber bei euch nur zwei oder drei Tage bleiben, wenn es nötig ist.
3. Wenn er sich aber bei euch niederlassen will, und er ist ein Handwerker, soll er arbeiten und sich so ernähren.
4. Wenn er aber kein Handwerk versteht, dann trefft nach eurer Einsicht Vorsorge, damit er als Christ ganz gewiß nicht müßig bei euch lebe.
5. Wenn er aber nicht so handeln will, dann ist er einer, der mit Christus Schacher treibt; vor solchen hütet euch!
Die zitierte Stelle soll nun keine Handlungsanweisung sein, sondern belegen, daß das Problem des Mißbrauchs der christlichen Nächstenliebe, der Unterstützung von Bedürftigen, bereits in den frühesten Zeiten von den Christengemeinden erkannt wurde und Lösungen gesucht wurden, um das eine vom anderen zu trennen.

Nun fragst zu, warum "neoliberales Wirtschaftsdenken" in die kath. Soziallehre einfließen und nicht umgekehrt. Das liegt vermutlich daran, daß die kath. Soziallehre so vernünftig ist, die Wirtschaft als Grundvoraussetzung für prosperiendes Leben, Wohlstand und damit Verhinderung der Armut anzusehen. Erst dort, wo jemand nicht mehr unverschuldet am wirtschaftlichen Leben teilnehmen kann, kann erst soziales Handeln des Gemeinwesens Einzug halten. "Neoliberales" Wirtschaftsdenken spricht letztlich von nichts anderem; allerdings wird hier der Primat der Wirtschaft als Prinzip zur Armutsverhinderung - möglicherweise zu sehr - in den Vordergrund gestellt. Aber vielleicht kannst Du einmal einschlägige Belege liefern, aus denen sich die Verweigerung liberaler Politik gegenüber einer Sozialpolitik ergibt. Ich sehe allenfalls eine etwas stringentere Position im dem Sinne, wie sie in der Didache angesprochen wird.

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Fötale Zellen ins Gehirn gespritzt

Das könnte ja glatt ein Bericht aus der Bibel sein - wie der Teufel lebendige Menschen isst, oder so etwas

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Passend zur Lage gibt es einige neue Studiengänge.
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otto
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Beitrag von otto »

Stefan hat geschrieben:Hallo otto,

Deine Frage ist interessant, gleichwohl ist sie nicht neu. Deswegen würde ich die Begriffe "neoliberal" und "kath. Soziallehre" nicht verwenden, da diese zeitlich bedingte Begriffe sind, die nicht auf den Kern gehen.

Letztlich geht es um die Frage, inwiefern die durch die Evangelien bezeugte Verpflichtung zur Nächstenliebe, die auch materielle Hilfe den Bedürftigen gegenüber bedeutet, von diesen auch mißbraucht werden könnte. Schwierig an diesem Problem sind eigentlich die Verallgemeinerungen: Die einen meinen, daß jeder, der sich bedürftig nennt, auch bedürftig ist. Die anderen wittern hinter jeder Bedürftigkeit Betrug und Schlitzohrigkeit.



Ein guter Hinweis, daß auch schon die frühen Christengemeinden mit diesem Problem zu kämpfen hatten, bezeugt die Didache, die Zwölf-Apostellehre, die zu Beginn des 2. Jahrhunderts entstanden sein soll und daher wohl noch mündliche Überlieferungen der zeitgenössischen Apostel Christi enthält.
Ich zitiere einmal aus dem Kapitel 12:
Didache hat geschrieben: Kapitel 12
12. Wer aber im Geist sagt: "Gib mir Geld oder irgendetwas anderes", auf den sollt ihr nicht hören; wenn er aber sagt, man soll für andere Bedürftige geben, so soll niemand ihn richten.
12,1. Jeder aber, der kommt im Namen des Herrn, soll aufgenommen werden; dann aber werdet ihr (ihn) durch kritische Beurteilung erkennen; denn ihr habt Einsicht nach rechts und nach links (= richtig und falsch).
2. Wenn der Ankömmling ein Durchreisender ist, helft ihm, so viel ihr könnt; er soll aber bei euch nur zwei oder drei Tage bleiben, wenn es nötig ist.
3. Wenn er sich aber bei euch niederlassen will, und er ist ein Handwerker, soll er arbeiten und sich so ernähren.
4. Wenn er aber kein Handwerk versteht, dann trefft nach eurer Einsicht Vorsorge, damit er als Christ ganz gewiß nicht müßig bei euch lebe.
5. Wenn er aber nicht so handeln will, dann ist er einer, der mit Christus Schacher treibt; vor solchen hütet euch!
Die zitierte Stelle soll nun keine Handlungsanweisung sein, sondern belegen, daß das Problem des Mißbrauchs der christlichen Nächstenliebe, der Unterstützung von Bedürftigen, bereits in den frühesten Zeiten von den Christengemeinden erkannt wurde und Lösungen gesucht wurden, um das eine vom anderen zu trennen.
Stefan schon aus dem Zitat der "Didache" spricht nach meiner Lesart der Geist des "Neoliberalismus" der eben die eigene Freiheit über die der anderen stellt. Auch daraus spricht der Sozialneid der Besitzenden, die den "Habenichtsen" nur etwas gegen eine Gegenleistung abgeben wollen.


Einige Argumente gegen das neoliberale Konzept zum Um- bzw. Abbau des Sozialstaates


Die Kritik am Wohlfahrtsstaat

Gegen die Entwicklung des liberalen Rechtsstaats zum Sozialstaat melden die neoliberalen Theoretiker zahlreiche Bedenken an. Nicht, dass die staatliche Fürsorge für die Ärmsten und sozial Schwächsten ihnen überflüssig erscheint. Ein Minimum an staatlicher Zwangsvorsorge ist nach neoliberaler Ansicht aufgrund der Lösung sozialer Bindungen in der Marktwirtschaft unbedingt notwendig. Aber die neoliberale Theorie anerkennt nur dieses eine Ziel des Sozialstaats, die Milderung akuter Not. Das andere Ziel des Sozialstaates, die gerechtere Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, akzeptiert sie hingegen nicht und lehnt daher den Wohlfahrtsstaat ab. Die Neoliberalen betonen, dass durch sozialstaatliche Massnahmen der Tüchtige und Erfolgreiche um den Ertrag seiner Arbeit gebracht wird.

Tja die christliche Soziallehre spricht von gerechterer Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums, der Neoliberalismus nicht, das ist der Unterschied
Stefan hat geschrieben: Nun fragst zu, warum "neoliberales Wirtschaftsdenken" in die kath. Soziallehre einfließen und nicht umgekehrt. Das liegt vermutlich daran, daß die kath. Soziallehre so vernünftig ist, die Wirtschaft als Grundvoraussetzung für prosperiendes Leben, Wohlstand und damit Verhinderung der Armut anzusehen. Erst dort, wo jemand nicht mehr unverschuldet am wirtschaftlichen Leben teilnehmen kann, kann erst soziales Handeln des Gemeinwesens Einzug halten. "Neoliberales" Wirtschaftsdenken spricht letztlich von nichts anderem; allerdings wird hier der Primat der Wirtschaft als Prinzip zur Armutsverhinderung - möglicherweise zu sehr - in den Vordergrund gestellt. Aber vielleicht kannst Du einmal einschlägige Belege liefern, aus denen sich die Verweigerung liberaler Politik gegenüber einer Sozialpolitik ergibt. Ich sehe allenfalls eine etwas stringentere Position im dem Sinne, wie sie in der Didache angesprochen wird.
Das liegt vermutlich daran, daß die kath. Soziallehre so vernünftig ist,....

Stefan das wirft für mich eine neue Frage auf.

Nachdem du sehr wortreich die Eigenverantwortung des Einzelnen umschreibst, frage ich mich warum glauben dann sehr viele an eine unendliche Barmherzigkeit am "Jüngsten Tag" spricht das nicht gegen jegliche Vernunft?

Viele glauben sie können sich am Ende ihres irdischen Lebens für oder gegen Gott entscheiden - da er barmherzig ist.

Stefan wie oft wurde hier im Forum schon von dem liebenden und rettenden Herrn geschrieben, der in seiner Barmherzigkeit niemand verstoßen - "soll - kann - wird - darf"?

Siehst du die gegenläufigen Gleichungen von "Sozialneid gegen die Habenichtse" und der erwarteten Barmherzigkeit des Herrn?

Kann es ein barmherziges Gericht für berechnende Menschen geben?

Wenn du mich fragen würdest, würde ich dir sagen diese Rechnung vieler Menschen geht nie und nimmer auf, wenn sie ihre Verantwortung für den Nächsten nicht praktiziert haben.

Wobei der Kern der Frage ohne Antwort bleibt, ich wiederhole:

Beispiel: Seit kurzen gibt es bei *Armenspeisungen* mancher Orts Bedürftigkeitsüberprüfungen, indem viele Ausgabestellen von Armenessen den *Andrang* der von der *Hartz IV* Reform ausgelöst wurde, nicht im vollem Umfang bewältigen können.

Was soll mit Menschen geschehen die als nicht bedürftig eingestuft werden, die sich aber gegen Ende des Monats kein Essen leisten können?

Müssen jene hungern?

Ich hoffe das bei katholisch -christlichen *Armenspeisungen* diese Bedürftigkeitsüberprüfungen entfallen, zumindest dann wenn ein Hartz IV Bescheid vorliegt, und nicht berechnet wird, ab wann eine Hartz IV Empfänger /Familie - bedürftig für *Armenspeisungen* ist.

Wie wird das bei euch vor Ort gehändelt?
"Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach." Matthäus 16,24

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