Klaus Berger und Spiegel

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max72
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Klaus Berger und Spiegel

Beitrag von max72 »

Hallo Leute,

kann im August nur kurz reinschauen. Habt ihr das schon gesehen?:

http://www.die-tagespost.de/Archiv/tite ... p?ID=10342

Klaus Berger hatte in einem Artikel, der nun nicht mehr auf dem Netz verfuegbar ist, das folgende berichtet:
EDIT: OK, hab den Text rausgenommen weil er nicht mehr verbreitet werden darf.
Der Artikel ist nicht mehr verfuegbar, in der Tagespost findet man das folgende:
Nach Paragraph 10 des Landespressegesetzes Bayern sind wir verpflichtet, ohne Rücksicht auf den Wahrheitsgehalt, folgende Gegendarstellung abzudrucken:



Gegendarstellung

„Die Tagespost“ veröffentlichte in ihrer Ausgabe Nr. 84 vom 15. Juli 2004, Seite 5, unter der Überschrift „Wie sich die Kirche in Deutschland ,knacken‘ lässt“ einen Beitrag von Klaus Berger.

1. Darin heißt es:

„Zusammen mit einer Gruppe junger Priester hatte der Verfasser dieses Artikels Ende Juni dieses Jahres Gelegenheit, den Chefredakteur der Online-Ausgabe des ,Spiegel‘ in Hamburg zu besuchen und zu befragen.“

Hierzu stelle ich fest: Der Verfasser hat nicht mit dem Chefredakteur, sondern mit mir, dem stellvertretenden Chefredakteur gesprochen.

2. Weiter heißt es:

„Im Mittelpunkt stand naturgemäß die Frage, warum ,Der Spiegel‘ so über die Kirchen, speziell die katholische berichtet, wie er es tut. Die Antwort des Redakteurs: Berichtet wird nur über Skandale, Abweichler und Negativtrends. Das Publikum erwartet es so [...].“

Hierzu stelle ich fest: Ich habe mich weder wörtlich noch sinngemäß so geäußert. Ich habe lediglich gesagt, daß Medien naturgemäß stärker über das Besondere als über das Allgemeine berichten und daß sogenannte Skandale es im Nachrichtengeschäft dadurch per se leichter haben, wahrgenommen zu werden.

3. Der Bericht sagt mir nach, die angebliche Publikumserwartung wie folgt begründet zu haben:

a) „Erstens sei die Kirche eine machtvolle kulturelle Institution. Die Berichterstattung versuche, diese Macht zu ,knacken‘ und gehe jedem Haarriss nach, aus dem beim nächsten Frost ein Absprengsel werden könnte.“

Hierzu stelle ich fest: Diese Aussage ist frei erfunden.

b) Weiter heißt es:

„Zweitens müsse die Kirche kritisiert werden, weil sie viele Dinge hochhalte, die nicht mehr in die heutige Zeit passten. Es kamen dann ausschließlich Gesichtspunkte aus dem sexuellen Bereich [...].“

Hierzu stelle ich fest: Diese Darstellung ist falsch. Im Gespräch darüber, welche Reibungspunkte die Institution Kirche den Medien biete, habe ich mehrere Punkte genannt, unter anderem auch die Rolle der Frauen und die hierarchische Ordnung.

c) Weiter heißt es:

„Kirche sei vordemokratisch. Insofern müsse sie bekämpft werden.“

Hierzu stelle ich fest: Ich habe dies weder wörtlich noch sinngemäß gesagt.

4. Über das Gespräch mit mir heißt es zudem:

„Auch das Instrument des Kampfes gegen die Kirche wurde den Besuchern verraten: Es sei das Prinzip ,Teile und herrsche‘. Man müsse die Kirche nicht von außen her angreifen; wer genau beobachte, stelle fest, dass sie das schon selbst besorgt. Man sehe nur auf die Rebellen, Ketzer und Abweichler, die sie immer wieder selbst produziert und publikumswirksam ächtet. Zu den kirchenzerstörerischen Elementen, die die Kirche selbst produziere, gehöre natürlich besonders die Bibelexegese. Es genüge, zu jedem christlichen Hochfest eine Handvoll Exegeten zu zitieren.“

Hierzu stelle ich fest: Ich habe dies weder wörtlich noch sinngemäß gesagt.


Hamburg den, 5. August 2004

Wolfgang Büchner
Stellvertretender Chefredakteur SPIEGEL ONLINE
Tja, was soll man denken? Dass der Spiegel nicht sachlich ueber Kirche berichtet ist ja kein Geheimniss, das weiss ich als Leser so oder so. Und dass ich von manchen Menschen im Alltag Sprueche hoere, wie Berger sie vom Chefredakteur gehoert haben will, weiss ich auch. Hat Berger nun das ganze richtig wiedergegeben oder nicht?

Tja...

Gruss

Max
Zuletzt geändert von max72 am Dienstag 17. August 2004, 14:52, insgesamt 1-mal geändert.

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lancelot
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Beitrag von lancelot »

Achtung - der Spiegel könnte evtl. den Kreuzgang zwingen, das rauszunehmen - die Tagespost hat den inkriminierten Artikel off-line.

Und der Spiegel schaut im Web schon nach den Stichworten "Tagespost" und "Gegendarstellung" - mein Weblog heute morgen einen entsprechenden Besuch bekommen.

max72
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Beitrag von max72 »

lancelot hat geschrieben:Achtung - der Spiegel könnte evtl. den Kreuzgang zwingen, das rauszunehmen - die Tagespost hat den inkriminierten Artikel off-line.

Und der Spiegel schaut im Web schon nach den Stichworten "Tagespost" und "Gegendarstellung" - mein Weblog heute morgen einen entsprechenden Besuch bekommen.
Nun, ich habe ja nur den Sachverhalt dargestellt, mit der Meinung die der Spiegel vertritt. Habe ja beide Seiten dargestellt. Und ich frage hier ja ehrlich: Hat Berger was erfunden oder nicht? Wenn das nicht erlaubt ist...

Ich muss sagen, dass ich mich da sehr frage, was ich vom Spiegel halten soll. Der Spiegel scheut sich nicht provokante Artikel zu schreiben, bei denen auch andere einen Gegendarstellungen forden koennte. Wieso macht der Spiegel sich die Muehe das Netz zu durchstoebern, weil eine kleine Zeitung, die kaum einer liest in Deutschland etwas kritisches schreibt? Da vertraegt jemand seine eigene Medizin nicht? Wie oft habe ich Artikel uebr zB Kirche gelesen wo es so klar war, dass das einseitig ist und garantietrt nicht wohlwollend und ich mich als katholik nur aerger?

Ich muss sagen, dass ich bei Zeitungen noch vorsichtiger werde als ich es schon bin. Was kann man wirklich glauben? Was ist objektiv und ohne versteckte Agenda?

max
Zuletzt geändert von max72 am Dienstag 17. August 2004, 15:00, insgesamt 2-mal geändert.

Benedikt

Beitrag von Benedikt »

Jeder kann ja eine Gegendarstellung fordern. Es gibt ein verankertes Recht auf Gegendarstellung.

Raphael

Beitrag von Raphael »

Nachstehend weise ich auf einen Leserbrief von Prof. Dr. Klaus Berger hin, der in der heutigen Ausgabe der FAZ veröffentlicht wurde:
Klaus Berger hat geschrieben:Der Leserbrief von Gitta Grimm (F.A.Z. vom 20. August) stimmt teilweise wörtlich überein mit dem Pfarrbrief eines „progressiven" katholischen Stadtpfarrers in Heidelberg (F.A.Z. vom 20. August), was ihn nicht wahrer macht. Wahr ist vielmehr, daß ich aus der katholischen Kirche nie ausgetreten bin. Daß ich seit 1974 evangelische Kirchensteuer zahle und an der Heidelberger Fakultät Asyl genieße, erfolgte nicht ganz ohne Billigung der Erzdiözese Freiburg („Damit es nicht einen Riesenskandal gibt"). Weshalb Skandal? Weil hier - nicht nur aus meiner Sicht - Unrecht auf Unrecht gehäuft wurde und wird. Denn ich beschloß nicht einfach, evangelische Theologie zu lehren. Aufgrund eines Häresievorwurfs (meine These: „Jesus hat das jüdische Gesetz nicht aufgelöst") durfte ich nicht Priester werden, mußte eine neue Doktorarbeit schreiben, sollte ich nach Wunsch des Dekans „lieber Klempner werden" und mußte, um nicht arbeitslos zu werden, auswandern. Protestanten schossen kräftig mit. Im Vorlauf zu Leser Wolfgang Huber (F.A.Z. vom 9. August) konnte man schon 1972 in einer von Martin Hengel betreuten Dissertation lesen, ich sei ganz allgemein „eine Gefahr für das Christentum". Schon 2003 bedauerte der badische Landesbischof, nicht gegen mich vorgehen zu können. Angesichts von so viel ökumenischer Einigkeit kann ich nur den heiligen Nikolaus anrufen, der drei Buben vor dem Pökeln bewahrte. Denn das Ganze hat System: Es waren und sind jeweils die sich besonders progressiv Dünkenden, die meine Demontage herbeiwünschen.
Daß ich nach halbwegs verläßlicher Auskunft im Augenblick der meistgelesene deutsche Universitätstheologe bin und unter den Lebenden dieser Spezies am meisten publiziert habe, macht das Ganze verständlich. Denn die wahre Kirchenspaltung verläuft quer zu den Konfessionen: Es gibt eine Ökumene des angeblichen Fortschritts, und es gibt eine kleine Schar derer, die meinen, daß es Dinge gibt, die so altmodisch sind, daß sie schon wieder ganz modern sind.
Es ist bezeichnend für den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland, wie mit den Lebensplanungen dieses Mannes verfahren wurde .....

GsJC
Raphael

Es-Ergo-Cogito
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Beitrag von Es-Ergo-Cogito »

...bezeichnend für den mehrheitlichen Modernismus innerhalb der deutsch-katholischen Kirche...
«::: pax tecum :::»

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prim_ass
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Beitrag von prim_ass »

Raphael hat geschrieben:Nachstehend weise ich auf einen Leserbrief von Prof. Dr. Klaus Berger hin, der in der heutigen Ausgabe der FAZ veröffentlicht wurde:
Klaus Berger hat geschrieben:Der Leserbrief von Gitta Grimm (F.A.Z. vom 20. August) stimmt teilweise wörtlich überein mit dem Pfarrbrief eines „progressiven" katholischen Stadtpfarrers in Heidelberg (F.A.Z. vom 20. August), was ihn nicht wahrer macht. Wahr ist vielmehr, daß ich aus der katholischen Kirche nie ausgetreten bin. Daß ich seit 1974 evangelische Kirchensteuer zahle und an der Heidelberger Fakultät Asyl genieße, erfolgte nicht ganz ohne Billigung der Erzdiözese Freiburg („Damit es nicht einen Riesenskandal gibt"). Weshalb Skandal? Weil hier - nicht nur aus meiner Sicht - Unrecht auf Unrecht gehäuft wurde und wird. Denn ich beschloß nicht einfach, evangelische Theologie zu lehren. Aufgrund eines Häresievorwurfs (meine These: „Jesus hat das jüdische Gesetz nicht aufgelöst") durfte ich nicht Priester werden, mußte eine neue Doktorarbeit schreiben, sollte ich nach Wunsch des Dekans „lieber Klempner werden" und mußte, um nicht arbeitslos zu werden, auswandern. Protestanten schossen kräftig mit. Im Vorlauf zu Leser Wolfgang Huber (F.A.Z. vom 9. August) konnte man schon 1972 in einer von Martin Hengel betreuten Dissertation lesen, ich sei ganz allgemein „eine Gefahr für das Christentum". Schon 2003 bedauerte der badische Landesbischof, nicht gegen mich vorgehen zu können. Angesichts von so viel ökumenischer Einigkeit kann ich nur den heiligen Nikolaus anrufen, der drei Buben vor dem Pökeln bewahrte. Denn das Ganze hat System: Es waren und sind jeweils die sich besonders progressiv Dünkenden, die meine Demontage herbeiwünschen.
Daß ich nach halbwegs verläßlicher Auskunft im Augenblick der meistgelesene deutsche Universitätstheologe bin und unter den Lebenden dieser Spezies am meisten publiziert habe, macht das Ganze verständlich. Denn die wahre Kirchenspaltung verläuft quer zu den Konfessionen: Es gibt eine Ökumene des angeblichen Fortschritts, und es gibt eine kleine Schar derer, die meinen, daß es Dinge gibt, die so altmodisch sind, daß sie schon wieder ganz modern sind.
Es ist bezeichnend für den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland, wie mit den Lebensplanungen dieses Mannes verfahren wurde .....

GsJC
Raphael
Ich habe sein Buch "Jesus" gelesen. Eines der besten Bücher, das ich seit langem gelesen habe (und ich lese mindest ein Buch pro Woche...)
Falls ich aber länger ausbleibe, sollst du wissen, wie man sich im Hauswesen Gottes verhalten muss, das heißt in der Kirche des lebendigen Gottes, die die Säule und das Fundament der Wahrheit ist.

1.Tim 3:15

Tacitus
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Registriert: Montag 20. Juni 2005, 18:50

Beitrag von Tacitus »

Klaus Berger - doch nicht evangelisch?
Aber nein, sondern - wie üblich - wegen Häresien vom Katholizismus zum Protestantismus übergetreten.
idea hat geschrieben:Gegenüber idea hat Berger diese Darstellung jetzt zurückgewiesen. Ganz offiziell sei er 1968 in Hamburg von der katholischen in die evangelische Kirche übergetreten. Ein formeller Austritt aus der katholischen Kirche sei dabei aber nicht verlangt worden. Für die Mitgliedschaft in der evangelischen Kirche habe er sich entschieden, weil ihm die katholische Fakultät in München Irrlehren in seiner Doktorarbeit vorgeworfen habe. Da es ihm aber immer um die Lehre des Neuen Testamentes gegangen sei, habe er in ökumenischer Gesinnung den Weg über die evangelische Kirche gewählt, um die akademische Laufbahn einschlagen zu können.
http://www.idea.de/cfml/index.cfm

Man sieht: im Streit mit der römisch-katholischen Kirche muss man nicht immer den Weg eines Hans Küng gehen ...

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nemesis
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Registriert: Montag 4. Juli 2005, 04:35

Beitrag von nemesis »

Es ist eben kirchenrechtliches Zocken mit gezinkten Karten.

Die Evangelische Kirche hat kirchenrechtlich klar geregelt, wer seinen Austritt erklärt, ist draußen. Außerdem: wer seine Zugehörigkeit zu einer anderen Kirche erklärt, ist auch draußen. Man braucht nicht austreten bei uns, wenn man zur katholischen Kirche konvertiert, die evangelische Mitgliedschaft erlischt automatisch.

Bei Katholens ist das m.W. komplizierter, weil man aus der katholischen Kirche nicht austreten kann. Ergo hat Berger ja schon mal recht, wenn er sagt: er sei nie ausgetreten. Man erklärt zwar seinen Austritt aus der Kirche vor dem Staat, aus der katholischen Kirche ist man aber erst dann draußen, wenn man wegen erklärten Verlassens der Glaubensgemeinschaft/-grundlage Exkommuniziert wird.

Normalerweise erfolgt dies auch automatisch: wer der evangelischen Kirche beitritt, wird automatisch exkommuniziert. Diesen Automatismus muss Berger irgendwie ausgetrickst haben. Er wurde wegen Häresieverdachts ja nicht exkommuniziert, sondern nur nicht für Priesteramt und Lehre zugelassen.

Sein Eintritt in die evangelische Kirche (der nach diesem Recht zweifelsfrei stattgefunden hat) wurde ihm offenbar pardonniert, und so blieb er "katholisch", obwohl er evangelisches Kirchenmitglied war.

"ti oun eroumen pros tauta"? Es ist eben ein Deal, bei dem zumindest jedenfalls die badisch-kirchlichen Stellen offenbar ziemlich genau wussten, was sie taten. Sie nahmen gerne seine interessante theologische Lehre unter ihre Fittiche (Motto der Ekiba: fromm, bunt, frei), und ließen sich auch gerne seine Kirchensteuern überweisen. Freiburg hat dagegen ganz offensichtlich auch dichtgehalten, und genickt.

Damit ist aber der Vorwurf der "Täuschung" vom Tisch. Auch Berger hat nie einen Hehl daraus gemacht, seine Formulierung "Katholik im evangelischen Exil" kenne ich jedenfalls schon länger. Dass Exilanten in ihren neuen Heimatländern oft sehr segensreiche Dienste tun, ist ja nicht beispiellos in der Geschichte. Ob und wann Berger wieder in seine katholische Heimat zurückkehrt, darüber darf trefflich spekuliert werden.

Die Welle, die jetzt von Leicht und Co inszeniert wird, ist jedenfalls mir völlig unverständlich. Nicht Berger hat alle Beteiligten getäuscht oder betrogen, sondern die Beteiligten haben sich da was zurechtgemauschelt, worüber man geteilter Meinung sein kann, aber skandalträchtig ist das alles nicht.
Das deutsche Schicksal: vor einem Schalter zu stehn. Das deutsche Ideal: hinter einem Schalter zu sitzen. - Kurt Tucholsky

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