Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

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Juergen
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Juergen »

Caviteño hat geschrieben:Nach der letzten Hochrechnung der ARD scheinen die Grünen an der 5%-Hürde gescheitert zu sein.
Das scheint noch spannend zu werden. Laut ZDF-Videotext wird es eine Zitterpartie. Es kann sein, daß sie doch noch rein kommen.
Gruß Jürgen

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ar26
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von ar26 »

Unter http://service.mvnet.de/wahlen/216_lan ... swahl.html kann man sich die Ergebnisse (Erst- und Zweitstimme) in den Wahlkreisen anschauen. Es fällt auf, daß es der AfD gelang, einen der Landtagswahlkreise, die im Gebiet von Merkels Bundestagswahlkreis (Vorpommern-Rügen, Vorpommern-Greifswald) liegen, zu gewinnen. In den anderen Wahlkreisen konnten sich zwar CDU-Bewerber durchsetzen, dort liegt die AfD aber bei den Zweitstimmen vorn. Man kann also durchaus behaupten, die AfD hat Merkel in ihrem eigenen Wahlkreis geschlagen. Überhaupt fällt auf, daß die bisherige politische Zweiteilung von MV, linkes Mecklenburg und konservatives Vorderpommern sich erhalten hat; mit der Ergänzung, daß mehrere pommersche Wahlkreise an die AfD gehen. Merkel hat ihre Partei in ihren eigenen Hochburgen ruiniert.

PS: Sehe gerade, die sind noch fleißig am Zählen. Das Bild ist aber eindeutig.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

Man muß erwähnen, daß die AfD in MV nur ca. 400 Mitglieder hat. Bei dieser dünnen Personaldecke ist die Gewinnung von Direktmandaten eine besondere Leistung.

Ich hatte mich schon in Baden-Württemberg gewundert, daß es der AfD gelungen war, Direktmandate zu erzielen. In MV ist dies ebenfalls so. Das gibt Hoffnung für den Mai 2017, wenn in NRW gewählt wird. In Städten wie Duisburg, Dortmund, Essen oder Gelsenkirchen könnte ich mir eine ähnliche Entwicklung vorstellen, zumal nichts dafür spricht, daß das Thema "Flüchtlinge" innerhalb der nächsten Zeit "verschwindet".

Es ist wahrscheinlich, daß die AfD für die CDU das ist, was die Linke für die SPD war/ist: Ein Konkurrent, der die entscheidenden Prozentpunkte wegnimmt. Rechnungsempfänger für diese Entwicklung: Angela Merkel.

Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

Eine Einschätzung von "außen" - aus der Schweiz:
Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik hatte eine als rechts von der CDU verortete politische Kraft stärker abgeschnitten als die Union. Für die Berliner Politik und für die Ausrichtung der CDU dürfte das erhebliche Folgen haben – auch auf den Streit mit der Schwesterpartei CSU in der Flüchtlingspolitik. Die Positionierung mit Blick auf die Bundestagswahl 217 steht bevor. Die Sorge der Abgeordneten hinsichtlich ihrer Wiederwahl wächst. Ob eine bessere Erklärung der Politik ausreicht, ist fraglich.
In einem Wahlkampf, in dem die Flüchtlingspolitik über die landespolitischen Nöte dominiert hatte, ist das Resultat eine Abrechnung mit der «Willkommenskultur» der Kanzlerin. In dieser Debatte ging es ums Grundsätzliche, um das Gefühl des Sicherheits- und Kontrollverlusts durch die offenen Grenzen für illegal Zugewanderte und den Eindruck, die Politik kümmere sich mehr um die Asylbewerber als um die Begehrlichkeiten der Ansässigen. Das Ergebnis geht über reinen Protest gegenüber den etablierten Kräften hinaus. Viele traditionelle CDU-Wähler finden sich in ihrer Partei nicht wieder. Umfragen ergaben, dass diese, wäre das möglich gewesen, lieber den Kurs der CSU unterstützt hätten. Die CSU hatte nie die Polemik der AfD gegen die Ordnung der Bundesrepublik und deren Begrifflichkeit übernommen.
Die Niederlage des spröden CDU-Spitzenkandidaten Lorenz Caffier trifft Merkel umso härter, als ihr Wahlkreis in Vorpommern liegt und sie derzeit auf Bundesebene überdies mit Spekulationen hinsichtlich einer weiteren Kanzlerkandidatur konfrontiert ist. Aber auch die SPD kann sich in dem gegenüber 211 deutlich schwächeren Resultat nicht sonnen. Ohne den beliebten Sellering, der seine Skepsis gegenüber der auch von der SPD mitgetragenen Flüchtlingspolitik nie verschwiegen hatte, hätte sie kaum einen so klaren Wahlsieg errungen. Die irrlichternde Politik des Parteivorsitzenden und Vizekanzlers Sigmar Gabriel ist gewiss nicht die Erklärung dafür.
Die Ursache für die Verluste der etablierten Parteien, besonders auch der einst mitregierenden Linkspartei, lässt sich aber nicht einfach auf die Flüchtlingsfrage reduzieren. Diese sind Ausdruck eines auch bei gutsituierten Wählern festzustellenden Verlusts an Vertrauen in die Politik. Im Umgang mit dem Flüchtlingszustrom dürften sie die beklagte Bürgerferne besonders empfunden haben.
http://www.nzz.ch/international/europa/ ... -ld.11486

Merkel ist z. Zt. in China, will dort aber eine Sitzung "schwänzen", um eine Telefonkonferenz zur Wahl zu leiten. Sie scheint erkannt zu haben, daß es um ihr politisches Überleben geht:
Eine Ahnung, welche Diskussionen der Union – und vor allem Angela Merkel – in den kommenden Wochen bevorstehen, gab am Sonntagabend niemand aus der CDU, sondern der baden-württembergische Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke, der explizit der Kanzlerin die Schuld am Erfolg der AfD in Mecklenburg-Vorpommern gab. Das Wahlergebnis sei vollständig von ihrer Flüchtlingspolitik überlagert. „Frau Merkel schickt sich mit ihren Fehlern und ihrer Sturheit an, die Radikalen immer stärker zu machen“, sagte Rülke in Stuttgart.
Angela Merkel hat die Dringlichkeit der Situation offenbar erkannt – und die Symbolik des AfD-Erfolgs auf den Tag genau ein Jahr nach Merkels Entscheidung, die in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge nach Deutschland zu lassen. Am Abend hieß es, sie wolle sich am Montag vom G2-Gipfel in China zum Wahlausgang in Schwerin äußern. Und, ebenfalls ungewöhnlich: Nach ZDF-Informationen will die Kanzlerin eine Sitzung beim Gipfel schwänzen, um an der Telefonkonferenz des CDU-Vorstandes teilnehmen zu können. Merkel will die Deutungshoheit über das Wahlergebnis, das am Montag für heftige Debatten in der Union führen wird, offenkundig nicht aus den Händen geben.
(Hervorhebung von mir)

http://www.faz.net/aktuell/politik/wahl ... 241.html

Gut, daß es einmal so klar (Fehler und Sturheit) ausgesprochen wurde.

Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

Die Vorhersagen der Institute waren diesmal ziemlich genau und unterscheiden sich von dem Desaster bei den Landtagswahlen im Frühjahr.

http://www.wahlrecht.de/umfragen/landta ... ommern.htm

Das Ergebnis der AfD wurde sogar zu hoch angesetzt (tlw. 23%, erzielt wurden 2,8%). Ob es an verbesserten Umfragemethoden lag oder die "Aufarbeitung" der "Rohdaten" exakter war, werden wir wohl nicht erfahren. Man kann mE jetzt die Vorhersagen zur Landtagswahl in Berlin in zwei Wochen ernster nehmen:

http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm

Hier wird es interessant werden, ob der Erfolg der AfD in MV ausreichend Schub entwickelt, um die Linke zu überholen.

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overkott
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von overkott »

Viel Zeit für Analyse bleibt den Parteien bis zur nächsten Wahl in der Bundeshauptstadt nicht. Auch die CDU kann sich nur so viel öffentliche Analyse leisten, wie der Wahlkampf zulässt. Stimmungsmäßig hat die Union den rechten Rand durch ein falsches agenda setting begünstigt. Dies betrifft insbesondere das Ressort der unglaubwürdigen Verteidigungsministerin mit dem Persilschein. Die Übergriffigkeit auf Landeskompetenzen hat der CDU nicht genützt. Offenbar hat die Kanzlerin anders als in der Vergangenheit versäumt, im Ministerium für personelle Erneuerung zu sorgen. Einen Wechsel vor der nächsten Wahl wird es dennoch nicht geben. Das könnte das Ergebnis in Berlin noch einmal belasten. Ansonsten hat die CDU versäumt, als Volkspartei aufzutreten. Wahlergebnisse von 20 Prozent lassen die Union zur konservativen Randpartei schrumpfen.

Raphael

Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Raphael »

Wenn schon nicht die Sonne scheint, dann kann es hin und wieder auch 'mal regnen! :pfeif:

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Marcus
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Marcus »

Caviteño hat geschrieben:http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/berlin.htm

Hier wird es interessant werden, ob der Erfolg der AfD in MV ausreichend Schub entwickelt, um die Linke zu überholen.
Es ist zumindest nicht auszuschließen, dass die CDU nur vierte Kraft nach SPD, Grünen und Linken werden wird. Eine Fortsetzung von Rot-Schwarz scheint ohnehin unwahrscheinlich zu sein. Neben einer Deutschland-Koalition (dann müsste die FDP aber ins Abgeordnetenhaus gewählt werden), kämen nur noch eine Kenia-Koalition sowie Rot-Grün-Rot in Betracht.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

Dieter
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Dieter »

Die Grünen weg vom Fenster, die AfD vor der CDU.

Für den Anfang nicht schlecht.

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overkott
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von overkott »

Was aus den ZDF-Nachrichten nicht hervorgeht:

Am Sonntag gaben in Mecklenburg-Vorpommern weniger Wähler eine gültige Stimme ab als bei der Kommunalwahl vor zwei Jahren in München. In absoluten Zahlen gab es gestern in Mecklenburg-Vorpommern 66.645 Stimmen weniger, relativ betrachtet 7,6 Prozent weniger.

Die Zahl der gültigen Erststimmen ist im Vergleich zu 2011 in Meck-Pomm gestern um 121.773 gestiegen. Die AfD erzielte 175.845 Erststimmen. Theoretisch hat sie damit 54.072 Wechselwähler erreicht. Während also ein knappes Drittel ihrer Wähler Wechselwähler sind, sind mehr als zwei Drittel Nichtwähler, die diesmal von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben.

In absoluten Zahlen gehört auch die FDP zu den Gewinnern der Wahl, da sie um etwa 5.000 Stimmen zugelegt hat, was bei den Zweitstimmen über den Verlusten der CDU liegt, während Linke und Grüne jeweils etwa 20.000 Stimmen verloren haben und damit die eigentlichen Wahlverlierer sind.

Die Grünen dürften ihre Stimmen zur Hälfte an die Partei Tierschutz abgegeben haben. Umstritten ist in Meck-Pomm die Energiepolitik. Gegen Windkraft in Form von Offshore-Parks und Stromtrassen wehrte sich die neue Partei Freier Horizont und gewann aus dem Stand rund 6.000 Erst- und Zweitstimmen. Es dreht sich in Meck-Pomm offenbar nicht alles nur um Flüchtlinge.

Die SPD hat zwar bei den Erststimmen 4.000 abgegeben, bei den Zweitstimmen jedoch im selben Maß zugelegt.

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Juergen
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

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umusungu
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von umusungu »

Wie sagte der Kabaretist Jochen Schaudig so treffend:

"Wenn in dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte und den wenigsten Flüchtlingen 22% die AFD wählen, aus Angst vor Flüchtlingen, dann sollte die Regierung nicht ihre Flüchtlingspolitik überdenken - sondern die Bildungspolitik."

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Juergen
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Juergen »

http://www.tagesspiegel.de/politik/anal ... 00572.html


Analyse zu Mecklenburg-Vorpommern
Es sind nicht nur die Flüchtlinge

Der Erfolg der AfD im Nordosten hat auch wirtschaftliche Gründe - viele Wähler der Rechtspopulisten fühlen sich als die Verlierer der letzten Jahrzehnte.

Es war gar nicht das wichtigste Thema: Die Flüchtlingskrise stand nicht ganz vorn auf der Agenda der Wähler in Mecklenburg-Vorpommern, sondern es waren die Jobs. Und auch wenn die AfD vor allem mit Stimmungsmache gegen Zuwanderung, Flüchtlingsaufnahme und die Kanzlerin Stimmung machte und damit Wähler anlockte, haben auch überproportional viele Bürger ihr Kreuzchen bei den Rechtspopulisten gemacht, weil sie sich ökonomisch abgehängt sehen.

Es sind jene, die sich benachteiligt fühlen, und von denen gibt es im Ostteil, in Vorpommern, in den Grenzregionen zu Polen, mehr als im Rest des Landes. 60 Prozent der AfD-Anhänger sagten laut Forschungsgruppe Wahlen, dass "nur die Wenigsten" von der Wende profitiert hätten.
Gruß Jürgen

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taddeo
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von taddeo »

umusungu hat geschrieben:Wie sagte der Kabaretist Jochen Schaudig so treffend:

"Wenn in dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte und den wenigsten Flüchtlingen 22% die AFD wählen, aus Angst vor Flüchtlingen, dann sollte die Regierung nicht ihre Flüchtlingspolitik überdenken - sondern die Bildungspolitik."
Welche Regierung? :hmm: Bildungspolitik ist Länder- und Glückssache. ;D

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Hubertus
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Hubertus »

umusungu hat geschrieben:Wie sagte der Kabaretist Jochen Schaudig so treffend:

"Wenn in dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte und den wenigsten Flüchtlingen 22% die AFD wählen, aus Angst vor Flüchtlingen, dann sollte die Regierung nicht ihre Flüchtlingspolitik überdenken - sondern die Bildungspolitik."
Es ist genau dieser Tonfall, den man ja auch lange Zeit von den Vertretern der etablierten Parteien gehört hat, der wesentlich zum Erstarken der AfD geführt hat und vmtl. noch weiter führen wird - ignorant, pauschal abwertend, unwillig, sich mit den wirklichen Ursachen auseinanderzusetzen. Diemal hat sich gezeigt, daß die Stigmatisierung der neuen Bewegung nichts (mehr) gefruchtet hat. Selbst die repetitive Widerholung des Etiketts "rechtspopulistisch" konnte die wachsende Sympathie in der Bevölkerung nicht aufhalten. Mit dem Versagen in der "Flüchtlings"-"Politik" ist offenbar der Rubikon überschritten - der Nichtwähler erwacht. Der AfD gelingt es, jene zurückzuholen, die schon länger in die innere Emigration gewandert waren, aus Frust, daß die "Volksvertreter" zunehmend selbstherrlich über die Köpfe der Bürger hinweg regieren. Und auch zahlreiche frustrierte Wähler der etablierten Parteien spricht sie an (selbst von den Grünen konnte sie Wechselwähler verzeichnen!).
Die AfD steht auch, zumindest geht offenbar die Hoffnung der Unterstützer dahin, für einen neuen Politikstil - mittlerweile weit jenseits einzelner Sachfragen. Das endlich zu kapieren und entsprechende Schlüsse zu ziehen, wird insbesondere für die Union demnächst zu einer Frage des politischen Überlebens - zumindest als "Volkspartei".
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Juergen
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Juergen »

Es ist genau das passiert, wovor vor der Wahl gewarnt wurde. Die beiden Regierungsparteien hatten dazu aufgerufen, daß möglichst viele zur Wahl gehen sollen und die Meinungsforscher meinten, daß damit der Schuß nach hinten los geht.

Genauso ist es gekommen. Sowohl SPD als auch CDU haben in absoluten Zahlen in etwa genauso viele Stimmen bekommen, wie bei der letzten Wahl. Die SPD bekam sogar ein paar Stimmen mehr.
SPD 246.000 (2011: 240.000)
CDU 153.000 (2011: 181.000)

Es wurden viele Nichtwähler mobilisiert. Das ist für die Demokratie gut, doch hat es, wie die Forscher vorhergesagt haben, SPD und CDU nichts genützt, sondern letztlich geschadet.

Vor allen Dingen die Grünen haben viele Stimmen abgegeben:
Grüne 38.000 (2011: 56.000)
und auch bei der Linken gab es Verluste
Linke 106.000 (2011: 127.000)

Bei den ganz Rechten, der NPD waren es diesmal 24.000 Stimmen. Vor vier Jahren waren es noch 40.000.

Die AfD bekam 167.000 Stimmen.
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Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

umusungu hat geschrieben:Wie sagte der Kabaretist Jochen Schaudig so treffend:

"Wenn in dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte und den wenigsten Flüchtlingen 22% die AFD wählen, aus Angst vor Flüchtlingen, dann sollte die Regierung nicht ihre Flüchtlingspolitik überdenken - sondern die Bildungspolitik."
Könnte es nicht sein, daß die "dummen" Menschen dort dank Internet und aus eigener Anschauung sehr wohl wissen, was in der Welt los ist und keine Verhältnisse wie in Brüssel-Molenbeek, wie in den Pariser Banlieues oder wie in den Brennpunkten einiger deutscher Städte und Regionen haben wollen und dabei nach der Devise abstimmen: "Wehret den Anfängen"?
Bisher wurde noch nirgendwo in D. der Nachweis erbracht, daß die Integration einer großen muslimischen Minderheiten eine Erfolgsstory ist. Deswegen ist die Botschaft des AfD-Erfolges in verschiedenen Bundesländern klar:
Die Botschaft, die AfD-Wähler senden wollen, ist eindeutig: Sie wollen eine dauerhafte Begrenzung der Einwanderung, am besten gar keine aus islamischen Ländern. Keine der etablieren Parteien hat darauf eine Antwort im Sinne dieser Wähler – sie wollen es nicht. Wie könnte also eine Botschaft aussehen, die dem Protest den Wind aus den Segeln nimmt?
http://www.faz.net/aktuell/politik/wahl ... 21417.html

Man kann die Wähler natürlich immer weiter als "gering Gebildete", "Globalisierungsverlierer", "Arbeitslose" "Pack" usw. diffamieren. Inzwischen sollte den Marketingagenturen allerdings klar sein, daß diese Beschimpfungen niemanden mehr davon abhalten, die AfD zu wählen.
Dem vom Jürgen verlinkten Artikel, der den Grund in wirtschaftlichen Gründen sieht, kann man auch nicht unbedingt zustimmen. Die AfD war auch im Boomland Baden-Württemberg erfolgreich und in Sachsen-Anhalt schnitt sie sogar noch besser ab als in MV.

Es wird der Politik nichts anderes übrig bleiben, als auf die Anliegen der AfD-Wähler nachhaltig einzugehen - wie es bei den Republikanern der Fall war. Andernfalls wird sich auf Dauer eine europakritische Partei rechts von der CDU etablieren. Durch schulmeisterliche Belehrungsversuche wird man das nicht verhindern können. Die AfD könnte sonst für die CDU das werden, was Grüne und Linke für die SPD sind: Eine dauerhafte Konkurrenzpartei, die dazu führt, daß sich die CDU an Wahlergebnisse um die 3% statt wie früher um die 4% gewöhnen muß.

Raphael

Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Raphael »

umusungu hat geschrieben:Wie sagte der Kabaretist Jochen Schaudig so treffend:

"Wenn in dem Land mit der geringsten Bevölkerungsdichte und den wenigsten Flüchtlingen 22% die AFD wählen, aus Angst vor Flüchtlingen, dann sollte die Regierung nicht ihre Flüchtlingspolitik überdenken - sondern die Bildungspolitik."
Wenn man den Hofnarren für einen guten Regierungschef hält, dann kann man solche Sprüche natürlich goutieren! :roll:

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marcus-cgn
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von marcus-cgn »

Caviteño hat geschrieben: Für eine schwarz-grüne Koalition müßte man aber zunächst einmal genügend Stimmen haben. Bei einem Sechs-Parteien-Parlament halte ich das für unwahrscheinlich. Für ziemlich unwahrscheinlich halte ich rot-rot-grün. Die SPD bei ca. 20%, die Linke verliert massiv an die AfD, da könnte es selbst bei 10%+ für die Grünen eng werden.

[...]

Angesichts dieser Lage wird die CDU ihre Kanzlerkandidatin nicht austauschen. Wir werden dann zur Begründung dumme Sprüche wie "Im Fluß wechselt man nicht das Pferd" usw. hören. Man wird versuchen, die schlimmsten Auswirkungen der "Flüchtlings"politik zu korrigieren - soweit das überhaupt noch möglich ist.
Ich hoffe auch, daß sie kandidiert und eine saftige Niederlage (< 30%) einstecken muß. Danach soll sie zurücktreten.
Für schwarz-grün wird es wahrscheinlich nicht reichen, es denn Kretschmann würde Spitzenkandidat, vielleicht aber selbst dann nicht. Ich gehe aber davon aus, dass die FDP wieder in den Bundestag einzieht, dann eben eine schwarze Ampel. Sollten die Grünen stärker sein, als die FDP würden sie dabei wahrscheinlich mitmachen, zumal der dickste Brocken im Verhältnis zur CSU auszuräumen wären.

Ich stimme Dir zu, dass Merkel von allein nicht aufhören wird. Aber selbst bei einer Niederlage wird es den üblichen Modus geben, der vielen Wählern so verhasst ist: Am Wahlabend wird zu hören sei, dass es zu früh sei über Personalentscheidungen zu sprechen und die Grünen üben sich ja schon jetzt in Merkel-Verteidigung. Wenn die schwarze Ampel nur mit Merkel zu haben ist, werden die Kritiker schnell verstummen. Die einzige Möglichkeit Merkel zu stürzen ist jetzt, bzw. nach der Berlin-Wahl, aber selbst Bosbach sagt ja, sie sei alternativlos. Natürlich falsch, Alternativen gibt es immer.

Lilaimmerdieselbe
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Schaudig hat doch Recht. Selbst AfD-Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern geben zu, dass das Flüchtlingsproblem dort ein geringeres im Vergleich zu der hohen Arbeitslosigkeit, den geringen Löhnen, der Abwanderung der gebildeten Jugend, den Verlusten an ländlicher Infrastruktur usw ist. Mit dem Ministerpräsidenten und selbst mit der Landesregierung war man dort sogar ausgesprochen zufrieden.

Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

marcus-cgn hat geschrieben:Ich stimme Dir zu, dass Merkel von allein nicht aufhören wird. Aber selbst bei einer Niederlage wird es den üblichen Modus geben, der vielen Wählern so verhasst ist: Am Wahlabend wird zu hören sei, dass es zu früh sei über Personalentscheidungen zu sprechen und die Grünen üben sich ja schon jetzt in Merkel-Verteidigung. Wenn die schwarze Ampel nur mit Merkel zu haben ist, werden die Kritiker schnell verstummen. Die einzige Möglichkeit Merkel zu stürzen ist jetzt, bzw. nach der Berlin-Wahl, aber selbst Bosbach sagt ja, sie sei alternativlos. Natürlich falsch, Alternativen gibt es immer.
Mir kam in den letzten Tagen der Bundestagswahlkampf 1961 in den Sinn. Es war damals klar, daß die CDU ihren Wahlerfolg von 1957, der ihr die absolute Mehrheit brachte, nicht wiederholen. Als Koalitionspartner bot sich die FDP an, die mit folgendem Slogan warb:
Mit der CDU, aber ohne Adenauer
https://de.wikipedia.org/wiki/Bundestagswahl_1961

Sie konnte sich damit zwar nicht vollumfänglich durchsetzen, wurde als "Umfallerpartei" bezeichnet, erreichte aber, das Adenauer nach der halben Legislaturperiode gehen mußte und Ludwig Erhard übernahm.

Würde die SPD was Merkel und die Koalition betrifft sich zu einer ähnlichen Aussage durchringen, könnte sie mE davon profitieren. Die Hälfte der Bevölkerung lehnt eine weitere Amtszeit von Merkel ab; sie würden einer solchen SPD-Forderung wohl zustimmen. Es wäre dann Sache der CDU entweder sofort einen neuen Kandidaten aufzustellen oder das Wahlergebnis abzuwarten. Könnte dann keine Regierung gebildet werden, weil die SPD bei ihrer Forderung bleibt, käme es zu Neuwahlen.
Für die CDU wäre es beschämend, wenn eine andere Partei ihr die Personalpolitik vorschreibt. Wenn man aber selbst nicht in der Lage ist, sich vom Ballast zu lösen, müssen eben andere mithelfen.

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Marcus
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Marcus »

Nach der in der FAZ veröffentlichten Grafik ( http://www.faz.net/aktuell/politik/wahl ... 15882.html )bekam die AfD den meisten Zuspruch aus den Reihen der Arbeiter (sogar noch vor der SPD!) und den wenigstens Zuspruch aus den Reihen der Beamten. Auch von den Arbeitslosen bekam sie mehr Stimmen als die SPD. Diese war nur bei den Rentnern am beliebtesten. Die Grünen waren hingegen nur bei den Beamten beliebt, dafür bei den Rentnern und Arbeitern am wenigstens beliebt. Man könnte also für Mecklenburg-Vorpommern sagen, dass aus der ehemaligen Arbeiterpartei SPD die neue Rentnerpartei geworden ist, während die AfD gerade bei der originären SPD-Klientel (Arbeiter + Arbeitslosen) am besten ankam. Das erklärt vielleicht auch, weshalb gerade SPD-Politiker die AfD als unsoziale und neoliberale Partei brandmarken wollen. Und bei den Beamten, die tendenziell zu den „staatstragenden Parteien“ stehen, dürfte ein nicht unwesentlicher Teil aus dem Westen stammen, der im Osten nach der Wende Karriere gemacht und daher von den Regierungsparteien stark profitiert hat.

Nachtrag:

Hab´s zunächst übersehen: Bei den Selbständigen waren die Grünen ebenfalls beliebter als bei anderen Wählerschichten.
Zuletzt geändert von Marcus am Montag 5. September 2016, 15:35, insgesamt 1-mal geändert.
Grund: Nachtrag.
Jesus spricht: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ (Joh. 14,6)

Raphael

Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Raphael »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Schaudig hat doch Recht.
Die Phrase von Schaudig persifliert die wohlfeilen Forderungen der Politiker aus den etablierten Parteien, weil Investionen in die Bildungspolitik immer dann erforderlich sein werden, wenn diese nicht mehr weiter wissen.
Eine Forderung wie ein Rettungsanker, dem niemand ernsthaft widersprechen können soll. :roll:
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Selbst AfD-Politiker aus Mecklenburg-Vorpommern geben zu, dass das Flüchtlingsproblem dort ein geringeres im Vergleich zu der hohen Arbeitslosigkeit, den geringen Löhnen, der Abwanderung der gebildeten Jugend, den Verlusten an ländlicher Infrastruktur usw ist.
Es ist nicht auszuschließen, daß die Bürger von MV der AfD bei genau diesen Themen mehr Lösungskompetenz zutrauen als den etablierten Parteien.
Von der skandalösen Migrationspolitik der Bundesregierung sind darüber hinaus die Bürger in MV zumindest indirekt betroffen und das wissen die Bürger in MV auch, selbst wenn MV nur vergleichsweise wenige Migranten aufgenommen hat. Wenn Migranten in Bayern mit Mitteln des Bundeshaushaltes unterstützt werden, hätte dieses Geld auch für Infrastrukturmaßnahmen oder Wirtschaftsförderung in MV ausgegeben werden können. So aber werden die Prioritäten anders gesetzt, und zwar zu Lasten der MV'ler (und anderer Bundesländer).
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Mit dem Ministerpräsidenten und selbst mit der Landesregierung war man dort sogar ausgesprochen zufrieden.
Zufriedenheit zeigt sich wohl kaum in einem prozentualen Rückgang, wie ihn die SPD in MV bei dieser Wahl erleben mußte.

Lilaimmerdieselbe
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Eben. Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 60%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 70%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?

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Peti
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Peti »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Eben. Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 60%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 70%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?
Das frag ich mich auch. Mit moslemischen Kollegen habe ich jahrzehntelang zusammengearbeitet. Seit über einem viertel Jahr lebe ich mit 40 Asylbewerbern Tür an Tür:
Auf dem Grundstück unseres Caritas-Altenheims, in dem ich eine Dienstwohnung habe, wurden Fertighäuser für sie gebaut.
In der Wohnung über uns ist eine Familie aus Afganistan, neben uns aus Osteuropa. Ich treff die Leute täglich und kenne viele Einzelschicksale.
Das ist eine Erfahrung die in MV vermutlich nur wenige Leute haben.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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guatuso
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von guatuso »


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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

Vielleicht sind die Ostdeutschen aufgrund der unterschiedlichen geschichtlichen Erfahrung doch anders "gepolt" als die Menschen im Westen.
Vielleicht kann der Westdeutsche an sich den ostdeutschen Wähler nur bedingt verstehen. Die Vergangenheiten sind sehr unterschiedlich. Ost- und Westdeutschland stehen heute am selben Punkt der Geschichte, doch sie sind auf verschiedenen Wegen hier angelangt.
Die westdeutschen Bürger der Bundesrepublik sind groß geworden mit Kanzlern, die – zumindest aus heutiger, vielleicht verklärter Erinnerung – immer nur das Beste des Volkes wollten. Sie gaben sogar einen Eid, dem Wohl des deutschen Volkes zu dienen. DDR-Bürger sind dagegen aufgewachsen mit Politikern, deren Koordinatensystem ausschließlich zwischen Ideologie und Machtsucht aufgehangen zu sein schien. Einige Ostler erkennen nun in Merkel den Widerhall der eigenen Vergangenheit – und die Westler wissen nicht, wovon der Osten redet. Manche Ostdeutsche sehen in Merkel einige Ideologie und unendlich viel an Machtwillen, aber immer weniger die unbedingte Bereitschaft, das Wohl des eigenen Volkes an erste Stelle zu setzen.
Einige Ostdeutsche sprechen aus, was für den Westdeutschen zu sagen, ein Tabu wäre: Merkel, so empfinden einige Wähler, ist die erste Kanzlerin, die der Bundesrepublik bewusst und sehenden Auges schadet – zugunsten einer vermeintlich höheren Moral.
http://www.tichyseinblick.de/kolumnen/d ... ternative/
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben: Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 6%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 7%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?
Fast alle Landtagswahlen hatten eine starke bundespolitische Komponente und die Landtagswahlen in diesem Jahr haben im Zeichen der "Flüchtlings"krise gestanden. Die jeweilige Landespolitik zählte nicht mehr - entscheidend war es, der Berliner Regierung einen Denkzettel zu verpassen.
Das ist mE auch legitim. Wenn ein Thema die Diskussion in der Gesellschaft beherrscht, der Bundestag aber als Vertreter des Volkes es nicht für nötig befindet, darüber eine Debatte anzuberaumen, dann ist es verständlich, wenn die Menschen durch ihr Wahlverhalten bei jeder Gelegenheit auf diesen Mißstand aufmerksam machen (wollen). Ein solches Verhalten ist auch realistisch, weil durch die Wahlergebnisse der Bundesregierung - auf dem Umweg über Landtagswahlen - signalisiert wird, daß man eine Änderung der Politik will. Es steht der Bundesregierung frei, dieses Signal zu würdigen oder eben weitere Landesregierungen im Regen stehen zu lassen, die dann trotz - einer erfolgreichen Politik - abgestraft werden.

Deswegen kann man den Ministerpräsidenten keinen Vorwurf zum Wahlergebnis machen: Die Schuldige ist Frau Merkel - sie hat das wohl auch erkannt, ist aber nicht bereit, Konsequenzen zu ziehen. Gut - dann gehen die Wahlniederlagen eben in die nächste Runde. Je häufiger ein Denkzettel verpaßt wird, desto mehr Mandatsträger müssen ihren Posten räumen und werden dann vielleicht nicht mehr Merkel bedingungslos folgen.

Caviteño
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Caviteño »

Peti hat geschrieben:Seit über einem viertel Jahr lebe ich mit 40 Asylbewerbern Tür an Tür:
Auf dem Grundstück unseres Caritas-Altenheims, in dem ich eine Dienstwohnung habe, wurden Fertighäuser für sie gebaut.
Tja, man wundert sich, wofür plötzlich Geld da ist. Das fragen sich wohl auch viele deutsche Familien, die eine Wohnung in Deinem Wohnort "Landkreis München" suchen.

PigRace
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von PigRace »

Caviteño hat geschrieben:
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben: Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 60%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 70%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?
Fast alle Landtagswahlen hatten eine starke bundespolitische Komponente und die Landtagswahlen in diesem Jahr haben im Zeichen der "Flüchtlings"krise gestanden. Die jeweilige Landespolitik zählte nicht mehr - entscheidend war es, der Berliner Regierung einen Denkzettel zu verpassen.
Das ist mE auch legitim. Wenn ein Thema die Diskussion in der Gesellschaft beherrscht, der Bundestag aber als Vertreter des Volkes es nicht für nötig befindet, darüber eine Debatte anzuberaumen, dann ist es verständlich, wenn die Menschen durch ihr Wahlverhalten bei jeder Gelegenheit auf diesen Mißstand aufmerksam machen (wollen). Ein solches Verhalten ist auch realistisch, weil durch die Wahlergebnisse der Bundesregierung - auf dem Umweg über Landtagswahlen - signalisiert wird, daß man eine Änderung der Politik will. Es steht der Bundesregierung frei, dieses Signal zu würdigen oder eben weitere Landesregierungen im Regen stehen zu lassen, die dann trotz - einer erfolgreichen Politik - abgestraft werden.

Deswegen kann man den Ministerpräsidenten keinen Vorwurf zum Wahlergebnis machen: Die Schuldige ist Frau Merkel - sie hat das wohl auch erkannt, ist aber nicht bereit, Konsequenzen zu ziehen. Gut - dann gehen die Wahlniederlagen eben in die nächste Runde.
(Fettdruck von mir)


Super formuliert. 100% agree! :daumen-rauf:

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Peti
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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von Peti »

Caviteño hat geschrieben:
Peti hat geschrieben:Seit über einem viertel Jahr lebe ich mit 40 Asylbewerbern Tür an Tür:
Auf dem Grundstück unseres Caritas-Altenheims, in dem ich eine Dienstwohnung habe, wurden Fertighäuser für sie gebaut.
Tja, man wundert sich, wofür plötzlich Geld da ist. Das fragen sich wohl auch viele deutsche Familien, die eine Wohnung in Deinem Wohnort "Landkreis München" suchen.
Unsere Gemeinde hat ein gutes "Einheimischenmodell", über 150 Mietwohnungen für Einheimische. Diese Wohnungen sind öffentlich gefördert und werden zu günstigeren Mietpreisen angeboten. Zur Zeit werden wieder neue gebaut.
Die Stimmung ist bei uns nicht so aufgeheizt. AFD gibt es im Ort nicht. Der bayerische AFD Landesvorsitzende wohnt zwar im Nachbarort- hab ich erst vor kurzem zufällig erfahren. Den kennt hier so gut wie niemand.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von ar26 »

Peti hat geschrieben:
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Eben. Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 60%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 70%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?
Das frag ich mich auch. Mit moslemischen Kollegen habe ich jahrzehntelang zusammengearbeitet. Seit über einem viertel Jahr lebe ich mit 40 Asylbewerbern Tür an Tür:
Auf dem Grundstück unseres Caritas-Altenheims, in dem ich eine Dienstwohnung habe, wurden Fertighäuser für sie gebaut.
In der Wohnung über uns ist eine Familie aus Afganistan, neben uns aus Osteuropa. Ich treff die Leute täglich und kenne viele Einzelschicksale.
Das ist eine Erfahrung die in MV vermutlich nur wenige Leute haben.
Mit Sicherheit ist diese Erfahrung dort nicht sehr weit verbreitet. Gleichwohl besteht heute praktisch überall in Deutschland die mehr als theoretische Möglichkeit, solche Erfahrungen in Zukunft machen zu können oder zu müssen. Hierauf haben die Wähler bereits vorsorglich eine Antwort gegeben.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

CIC_Fan

Re: Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin 2016

Beitrag von CIC_Fan »

Peti hat geschrieben:
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Eben. Die Zufriedenheit der Bürger mit ihrer Landesregierung,knapp über 60%, und mit dem Ministerpräsidenten, ungefähr 70%, wurde abgefragt. Das steht tatsächlich im Widerspruch zum Wahlverhalten. Die Bürger haben also bei einer Landtagswahl es für wichtiger gehalten, der Kanzlerin einen Denkzettel zu verpassen. Wie realistisch ist das denn?
Das frag ich mich auch. Mit moslemischen Kollegen habe ich jahrzehntelang zusammengearbeitet. Seit über einem viertel Jahr lebe ich mit 40 Asylbewerbern Tür an Tür:
Auf dem Grundstück unseres Caritas-Altenheims, in dem ich eine Dienstwohnung habe, wurden Fertighäuser für sie gebaut.
In der Wohnung über uns ist eine Familie aus Afganistan, neben uns aus Osteuropa. Ich treff die Leute täglich und kenne viele Einzelschicksale.
Das ist eine Erfahrung die in MV vermutlich nur wenige Leute haben.
ich wohne seit einem Jahr direkt neben einen Asylanten Unterkunft alles bestens
das Thema wird von gewissen Kreisen benutzt die sonst keinen Fuß mehr auf den Boden bekämen

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