Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Nun hat man das aber doch zumindest an Schulen seit Jahren durch.
Das ist mir - das passt
expressis verbis sehr gut dazu - zu apodiktisch, zu sehr
"par ordre du mufti". Du schriebst dasselbe auch schon mehrmals. Nichtsdestotrotz wird tatsächlich weiter darüber diskutiert - mit durchaus offenem Ausgang, der vor allem von der
"betroffenen Klientel" mitgestaltet werden könnte. Das Thema ist also nicht
"durch" - es
wünschten sich lediglich einige dieses.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Da gelten Regeln für alle und gut ist.
Nein, tun sie nicht. Während nämlich die Kopfbedeckung für eine Muslima legitim ist, ist es das Tragen einer Kopfbedeckung für Nichtmuslime im Unterricht nicht. Diese müssen ihre Kopfbedeckungen nach der Schulordnung meist abnehmen und verweisen zu Recht auf die von ihnen oft als Ungerechtigkeit empfundene Erlaubnis für Muslime (wenn
du das noch nie gehört hast: ich höre es fast wöchentlich). Die Ersatzlose Streichung des § 38 des Schulgesetzes in Baden-Württemberg
„keine politischen, religiösen, weltanschaulichen oder ähnliche äußeren Bekundungen“
nach dem Urteil des BVG genügt also nicht. Interessanterweise kritisieren die Kirchen die ersatzlose Streichung:
Vielleicht müsste man den nichtmuslimischen Schülern den Tipp geben, sich fortan als Rastafari auszugeben und Wollmützen in Jamaika-Farben zu tragen. Da entwickelt sich bestimmt noch was. Eine dezidiert religiöse Begründung des Kopftuches ist
sowieso obsolet. Natürlich muss kein Muslim die Meinung der
Deutschen Islam Konferenz berücksichtigen, aber er kann dann nicht behaupten, dass seine Religionsausübung
vernünftig (und
koranexegetisch reflektiert) wäre - um wieder bei
Lessing und der Aufklärung zu landen. Ohnehin finde ich es seltsam, wie man einerseits die Pius-Bruderschaft
"rückwärtsgewandt" sehen kann, eine konservativ-orthodoxe Auslegung von Koran etc. aber nicht. Ist das Feigheit oder ein tief sitzender kulturgeschichtlicher Selbsthass? Gut, jeder kann ja auch hassen, wen und was er will, selbstverständlich auch sich selbst.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Händeschütteln gehört nicht zur Pflicht
Nö, natürlich nicht. Da schließt sich aber wieder der Kreis mit der Vernunft, s.
Lessing. Ich kann dann nämlich begründet behaupten, dass solche Leute einer im Sinne der Aufklärung zurückgebliebenen Art der Religionsausübung anhängen. Im Sinne von
I. Kants Definition von
"Aufklärung" ginge das für eine Einzelperson, die das für sich beschließt, sobald aber andere dazu gezwungen werden sollten (Stichwort Familie im islamischen Kulturkreis), hört's auf.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Haarezeigen auch nicht
Sehen selbst manche im Islam nicht so, s. die islamwissenschaftliche Expertise der
Deutschen Islam Konferenz und
hier:
"Aber in die staatlichen Schulen gehört weder das Kreuz noch das Kopftuch."
Ich glaube übrigens nicht, dass die islamischen Glaubensrichtungen in D. unbedingt ein Kalifat brauchen. Langfristig ist es absehbar, dass die
Deutsche Islam Konferenz die Rolle übernehmen wird, den offiziellen Islam in D. zu repräsentieren, mitsamt der islamische Religionslehrer und Imame ausbildenden islamisch-theologischen Fakultäten in Münster, Hamburg, Osnabrück, Frankfurt und Tübingen. Ob die Gemeinden sie annehmen, wird wurscht sein. Sie bekommen keine anderen, schon gar nicht aus der Türkei. Katholische Priester kommen ja auch nicht ausschließlich aus Rom.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:und über Lehrpläne diskutiert man nicht.
Hast du eine Ahnung. Ich sitze bei Elternabenden immer auf der anderen Seite und kann dir sagen: doch, tut "man". Es gab auch schon muslimische Eltern, die sich weigerten, ihre Tochter
"Frühlings Erwachen" für den Deutschunterricht lesen zu lassen. Allen Ernstes kamen Vorschläge von besonders gutmeinenden Pädagogen, entsprechende Passagen im Werk deshalb schwärzen zu lassen. Das ist z.T. auch durch die Betroffenen geschehen.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Alles weitere steht in der Schulordnung, die notfalls auch abgeschrieben werden kann.
Ach Gottchen, welcher pädagogische Zweck sollte denn
dahinter stecken? Es gibt Bundesländer, deren Schulgesetze solch einen Unsinn verbieten (z.B. Hessen). Eine Sonderarbeit
muss sich immer mit dem Inhalt der Unterrichtsstunde befassen. Schließlich hat der Schüler durch eigenes Verschulden Unterrichtsinhalte versäumt und erhält dadurch Gelegenheit, das Versäumte nachzuholen.
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:Man muß also nicht so tun, als müßte man ausgerechnet heute das Rad erfinden.
"So tun" tut keiner. Aber gerade in der Schule ist der demokratische Staat der Aufklärung verpflichtet, weil es hier darum geht, das Denken zu lernen. Zum Denken gehört das Hinterfragen. Auch hier also: Kein Schlussstrich. Niemals. Und keine Gleichgültigkeit, die kulturgeschichtliche Masochisten mit Toleranz verwechseln.