Volksverhetzung

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Juergen
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Volksverhetzung

Beitrag von Juergen »

Hier im Forum wurde in der letzten Zeit öfters über Hetze und Volksverhetzung insbesondere im Zusammenhang mit Kreuz.net gesprochen.

Dazu ein kleines Detail… Es geht um den entsprechenden §130

Hier die derzeitige Fassung als Auszug:

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(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
  1. gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2)….
Und hier die vohergehende Fassung, gültig bis März 2011

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(1) Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,
  1. zum Haß gegen Teile der Bevölkerung aufstachelt oder zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen gegen sie auffordert oder
  2. die Menschenwürde anderer dadurch angreift, daß er Teile der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,
wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
(2)…
Es fällt auf, daß es in der alten Fassung immer von "Teilen der Bevölkerung" gesprochen wurde. Das sind naturgemäß größere Gruppen.

In der neuen Fassung reicht es aus, daß jemand sich gegen einzige Person wendet. Wenn diese Person zu einer der bezeichneten Gruppen gehört, dann kann das ggf. schon Volksverhetzung sein.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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Edi
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Edi »

In dem § geht es aber immer um die Störung des sog. öffentlichen Friedens. Erst wenn der gestört ist, ist der erfüllt. Das bedeutet doch, dass es zu Beeinträchtigungen der öffentlichen Ordnung kommen muss. Genau, das hat man doch immer den Christen vorgehalten, wenn man ihre Religion beleidigt hat, dass allein Gegenwehr mit Worten nicht genügt, um den öff. Frieden zu stören. Sie müssten schon auf die Strassen gehen und randalieren. Wie soll dass dann nicht auch für Hetze gelten, solange dieser § diese öff. Störung verlangt? Die Störung wäre dann bestimmt auch eine Straftat! Schon absurd diese Gesetze wie so oft.
Bisher aber ist dieser öff. Friede selten gestört gewesen, wenn ich es richtig sehe.
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Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
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Juergen
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Juergen »

Dennoch gibt es einige Verurteilungen nach §130
http://www.bundestag.de/presse/hib/2012 ... 29/03.html

Im Bundestag notiert: Wegen Volksverhetzung verurteilt

Inneres/Antwort - 20.11.2012

Berlin: (hib/STO) Im Jahr 2010 sind in Deutschland 317 Personen wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (17/10983) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10884) weiter hervorgeht, wurden 2009 wegen Volksverhetzung 369 Personen verurteilt und im Jahr zuvor 397. Im Jahr 2007 waren es der Vorlage zufolge 438 Personen nach 283 im Jahr 2006.
Ich vermute allerdings, daß die meisten Verurteilungen mit Absatz begründet sind.
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

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:hae?: :hae?: :hae?:
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Juergen
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Juergen »

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Gruß Jürgen

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Edi
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Edi »

Juergen hat geschrieben:Dennoch gibt es einige Verurteilungen nach §130
http://www.bundestag.de/presse/hib/2012 ... 29/03.html

Im Bundestag notiert: Wegen Volksverhetzung verurteilt

Inneres/Antwort - 20.11.2012

Berlin: (hib/STO) Im Jahr 2010 sind in Deutschland 317 Personen wegen Volksverhetzung verurteilt worden. Wie aus der Antwort der Bundesregierung (17/10983) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/10884) weiter hervorgeht, wurden 2009 wegen Volksverhetzung 369 Personen verurteilt und im Jahr zuvor 397. Im Jahr 2007 waren es der Vorlage zufolge 438 Personen nach 283 im Jahr 2006.
Ich vermute allerdings, daß die meisten Verurteilungen mit Absatz begründet sind.
Du wirst recht haben. Ich habe vor Jahren von einem Fall bei Nürnberg gelesen, wo ein christlicher Mann einmal die Schrift Luthers "Von den Juden und ihren Lügen" zitiert hatte (in welchem Zusammenhang weiß ich allerdings nicht) und deswegen angeklagt und verurteilt wurde.
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Edi
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Edi »

Gestern habe ich zufällig Ausführungen des Bundesrichters Thomas Fischer in der Zeit gelesen, wo auch über das Thema Volksverhetzung, Gotteslästerung und Religionsverunglimpfung etwas geschrieben stand.

Wenn ich es anhand des § 130 StGB richtig sehe, muss bei dem Thema aber auch bei anderen wie Religionsverunglimpfung usw. IMMER der öffentliche Friede gestört sein. Wo aber war der je gestört, wenn man doch davon ausgeht, daß diese Störung z.B. mit Randalen oder ähnlichem einhergehen muss. Wo ist der gestört, wenn jemand den Holocaust leugnet und manch anderes mehr? Holocaustleugner wurden und werden aber verurteilt.
Ich bin kein Jurist, aber auffällig ist schon, daß es diese Störungen zumindest nach meiner Info selten gegeben hat und daher die Verunglimpften gar nicht auf einen Rechtsbruch pochen können, jedenfalls nach meiner Ansicht, es sei denn ich hätte die Gesetzestexte nicht genau verstanden.
Es wäre schon mal interessant von einem Juristen, der sich damit auskennt, eine Stellungnahme zu erhalten.
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Juergen
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Juergen »

Gruß Jürgen

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Robert Weemeyer
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Robert Weemeyer »

Der öffentliche Friede muss nicht gestört sein, aber die Tat in einer Weise ausgeführt worden sein, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.

Raphael

Re: Volksverhetzung

Beitrag von Raphael »

Robert Weemeyer hat geschrieben:Der öffentliche Friede muss nicht gestört sein, aber die Tat in einer Weise ausgeführt worden sein, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Das ist auch einer der Punkte an dem das Urteil gegen Richard Williamson auf sehr wackeligen Füssen steht! :|
Er hat ja bekanntlich sein Interview, in dem der Holocaust geleugnet bzw. massiv in Frage gestellt worden ist, einem schwedischen Fernsehsender - quasi unter Auschluß der deutschen Öffentlichkeit - gegeben.
Wieso dadurch der "öffentlichen Friede" in Deutschland gestört worden sein soll bzw. gestört werden könnte, hat meines Wissens bislang noch keiner logisch hergeleitet ...................


Disclaimer: Durch diese Fragestellungen sollen in keiner Weise die theologischen Positionen eines Richard Williamson unterstützt werden!

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Edi
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Edi »

Robert Weemeyer hat geschrieben:Der öffentliche Friede muss nicht gestört sein, aber die Tat in einer Weise ausgeführt worden sein, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Genau so eine Formulierung zeigt erneut wie manche Gesetze handwerklich unsauber gestrickt wurden, denn hier kann ein Richter willkürlich und subjektiv urteilen.
Ich habe das an vor kurzem auf ein ganz anderes Gesetz bezogen einem Bundestagsabgeordneten mitgetelt. der meinte und das trifft natürlich teilweise auch zu, daß nicht alle fragwürdigen Entscheidungen im Staat dem Gesetzgeber zuzuordnen seien. Alle freilich nicht, aber doch manche. Habe ich selber mal beinahe erlebt wo es um eine Produktion ging.
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overkott
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von overkott »

Edi hat geschrieben:Wenn ich es anhand des § 130 StGB richtig sehe, muss bei dem Thema aber auch bei anderen wie Religionsverunglimpfung usw. IMMER der öffentliche Friede gestört sein.
Vielleicht solltest du ihn einmal aufmerksam lesen:

"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,"

Das Schlüsselwort ist "geeignet". Das Wort "IMMER" kommt gar nicht vor. Der öffentliche Frieden muss also gefährdet, nicht gestört sein.

Raphael

Re: Volksverhetzung

Beitrag von Raphael »

overkott hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Wenn ich es anhand des § 130 StGB richtig sehe, muss bei dem Thema aber auch bei anderen wie Religionsverunglimpfung usw. IMMER der öffentliche Friede gestört sein.
Vielleicht solltest du ihn einmal aufmerksam lesen:

"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,"

Das Schlüsselwort ist "geeignet". Das Wort "IMMER" kommt gar nicht vor. Der öffentliche Frieden muss also gefährdet, nicht gestört sein.
Dann erklär Du doch 'mal bitte der geneigten Leserschaft, wie durch ein Interview, das ein weithin unbekannter englischer Bischof unter Ausschluß der Öffentlichkeit einem schwedischen Fernsehsender gibt, die Eignung entsteht, in Deutschland den öffentlichen Frieden zu gefährden! :detektiv:

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Edi
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Re: Volksverhetzung

Beitrag von Edi »

Raphael hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:
Edi hat geschrieben:Wenn ich es anhand des § 130 StGB richtig sehe, muss bei dem Thema aber auch bei anderen wie Religionsverunglimpfung usw. IMMER der öffentliche Friede gestört sein.
Vielleicht solltest du ihn einmal aufmerksam lesen:

"Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,"

Das Schlüsselwort ist "geeignet". Das Wort "IMMER" kommt gar nicht vor. Der öffentliche Frieden muss also gefährdet, nicht gestört sein.
Dann erklär Du doch 'mal bitte der geneigten Leserschaft, wie durch ein Interview, das ein weithin unbekannter englischer Bischof unter Ausschluß der Öffentlichkeit einem schwedischen Fernsehsender gibt, die Eignung entsteht, in Deutschland den öffentlichen Frieden zu gefährden! :detektiv:
Genau, das ist u.a. auch ein Punkt, wobei es mir hier gar nicht um den englischen Bischof geht, sondern die Frage ganz allgemein im Raum steht. Es gibt ja einge Paragrafen, wo auf die Störung des "öffentlichen Friedens", was immer das auch sein soll, abgehoben wird.
Wenn ich mich recht erinnere, hat der oben von mir erwähnte Bundesrichter auch darauf hingewiesen, daß der "öffentliche Friede" sehr, sehr ungenau definiert ist und man da etwas ändern sollte. Im einen Fall, wenn es um die christliche Religion geht, müssten schon Straßenkrawalle passieren - aber welcher Christ macht die denn mit? - in andern Fällen genügen nur gewisse Worte oder Schriften.
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