Gerichtsurteil zur Beschneidung

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lifestylekatholik
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von lifestylekatholik »

Fridericus hat geschrieben:
wenn er sich jetzt für die Einhaltung eines fremden Rituas stark macht, den die eigene Religion schon vor langer langer Zeit selbst abgeschafft hat,
Das ist erwiesen falsch. Du schaffst ja nicht einmal die Fakten richtig darzulegen (Motu Proprio Summorum Pontificum, Art. 1 "Demgemäß ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom sel. Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern.")
Ich denke, Tife meint hier den Beschneidungsritus.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Fridericus
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Fridericus »

lifestylekatholik hat geschrieben:
Fridericus hat geschrieben:
wenn er sich jetzt für die Einhaltung eines fremden Rituas stark macht, den die eigene Religion schon vor langer langer Zeit selbst abgeschafft hat,
Das ist erwiesen falsch. Du schaffst ja nicht einmal die Fakten richtig darzulegen (Motu Proprio Summorum Pontificum, Art. 1 "Demgemäß ist es erlaubt, das Messopfer nach der vom sel. Johannes XXIII. promulgierten und niemals abgeschafften Editio typica des Römischen Messbuchs als außerordentliche Form der Liturgie der Kirche zu feiern.")
Ich denke, Tife meint hier den Beschneidungsritus.

:tuete: Natürlich. Mea culpa. Nehme die darauf bezogenen Äußerungen alle zurück und bitte um Entschuldigung.

Thomas_de_Austria
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Fridericus hat geschrieben:Der Begriff "Mohammedaner" ist hier keineswegs abwertend gemeint, da er nicht abwertend ist. Er bezeichnet die, die der Lehre Mohammeds anhängen.


Es soll ja auch einige geben, die die Arianer als „Homöer" bezeichnen, und zwar, weil das angeblich weniger abwertend klingt ... :D

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Tipheret
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Tipheret »

In der hier und andernorts geführten Diskussion wird gerne vom „Naturrecht“ und dem „Elternrecht“ gesprochen und das Recht auf Beschneidung damit begründet.
Hierzu ist folgendes anzumerken:
Was ist ein Naturrecht?
Von Natur aus: unveräußerliche Rechten, wie Recht auf Leben und persönlicher Freiheit
aber die Natur als kritischer Bezugspunkt ist konstruiert.
In der Natur herrscht eine natürliche Selektion, die bestimmt wer überlebt und wer nicht.
In der Natur gibt es kein garantiertes Recht aufs Überleben.

Aus diesem Konstrukt wurden dieMenschenrechte entwickelt, die sich heute so darstellen:
Menschenrecht ist ein persönliches Recht, das jedem Menschen gleichermaßen zusteht.
Das Konzept der Menschenrechte geht davon aus, dass alle Menschen allein aufgrund ihres Menschseins mit gleichen Rechten ausgestattet und dass diese Rechte universell, unveräußerlich und unteilbar sind.

Es gibt zusätzlich eine Kinderrechtskonvention
die in den nachfolgend aufgeführten Artikeln festlegen:
5. Kinder haben das Recht bei allen Fragen, die sie betreffen, mitzubestimmen und zu sagen, was sie denken.
6. Kinder haben das Recht auf Schutz vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung.
8. Kinder haben das Recht, dass ihr Privatleben und ihre Würde geachtet werden.
Deshalb gibt es ein Elternrecht, dass eindeutig klärt:
§ 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe
(1) Jeder junge Mensch hat ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
Deshalb hat das LG Köln das besagte Urteil gefällt!
Und last but not least, um das Thema Beschneidung nicht ganz aus den Augen zu verlieren, wieso regt man sich hier eigentlich so sehr auf.
Das Christentum entwickelte sich aus dem Judentum, Jesus war Jude und die Apostelgeschichte belegt, dass die Jerusalemer Urgemeinde jüdische Vorschriften wie den Tempelbesuch (Apg 2,46; 3,1) auch nach Jesu Tod befolgte und dort Opfer darbrachte (Apg 21,26). Sie hielt wie Simon Petrus (Apg 10,14) und Jakobus der Gerechte (Apg 15,20f) auch jüdische Speisegesetze, den Schabbat und die Beschneidung ein.

Man hat das später abgeschafft – also was soll jetzt der „Sturm der Entrüstung“ zu einer Entwicklung, die man selbst schon lange abgehakt hat.
Entspannung und Gelassenheit wäre sinnvoller, als eilfertige Hektik um mit dem Gespenst der Einschränkung der Religionsfreiheit zu drohen!
Cui bono?

Tipheret
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lifestylekatholik
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von lifestylekatholik »

Tipheret hat geschrieben:aber die Natur als kritischer Bezugspunkt ist konstruiert.
In der Natur herrscht eine natürliche Selektion, die bestimmt wer überlebt und wer nicht.
In der Natur gibt es kein garantiertes Recht aufs Überleben.
Himmel! Was ein Dummschwätzer. :patsch:

*plonk*
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Thomas_de_Austria
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

lifestyle hat geschrieben:Himmel! Was ein Dummschwätzer. :patsch:


:klatsch:

---
Tipheret hat geschrieben:Was ist ein Naturrecht?
Von Natur aus: unveräußerliche Rechten, wie Recht auf Leben und persönlicher Freiheit
aber die Natur als kritischer Bezugspunkt ist konstruiert.
In der Natur herrscht eine natürliche Selektion, die bestimmt wer überlebt und wer nicht.
In der Natur gibt es kein garantiertes Recht aufs Überleben.
Nein, das hat mit dem, was die Lehre der Kirche und man hier im Forum unter Katholiken unter dem Terminus „Naturrecht“ versteht, absolut nichts zu tun. Aber einmal ganz langsam:
Der bekennender Atheist, Jurist und selbst kein Naturrechtsfreund Norbert Hoerster definiert es ungefähr – ob das jetzt ganz exakt so dort steht, weiß ich momentan nicht, da ich aus dem Gedächtnis zitiere – in seinem kleinen Büchlein „Was ist Recht? (aus dem Beck-Verlag) als „vorpositive, über dem Wünschen und Wollen der Menschen stehende und von ihnen erkennbare ethische Normen“.
Ansonsten und ausführlicher:
Joachim Ritter (Hrsg.), [i]Historisches Wörterbuch der Philosophie[/i], Schwabe & Co., Band 6: Mo – O, S. 572f hat geschrieben:
Eine ihrer klassischen Gestaltungen erhält die mittelalterliche N.-Lehre durch THOMAS VON AQUIN, der vielfach auf die Explikationen früherer Autoren zurückgreift. Charakteristisch für Thomas’ N.-Theorie ist die enge Verknüpfung von N. und natürlichen Neigungen der Geschöpfe, die sich notwendig aus deren Wesen ergeben und daher nicht ohne dieses Wesen verändert werden können. Alle Geschöpfe haben im System der Welt ihren von Gott geplanten Platz und Auftrag; folglich kann Gott nicht ein einzelnes Geschöpf im Wesen verändern, ohne die Ordnung der Welt zu verändern. […] Beides ist in Gottes Plan und daher im göttlichen Intellekt festgelegt und jeglicher Willkür entzogen: Das natürliche Gesetz beruht auf Gottes Intellekt und nicht auf Gottes oder eines anderen Willen.
Das ewige Gesetz ist die Regel der göttlichen Weisheit bei der Lenkung und Regierung der Schöpfung [21]. Die Geschöpfe haben an ihm Anteil, denn sie werden durch natürliche Neigungen zu ihren spezifischen Zielen hingelenkt [22]. In diesen Neigungen besteht das natürliche Gesetz; beim Menschen bringen sie sich vornehmlich in der natürlichen Vernunft zur Geltung, und zwar durch Weisungen der praktischen Vernunft (dictamina rationis practicae) [23]. Deshalb kann man den Inhalt des unveränderlichen Gesetzes aus den unveränderlichen Neigungen erschließen. Sofern alles von Natur zu seinem Ziel, d. h. zur vollen Ausbildung seiner natürlichen Anlagen, strebt, lautet die allgemeinste Weisung der praktischen Vernunft: «Man muß alles, was der vollen Ausbildung der Anlagen dient (das Gute), erstreben und das Gegenteil meiden.» Die detaillierten Weisungen beziehen sich auf die Selbsterhaltung, die Zeugung und Aufzucht von Nachwuchs, auf das Streben nach Erkenntnis Gottes und auf das Leben in Gemeinschaft [24].
Bei St. Augustinus ist das natürliche Gesetz eine „transcriptio“ des ewigen Gesetzes, das Gottes Vernunft und Wille ist, im Menschen.

Ansonsten:
P. B. Kälin OSB, [i]Ethik[/i], editiones scholasticae, S. 39 hat geschrieben:
I, Definition

1. Das ewige Gesetz. Weil das natürliche Sittengesetz seinen Ursprung oder seinen tiefsten Grund im ewigen Gesetz hat, soll zunächst dieses definiert werden.
Gott will, daß die Dinge, die er erschaffen, eine bestimmte Ordnung verwirklichen; sie sollen einerseits ihn verherrlichen und andererseits den ihnen gesetzten Zweck erreichen. Soll aber diese von Gott gewollte Ordnung verwirklichet werden, so müssen die Dinge in einer ihrer Natur entsprechenden Weise tätig sein. Dies geschieht indes nur, wenn Gott, ihr Schöpfer und Gesetzgeber, sie dazu anhält. Die von Gott von Ewigkeit her gewollte Ordnung, die die Dinge zu verwirklichen haben, und die ihnen in ähnlicher Weise als Norm für ihre Tätigkeit dient, wie der Plan eines Architekten den Handwerkern, die ein Haus zu erstellen haben, wird ewiges Gesetz genannt. Diese von Gott gewollte Ordnung ist ein Gesetz, weil sie für die geschaffenen Wesen die Norm bildet, nach der sie sich zu betätigen haben. Dieses Gesetz ist ewig, weil Gott von Ewigkeit her jene Ordnung erkennt und will. Das ewige Gesetz ist daher, wie Thomas von Aquin lehrt, nichts anderes als die göttliche Vernunft, sofern sie alle Tätigkeiten und Bewegungen der Dinge ordnend lenkt. […]
b) Das natürliche Sittengesetz. (Zweite Fassung.) Weil nun das vernünftige Geschöpf dadurch zur Erkenntnis des ewigen Gesetzes gelangt, daß es durch die Vernunft die in sich hineingelegten Neigungen zu bestimmten Tätigkeiten erkennt und daraus entnimmt, was es zu tun und was zu meiden hat, kann man davon mit Thomas von Aquin auch folgende Defintion geben: Das natürliche Sittengesetz ist die dem Menschen von Natur aus eigene Erkenntnis, wodurch er bestimmt wird, seiner Natur entsprechend zu handeln, also zu tun, was ihn vervollkommnet, und zu meiden was ihm schadet (Lex naturalis nihil aliud est quam conceptio homini naturaliter indita, qua dirigitur ad convenienter agendum in actionibus proprii).
So, damit wir nicht auf solche Gleise geraten …

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Ewald Mrnka
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Ewald Mrnka »

Die "humanitären" Beschneidungsgegener sind Religionshasser.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

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Tipheret
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Tipheret »

Was sagt man dazu?

Ein jüdischer Vater (Arzt) erklärt sich zur Beschneidung wie folgt:

Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater fordert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.

Auch ein Religionshasser?
Oder einfach nur vernünftig?

Der Haltung dieses Vaters stimme ich aus vollem Herzen zu !

Tipheret
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Peregrin
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Peregrin »

Tipheret hat geschrieben:Was sagt man dazu?

Ein jüdischer Vater (Arzt) erklärt sich zur Beschneidung wie folgt:

Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater fordert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.

Auch ein Religionshasser?
Oder einfach nur vernünftig?

Der Haltung dieses Vaters stimme ich aus vollem Herzen zu !
Darum geht's hier gar nicht, sondern darum, ob es gerecht ist, Väter, die eine andere Haltung haben, gewalttätig zu verfolgen.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Protasius
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Protasius »

Tipheret hat geschrieben:Was sagt man dazu?

Ein jüdischer Vater (Arzt) erklärt sich zur Beschneidung wie folgt:

Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater fordert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.

Auch ein Religionshasser?
Oder einfach nur vernünftig?

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Tipheret
Der Arzt ist vermutl. weder Religionshasser noch vernünftig, sondern unvernünftig und in Unkenntnis über die hl. Schrift, siehe die angeführten Stellen (Bruch des Bundes etc.).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Haiduk
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Haiduk »

Peregrin hat geschrieben:
Tipheret hat geschrieben:Was sagt man dazu?

Ein jüdischer Vater (Arzt) erklärt sich zur Beschneidung wie folgt:

Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater fordert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.

Auch ein Religionshasser?
Oder einfach nur vernünftig?

Der Haltung dieses Vaters stimme ich aus vollem Herzen zu !
Darum geht's hier gar nicht, sondern darum, ob es gerecht ist, Väter, die eine andere Haltung haben, gewalttätig zu verfolgen.
Worum es eigentlich geht ist die Frage, ob eine "Lex Vorhaut" in unser Rechtssystem paßt. Normalerweise sollen Gesetze ja nicht nur einen einzigen Tatbestand erfassen.

Von den 613 Mitzwot werden etliche Gebote heute gar nicht mehr beachtet. Da ist es wenig glaubwürdig, daß das Fortbestehen des Judentums in Deutschland ausgerechnet von der Beschneidung am 8. Tag nach der Geburt abhängen soll. Ob jemand Jude ist hängt nicht davon ab ob er beschnitten ist.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

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Peregrin
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Peregrin »

Haiduk hat geschrieben:
Peregrin hat geschrieben: Darum geht's hier gar nicht, sondern darum, ob es gerecht ist, Väter, die eine andere Haltung haben, gewalttätig zu verfolgen.
Worum es eigentlich geht ist die Frage, ob eine "Lex Vorhaut" in unser Rechtssystem paßt. Normalerweise sollen Gesetze ja nicht nur einen einzigen Tatbestand erfassen.

Von den 613 Mitzwot werden etliche Gebote heute gar nicht mehr beachtet. Da ist es wenig glaubwürdig, daß das Fortbestehen des Judentums in Deutschland ausgerechnet von der Beschneidung am 8. Tag nach der Geburt abhängen soll. Ob jemand Jude ist hängt nicht davon ab ob er beschnitten ist.
Das ist alles nicht unser Problem, sondern Sache der jeweiligen Eltern.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Miserere Nobis Domine
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Ich habe die Debatte hier verfolgt und bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es allen, die hier die Beschneidung verteidigt, nur um eines geht: Das möglichst unbegrenzte Elternrecht.

Raphael

Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Raphael »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Ich habe die Debatte hier verfolgt und bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es allen, die hier die Beschneidung verteidigt, nur um eines geht: Das möglichst unbegrenzte Elternrecht.
Dies erscheint eine verkürzte und damit verfälschende Einsicht zu sein, denn sie unterschlägt die vernünftigen Begründungen, welche für die Existenz eines umfassenden Elternrecht bislang gegeben worden sind.

Vir Probatus
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Vir Probatus »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Ich habe die Debatte hier verfolgt und bin zu der Erkenntnis gelangt, dass es allen, die hier die Beschneidung verteidigt, nur um eines geht: Das möglichst unbegrenzte Elternrecht.
Natürlich geht es nur darum: Es wäre mir neu, daß ausgerechnet hier (von einer kleinen Minderheit abgesehen) für die Rechte von Andersgläubigen gestritten wird, oder überhaupt nur Toleranz ihnen gegenüber geübt würde.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

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ar26
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von ar26 »

Natürlich ist das Elternrecht des Pudels Kern. Ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist, dieses zu verteidigen.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

Vir Probatus
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Vir Probatus »

ar26 hat geschrieben:Natürlich ist das Elternrecht des Pudels Kern. Ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist, dieses zu verteidigen.
Es ist nichts daran verwerflich, solange man das offen sagt. Hier entsteht aber der Eindruck, als würden Katholiken für das Recht auf Beschneidung streiten.
„Die Kirche will herrschen, und da muss sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“ (J.W. von Goethe)

Fridericus
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Fridericus »

Tipheret hat geschrieben:Was ist ein Naturrecht?
Von Natur aus: unveräußerliche Rechten, wie Recht auf Leben und persönlicher Freiheit
aber die Natur als kritischer Bezugspunkt ist konstruiert.
In der Natur herrscht eine natürliche Selektion, die bestimmt wer überlebt und wer nicht.
In der Natur gibt es kein garantiertes Recht aufs Überleben.
Nein.
Weterz und Welte's Kirchenlexikon hat geschrieben:Naturrecht nennt man die Summe aller Rechtsnormen oder Rechtsgesetze, welche für die Societät und für das sociale Leben der Menschen im Allgemeinen von Natur aus, d. h. in Kraft der natürlichen Ordnung maßgebend sind.
Thomas de Austria hat schon auf einiges in Bezug auf das Naturrecht verwiesen, hier soll noch der Hinweis auf den Artikel in Wetzer und Welte's Kirchenlexikon (http://kathenzyklo.bplaced.net/artikel. ... naturrecht) angefügt werden.

Samson83
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Samson83 »

ar26 hat geschrieben:Natürlich ist das Elternrecht des Pudels Kern. Ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist, dieses zu verteidigen.
Des Pudels Kern sehe ich eher in der Religionsfreiheit. Und in einer Verkennung dieser den wesentlichen Fehler des LG Köln.

Es gehört nach meinem Verständnis zu den elementaraussagen von art. 4 GG (also - jenseits eines Naturrechts der tatsächlich gegebenen Säkularthora - der Verfassung) dass es dem Staat nicht zusteht, für eine Religionsgemeinschaft deren Gebote zu interpretieren. Und das LG Köln maßt sich an, zu beurteilen, wie verbindlich die Beschneidung für einen Juden ist. Dieses Urteil steht ihm nicht zu, wenn auch nur ein Jude die Beschneidung als verbindliches Gottesgebot betrachtet, ist dies die Basis, von dem das Gericht zu urteilen hat.

Und dann kann die Beschneidung nur bestraft werden, wenn diese ein so drastischer Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist, dass es der Staat nicht hinnehmen kann (es ist sehr schwer, hier die Grenze zu ziehen, jedoch dürfte auch hier Konsens bestehen, dass es trotz der Religionsfreiheit nicht hinnehmbar wäre, seine Kinder dem Moloch zu opfern). Da die Beschneidung dies nach meinem bisherigem Verständnis nicht ist (obgleich dies eher die Frage für medizinische Sachverständige ist) ist das LG Köln nach meinem bisherigen Verständnis falsch.

Ich werde mich bei anderer Gelegenheit vorstellen, da ich hier häufiger teilnehmen möchte. Mitteilen möchte ich an dieser Stelle nur, dass ich ebenfalls Rechtsanwalt bin.
"Und der Vorhang im Tempel zerriß nicht in zwei Stücke von obenan bis untenaus, und die Erde erbebete nicht, und die Felsen zerrissen nicht, und die Gräber taten sich nicht auf, und dies ist die traurigste Geschichte der Welt." Michael Klonovsky

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Robert Ketelhohn
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tipheret hat geschrieben:Was sagt man dazu?

Ein jüdischer Vater (Arzt) erklärt sich zur Beschneidung wie folgt:

Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn
eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater for-
dert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch
erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.


Auch ein Religionshasser?
Oder einfach nur vernünftig?

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Tipheret
Mein Herz ist da auf keine Weise involviert. Mir geht das am Arsch
vorbei. Es ist seine Sache, nicht meine. Rabbinische Autoritäten –
wenn sie nicht zur Gänze modernistisch verkommen sind – werden
ihm das wohl als schwere Pflichtverletzung vorhalten. Aber das ist
deren Sache, nicht meine.

Meine Sache allerdings wird es, wenn der Staat sich dareinmengt und
dem Vater zu tun oder zu lassen vorschreibt oder untersagt. Dagegen
muß ich einschreiten, soweit ich kann, denn es ist Unrecht, Anmaßung
und nicht zuletzt eine Bedrohung für mich und meine Kinder und Enkel,
denn was heute diesem getan wird, kann morgen uns getan werden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Vir Probatus hat geschrieben:
ar26 hat geschrieben:Natürlich ist das Elternrecht des Pudels Kern. Ich wüsste nicht, was daran verwerflich ist, dieses zu verteidigen.
Es ist nichts daran verwerflich, solange man das offen sagt. Hier entsteht aber der Eindruck, als würden Katholiken für das Recht auf Beschneidung streiten.
Es geht allerdings doch nicht allein darum, denn natürlich ist auch Erwachsenen gegenüber entsprechende Toleranz zu üben, dergestalt, daß ihre religiösen oder religiös begründeten Riten und Bräuche geduldet werden (wie wir das ja auch für uns selber vom säkularistischen Staat einfordern). (Unbeschadet dessen haben die Riten und Bräuche falscher Religionen natürlich kein metaphysisch begründetes Existenzrecht. Der Irrtum hat kein Eigenrecht. Aber es ist ein Gebot der Klugkeit und gottgefälliger Milde, die falschen Kulte zu dulden, solange und insoweit sie nicht unerträglichen Greuel darstellen [wie beispielshalber Menschenopfer, Päderastie oder Tempelprostitution].)
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Tipheret
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Tipheret »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Meine Sache allerdings wird es, wenn der Staat sich dareinmengt und
dem Vater zu tun oder zu lassen vorschreibt oder untersagt. Dagegen
muß ich einschreiten, soweit ich kann, denn es ist Unrecht, Anmaßung
und nicht zuletzt eine Bedrohung für mich und meine Kinder und Enkel,
denn was heute diesem getan wird, kann morgen uns getan werden.
Wer solche Aussagen tätigt, ist sich über die Rechtssprechung unseres Staates offensichtlich nicht bewußt.

Es ist schon lange vor dem Urteil des LG Köln in BGB§1631, 2 festgelegt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben.
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind danach unzulässig.

Angesichts der - leider Gottes – zunehmenden Gewalt auch im häuslichen Bereich ist die „Einmischung“ des Staates geradezu dringend erforderlich.

Kinder sind kein Eigentum der Eltern, sondern diesen lediglich anvertraut.

Ich habe als Kind miterlebt, wie Alterskameraden von autoritären Eltern drangsaliert wurden, persönlich erlebt was es heißt körperliche und seelische Bestrafung zu erleiden und bei meinen Kindern die Erziehung >erfolgreich< gewaltfrei durchgeführt.

Naturrecht lässt sich nicht auf Gehorsam von Kindern reduzieren und die UNO-Menschenrechtserklärung verlangt aus gutem Grund die Respektierung ALLER Menschen.
Das wir davon noch ein weites Stück entfernt sind, zeigt u. a. die Diskussion hier.

Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.

Die Frage welche Religion die "richtige" ist und welche "nur geduldet" wird ist eine Frage die mögen die Religionen unter sich wie in einem Wettbewerb ausmachen, in Staatsangelegenheiten haben solche Fragen, nach meiner persönlichen Meinung, nichts zu suchen.
Der Staat hat lediglich allen Religionen gleiche Sicherheiten zu bieten, d.h. freie Religionsausübung, soweit sie nicht gegen die vorhandenen Gesetze ( BGB§ 1631 u. a.>) verstossen.


Tipheret
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Samson83
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Samson83 »

Tipheret hat geschrieben: Es ist schon lange vor dem Urteil des LG Köln in BGB§1631, 2 festgelegt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben.
Es ist mehr als problematisch, was unter "Gewalt" im Sinne von § 1631 BGB zu verstehen ist. Die Beschneidung lässt sich hierunter meiner Ansicht nach kaum subsumieren. Zudem ist dieser Rechtspositivismus, aus angeblich geltendem Recht eine moralische norm abzuleiten, verfehlt.

Hinzu kommt nebenbei, dass ich das Urteil wie gesagt auch juristisch für falsch halte, aber das ist ein anderes Thema.
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind danach unzulässig.
Die Beschneidung ist nichts davon.

Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.
"Religiöse Riten" sind Teil der Menschenrechte.
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christian12
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von christian12 »

Tipheret hat geschrieben:Kinder sind kein Eigentum der Eltern, sondern diesen lediglich anvertraut.
Aber die Kinder sind den Eltern auch zur Erziehung anvertraut. Die religiöse Erziehung kann dazugehören. Und im Sinne des Kindeswohls kann diese auch beinhalten einen so "unbedeutenden" Eingriff wie die Beschneidung durchzuführen
Tipheret hat geschrieben:Ich habe als Kind miterlebt, wie Alterskameraden von autoritären Eltern drangsaliert wurden, persönlich erlebt was es heißt körperliche und seelische Bestrafung zu erleiden und bei meinen Kindern die Erziehung >erfolgreich< gewaltfrei durchgeführt.
Also für die (wenigen) Male, in denen meine Eltern mich körperlich bzw "seelisch" bestraft haben, hatte ichs verdient. :tuete:
Tipheret hat geschrieben:Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.
Wo wird bitte im GG gesagt, dass Deutschland ein säkularer Staat ist??? :hae?: Ein Zitat einer solcher Bestimmung wäre hilfreich. Art. 140 bringt da leider nichts. Die Präambel legt das Gegenteil nahe.

Thomas_de_Austria
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Tipheret hat geschrieben:Ich habe als Kind miterlebt, wie Alterskameraden von autoritären Eltern drangsaliert wurden, persönlich erlebt was es heißt körperliche und seelische Bestrafung zu erleiden [...]
Aha, Gratulation. Was hat das mit der rituellen Beschneidung von Knaben bei Juden und Mohammedanern zu schaffen?

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Peregrin
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Peregrin »

Tipheret hat geschrieben: Es ist schon lange vor dem Urteil des LG Köln in BGB§1631, 2 festgelegt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben.
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind danach unzulässig.
Das mag die gängige Rechtssprechung sein (so "lange" ist das übrigens nicht her), hat aber freilich weniger mit Recht als mit ideologischer Dressur zu tun. Die "gewaltfreie Erziehung" ist grober Unsinn und die schädlichen Folgen seiner gesetzlichen Verankerung sieht man an vielen Fronten, z.B. diesem Fall.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Peregrin
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Peregrin »

Tipheret hat geschrieben: Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.
"Dauer"? Du bist ja witzig. Wenn Du die derzeitigen Herrschaftsverhältnisse für stabil hältst, sind Dir wohl einige demographische und ökonomische Entwicklungen der letzten Zeit entgangen. Das hochgelobte GG wird so bald auf dem Misthaufen der Geschichte landen, daß es künftige Geschichtsbücher nicht einmal erwähnen werden, wenn sie den Niedergang Deutschlands nach dem Krieg behandeln.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Samson83
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Samson83 »

Peregrin hat geschrieben:
Tipheret hat geschrieben: Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.
"Dauer"? Du bist ja witzig. Wenn Du die derzeitigen Herrschaftsverhältnisse für stabil hältst, sind Dir wohl einige demographische und ökonomische Entwicklungen der letzten Zeit entgangen. Das hochgelobte GG wird so bald auf dem Misthaufen der Geschichte landen, daß es künftige Geschichtsbücher nicht einmal erwähnen werden, wenn sie den Niedergang Deutschlands nach dem Krieg behandeln.
Es wäre ganz interessant, festzustellen, zu welchem Datum man den Beginn des Niedergangs ansetzt.
1914, 1933 oder 1968?
"Und der Vorhang im Tempel zerriß nicht in zwei Stücke von obenan bis untenaus, und die Erde erbebete nicht, und die Felsen zerrissen nicht, und die Gräber taten sich nicht auf, und dies ist die traurigste Geschichte der Welt." Michael Klonovsky

Raphael

Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Raphael »

Tipheret hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Meine Sache allerdings wird es, wenn der Staat sich dareinmengt und
dem Vater zu tun oder zu lassen vorschreibt oder untersagt. Dagegen
muß ich einschreiten, soweit ich kann, denn es ist Unrecht, Anmaßung
und nicht zuletzt eine Bedrohung für mich und meine Kinder und Enkel,
denn was heute diesem getan wird, kann morgen uns getan werden.
Wer solche Aussagen tätigt, ist sich über die Rechtssprechung unseres Staates offensichtlich nicht bewußt.

Es ist schon lange vor dem Urteil des LG Köln in BGB§1631, 2 festgelegt, dass Kinder ein Recht auf gewaltfreie Erziehung haben.
Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind danach unzulässig.

Angesichts der - leider Gottes – zunehmenden Gewalt auch im häuslichen Bereich ist die „Einmischung“ des Staates geradezu dringend erforderlich.

Kinder sind kein Eigentum der Eltern, sondern diesen lediglich anvertraut.

Ich habe als Kind miterlebt, wie Alterskameraden von autoritären Eltern drangsaliert wurden, persönlich erlebt was es heißt körperliche und seelische Bestrafung zu erleiden und bei meinen Kindern die Erziehung >erfolgreich< gewaltfrei durchgeführt.

Naturrecht lässt sich nicht auf Gehorsam von Kindern reduzieren und die UNO-Menschenrechtserklärung verlangt aus gutem Grund die Respektierung ALLER Menschen.
Das wir davon noch ein weites Stück entfernt sind, zeigt u. a. die Diskussion hier.

Und was die angebliche Religionsfeindlichkeit betrifft, ist dieses Argument nur ein Vorwand um religiöse Riten über Menschenrechte zu stellen, was in einem säkularen Staat – der wir ja nach Art. 140 GG angeblich sind – auf Dauer nicht funktionieren wird.

Die Frage welche Religion die "richtige" ist und welche "nur geduldet" wird ist eine Frage die mögen die Religionen unter sich wie in einem Wettbewerb ausmachen, in Staatsangelegenheiten haben solche Fragen, nach meiner persönlichen Meinung, nichts zu suchen.
Der Staat hat lediglich allen Religionen gleiche Sicherheiten zu bieten, d.h. freie Religionsausübung, soweit sie nicht gegen die vorhandenen Gesetze ( BGB§ 1631 u. a.>) verstossen.


Tipheret
Das von Dir Gesagte, legt den Schluß nahe, daß Du den Menschen rätst, dem Kaiser das zu geben, was Gottes Eigentum ist.

Die Kirche gibt da in gut begründeter Weise die entgegengesetzte Empfehlung!

Im Übrigen sei zur Verdeutlichung des Verhältnisses von derzeitigen staatlichen Verfassungen auf der einen Seite und Kirche auf der anderen Seite auf das Böckenförde-Diktum verwiesen. :pirat:
Vielleicht klärt sich ja bei dem Studium dieses Diktums einiges von deinen Ver(w)irrungen ............

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Tipheret
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Tipheret »

@ Samson83:
Es ist keinesfalls „problematisch“ Gewalt zu definieren.
Wenn man weiß, dass Eltern, die ihre Kinder schlagen bereits verurteilt wurden, dann ist ein Eingriff mit Verlust eines Körperteils sehr wohl als „gewaltsam“ zu bezeichnen, weil der Delinquent, der zu beschneidende Junge, diesen Vorgang nur unter Zwang über sich ergehen lässt. „Festhalten“ ist dabei noch das geringste Mittel der Fixitation.

Juristisch wird als Körperverletzung bezeichnet:
Geschützt ist die körperliche Integrität, d.h. der Körper und die Gesundheit inklusive die geistige Gesundheit. Es geht somit um die körperliche Integrität, i.w.S. betroffen sein kann unmittelbar der Körper, aber auch die Gesundheit (z.B. bei Vergiftung oder psychischer Beeinträchtigung). Es ist möglich, dass eine Körperschädigung ohne Gesundheitsbeeinträchtigung erfolgt (Kahlscheren). Ebenso kann eine Gesundheitsbeeinträchtigung ohne eigentliche Körperschädigung erfolgen (so bei einer Beeinträchtigung der Psyche).
Die juristische Fachliteratur ist voll von zahlreichen Beispielen, entsprechende Urteile liefert jede juristische Datenbank!

Sieh dir einmal den im Forum geposteten Film an und achte auf die Reaktion des Kindes.
Christian12 hat geschrieben:: "Religiöse Riten" sind Teil der Menschenrechte.
Aber sie stehen nicht ÜBER den Menschenrechten, sondern sind unter Berücksichtigung der Menschenrechte zu behandeln - das ist der feine, aber wesentliche Unterschied.
Christian12 hat geschrieben:Die religiöse Erziehung kann dazugehören. Und im Sinne des Kindeswohls kann diese auch beinhalten einen so "unbedeutenden" Eingriff wie die Beschneidung durchzuführen
Wenn sie dazu gehört, dann ist auch dort das Menschenrecht höher einzuordnen, nicht umsonst hat der Gesetzgeber den § 223 BGB geschaffen und der BGH entsprechende Grundsatzurteile gefällt.
Christian12 hat geschrieben: Wo wird bitte im GG gesagt, dass Deutschland ein säkularer Staat ist??? Ein Zitat einer solcher Bestimmung wäre hilfreich. Art. 14 bringt da leider nichts. Die Präambel legt das Gegenteil nahe.
Im Art. 14 GG steht, dass die Bestimmungen der Weimarer Verfassung auch für die Bundesrepublik Bestand hat. Diese Bestiummungen findest du hier:
http://www.sadaba.de/GSBT_WV_136_141.html#Pa_138

Lies die §§ 136 ff. GENAU durch und du wirst die entsprecheden Erklärungen finden.
Übrigens steht dort auch – in §136,4 dass niemand zur Teilnahme an „religiösen Übungen“ gezwungen werden darf.
Da ein Kind nicht selbst entscheiden kann, wird die Entscheidung von den Eltern gefällt – das Kind könnte später auf Zwangsbeschneidung plädieren – könnte ein interessanrter Rechtsstreit werden.
Thomas de Austria hat geschrieben: Aha, Gratulation. Was hat das mit der rituellen Beschneidung von Knaben bei Juden und Mohammedanern zu schaffen?
Wenn du der semantisch logischen Abfolge der Schilderung nicht folgen kannst, solltest du dich aus dem Thread ausklinken.
Peregrin hat geschrieben:Das mag die gängige Rechtssprechung sein (so "lange" ist das übrigens nicht her), hat aber freilich weniger mit Recht als mit ideologischer Dressur zu tun. Die "gewaltfreie Erziehung" ist grober Unsinn und die schädlichen Folgen seiner gesetzlichen Verankerung sieht man an vielen Fronten, z.B. diesem Fall.
Die Dauer einer juristischen Entscheidung ist unerheblich – Recht gesprochen ist Recht gesprochen – bis man zu neuen Erkenntnissen kommt.
Recht ist nicht statisch, sondern passt sich Notwendigkeiten an, wie das in anderen Bereichen ebenfalls seit Jahrtausenden geschieht.
Was deine Meinung zur gewaltfreien Erziehung betrifft, weiß ich nicht ob du aus eigener Erfahrung sprichst oder andere Meinungen wiederholst.
Meine Kinder sind – ohne Gewalt - zu Menschen herangewachsen, die wissen was richtig und was falsch ist, die andere Menschen, vor allem die mit anderer Meinung, respektieren und sich um die Schwachen und Hilfsbedürftigen kümmern.
Bei vielen meiner Freunde und Bekannten ist das ähnlich – du bist also in mehreren Fällen empirisch widerlegt.
Peregrin hat geschrieben:"Dauer"? Du bist ja witzig. Wenn Du die derzeitigen Herrschaftsverhältnisse für stabil hältst, sind Dir wohl einige demographische und ökonomische Entwicklungen der letzten Zeit entgangen. Das hochgelobte GG wird so bald auf dem Misthaufen der Geschichte landen, daß es künftige Geschichtsbücher nicht einmal erwähnen werden, wenn sie den Niedergang Deutschlands nach dem Krieg behandeln.
Du wirst mit deiner Meinung mit allergrößter Wahrscheinlichkeit genau so widerlegt werden, wie mit deiner Ansicht über gewaltfreie Erziehung.

Man kann einen Staat auch „schlechtreden“, sollte aber nie vergessen, dass wir ALLE diesen Staat bilden und wenn wir ihn schlechtreden, wir über UNS ein Urteil fällen.

Tipheret
Was Du auch tust, handele klug und bedenke das Ende
quidquid agis, prudenter agas et respice finem

Thomas_de_Austria
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Tipheret hat geschrieben:Wenn du der semantisch logischen Abfolge der Schilderung nicht folgen kannst, solltest du dich aus dem Thread ausklinken.


*plop*

D. h. also überhaupt nichts. Und ganz ehrlich: Mit derartig sinnfreiem Mist (Ihre ganzen privaten, angeblichen Gewalterlebnisse), der hier nur um eines bestimmten Effekts willen abgeladen wird, können Sie sich aus dem Thread "ausklinken".

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Protasius
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Re: Gerichtsurteil zur Beschneidung

Beitrag von Protasius »

Empirie kommt erst zustande, wenn man eine statistisch signifikante Grundgesamtheit hat; so groß kann dein Bekanntenkreis schwerlich sein.
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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